De procuratoribus et defensoribus
(Von den Geschäftsbesorgern und Vertheidigern.)
1Ulp. lib. IX. ad Ed. Ein Geschäftsbesorger ist, wer fremde Geschäfte im Auftrage des Herrn11Es ist in diesem Titel dominus stets durch Herr übersetzt worden; natürlich ist das hier nicht soviel als Eigenthümer, sondern soviel als Principal. verwaltet. 1Ein Geschäftsbesorger kann aber entweder für alle Angelegenheiten, oder für eine einzige Angelegenheit sein, entweder in Gegenwart, oder durch einen Boten, oder durch einen Brief bestellt, obwohl Einige, wie Pomponius im 24. Buche schreibt, nicht glauben, dass der, welcher wegen einer einzigen Angelegenheit einen Auftrag übernimmt, ein Geschäftsbesorger sei; wie denn nicht einmal der, der eine Sache zu überbringen, oder einen Brief, oder eine Nachricht zu überbringen übernommen hat, eigentlich Geschäftsbesorger genannt wird. Doch ist es der Wahrheit gemässer, dass auch der ein Geschäftsbesorger sei, der für eine einzige Angelegenheit bestellt sein sollte. 2Der Gebrauch eines Geschäftsbesorgers ist aber gar sehr nöthig, damit die, welche ihren Angelegenheiten selbst vorstehen, entweder nicht wollen, oder nicht können, durch Andere entweder klagen oder belangt werden können. 3Es kann aber zum Geschäftsbesorger auch ein Abwesender bestellt werden,
2Paul. lib. VIII. ad Ed. wenn der nur gewiss ist, der als bestellt angenommen werden soll, und [dieser] es genehmigt hat. 1Ein Wahnsinniger ist nicht für einen Abwesenden zu halten, weil bei ihm der Wille fehlt, so dass er nicht genehmigen kann.
4Paul. lib. VIII. ad Ed. als auch für immer.
8Idem lib. VIII. ad Ed. Ein Haussohn kann auch zur Anstellung einer Klage einen Geschäftsbesorger bestellt, wenn eine Klage vorliegen sollte, mit der er selbst rechtlich verfahren kann, nicht blos, wenn er ein bei Gelegenheit des Kriegsdienstes erworbenes Sondergut haben sollte, sondern auch ein jeder Haussohn, z. B. der eine Ehrenkränkung erlitten hat, wird zur Anstellung der Injurienklage [einen Geschäftsbesorger] bestellen, wenn etwa weder der Vater gegenwärtig ist, noch der Geschäftsbesorger des Vaters rechtlich verfahren will; und es wird [dann] dem Recht gemäss vom Haussohn selbst der Geschäftsbesorger bestellt sein. Noch mehr, Julianus schreibt, dass auch, wenn einem Vater, der Haussohn sei, in der Person (per) seines mit ihm in derselben Gewalt des [Grossvaters] befindlichen Sohnes eine Ehrenkränkung zugefügt werde, auch der Grossvater nicht gegenwärtig sei, der Vater einen Geschäftsbesorger bestellen könne, um die Ehrenkränkung zu rächen, welche der Enkel des Abwesenden erlitten habe. Auch zur Vertheidigung wird ein Haussohn einen Geschäftsbesorger zur Anstellung der Injurienklage bestellen können; denn dass sie zur Einforderung des Heirathsguts einen Geschäftsbesorger mit dem Vater zusammen bestellt, schreibt Valerius Severus, sei überflüssig, da es hinreiche, dass ihn der Vater nach dem Willen der Tochter bestelle. Doch glaube ich, dass, wenn etwa der Vater abwesend, oder von verdächtigem Lebenswandel sein sollte, in welchem Fall der Tochter die Klage wegen des Heirathsguts zuzustehen pflegt, sie den Geschäftsbesorger bestellen könne. Auch der Sohn selbst wird zum Geschäftsbesorger bestellt werden können, sowohl zur Anstellung einer Klage als zur Vertheidigung. 1Wider Willen pflegt ein Geschäftsbesorger nicht bestellt zu werden; als wider Willen [bestellt] müssen wir nicht blos den ansehen, der widerspricht, sondern auch den, von dem nicht bewiesen ist, dass er eingewilligt habe. 2Ausgediente Soldaten können Geschäftsbesorger werden. [Dienstthuende] Soldaten aber können nicht einmal, wenn der Gegner es wollte, zu Geschäftsbesorgern bestellt werden, wenn dies nicht zur Zeit, wo der Streit eingeleitet wurde, durch irgend einen Zufall übersehen worden ist; mit Ausnahme dessen, der zu seinem eigenen Besten zum Geschäftsbesorger bestellt worden ist, oder der den gemeinschaftlichen Process seiner ganzen Abtheilung führt oder übernimmt; denn diesen ist eine solche Geschäftsbesorgung gestattet worden. 3Einen zur Uebernahme eines Streites bestellten Geschäftsbesorger, für welchen, da er einwilligte, der Herr angelobt hat, dass das Erkannte geleistet werde, werde ich zwingen, sich in den Process einzulassen, sagt der Prätor. Jedoch aus Gründen (causa) wird er nicht genöthigt werden dürfen; z. B. es sind Todfeindschaften zwischen dem Geschäftsbesorger selbst und dem Herrn entstanden; [dann] schreibt Julianus, müsse die [Anstellung der] Klage gegen den Geschäftsbesorger versagt werden. Ingleichen wenn dem Geschäftsbesorger eine Würde zugefallen, oder er künftig von Staatswegen abwesend sein sollte,
9Gaj. lib. III. ad Ed. prov. oder wenn er Krankheit, oder wenn er eine nothwendige Reise anführen sollte,
10Ulp. lib. VIII. ad Ed. oder wenn eine unvermuthet angefallene Erbschaft ihn beschäftigen sollte, oder aus einem andern gerechten Grund. Noch mehr, auch wenn er einen anwesenden Herrn haben sollte, dürfe er nicht genöthigt werden,
11Paul. lib. VIII. ad Ed. wenn anders der Herr gezwungen werden könne.
12Gaj. lib. III. ad Ed. provinc. Aber auch aus diesen Gründen33Ex his causis, d. h. auch beim Vorhandensein der in den vorhergehenden Sätzen aufgezählten Gründe, aus denen der Geschäftsbesorger nicht genöthigt werden kann., sagt man, sei zuweilen der Geschäftsbesorger zu zwingen, sich in den Process einzulassen, wie wenn der Herr nicht anwesend sein und der Kläger versichern sollte, durch Zeitverzug werde es geschehen, dass die Sache zu Grunde gehe.
13Ulp. lib. VIII. ad Ed. Doch dies ist weder ohne Unterschied zuzulassen, noch streng zu versagen, sondern vom Prätor nach Untersuchung der Sache zu bestimmen.
