Digestorum libri
cum Notis Tryphonini
Ex libro VII
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Dig. 18,1,81Scaevola libro septimo digestorum. Titius cum mutuos acciperet tot aureos sub usuris, dedit pignori sive hypothecae praedia et fideiussorem Lucium, cui promisit intra triennium proximum se eum liberaturum: quod si id non fecerit die supra scripta et solverit debitum fideiussor creditori, iussit praedia empta esse, quae creditoribus obligaverat. quaero, cum non sit liberatus Lucius fideiussor a Titio, an, si solverit creditori, empta haberet supra scripta praedia. respondit, si non ut in causam obligationis, sed ut empta habeat, sub condicione emptio facta est et contractam esse obligationem. 1Lucius Titius promisit de fundo suo centum milia modiorum frumenti annua praestare praediis Gaii Seii: postea Lucius Titius vendidit fundum additis verbis his: ‘quo iure quaque condicione ea praedia Lucii Titii hodie sunt, ita veneunt itaque habebuntur’: quaero, an emptor Gaio Seio ad praestationem frumenti sit obnoxius. respondit emptorem Gaio Seio secundum ea quae proponerentur obligatum non esse.
Scaevola lib. VII. Digest. Ad Dig. 18,1,81 pr.ROHGE, Bd. 15 (1875), Nr. 20, S. 49: Verkauf einer Sache unter Compensation des Kaufgeldes mit einer Schuld des Verkäufers. Kauf, Hingabe an Zahlungsstatt?Titius gab, als er so und so viele Goldstücke verzinslich dargeliehen erhielt, zum Unterpfande oder zur Hypothek mehrere Grundstücke, und stellte den Lucius als Bürgen; diesem versprach er, ihn in den nächsten drei Jahren der Bürgschaft zu entledigen; wenn er solches bis zur bestimmten Zeit nicht gethan, und der Bürge dem Gläubiger die Schuld bezahlt haben würde, so sollten die den Gläubigern verpfändeten Grundstücke [an ihn] verkauft sein. Ich frage, ob, wenn Lucius seiner Bürgschaft von Titius nicht entledigt worden ist, die obenerwähnten Grundstücke als an ihn verkauft zu betrachten seien, im Falle er den Gläubiger befriedigt hat? Das Gutachten lautete: wenn der Kauf nicht als auf den Grund der [Pfand-]Verbindlichkeit, sondern dergestalt, dass ein wirklicher Kauf eintreten solle, bedingt abgeschlossen worden ist, so werde auch dadurch eine Verbindlichkeit contrahirt, [so dass die Klage aus dem Kaufe Statt findet]11S. Glück XIV. p. 101. A. d. R.. 1Lucius Titius versprach, von seinem Landgute jährlich hunderttausend römische Scheffel Getreide an die Grundstücke des Cajus Sejus zu liefern; in der Folge verkaufte Lucius Titius dieses Landgut unter dem Beisatze in dem Rechtszustande und dem Verhältniss, wie sich die Grundstücke des Lucius Titius gegenwärtig befinden, so werden sie verkauft, und so sollen sie besessen werden. Ich frage, ob der Käufer dem Cajus Sejus zur Ablieferung des Getreides verbunden sei? Das Gutachten war: den vorliegenden Umständen zufolge sei der Käufer dem Cajus Sejus nicht verpflichtet.
Dig. 18,3,8Scaevola libro septimo digestorum. Mulier fundos Gaio Seio vendidit et acceptis arrae nomine certis pecuniis statuta sunt tempora solutioni reliquae pecuniae: quibus si non paruisset emptor, pactus est, ut arram perderet et inemptae villae essent. die statuto emptor testatus est se pecuniam omnem reliquam paratum fuisse exsolvere (et sacculum cum pecunia signatorum signis obsignavit), defuisse autem venditricem, posteriore autem die nomine fisci testato conventum emptorem, ne ante mulieri pecuniam exsolveret, quam fisco satisfaceret. quaesitum est, an fundi non sint in ea causa, ut a venditrice vindicari debeant ex conventione venditoris. respondit secundum ea quae proponerentur non commississe in legem venditionis emptorem.
