Digestorum libri
Ex libro XXVII
Ad Dig. 20,1,34Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 137, Note 8.Scaevola lib. XXVII. Dig. Als ein Schuldner seinem Gläubiger einen Laden zum Unterpfande gestellt hatte, erhob sich die Frage, ob hiermit so gut wie gar nichts geschehen, oder anzunehmen sei, dass er unter der Benennung des Ladens die darin befindlichen Waaren verpfändet habe, und ob der Gläubiger, wenn [der Schuldner] diese Waaren im Laufe der Zeit verkauft und andere wieder angeschafft und in den Laden geschafft habe, darauf aber mit Tode abgegangen sei, dieselben mit der hypothekarischen Klage fordern könne, indem sowohl das Aeussere der Waaren verändert, als [überhaupt] andere Waaren hineingeschafft worden sind. Die Antwort hat gelautet: es wird dasjenige als verpfändet angesehen, was zur Zeit des Todes des Schuldners in dem Laden vorgefunden worden ist. 1Ingleichen behandelte er, als ein Brief folgenden Inhalts an ihn erlassen worden war: Als ich von dir ein Darlehn von funfzig Denaren aufgenommen, habe ich dich ersucht, du mögest keinen Bürgen von mir [verlangen], sondern ein Pfand annehmen; denn du weisst es ganz bestimmt, dass mein Laden und meine Sclaven Niemandem weiter als dir verpfändet seien, und hast mir wie einem Ehrenmann geglaubt, die Frage, ob hier ein Pfandvertrag als eingegangen zu betrachten, oder dieser Brief ohne alle Wirkung sei, weil ihm Tag und Jahreszahl fehlen. Die Antwort hat gelautet: wenn das Uebereinkommen wegen der Pfänder feststeht, so fällt dadurch die Verpflichtung der letztern nicht weg, dass Tag und Jahreszahl nicht hinzugefügt, oder die Urkunde nicht besiegelt worden ist. 2Ein Gläubiger empfing von seinem Schuldner Alles zum Pfande, was er im Vermögen hatte, oder haben würde; es entstand die Frage, ob diejenigen Geldstücke selbst, welche der Schuldner von einem Andern geborgt hat, da sie zu seinem Vermögen gehörig geworden, dem Gläubiger an Unterpfands Statt verpflichtet seien? — Die Antwort hat bejahend gelautet11Ueber dieses Gesetz s. Arch. f. civ. Praxis IV. S. 31 ff..
Scaevola lib. XXVII. Dig. Ad Dig. 20,4,21 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 246, Note 2.Titius verpfändete der Seja wegen einer Summe, zu der er ihr aus einer für sie geführten Vormundschaft verurtheilt worden war, sein ganzes gegenwärtiges und zukünftiges Vermögen; nachher nahm er vom Fiscus ein Darlehn auf, verpfändete ihm sein ganzes Vermögen, trug an die Seja einen Theil der Schuld ab, und versprach ihr die übrige Summe von Neuem, wobei eine Erneuerung derselben geschah, und deshalb wie vorher, ein Pfandvertrag errichtet ward; nun entstand die Frage, ob Seja dem Fiscus auch in Betreff derjenigen Sachen vorgehe, welche Titius zur Zeit der ersten Verpflichtung besessen, sowie derjenigen, welche er nach Eingehung der ersten Verbindlichkeit erworben hat, bis sie zu ihrer ganzen Forderung wiedergelangt sei? Die Antwort hat gelautet: es sei kein Grund vorhanden, weshalb sie nicht vorgehen sollte. 1Ad Dig. 20,4,21,1ROHGE, Bd. 6 (1872), S. 281: Pfandrecht des Vermiethers an den eingebrachten zum Verkaufe bestimmten Waaren des Miethers. Zeitweise und dauernde Bestimmung der Verwendung.Ein Gläubiger hatte einem Marmorhändler unter Verpfändung derjenigen Blöcke, deren Preis an die Verkäufer mit dem Gelde des Gläubigers berichtigt worden war, ein Darlehn vorgeschossen; derselbe Schuldner hatte kaiserliche Magazine gepachtet, und nun erstreckte der Procurator des Kaisers, der zur Einziehung der für mehrere Jahre rückständig gebliebenen Miethsgelder Auftrag erhalten hatte, seine Amtspflicht auch auf den Verkauf der Marmorblöcke; hier fragte es sich, ob der Gläubiger dieselben vermöge seines Pfandrechts innebehalten dürfe? Die Antwort lautete: den vorliegenden Umständen nach, ja!
