Ex posterioribus Labeonis libri
Ex libro VI
Javolen. lib. VI. ex Poster. Labeon. Ich habe dir ein Pferd geliehen; während du auf diesem reitest, und Mehrere zugleich mitreiten, stürzt einer von diesen auf jenes Pferd los, wirft dich herunter, und es werden dadurch dem Pferde die Beine zerbrochen; hier, sagt Labeo, findet gegen dich keine Klage Statt; ist es aber durch Schuld des [andern] Reiters geschehen, so kann, nach meiner Ansicht, allerdings gegen diesen, nicht aber wider den Eigenthümer des Pferdes [, worauf der Andere ritt,] Klage erhoben werden.
Javolen. lib. VI. ex Posterior. Labeon. Labeo sagt, dass, wenn der Schuldner einer Frau [ihrem] Verlobten ein Heirathsgut versprochen habe, die Frau vor der Ehe von dem Schuldner jenes Geld fordern könne, und dass nachher deswegen der Schuldner dem Manne nicht verbindlich sein werde; dies ist falsch, weil jenes Versprechen so lange unentschieden ist, als die Verbindlichkeit in dieser Lage ist11D. h. so lange die Ehe noch gehofft wird. Basil. XXIX. 1. 76. T. IV. p. 530. u. Schol. s. p. 638..
Javolen. lib. VI. Poster. Labeon. [Ich behaupte22Javolenus trägt hier seine Berichtigung der Meinung des Labeo in L. 80. h. t. besonders vor., dass,] wenn der Schuldner einer Frau [ihrem] Verlobten ein Heirathsgut versprochen habe, die Frau vor der Ehe jenes Geld vom Schuldner nicht fordern könne, weil jenes Versprechen so lange unentschieden ist, als die Verbindlichkeit in dieser Lage ist.
Javolen. lib. VI. ex Posteriorib. Labeon. Eine Ehefrau hatte ihrem Mann ein zu Hundert geschätztes Grundstück zum Heirathsgut gegeben, sodann hatte sie mit dem Manne das Pactum abgeschlossen, dass wenn eine Scheidung Statt gefunden hätte, der Mann das Grundstück um denselben Preis zurückerstatten sollte33Aestimatio taxationis causa, s. die Bem. zu L. 10. §. 6. im vorhergeh. Tit. u. L. 18. eod.; nachher hatte der Mann mit dem Willen der Ehefrau jenes Grundstück für Zweihundert verkauft und es hatte eine Scheidung Statt gefunden; Labeo glaubt, dass dem Manne die Erlaubniss gegeben werden müsse, ob er die Zweihundert oder das Grundstück zurückgeben wolle, und dass ihm das abgeschlossene Pactum nicht erlassen werden dürfe. Ich glaube, dass Labeo dies deshalb zum Bescheid gegeben habe, weil das Grundstück mit dem Willen der Frau verkauft worden ist, sonst wäre auf jeden Fall das Grundstück zurückzuerstatten gewesen. 1Wenn ein Vater für seine Tochter eine bestimmte Geldsumme zum Heirathsgut versprochen hatte, und paciscirt hat, dass er es nicht wider Willen zu zahlen brauche, so glaube ich, dass nichts von ihm zu fordern ist, weil das, was nach dem abgeschlossenen Vertrag nicht wider seinen Willen gefordert werden solle, nicht in dem Rechtsverhältniss eines Heirathsguts zu sein scheint.
Javolen. lib. VI. ex Posterior. Lab. Der Mann hatte auf dem zum Heirathsgut gehörigen Grundstück Marmorbrüche eröffnet; es fragt sich, wem nach erfolgter Scheidung der Marmor, welcher gebrochen, aber nicht fortgeschafft worden wäre, gehöre, und ob die auf den Steinbruch verwendeten Kosten die Frau, oder der Mann leisten müsse? Labeo sagt, der Marmor gehöre dem Manne; im Uebrigen behauptet er, dass dem Manne von der Frau Nichts zu leisten sei, weil sowohl jene Kosten nicht nothwendig wären, als auch das Grundstück [durch den Marmorbruch] schlechter geworden wäre. Ich bin der Meinung, dass wenn es ein solcher Steinbruch ist, in welchem der Stein nachwachsen kann44S. die Bem. zu L. 32. D. de j. dot. 23. 3. und L. 7. §. 13. sol. matr. 24. 3. Labeo spricht von einem Steinbruch, in welchem der Stein nicht nachwächst, Javolenus von einem solchen, in welchem der Stein nachwächst., nicht nur die nothwendigen, sondern auch die nützlichen Kosten von der Frau zu leisten seien; auch glaube ich nicht, dass [dann] das Grundstück schlechter sei. 1Labeo sagt, dass, wenn die Frau sich darin einen Verzug zu Schulden kommen liess, dass sie dem Mann nicht den durch Schätzung bestimmten Werth eines Theiles des [zum Heirathsgut gegebenen] Grundstücks zahlte, und das Grundstück zurücknahm, indem man dies paciscirt hatte, die unterdessen gezogenen Früchte dem Mann gehörten. Ich glaube vielmehr, dass der Mann die Früchte nach Verhältniss seines Theiles behalten, die übrigen der Frau ausantworten müsse; und dies Recht befolgen wir.