14Paul. lib. VIII. ad Ed. Wenn nach Bestellung des Geschäftsbesorgers Todfeindschaften entstanden sind, so sei er nicht zu zwingen, sich in den Process einzulassen, noch verfalle die Stipulation (Sicherheitsbestellung) wegen nicht vertheidigter Sache, weil es ein neuer Process sei.
15Ulp. lib. VIII. ad Ed. Wenn der Herr vor Einleitung des Stretis gestorben sein sollte, nachdem er die Stipulation (Sicherheit), dass das Erkannte geleistet werden, für seinen Geschäftsbesorger bestellt hatte, so ist der Geschäftsbesorger zu Einlassung in den Process zu nöthigen, so jedoch, wenn dies der Herr mit Wissen und ohne Widerspruch des Geschäftsbesorger gethan hat. Wenn aber anders zu Werke gegangen ist, so ist es zwar ziemlich unbillig (incivile), dass der nichts davon wissende Geschäftsbesorger gehalten sei, es verfällt aber wegen nicht vertheidigter Sache die Clausel der Stipulation44Es hatte nämlich die Sicherheitsbestellung, dass der Gegenstand der richterlichen Verurtheilung (das Erkannte) geleistet werde (judicatum solvi stipulatio) einen dreifachen Inhalt oder drei Clauseln: de re judicata oder de judicatio solvendo, wegen Leistung dessen, worein der Richter verutheilen würde, de re defendenda, wegen gehöriger Vertheidigung der Sache, und de dolo malo, wegen Abwesenheit der bösen Absicht. S. L. 6. D. judicatum solvi. 46. 7.. 1Wer zu einem Theilungsprocess zur Anstellung der Klage bestellt ist, wird auch zugleich so angesehen werden, als sei er zum Vertheidiger bestellt, so dass eine doppelte Sicherheit zu geben ist.
16Paul. lib. VIII. ad Ed. Vor Einleitung des Streits steht freie Befugniss zu, theils den Geschäftsbesorger [gegen einen andern] zu vertauschen, theils dass der Herr sich selbst auf den Process einlasse.
17Ulp. lib. IX. ad Ed. Nach Einleitung des Streits aber kann der Beklagte, welcher einen Geschäftsbesorger bestellt hat, ihn zwar vertauschen, oder auf sich den Streit von einem lebenden, oder in der Stadt bleibenden Geschäftsbesorger übertragen, jedoch nach vorgängiger Untersuchung der Sache. 1Nicht blos aber dem selbst, der den Geschäftsbesorger bestellt hat, wird dies erlaubt, sondern auch dem Erben desselben und den übrigen Nachfolgern. 2Im Kreise der Untersuchung der Sache aber liegt nicht blos das, was wir oben beim Geschäftsbesorger, der nicht zu nöthigen sei, den Process zu übernehmen, gesagt haben, sondern auch das Alter,
20Paul. lib. VIII. ad Ed. oder durch einen öffentlichen oder Privatprocess, oder durch Krankheit, oder durch grösseres eigenes Vermögen abgehalten werden sollte.
21Gaj. lib. III. ad Ed. provinc. oder durchs Exil, oder wenn er sich verborgen halten, oder nachher einen Feind [des Herrn] werden sollte,
22Paul. lib. VIII. ad Ed. oder durch irgend ein schwägerschaftliches Verhältniss mit dem Gegner verbunden, oder dessen Erbe werden sollte,
24Paul. lib. VIII. ad Ed. so wird er vertauscht werden dürfen; auch sogar, wenn es der Geschäftsbesorger selbst verlangt.
25Ulp. lib. IX. ad Ed. Und dies Alles wird nicht blos auf der Seite des Beklagten, sondern auch bei der Person des Klägers beobachtet werden. Aber wenn der Gegner oder der Geschäftsbesorger selbst sagen sollte, der Herr lüge, so muss dies beim Prätor entschieden werden. Auch ist kein Geschäftsbesorger zu dulden, der sich eine Geschäftsbesorgung anmaasst; denn gerade dadurch ist der, welcher seine Dienstleistung [dem Herrn] wider dessen willen aufdringt, verdächtig, wenn er nicht etwa sich mehr von dem Vorwurf reinigen, als die Geschäftsbesorgung zu erhalten suchen wollte. Und in soweit wird er zu hören sein, wenn er sagen sollte, er wolle zwar die Geschäftsbesorgung missen, aber [nur] wenn das, ohne seine bürgerliche Ehre zu verletzen, geschehe; übrigens wird der, welcher seine Ehre (pudorem) rechtfertigt, zu dulden sein. Freilich wenn er sagen sollte, er sei zu seinem eigenen Besten zum Geschäftsbesorger bestellt worden, und [wenn] er dies bewiesen haben sollte, so darf er den ihm eigenthümlich zugehörigen Streit nicht entbehren. Ingleichen wenn der Geschäftsbesorger irgend ein Zurückhaltungsrecht ausüben will, so wird der Streit nicht wohl von ihm weg zu übertragen sein,
26Paul. lib. VIII. ad Ed. wenn nicht der Herr bereit sein sollte, [das Schuldige] ihm zu leisten.
27Ulp. lib. IX. ad Ed. Im Kreise der Untersuchung der Sache wird auch das liegen, dass es nur so erlaubt sei, dass der Process vom Geschäftsbesorger weg übertragen werde, wenn Jemand alle Processe55In unserm Text steht zwar omnia judicii aus dem Cod. Flor.; allein die Zulässigkeit dieser Lesart möchte manchem Zweifel unterliegen, wogegen die hier befolgte: omnia judicia durch die Endworte dieses §. Translatio earum litium vollkommen bestätigt wird. von ihm weg zu übertragen bereit sein sollte; sonst wenn er einige übertragen, einige [dem Geschäftsbesorger] lassen will, so wird der Geschäftsbesorger mir Recht diese Unbeständigkeit zurückweisen. Aber dies [findet nur] dann [Statt], wenn der Geschäftsbesorger im Auftrage des Herrn gehandelt hat; sonst, wenn kein Auftrag da ist, da er weder etwas klagbar gemacht hat, noch du das gebilligt hast, was wider deinen Willen geschehen ist, so bringt dir das keinen Nachtheil; und darum ist für dich die Uebertragung solcher Streite nicht nöthig, damit du nicht mit einer fremden Handlung beschwert werdest. Diese Untersuchung aber wegen des zu vertauschenden Geschäftsbesorger ist Sache des Prätors. 1Wenn auf Seiten des Klägers eine Uebertragung des Streites Statt finden sollte, so behaupten wir, dass die vom Beklagten bewerkstelligte Stipulation (Sicherheitsbestellung), dass das Erkannte geleistet werde, verfalle66Dies und was im Folgenden vom Verfallen der Stipulation gesagt wird, ist nicht etwa als Folge des Vorhergehenden zu betrachten, als ob die Uebertragung des Streites auf Seiten des Klägers das Verfallen der Stipulation zur Folge habe; sondern Ulpian will sagen, das Verfallen der Stipulation werde durch jene Uebertragung nicht gehindert, sondern finde, auch wenn der Streit übertragen sei, in eben den Fällen Statt, wie sonst. Uebrigens vergl. über diesen §. u. die L. 28. Mühlenbruch in d. Cession d. Forderungsrechte. S. 48 flgde., und das billigte sowohl Neratius, als Julianus. Und dies Recht gilt in der Anwendung; nämlich wenn der Herr die Sicherheit bekommen hat. Aber auch wenn der Geschäftsbesorger die Sicherheit bekommen hat und der Process auf den Herrn übertragen werden sollte, so ist es der Wahrheit gemässer, dass [die Stipulation] verfalle und die Klage aus der Stipulation vom Geschäftsbesorger auf den Herrn übertragen werde. Aber auch wenn vom Herrn oder vom Geschäftsbesorger weg der Process auf einen Geschäftsbesorger übertragen werden sollte, so zweifelt Marcellus nicht, dass die Stipulation verfalle; und das ist wahr. Und obgleich für den Geschäftsbesorger77D. h. obgleich ihm die Sicherheit bestellt war und also zu seinem Besten die Stipulation verfällt. die Stipulation verfallen sein sollte, so wird doch dem Herrn eine analoge Klage aus der Stipulation zu geben sein, so dass die directe [Klage] durchaus aufgehoben wird.