Scaevola lib. XXVII. Dig. Ein Vater hatte für seine Tochter eine Mitgift versprochen und dabei vertragsweise sich anheischig gemacht, seine Tochter und alle die Ihrigen22Ich behalte das omnes der Flor. ernähren zu wollen; derselbe, ein schlichter Landmann, verschrieb seinem Schwiegersohne wegen der versprochenen Mitgift Zinsen, die gleichsam schon in der Vergangenheit erwachsen wären. Da er nun seine Tochter selbst ernährte und ihr Ehemann keine Kosten aufwendete, so entstand die Frage, ob dem aus der Handschrift auf den Grund der Stipulation klagenden Schwiegersohn eine Einrede entgegenstehen dürfe? — Antwort: wenn, wie vorgetragen worden, da der Vater die Tochter ernährte, er das Versprechen aus einem Irrthum gethan habe, so werde die Einrede der Arglist statthaben. 1Ein Grossvater vermachte jedem Enkel von seiner Tochter hundert[tausend Sestertien], und setzte folgende Worte hinzu: Verzeihet, ich konnte Euch mehr hinterlassen, wenn nicht Euer Vater Fronto mich schlecht behandelt hätte, dem ich funfzehn[tausend Sestertien] geliehen hatte, die ich von ihm nicht habe wiedererhalten können; nachher aber die Feinde, die mir fast mein ganzes Vermögen geraubt haben. Hier entstand die Frage, ob, wenn des Grossvaters Erbe von diesen Enkeln, den Erben ihres Vaters, die funfzehn[tausend] fodere, derselbe dem Willen des Erblassers entgegenzuhandeln scheine und dadurch die Einrede der Arglist abgewehrt werden könne? Antwort: die Einrede werde ihm entgegenstehen. 2Ein zum Viertheil eingesetzter Erbe kaufte von dem zu drei Viertheilen eingesetzten Miterben dessen Portion um einen bestimmten Preis, von dem er gegen Stipulation versprach, eine Summe, laut seines Rechnungsbuches in aussenstehenden Foderungen bestehend zu zahlen. Nach dem Tode des Verkäufers der Erbschaft fing Septicius an, das Testament der Verfälschung anzuklagen, foderte die Erbschaft vom Käufer, und erlangte, dass jenem aufgegeben ward, nichts davon zu vermindern. Es entstand die Frage, ob die Erben [des Verkäufers], während des Obschwebens der Erörterung über die Verfälschung, aus der Stipulation klagend, mit der Einrede der Arglist abgewehrt werden können? Antwort: wenn die Erben des Verkäufers vor dem Ausgang der Erörterung bei der Foderung beharren, so können sie durch die Einrede der Arglist abgewehrt werden. 3[Eine Frau, die] ihren Mann und ihren gemeinschaftlichen Sohn zur Hälfte zu Erben eingesetzt hatte, setzte ihre Tochter erster Ehe folgendergestalt zur Erbin ein: Maevia, meine Tochter, du sollst zu sechs Zwölftheilen meine Erbin sein, wenn du gegen deine Miterben [den] zu meinem Antheile aus der von deiner Vormundschaftsverwaltung, die mein Vater Titius, dein Grossvater, geführt hat, herrührenden noch anhängigen Angelegenheit [entstandenen Anfoderungen] bis zu meinem Todestage, Gegenrechnungsweise entsagst. Hier fragt es sich, ob die Tochter, weil sie bedingt eingesetzt worden, wenn dieselbe die Erbschaft unberücksichtigt lässt, um die Vormundschaftsklage unversehrt zu behalten, die [ausserdem] von der Mutter ihr ausgesetzten Vermächtnisse fodern könne? Antwort: den vorliegenden Umständen nach, fodere die in Rede stehende Person dies wider den Willen [der Erblasserin], und darum werde ihr die Einrede der Arglist entgegenstehen.