Javolen. lib. VI. ex Posterior Labeon. Ein Mann hatte einer Frau, nachdem eine Scheidung unter ihnen vorgefallen war, einige Sachen deshalb gegeben, damit sie zu ihm zurückkehren möchte; die Frau war zurückgekehrt, hatte sich [aber] sodann wiederum geschieden; Labeo [sagt]: Trebatius hat [in einem solchen Rechtsfalle] zwischen der Terentia und dem Decenas das Gutachten ertheilt, dass, wenn eine ernstliche Scheidung Statt gefunden hätte, die Schenkung gültig sei, wenn eine scheinbare, das Gegentheil [Statt finde]. Aber es ist wahr, was Proculus und Cäcilius glauben, dass dann eine ernstliche Scheidung Statt finde, und die um der Scheidung willen gemachte Schenkung gelte, wenn eine andere Ehe erfolgt ist, oder sie seit so langer Zeit ohne den Mann55Vidua; welches Wort hier in der weiteren Bedeutung gebraucht wird. S. L. 242. §. 3. D. de v. sign. 50. 16. gewesen wäre, dass es nicht zweifelhaft sein würde, dass eine neue Ehe Statt finde; sonst werde auch die Schenkung von keiner Gültigkeit sein.
Javolen. lib. VI. ex Posterior. Labeon. Servius sagt, dass der Mann in Betreff der Sachen, welche er ausser dem baaren Geld zum Heirathsgut hat, für böse Absicht und Verschulden stehen müsse; dies ist die Meinung des Publius Mucius, denn derselbe hat in Betreff der Licinia, der Ehefrau des Gracchus entschieden, dass, weil die zum Heirathsgut gehörigen Sachen in dem Aufruhr, in welchem Gracchus getödtet worden war, zu Grunde gegangen wären, [und] weil, [wie] er sagte, durch das Verschulden des Gracchus erregt wäre, [dieselben] der Licinia geleistet werden mussten. 1Ein Mann hatte den Sclaven der Ehefrau Gelder zur Kleidung gegeben, und nachdem [eine solche] angeschafft war, so hatte sodann nach einem Jahre eine Scheidung Statt gefunden; Labeo [und] Trebatius haben angenommen, dass dem Manne die Kleidungsstücke, sowie sie nach der Scheidung wären, zurückgegeben werden müssten. Dasselbe würde Rechtens gewesen sein, wenn der Mann die Kleidungsstücke selbst gekauft und den Sclaven gegeben hätte. Wenn aber die Kleidungsstücke nicht zurückgegeben würden, dann werde der Mann den Werth [derselben] gegen das Heirathsgut aufrechnen. 2Eine Haustochter hatte, nachdem eine Scheidung erfolgt war, [ihrem Manne] geheissen, dass das Heirathsgut ihrem Vater zurückgegeben werden solle, sodann war der Vater, nachdem ein Theil des Heirathsguts bezahlt worden war, verstorben; Labeo [und] Trebatius glauben, dass der übrige Theil, wenn er dem Vater weder überwiesen, noch in der Absicht, zu erneuern, versprochen gewesen wäre, der Frau gezahlt werden müsse; und das ist wahr. 3Du hast geschätzte66Taxationis causa. S. die Bem. zu L. 10. §. 6. D. de jure dot. 23. 3. u. vgl. L. 18. D. eod. Sclaven zum Heirathsgut erhalten, sodann ist ein Pactum geschlossen worden, dass du sie, wenn eine Scheidung Statt gefunden hätte, um den Preis, zu welchem sie geschätzt sind, zurückgeben solltest, und der von den zum Heirathsgut gehörigen Sclavinnen [während der Ehe] geborenen Kinder keine Erwähnung gethan worden ist, so werden, sagt Labeo, die Kinder die deinigen bleiben, weil sie für die Gefahr des Sclaven [, welche du trägst,] dir gehören müssten. 4Eine Frau, welche Hundert als Heirathsgut bei [ihrem] Manne hatte, hatte sich, nachdem eine Scheidung erfolgt war, Zweihundert von dem Manne, der sich im Irrthum befand, stipulirt; Labeo glaubt, dass soviel, als das Heirathsgut betragen hätte, geschuldet werde, möchte die Frau wissentlich, oder unwissentlich sich mehr stipulirt haben; ich billige die Meinung des Labeo. 5Eine Ehefrau hatte, nachdem eine Scheidung erfolgt war, einen Theil des Heirathsguts zurückerhalten, einen Theil bei dem Manne gelassen, sodann einen Anderen geheirathet, und war, nachdem sie Wittwe geworden war, zu dem ersten Manne zurückgekehrt, dem sie Hundert und Zehn zum Heirathsgut gegeben hatte, ohne des Geldes, welches vom früheren Heirathsgut rückständig war, Erwähnung zu thun; Labeo sagt, dass der Mann, wenn eine Scheidung erfolgt wäre, das von dem früheren Heirathsgut Rückständige in denselben Terminen zurückgeben werde, in welchen er es zurückgegeben hätte, wenn die frühere Scheidung unter ihnen nicht Statt gefunden hätte, weil das Verhältniss des früheren Heirathsguts in die spätere Heirathsguts-Verbindlichkeit übertragen wäre; und das halte ich für wahr. 6Labeo sagt, wenn der Mann dem Schwiegervater, ohne Geheiss der Ehefrau, während die Ehe bestand, das Heirathsgut durch Acceptilation erlassen hätte, so würde, auch wenn dies wegen der Armuth des Schwiegervaters geschehen wäre, doch die Gefahr auf dem Manne haften; und das ist wahr. 7Labeo sagt, dass, wenn Jemand für eine Frau dem Manne [derselben] ein Heirathsgut versprochen hat, sodann verstorben sei, indem er die Frau als Erbin hinterliess, die Gefahr des Heirathsguts, welche auf dem Manne gehaftet hätte, zu dem Theil die Frau treffe, zu welchem sie Erbin des [Versprechers] wäre, weil es nicht gut [und] billig wäre, wenn die Frau durch das, was der Mann von der Ehefrau nicht hätte einklagen können, zum Schaden des Mannes bereichert würde; und das halte ich für wahr.