28Idem lib. I. Disputat. Wenn mein Geschäftsbesorger Sicherheit bekommen haben sollte, dass das Erkannte geleistet werde, so habe ich eine analoge Klage aus der Stipulation, so wie mir eine Klage wegen des Erkannte gestattet wird. Aber auch wenn mein Geschäftsbesorger aus einer solchen Stipulation wider meinen Willen geklagt hat, so wird mir nichts desto weniger doch eine Klage aus der Stipulation ertheilt werden; und dieser Umstand bewirkt, dass mein Geschäftsbesorger bei Anstellung der Klage aus der Stipulation mit einer Einrede zurückgewiesen werden muss, so wie wenn wegen des Erkannte ein nicht zu seinem eigenen Besten bestellter, noch zu dieser Angelegenheit erwählter Geschäftsbesorger klagt. Auf der entgegengesetzten Seite aber, wenn mein Geschäftsbesorger Sicherheit bestellt haben sollte, dass das Erkannte geleistet werde, findet die Klage aus der Stipulation gegen mich nicht Statt. Aber auch wenn mein Vertheidiger Sicherheit bestellt haben sollte, findet die Klage aus der Stipulation gegen mich nicht Statt, weil auch nicht wegen des Erkannten gegen mich geklagt werden kann.
30Paul. lib. I. Sententiar. Der Geschäftsbesorger des Klägers, der nicht zu seinem eigenen Besten bestellt ist, kann wegen der Kosten, die er auf den Streit verwandt hat, fordern, dass ihm aus dem Erkannten (ex judicatione) Genüge geleistet werde, wenn der Herr des Streits nicht zahlungsfähig sein sollte.
31Ulp. lib. IX. ad Ed. Wenn Jemand, der (quum) als Geschäftsbesorger verurtheilt worden war, Erbe des Herrn des Streites geworden sein sollte, so kann er nicht mit Recht die Klage wegen des Erkannten zurückweisen. So, wenn er allein Erbe; wenn er aber [nur] zu einem Theil Erbe geworden sein und das Ganze geleistet haben sollte, so wird er, in sofern ihm auch dies aufgetragen worden ist, dass er [das Schuldige] leiste, die Auftragsklage gegen die Miterben haben; ist es ihm nicht aufgetragen worden, so findet die Geschäftsführungsklage Statt; und dies ist der Fall, wenn der Geschäftsbesorger auch nicht Erbe geworden sein und [gleichwohl das Schuldige] geleistet haben sollte. 1Es ist nicht verboten, dass für einen einzigen Streit mehrerer Personen mehrere Geschäftsbesorger bestellt werden. 2Julianus sagt, der, welcher zu verschiedenen Zeiten zwei Geschäftsbesorger bestellt hat, scheine dadurch, dass er den späteren bestellt, den früheren ausgeschlossen zu haben (prohibuisse).
32Paul. lib. VIII. ad Ed. Wenn mehrere Geschäftsbesorger aufs Ganze zugleich bestellt worden sind, so ist die Lage desjenigen, der [den übrigen] zuvorkommt (occupantis) die bessere, so dass der spätere in dem, was der frühere fordert, nicht als Geschäftsbesorger gilt.
33Ulp. lib. IX. ad Ed. Man sagt, dass auch ein Sclave und ein. Haussohn einen Geschäftsbesorger haben können. Und soviel den Haussohn betrifft, ist es wahr; beim Sclaven tragen wir Bedenken (subsitimus) und geben zwar zu, dass Jemand die Sondergutsgeschäfte eines Sclaven führen könne, und in diesem Falle der Geschäftsbesorger desselben sei; dass er aber eine Klage anstellen könne, lassen wir nicht zu (vetamus). 1Dass aber der, welcher über seine Rechtsfähigkeit streitet, einen Geschäftsbesorger haben könne, zweifeln wir nicht, nicht blos bei Führung seiner Angelegenheiten, sondern auch bei den Klagen, die ihm und gegen ihn zustehen, mag er nun im Besitz der Sclaverei oder der Freiheit über seine Rechtsfähigkeit streiten. Von der entgegengesetzten Seite auch ist es handgreiflich, dass er zum Geschäftsbesorger bestellt werden könne. 2Dem allgemeinen Besten ist es gemäss, dass Abwesende, von wen es auch sei, vertheidigt werden; denn auch bei Capital-Untersuchungen88Welche Untersuchungen so genannt werden, lehrt §. 2. I. 4. 18. findet eine Vertheidigung Statt. Wo also auch immer irgend ein Abwesender verurtheilt werden kann, da ist es billig, dass ein Jeder, welcher für ihn das Wort nimmt und [seine] Unschuld vertheidigt, gehört werde und [da ist es] der Ordnung gemäss, [einen solchen] zuzulassen; und dies erhellt auch aus einen Rescript unsers Kaisers99Caracalla’s (reg. allein v. 212—217 n. Ch.); denn unter ihm schrieb Ulpian seine Bücher ad Edictum. Vgl. Zimmern a. a. O. Th. 1. §. 100 a.. 3Der Prätor sagt: In wessen Namen Jemand verlangen wird, dass ihm eine Klage gegeben werde, den soll er nach Gutbefinden eines rechtlichen Mannes vertheidigen, und er soll dem, gegen den er in dieser Hinsicht1010Quocum eo nomine ist wohl der Lesart des Textes: quo nomine, vorzuziehen. klagen wird, nach Gutbefinden eines rechtlichen Mannes Sicherheit bestellen, dass es der genehmige, den diese Sache angeht. 4Es hat dem Prätor billig geschienen, dass der, der in Jemands Namen als Geschäftsbesorger klagt, auch zugleich die Vertheidigung [desselben] übernehme. 5Wenn jemand als Geschäftsbesorger zu seinem eigenen Besten eintreten1111Interveniat. Dieses Wort bezeichnet jeden Eintritt in einen fremden Streit. S. Zimm. a. a. O. Th. 3. §. 164. sollte, so muss man noch [immer] sagen, dass er [den Herrn auch] vertheidigen müsse, wenn er nicht etwa aus Nothwendigkeit erwählt sein sollte.