Scaevola. lib. VII. Dig. Eine Frau hatte Güter an Cajus Sejus verkauft, und nach Empfang einer Summe als Daraufgeld für die Zahlung des Kaufschillingsrestes Fristen bestimmt, wobei sich der Käufer anheischig gemacht hatte, dass, wenn er solche nicht innehalten werde, er des Daraufgeldes verlustig gehn, und die Landgüter als nicht gekauft gelten sollten. Am bestimmten Tage erklärte der Käufer vor Zeugen, dass er bereit gewesen sei, den ganzen Kaufschillingsrückstand zu bezahlen, versiegelte auch ein Säckchen mit dem Gelde mit den Siegelringen der Zeugen, allein es habe an der Verkäuferin gefehlt; am folgenden Tage aber, ward ihm im Namen des Fiscus gerichtlich vor Zeugen bedeutet, der Frau nicht eher das Geld verabfolgen zu lassen, bis sie den Fiscus befriedigt habe. Es wurde nun die Anfrage gestellt, ob das Rechtsverhältniss im Betreff jener Güter nicht so gestaltet sei, dass dieselben, gemäss der Verkaufsübereinkunft, von der Verkäuferin eigenthümlich zurückgefordert werden könnten? Das Gutachten lautete: den vorliegenden Umständen zufolge habe der Käufer den Nachtheil aus dem Nebenvertrage des Verkaufs nicht verwirkt.
Dig. 18,5,10Idem libro septimo digestorum. Seius a Lucio Titio emit fundum lege dicta, ut, si ad diem pecuniam non solvisset, res inempta fieret. Seius parte pretii praesenti die soluta, defuncto venditore, filiis eius pupillaris aetatis et ipse tutor cum aliis datus, neque contutoribus pretium secundum legem numeravit nec rationibus tutelae rettulit: quaesitum est, an irrita emptio facta esset. respondit secundum ea quae proponerentur inemptam videri. 1Emptor praediorum cum suspicaretur Numeriam et Semproniam controversiam moturas, pactus est cum venditore, ut ex pretio aliqua summa apud se maneret, donec emptori fideiussor daretur a venditore: postea venditor eam legem inseruit, ut, si ex die pecunia omnis soluta non esset et venditor ea praedia venisse nollet, invendita essent: interea de adversariis alteram mulierem venditor superavit, cum altera transegit, ita ut sine ulla quaestione emptor praedia possideret: quaesitum est, cum neque fideiussor datus est nec omnis pecunia secundum legem suis diebus soluta sit, an praedia invendita sint. respondit, si convenisset, ut non prius pecunia solveretur quam fideiussor venditi causa daretur, nec id factum esset, cum per emptorem non staret quo minus fieret, non posse posteriorem legis partem exerceri.
Idem lib. VII. Dig. Sejus erkaufte von Lucius Titius ein Landgut unter der Verabredung, dass, wenn bis zu einer bestimmten Zeit der Kaufschilling nicht bezahlt würde, dasselbe als nicht gekauft gelten sollte. Sejus zahlte, als der Tag herankam, einen Theil des Kaufpreises, und wurde, nachdem der Verkäufer mit Tode abgegangen, dessen hinterlassenen unmündigen Söhnen, neben Andern, als Mitvormund bestellt, bezahlte jedoch weder seinen Mitvormündern den Kaufschilling der getroffenen Verabredung gemäss, noch trug er denselben in die Vormundschaftsrechnungen ein. Es wurde angefragt, ob der Kauf ungültig geworden sei? Die Antwort war, nach den vorliegenden Verhältnissen gelte [das Landgut] als nicht gekauft. 1Der Käufer einiger Grundstücke bedung sich, aus Besorgniss, dass Numeria und Sempronia ihm Streitigkeiten erregen möchten, vom Verkäufer, dass eine gewisse Summe des Kaufschillings in seinen Händen bleiben solle, bis ihm der Verkäufer einen Bürgen gestellt habe; später schaltete der Verkäufer die Bedingung ein, dass, wenn bis zu einer bestimmten Zeit nicht der ganze Kaufpreis bezahlt wäre, und, er, der Verkäufer den Verkauf der Grundstücke nicht mehr halten wolle, der Kauf als nicht abgeschlossen gelten solle. Unterdessen trug der Verkäufer über eine jener Gegnerinnen den Sieg Rechtens davon, mit der andern verglich er sich, so dass nun der Käufer die Grundstücke ohne alle Anfechtung besass. Hier entstand die Frage, ob, nachdem weder ein Bürge gestellt, noch der ganze Kaufschilling zu der vertragsmässig festgesetzten Zeit bezahlt worden sei, die Grundstücke als nicht verkauft gelten? Die Antwort war: wenn verabredet wurde, dass der Kaufschilling nicht eher bezahlt werden solle, als bis ein Bürge zur Sicherung der Verkaufserfüllung bestellt worden, und solches nicht geschehen sei, so könne der letztere Theil des Vertrags nicht zur Anwendung kommen, weil es nicht in des Käufers Macht stand, dass [die Bürgschaftsbestellung] bewirkt werde.