34Gaj. lib. III. ad Ed. provinc. Wenn Jemand als Geschäftsbesorger zu seinem eigenen Besten klagt, z. B. als Käufer einer Erbschaft, muss er da den Verkäufer hinwiederum vertheidigen? Und man nimmt an, dass, wenn das Geschäft mit gutem Glauben und nicht zur Täuschung derer, die untereinander klagen wollten, geführt worden sei, er nicht [den Verkäufer] hinwiederum vertheidigen müsse.
35Ulp. lib. IX. ad Ed. Aber auch die Personen aus der Zahl der Geschäftsbesorger werden vertheidigen müssen, denen es freisteht, ohne Auftrag [für einen Anderen] zu klagen; z. B. Kinder, obgleich sie sich in der [väterlichen] Gewalt befinden; ingleichen Eltern, und Brüder, und Verschwägerte, und Freigelassene. 1Der Patron kann [seinen] Freigelassenen, wie einen Undankbaren, auch durch einen Geschäftsbesorger anklagen, und der Freigelassene durch einen Geschäftsbesorger antworten. 2Nicht aber blos wenn eine Klage, sondern auch [wenn] ein Präjudicium1212Praejudicia in diesem Sinne, oder praejudiciales actiones heissen Klagen, welche auf vorläufige Entscheidung (praejudicium) eines Rechtsverhältnisses oder einer Thatsache gerichtet sind, wovon man späterhin Gebrauch machen will. Beispiele s. §. 13. d. de actionib. 4. 6. Vergl. Zimmern a. a. O. Th. 3. §. 53. u. 69. Die hier gebrauchten Worte: actio, praejudicium, interdictum a procuratore postulatur sind aus dem Wesen des Röm. Processes zu erklären, wornach vom Kläger zu einer Präjudicial- oder anderen Klage, oder zu einem Interdict gebeten wurde., oder ein Interdict vom Geschäftsbesorger verlangt wird, oder wenn er will, dass durch eine Stipulation wegen Legaten oder zu befürchtenden Schadens Sicherheit gegeben werde, wird er den Abwesenden vor dem gehörigen Tribunal und in derselben Provinz [auch] vertheidigen müssen. Im Uebrigen ist es hart, wenn er gezwungen würde, auch in die Provinz von Rom weg zu gehen, oder umgekehrt, oder aus der [einen] Provinz in eine andere Provinz, und [da] zu vertheidigen. 3Vertheidigen heisst aber das thun, was der Herr für den Streit thun würde, und gehörige Sicherheit geben; auch wird die Lage des Geschäftsbesorgers nicht eine härtere werden dürfen, als die des Herrn ist, ausser bei der Sicherheitsbestellung. Ausser der Sicherheitsbestellung scheint der Geschäftsbesorger dann zu vertheidigen, wenn er sich auf den Process einlässt. Daher ist bei Julianus die Streitfrage aufgeworfen worden, ob er [dazu] genöthigt werde, oder aber ob es genüge, dass wegen nicht vertheidigter Sache die Stipulation verfalle; und Julianus schreibt im 3. Buch seiner Digesten, er sei zur Einlassung in den Process zu nöthigen, wenn er nicht auch die Anstellung der Klage nach vorgängiger Untersuchung der Sache verweigert habe, oder aus einem gerechten Grund abgewiesen worden sei. Zu vertheidigen scheint der Geschäftsbesorger, auch wenn er dulden sollte, dass [Jemand] in den Besitz komme, wenn Jemand Sicherheit wegen eines zu befürchtenden Schadens, oder [wegen] Legaten fordern sollte,
36Paul. lib. VIII. ad Ed. oder bei der Verbietung eines neuen Werks. Aber auch wenn er dulden sollte, dass eine Sclave wegen eines Schädenanspruchs verhaftet werde, scheint er zu vertheidigen; so jedoch, dass er in allen diesen Fällen Sicherheit gebe, dass der Herr es genehmigen werde.
37Ulp. lib. IX. ad Ed. In Bezug auf alle Klagen aber muss er vertheidigen, auch [in Bezug] auf die, welche gegen den Erben nicht Statt finden. 1Daher ist die Streitfrage aufgeworfen worden, wenn der Gegner mehrere Klagen anstelle, und gegen jede einzelne ein besonderer Vertheidiger auftrete, der [die Vertheidigung] zu übernehmen bereit sei, [ob dann der Beklagte wohl vertheidigt werde]; Julianus sagt, er scheine wohl vertheidigt zu werden, und Pomponius schreibt, dies Recht gelte bei uns in der Anwendung.
39Idem lib. IX. ad Ed. Nicht blos aber bei Klagen und Interdicten, und Stipulationen muss er den Herrn vertheidigen, sondern auch bei Fragen, so dass er, vor dem Prätor (in jure) befragt, aus allen den Gründen antwortet, aus welchen der Herr. Ob also der Abwesende Erbe sei, wird er beantworten müssen, und, wenn er geantwortet oder geschwiegen hat, so wird er [daraus] gehalten sein. 1Wer in fremdem Namen eine Klage, es sei, welche es wolle, anstellt, muss Sicherheit geben, dass das der genehmigen werde, den diese Sache angehen wird. Aber zuweilen wird der Geschäftsbesorger, obgleich er in eigenem Namen klagen sollte, gleichwohl wegen der Genehmigung Sicherheit geben müssen, wie Pomponius im 25. Buch schreibt; z. B. man hat dem Geschäftsbesorger den Eid zurückgeschoben, er hat geschworen, es müsse dem Abwesenden [etwas] gegeben werden, er klagt in diesem Process in eigenem Namen wegen seines Eides; denn es konnte ja diese Klage dem Herrn nicht zustehen; aber er wird wegen der Genehmigung Sicherheit geben müssen. Aber auch wenn dem Geschäftsbesorger die Leistung einer Verbindlichkeit nach prätorischem Recht noch besonders versprochen ist (constitutum est), und er aus diesem Grunde klagen sollte, so ist nicht zu zweifeln, dass die Sicherheitsbestellung wegen Genehmigung an ihrer Stelle ist; und das schreibt Pomponius. 2Es wird bei Julianus die Streitfrage aufgeworfen, ob [der Geschäftsbesorger], dass der Herr allein es genehmige, Sicherheit geben müsse, oder auch, dass es die übrigen Gläubiger [genehmigen]; und er sagt, es sei nur wegen des Herrn Sicherheit zu geben, auch seien in jenen Worten: den diese Sache angeht, die Gläubiger nicht enthalten; denn auch nicht dem Herrn selbst lagt jene Sicherheitsbestellung ob. 3Wenn der Vater wegen des Heirathsguts klagt, so muss er Sicherheit geben, dass die Tochter es genehmigen werde; aber er muss sie auch vertheidigen, wie auch Marcellus schreibt. 4Wenn der Vater im Namen des Sohnes wegen Ehrenkränkungen klagt, so fällt, da es zwei Klagen gibt, eine die des Vaters, die andere die des Sohnes, die Sicherheitsbestellung wegen der Genehmigung weg. 5Wenn ein Geschäftsbesorger Jemandem die Rechtsfähigkeit bestreitet, mag nun Jemand gegen ihn sich aus der Sclaverei heraus die Freiheit erstreiten, oder mag er selbst [einen] aus der Freiheit in die Sclaverei fordern, so muss er Sicherheit geben, dass es der Herr genehmigen werde; und so steht es im Edict geschrieben, so dass er von beiden Seiten gleichsam für den Kläger gehalten wird. 6Es gibt auch einen Fall, wo Jemand in Bezug auf dieselbe Klage sowohl wegen der Genehmigung Sicherheit geben soll, als auch [darüber], dass das Erkannte geleistet werde; z. B. es ist eine Untersuchung wegen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verlangt worden, da ein Minderjähriger bei einem Verkauf hintergangen sein sollte, es tritt [nun] ein Geschäftsbesorger für den Gegner (alterius) auf, dieser Geschäftsbesorger muss Sicherheit geben, sowohl dass der Herr es genehmigen werde, damit nicht etwa der Herr, wenn er zurückgekehrt ist, etwas fordern möge; ingleichen, dass das Erkannte geleistet werde, damit, wenn etwa wegen dieser Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dem Jüngling etwas geleistet werden muss, dies geleistet werde. Und dies hat Pomponius so im 25. Buche zum Edict geschrieben. 7Ingleichen, sagt er, wenn ein verdächtiger Vormund vor Gericht gefordert werde, so müsse sein Vertheidiger auch wegen der Genehmigung Sicherheit geben, damit Jener, wenn er zurückkehrt, nicht widerrufen möge, was verhandelt worden ist. Aber es wird nicht leicht Jemand in der Person (per) des Geschäftsbesorgers als verdächtig angeklagt werden, weil es ein Process ist, der sich auf den guten Namen bezieht, wenn es nicht bekannt sein sollte, dass ihm (dem Geschäftsbesorger) [für diesen Fall] vom Vormund namentlich Auftrag gegeben worden, oder wenn, auch in Abwesenheit des Vormunds, gleichsam als würde er nicht vertheidigt, der Prätor Untersuchung anstellen wollte.
40Idem lib. IX. ad Ed. Pomponius schreibt, dass man nicht alle Klagen durch den Geschäftsbesorger anstellen könne. So z. B. sagt er, könne [der Geschäftsbesorger] das Interdict, dass Kinder, die in der Gewalt eines Abwesenden sein sollen, weggeführt würden1313Dies Interdict wurde dann gebraucht, wenn dem Vater das Recht, seine Kinder bei sich zu haben und zu erziehen, streitig gemacht war., nicht fordern, ausser, wie Julianus sagt, nach Untersuchung der Sache, das heisst, wenn sowohl es ihm namentlich aufgetragen sein, als auch der Vater durch Krankheit oder einen anderen gerechten Grund verhindert werden sollte. 1Wenn der Geschäftsbesorger wegen eines zu befürchtenden Schadens oder wegen Legaten stipulirt, so wird er wegen Genehmigung Sicherheit geben müssen. 2Aber auch der, welcher gleichsam als Vertheidiger mit einer Klage auf eine Sache belangt wird, muss ausser der gewöhnlichen Sicherheitsbestellung, dass das Erkannte geleistet werde, auch wegen Genehmigung Sicherheit geben. Denn wie? wenn in diesem Process erkannt werden sollte, dass die Sache mein sei, [und nun] Jener, für den ein Vertheidiger aufgetreten war, nachdem er zurückkehrt, das Grundstück als sein Eigenthum fordern wollte, wird es dann nicht scheinen, als genehmige er nicht, was erkannt worden ist? Endlich wenn ein wahrer Geschäftsbesorger aufgetreten wäre, oder er (der Herr) selbst als gegenwärtig seinen Process geführt hätte, und besiegt worden wäre, würde er, wenn er [die Sache] als seine Eigenthum von mir forderte, durch die Einrede, dass über die Sache erkannt sei, abgewiesen werden? Und so schreibt Julianus im 50. Buche der Digesten; denn wenn erkannt wird, die Sache sei die meine, so wird zugleich erkannt, dass sie die Jenes nicht sei. 3Die Sicherheitsbestellung wegen Genehmigung aber wird vor der Einleitung des Streites vom Geschäftsbesorger gefordert; sonst, wenn einmal der Streit eingeleitet worden ist, wird er zur Sicherheitsbestellung nicht genöthigt werden. 4Bei den Personen aber, bei welche wir keinen Auftrag fordern, muss man sagen, dass, wenn es etwa augenscheinlich sei, dass sie gegen den Willen derer, für welche sie eintreten, rechtlich verfahren, sie zurückgewiesen werden müssen. Wir fordern also nicht, dass sei eine [ausdrückliche erklärte] Willensmeinung [für sich] oder einen Auftrag haben, sondern dass nicht ein entgegengesetzter Wille bewiesen werde, obgleich sie Sicherheitsbestellung wegen Genehmigung anbieten sollten.