Dig. 18,7,10Scaevola libro septimo digestorum. Cum venderet Pamphilam et Stichum, venditioni inseruit pactum conventum, uti ne eadem mancipia Pamphila et Stichus, quos minorato pretio vendidit, alterius servitutem quam Seii paterentur post mortemque eius in libertate morarentur: quaesitum est, an haec mancipia, de quibus inter emptorem et venditorem convenit, post mortem emptoris iure ipso liberata sint. respondit secundum constitutionem divi Hadriani super hoc prolatam Pamphilam et Stichum, de quibus quaereretur, si manumissi non sint, liberos non esse. Claudius: Divus Marcus ex lege dicta libertatis in vendendo quamvis non manumissos fore liberos in semenstribus constituit, licet in mortis tempus emptoris distulit venditor libertatem.
Scaevola lib. VII. Digest. Jemand verkaufte die Pamphila und den Stichus, und traf bei dem Verkauf das vertragsmässige Uebereinkommen, dass diese Sclaven, Pamphila und Stichus, welche er um einen geringern Preis verkauft habe, nur dem Sejus als Sclaven untergeben, nach dessen Tode aber frei sein sollten. Es wurde angefragt, ob diese Sclaven, welche den Gegenstand der zwischen Käufer und Verkäufer getroffenen Uebereinkunft bilden, nach dem Tode des Käufers dem Rechte selbst zufolge frei würden? Das Gutachten lautete: nach der hierüber erlassenen Constitution des Kaisers Hadrian seien Pamphila und Stichus, welche die Anfrage veranlasst haben, nicht frei, wenn sie nicht freigelassen würden. Claudius [setzt hinzu]: der Kaiser Marcus setzte in den engern Senatssitzungen fest, dass, wenn beim Verkauf den Sclaven vertragsmässig die Freiheit zugesichert worden sei, solche auch ohne Freilassung zur Freiheit gelangen, wenngleich der Verkäufer deren Freiheit bis zur Zeit des Todes des Käufers aufgeschoben habe.
Dig. 19,1,52Scaevola libro septimo digestorum. Creditor fundum sibi obligatum, cuius chirographa tributorum a debitore retro solutorum apud se deposita habebat, vendidit Maevio ea lege, ut, si quid tributorum nomine debitum esset, emptor solveret: idem fundus ob causam eorum tributorum, quae iam soluta erant, a conductore saltus, in quo idem fundus est, venit eumque idem Maevius emit et pretium solvit: quaesitum est, an empti iudicio vel aliqua actione emptor a venditore consequi possit, ut solutionum supra scriptarum chirographa ei dentur. respondit posse emptorem empti iudicio consequi, ut instrumenta de quibus quaereretur exhibeantur. 1Praedium aestimatum in dotem a patre filiae suae nomine datum obligatum creditori deprehenditur: quaesitum est, an filius, qui hereditatem patris retinet, cum ab ea se filia abstinuisset dote contenta, actione ex empto teneatur, ut a creditore lueret et marito liberum praestaret. respondit teneri. 2Inter venditorem et emptorem militiae ita convenit, ut salarium, quod debeatur ab illa persona, emptori cederet: quaesitum est, emptor militiae quam quantitatem a quo exigere debet et quid ex eiusmodi pacto venditor emptori praestare debeat. respondit venditorem actiones extraordinarias eo nomine quas haberet praestare debere. 3Ante domum mari iunctam molibus iactis ripam constituit et uti ab eo possessa domus fuit, Gaio Seio vendidit: quaero, an ripa, quae ab auctore domui coniuncta erat, ad emptorem quoque iure emptionis pertineat. respondit eodem iure fore venditam domum, quo fuisset priusquam veniret.