42Idem. lib. VIII. ad Ed. Obgleich bei Volksklagen1414In popularibus actionibus, d. h. solchen Klagen, die Jeder aus dem Volke auf Erlangung einer Privatstrafe anstellen kann, in Fällen, wo heut zu Tage Polizeimaassregeln einzutreten pflegen. S. L. 43. §. 2. weiter unt. u. den 23. Tit. d. 47. Buchs., ein Geschäftsbesorger nicht bestellt werden kann, so hat man gleichwohl behauptet, dass mit Recht der, welcher wegen eines öffentlichen Wegs klagt, und den ein Privatschaden aus der Verhinderung zugefügt wird, gleichsam für eine Privatklage einen Geschäftsbesorger bestellen könne. Um soviel mehr kann zur [Anstellung der] Klage wegen des verletzten Grabmals der [einen Geschäftsbesorger] bestellen, den diese Sache angeht. 1Zur [Anstellung der] Klage wegen Ehrenkränkungen aus dem Cornelischen Gesetz kann ein Geschäftsbesorger bestellt werden; denn wenn auch [diese Klage] zum allgemeinen Besten angestellt wird, so ist sei doch eine Privat [-Klage]. 2Die Verbindlichkeit, welche zwischen dem Herrn und Geschäftsbesorger zu bestehen pflegt, erzeugt die Auftragsklage. Zuweilen jedoch wird keine Auftragsverbindlichkeit eingegangen, wie es geschieht, wenn wir einen Geschäftsbesorger zu seinem eigenen Besten stellen und in dieser Hinsicht versprechen, dass das Erkannte geleistet werde; denn sollten wir zufolge dieses Versprechens etwas geleistet haben, so müssen wir nicht wegen des Auftrags, sondern aus dem Verkauf, wenn wir eine Erbschaft verkauft haben, oder aus einem frühern Grund des Auftrags klagen, wie es geschieht, wenn ein Bürge den Beklagten zum Geschäftsbesorger bestellt hat. 3Der, dem die Erbschaft zufolge des Trebellianischen Senatsschlusses zugestellt worden ist, wird den Erben mit Recht zum Geschäftsbesorger bestellen. 4Aber auch den Eigenthümer des Faustpfandes wird der Gläubiger mit Recht zum Geschäftsbesorger zur [Anstellung der] Servianischen Klage bestellen. 5Ferner wenn einem, der zu denen gehört, die [derselben] Forderung theilhaftig sind, die Leistung der Verbindlichkeit nach prätorischem Recht noch besonders versprochen worden ist (si uni ex reis credendi constitutum sit), und der einen andern zur Anstellung der Klage wegen des versprochenen Geldes (in constitutam pecuniam) bestellt, so werden wir nicht leugnen, dass er [ihn] bestellen könne. Aber auch von zwei eines Versprechens Theilhaftigen kann der eine den andern zur Vertheidigung zum Geschäftsbesorger bestellen. 6Wenn mehrere Erben da sein sollten und auf Erbsonderung oder Theilung des Gemeinschaftlichen geklagt werden sollte, so ist es den mehrern nicht erlaubt, einen und denselben Geschäftsbesorger zu bestellen, weil die Sache [auf diese Weise] in Bezug auf die richterlichen Zuerkennungen und Verurtheilungen nicht zu Stande gebracht werden kann; freilich ist die Bestellung [eines und desselben Geschäftsbesorgers] zu erlauben, wenn Mehrere die Erben eines einzigen Miterben werden sollten. 7Wenn der Beklagte sich nach eingeleitetem Streit verborgen halten sollte, so werden die Bürgen nur dann so angesehen werden, als vertheidigten sie ihn, wenn entweder einer von ihnen ihn fürs Ganze vertheidigen sollte, oder Alle [es thun sollten], oder [wenn] welche von ihnen einen bestellt haben sollten, auf den der Process übertragen werde.
43Idem lib. IX. ad Ed. Ein Stummer und ein Tauber werden nicht abgehalten, auf die Weise, welche gelten (procedere) kann, einen Geschäftsbesorger zu bestellen; vielleicht werden sie auch selbst bestellt, zwar nicht um eine Klage anzustellen, [wohl] aber um [etwas] zu verwalten. 1Wenn gefragt werden sollte, ob Jemand einen Geschäftsbesorger haben dürfe, so ist darauf zu sehen, ob er nicht abgehalten werde, einen Geschäftsbesorger zu bestellen, weil dies Edict ein abhaltendes (verbietendes) ist. 2Bei Volksklagen, wo Jemand gleichsam wie einer aus dem Volke klagt, ist man nicht zu zwingen, die Vertheidigung wie ein Geschäftsbesorger zu führen. 3Der, welcher um einen Curator für irgend einen Gegenwärtigen bittet, wird nicht anders gehört werden, als mit Zustimmung des Jünglings; [thut er es] für einen Abwesenden, so muss er nothwendig [Sicherheit] bestellen, dass er [der Abwesende] es genehmigen werde. 4Die Strafe eines nicht vertheidigenden Geschäftsbesorgers ist die, dass ihm die Klage versagt wird. 5Wenn der Geschäftsbesorger klagen und der Sclave des Abwesenden gegenwärtig sein sollte, so sagt Atilicinus, müsse dem Sclaven Sicherheit gegeben werden, nicht dem Geschäftsbesorger. 6Ein Geschäftsbesorger, der nicht gezwungen wird, einen Abwesenden zu vertheidigen, sei gleichwohl, wenn er, um den Abwesenden zu vertheidigen, Sicherheit bestellt hat, dass das Erkannte geleistet werde, zu zwingen, sich in den Process einzulassen, damit der nicht hintergangen werde, welcher Sicherheit bekam; denn die, welche nicht gezwungen werden, die Sache zu vertheidigen, werden es (cogi) [doch] nach der Sicherheitsbestellung. Labeo [meint], dass [das] nach Untersuchung der Sache zu bestimmen sei; und wenn für den Kläger wegen des Zeitverzugs eine Verfänglichkeit vorhanden sei, so sei er (der Geschäftsbesorger) zu zwingen, sich in den Process einzulassen; wenn aber entweder das schwägerschaftliche Verhältniss aufgehoben sei, oder Feindschaften entstanden seien, oder man angefangen habe, die Güter des Abwesenden in Besitz zu nehmen,
45Paul. lib. IX. ad Ed. so sei er nicht zu zwingen. Sabinus aber [meint], es sei keine Obliegenheit des Prätors, zum Vertheidigen zu nöthigen, sondern es könne aus der Stipulation wegen nicht vertheidigter Sache geklagt werden, und wenn [der Geschäftsbesorger] gerechte Gründe habe, warum er sich auf den Process nicht einlassen wolle, so seien die Bürgen nicht gehalten; weil ein rechtlicher Mann es nicht für gut befinden werde, dass, wer eine gerechte Entschuldigung beibrächte, zum Vertheidigen gezwungen würde. Aber wenn er auch nicht Sicherheit gegeben hat, sondern man ihm, da er [blos] versprach, geglaubt hat, so ist dasselbe zu bestimmen. 1Denen, welche so wegen einer öffentlichen Angelegenheit klagen, dass sie auch [ihren] Privatvortheil vertheidigen, wird es nach Untersuchung der Sache erlaubt, einen Geschäftsbesorger zu bestellen; und sodann wird ein anderer Kläger durch eine Einrede zurückgewiesen werden. 2Wenn dem Geschäftsbesorger ein neues Werk verboten sei, und er sich des Interdicts: dass dem, der baut, keine Gewalt zugefügt werde, bediene, so sagt Julianus, unterziehe er sich der Obliegenheit eines Vertheidigers, und werde nicht genöthigt, Sicherheit zu geben, dass es der Herr genehmigen werde. Und wenn er Sicherheit bestellt haben sollte, so nehme ich nicht wahr, sagt Julianus, in welchem Falle die Stipulation verfallen könne.
46Gaj. lib. III. ad Edict. prov. Wenn der, welcher in eigenem Namen sich auf den Process eingelassen hatte, einen Geschäftsbesorger bestellen wollte, auf den der Kläger den Process übertrage, so muss er gehört werden und feierlich für ihn1515Im Text steht: pro jud. solvi satisdatione cavere; doch verdient wohl die als gut in der Anmerkung anerkannte Lesart Haloanders und der Vulg. pro eo jud. solvi etc. den Vorzug. mit der Sicherheitsbestellung, dass das Erkannte geleistet werde, Sicherheit geben. 1Dem, der einen solchen vertheidigt, in dessen Namen er selbst nicht klagt, steht es frei, [ihn] nur wegen einer Angelegenheit zu vertheidigen. 2Wer einen Andern vertheidigt, wird gezwungen, Sicherheit zu bestellen; denn Niemand wird ohne Sicherheitsbestellung als ein tauglicher Vertheidiger eines fremden Streites angesehen. 3Es ist eine Streitfrage1616Es heisst: Item quaeritur; das item kann hier nicht wohl übersetzt werden, und wir beziehen uns deshalb auf das in der Vorrede zu diesem Band S. XXIV Gesagte., wenn der Vertheidiger sich auf den Process eingelassen haben und der Kläger in den vorigen Stand wieder eingesetzt sein sollte, ob [dann der Vertheidiger] zu zwingen sei, sich auf den Wiedereinsetzungsprocess einzulassen; und man nimmt mehr an, dass er zu zwingen sei. 4Ein Geschäftsbesorger muss, wie auch bei den übrigen [Arten der] Geschäftsführung, so auch bei [Rechts-] Streiten nach gutem Glauben, Rechnung ablegen. Daher muss er, was er aus dem Streit erlangt haben wird, sei es hauptsächlich auf den Namen der [streitigen] Sache selbst, oder von aussen her wegen der Sache, in Folge der Auftragsklage zurückerstatten, [und das geht] so weit, dass, wenn er auch durch einen Irrthum oder durch eine Widerrechtlichkeit des Richters eine Nichtschuld erlangt haben sollte, er die auch zurückgeben muss. 5Ingleichen muss auf der andern Seite, was der Geschäftsbesorger in Folge der richterlichen Verurtheilung (ob rem judicatam) geleistet haben sollte, er durch die Gegenauftragsklage zurückbekommen; die Strafe aber, welche er wegen seines eigenen Vergehens geleistet hat, muss er nicht zurückbekommen. 6Dass der in gutem Glauben entweder vom Geschäftsbesorger des Klägers oder dem des Beklagten gemachte Aufwand des Streits, ihm zurückerstattet werden müsse, [dazu] räth die Billigkeit. 7Wenn Zweien die Führung von Geschäften aufgetragen sein sollte, von denen der eine Schuldner des Auftraggebers sein sollte, ob [dann] der Andere gegen ihn mit Recht klagen wird? Und allerdings mit Recht; denn er wird deswegen nicht weniger als Geschäftsbesorger angesehen, dass auch der, gegen den geklagt wird, ein Geschäftsbesorger sein sollte.
47Julian. lib. IV. ad Ursejum Ferocem. Wer zwei Geschäftsbesorger aller seiner Angelegenheiten zurücklässt, scheint, wenn er nicht namentlich vorgeschrieben hat, dass der eine von dem andern Geld einfordere, nicht den Auftrag [dazu] einem von diesen beiden gegeben zu haben.
48Gaj. lib. III. ad Ed. prov. Daher, wenn dies besonders aufgetragen ist, dann müsse der Kläger, wenn der, gegen den geklagt wird, die Einrede gebraucht: wenn mir nicht aufgetragen sein sollte, dass ich von den Schuldnern einfordere, so repliciren: oder wenn mir aufgetragen ist, dass ich von dir einfordere.
50Gaj. lib. XXII. ad Ed. prov. Auf welche Art immer dein Geschäftsbesorger von mir befreit worden ist, dass muss dir nützen.
51Ulp. lib. LX. ad Ed. Wenn einer, der jünger als fünfundzwanzig Jahre ist, als Vertheidiger auftreten sollte, so ist er in Bezug auf die Gründe, aus denen er in den vorigen Stand wieder eingesetzt werden könnte, kein tauglicher Vertheidiger, weil sowohl ihm selbst, als auch den Bürgen desselben durch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Hülfe gekommen wird. 1Weil jedoch vertheidigen soviel ist, als dieselbe Stelle, die der Beklagte [inne hat], vertreten, so ist der Vertheidiger eines Ehemannes auf mehr, als der Ehemann leisten kann, nicht zu verurtheilen. 2Der, welcher eine Vertheidigung übernommen hat, wenn er auch sehr reich ist,
52Paul. lib. LVII. ad Ed. wenn er auch ein Consular sein sollte,
54Paul. lib. L. ad Ed. Weder eine Frau, noch ein Soldat, noch wer von Staatswegen abwesend sein wird, oder durch eine beständige Krankheit gefesselt wird, oder wer ein Staatsamt antreten wird, oder wider Willen sich einen Process nicht gefallen lassen kann, wird als ein tauglicher Vertheidiger angesehen. 1Vormünder, welche an irgendeinem Orte eine Verwaltung geführt haben, müssen an demselben Orte auch vertheidigt werden.
56Idem lib. LXVI. ad Ed. Ein zur Forderung einer beweglichen Sache bestellter Geschäftsbesorger wird mit Recht auf Vorzeigung klagen.
57Idem lib. LXXIV. ad Ed. Wer einen Geschäftsbesorger bestellt, damit [dieser] auf der Stelle klage, der ist so anzusehen, als erlaube er dem Geschäftsbesorger, auch nachher den Streit durchzuführen. 1Wenn Jemand die Einrede wegen des Geschäftsbesorgers [vorzuschützen] unterlassen hat, so wird er sie nicht aus Reue [später noch] entgegenstellen können.
58Paul. lib. LXXI. ad Ed. Ein Geschäftsbesorger, dem im Allgemeinen eine freie Verwaltung der Angelegenheiten anvertraut ist, kann fordern, das eine für das andere zu vertauschen.
61Idem lib. I. ad Plaut. Plautius sagt: ein verurtheilter Geschäftsbesorger dürfe nicht [auf Leistung des Gegenstandes der Verurtheilung] belangt werden, wenn er nicht entweder zu seinem eigenen Besten bestellt worden wäre, oder sich zugedrängt hätte, da er wusste, dass keine Sicherheit da sei1717Quum sciret cautum non esse d. h. da er wusste, dass die Vermögensumstände des Principals zu seiner Schadloshaltung keine hinreichende Sicherheit gewährten. So erklärte diese Stelle Bethmann-Hollweg in den Versuchen üb. einzel. Theile der Theorie des Civilprocesses. S. 231. u. 232. (Anm. 146.) Vergl. auch Zimmern a. a. O. Bd. 3. S. 482., [und dies] ist von Allen angenommen worden. Dasselbe wird zu beobachten sein, wenn er sich auch als Vertheidiger mit Sicherheitsbestellung zum Streit gedrängt haben sollte.