Scaevola lib. VII. Dig. Ein Gläubiger verkaufte ein ihm verpfändetes Landgut, von welchem er Quittungen über von dem Schuldner früherhin berichtigte Abgaben in Händen hatte, an den Mävius unter der Bedingung, dass wenn rückständige Abgaben vorhanden wären, sie der Käufer übernehmen solle; dasselbe Landgut wurde wegen der bereits abgeführten von dem Pächter der öffentlichen Abgaben in der Feldflur, worin das Landgut lag, zum Anschlag gebracht und von demselben Mävius erstanden und bezahlt; es fragte sich nun, ob der Käufer mittelst der Klage aus dem Kauf oder einer andern Klage von dem Verkäufer die Herausgabe der Quittungen über die obgedachten Zahlungen verlangen könne? Man hat geantwortet, es könne der Käufer mittelst der Klage aus dem Kaufe die Auslieferung der fraglichen Urkunden verlangen. 1Es ergab sich, dass ein von einem Vater taxweise als Mitgift für seine Tochter bestelltes Grundstück einem Gläubiger verpfändet war; es wurde die Frage erhoben, ob der sich im Besitze des väterlichen Nachlasses befindende Sohn, indem die Tochter, zufrieden mit ihrer Mitgift, sich dessen enthalten hatte, mittelst der Klage aus dem Kaufe hafte, um [das Grundstück] vom Gläubiger einzulösen, und es dem Ehemanne schuldenfrei zuzustellen? Man hat bejahend geantwortet. 2Zwischen dem Verkäufer und dem Käufer eines Diensteinkommens war die Uebereinkunft getroffen worden, dass der von irgend einer Person zu beziehende baare Gehalt dem Käufer mitüberlassen sein solle; es fragte sich nun, eine wie grosse Summe und von wem der Käufer des Diensteinkommens einziehen solle, und was der Verkäufer dem Käufer aus einem Vertrage der Art zu gewähren habe? Man hat geantwortet, der Verkäufer müsse die ihm desfalls zustehenden ausserordentlichen Klagen abtreten. 3[Jemand] erbaute vor einem dicht am Meere gelegenen Hause mittelst Befestigung von Werkstücken einen Uferdamm, und verkaufte das Haus, so wie es von ihm besessen worden, an den Cajus Sejus; ich frage, ob der Uferdamm, der vom Vorgänger mit dem Hause verbunden worden war, vermöge des Kaufs auch dem Käufer zukomme? Die Antwort lautete dahin: das Haus werde als in demselben Rechtsverhältnisse verkauft angesehen, in dem es vor dem Verkaufe gestanden habe.
Dig. 19,2,61Scaevola libro septimo digestorum. Colonus, cum lege locationis non esset comprehensum, ut vineas poneret, nihilo minus in fundo vineas instituit et propter earum fructum denis amplius aureis annuis ager locari coeperat. quaesitum est, si dominus istum colonum fundi eiectum pensionum debitarum nomine conveniat, an sumptus utiliter factos in vineis instituendis reputare possit opposita doli mali exceptione. respondit vel expensas consecuturum vel nihil amplius praestaturum. 1Navem conduxit, ut de provincia Cyrenensi Aquileiam navigaret olei metretis tribus milibus impositis et frumenti modiis octo milibus certa mercede: sed evenit, ut onerata navis in ipsa provincia novem mensibus retineretur et onus impositum commisso tolleretur. quaesitum est, an vecturas quas convenit a conductore secundum locationem exigere navis possit. respondit secundum ea quae proponerentur posse.
Scaevola lib. VII. Dig. Pächter hatte, ungeachtet, dass im Pachtcontract nichts darüber festgesetzt war, auf einem Landgute Weinberge angelegt, und es war wegen des Einkommens davon der Acker um zehn Goldstücke jährlich theuerer verafterpachtet worden; wenn nun der Eigenthümer jenen Pächter, nachdem er aus dem Landgute vertrieben worden, wegen rückständigen Pachtzinses verklagt, kann derselbe da mittelst der Einrede der Arglist die auf Anlegung der Weinberge nützlicher Weise verwendeten Kosten in Gegenrechnung bringen? Die Antwort hat gelautet: er könne entweder die Kosten verlangen, oder brauche nichts weiter zu bezahlen. 1Jemand hat ein Schiff zur Fahrt aus der Cyrenensischen Provinz nach Aquileia für einen bestimmten Preis gemiethet, und es mit dreitausend Tonnen Oel und achttausend römischen Scheffeln Getreide beladen; nun trat der Fall ein, dass das beladene Schiff neun Monate lang in der Provinz zurückgehalten, und die Ladung selbst als geschmuggelt confiscirt ward; hier entstand die Frage, ob der Vermiether das Frachtlohn, welches der Miether dem Miethcontract zufolge zahlen sollte, von demselben fordern könne? Die Antwort hat dahin gelautet, er könne es unter den vorliegenden Umständen allerdings.