62Pompon. lib. II. ex Plaut. Wenn ein zur Forderung eines Vermächtnisses bestellter Geschäftsbesorger sich gegen den Erben des Interdicts wegen Vorzeigung der Urkunden bedienen sollte, so steht [ihm] die Einrede wegen des Geschäftsbesorgers, gleichsam als wäre ihm nicht auch dies aufgetragen worden, nicht entgegen.
63Modestin. lib. VI. Different. Ein Geschäftsbesorger für das gesammte Vermögen, dem Sachen zur Verwaltung aufgetragen worden sind, kann weder bewegliche oder unbewegliche Sachen des Herrn, noch Sclaven, ohne besondern Auftrag des Herrn veräussern, ausser Früchte oder andere Sachen, welche leicht verderben können.
65Idem lib. III. Regul. Wenn ein Herr einen abwesenden Geschäftsbesorger von der Sicherheitsbestellung befreien will, so wird er sein Schreiben an den Gegner richten müssen, und in demselben anzeigen, wen er gegen ihn und in welchem Process er zum Geschäftsbesorger erwählt habe, und dass er genehmigen werde, was mit demselben verhandelt worden sei. In diesem Falle nämlich, wenn sein Schreiben [vom Gegner] gebilligt worden ist, ist es so anzusehen, gleichsam als trete der Geschäftsbesorger eines Gegenwärtigen ein. Daher wenn auch nachher bei geänderter Willensmeinung [der Herr] nicht wollte, dass er Geschäftsbesorger sei, so muss gleichwohl die Klage, welche er gleichsam als Geschäftsbesorger angestellt hat, gültig sein.
67Idem lib. II. Respons. Ein Geschäftsbesorger, der für die Entwährung der Grundstücke, die er verkauft hat, sein Wort verpflichtet hat, wird, wenn er auch die Geschäfte zu führen aufgehört haben sollte, doch von der Last der Verbindlichkeit durch die Hülfe des Prätors nicht befreit werden; denn ein Geschäftsbesorger, der für den Herrn eine Verbindlichkeit übernahm, weigert sich umsonst der Last derselben.
70Scaevola lib. I. Respons. Ein Vater hat für seinen unmündigen (pupillo) Sohn den Sempronius, seinen Gläubiger, zum Vormund bestellt, der hat, nachdem er die Vormundschaft verwaltet, seinen Bruder zum Erben hinterlassen, welcher selbst auch gestorben ist, und durch ein Fideicommiss die Forderung an den Schuldner (nomen debitoris) dem Titius hinterlassen hat, und dem sind von den Erben die Klagen [zur Anstellung aufgetragen worden; [nun] frage ich, da sowohl die Klage wegen der Vormundschaft, als die wegen des geliehenen Geldes aus der Erbschaft des Sempronius herstammen, ob die aufgetragene Klage ihm nicht anders gegeben werde, als wenn er die Erben vertheidige, von denen ihm die Klagen aufgetragen worden sind? Ich habe zum Bescheid gegeben, er müsse [die Erben] verteidigen.
72Idem lib. I. Manual. Durch den Geschäftsbesorger erwerben wir nicht immer Klagen, sondern behalten [sie], wie wenn er den Beklagten innerhalb der gesetzlichen Zeit belangen, oder wenn er verhindern sollte, dass ein neues Werk entstehe, so dass wir ein analoges Interdict: Was durch Gewalt oder heimlich haben; denn auch hier erhält er uns das frühere Recht.
73Idem lib. singul. de offic. Assess. Wenn der Beklagte bereit sein sollte, vor eingeleitetem Streit das Geld zu bezahlen, was muss, wenn ein Geschäftsbesorger klagt, geschehen? Denn es ist unbillig, dass er gezwungen werde, sich auf den Process einzulassen, in Bezug auf welchen er als verdächtig erscheinen kann, weil er, da der Herr gegenwärtig war, das Geld nicht angeboten hat. Wie wenn er damals keinen Vorrath an Geld hatte, müsste er etwa [in diesem Falle] gezwungen werden, sich auf den Process einzulassen? Wie denn, wenn es auch eine Klage sein sollte, die Infamie zur Folge hat? Aber das ist bekannt, dass vor eingeleitetem Streit der Präsident befiehlt, dass das Geld in einem heiligen Gebäude niedergelegt werde; das Nämliche geschieht auch bei Mündelgeldern. Wenn aber der Streit eingeleitet ist, so ist das alles nach der Pflicht des Richters zu entscheiden.
75Julian. lib. III. Digestor. Der, welcher den abwesenden Käufer und zugleich Besitzer eines Grundstücks vertheidigte, und sich im Namen desselben auf den Process einliess, verlangte vom Verkäufer des Grundstücks, dass er von ihm vertheidigt würde; der Verkäufer forderte, dass ihm Sicherheit gegeben werde, dass der Käufer die Sache genehmigen werde; [nun] glaube ich, dass er dem Verkäufer wegen der Genehmigung Sicherheit bestellen müsse, weil, wenn er das Grundstück dem Kläger zurückerstattet haben sollte nichts im Wege steht, dass der Herr die Sache fordert und dass der Verkäufer gezwungen werde, wiederum zu vertheidigen.
76Idem lib. V. ad Minic. Titius hat, als er einen Abwesenden vertheidigte, Sicherheit bestellt, und ehe er sich auf den Process einliess, hat der Beklagte aufgehört, zahlungsfähig zu sein; und wegen dieses Grundes verweigerte der Vertheidiger es, dass der Process gegen ihn angestellt werden müsse. Ich frage, ob das ihm zugegeben werden müsse? Julianus hat zum Bescheid gegeben, ein Vertheidiger ist, wenn er Sicherheit bestellt hat, für den Herrn zu halten; auch wird ihm der Prätor nicht viel [Nutzen] erweisen, wenn er ihn nicht zwingen sollte, sich in den Process einzulassen, da man an seine Bürgen gehen kann, und diese Alles, was sie geleistet haben sollten, vom Vertheidiger [zurück] erlangen werden.
77Paul. lib. LVII. ad Ed. Jeder, welcher vertheidigt wird, ist nach dem Gutbefinden eines redlichen Mannes zu vertheidigen.
78African. lib. VI. Quaest. Und darum kann der nicht nach dem Gutbefinden eines redlichen Mannes einen Streit zu vertheidigen scheinen, der dadurch, dass er den Kläger täuscht, bewirkt, dass die Streitigkeit nicht zum Ausgang gebracht werde. 1Wenn ein zur Forderung zweier Sachen bestellter Geschäftsbesorger eine einzige Sache fordert, so wird er nicht durch eine Einrede ausgeschlossen und macht die Sache klagbar.