Ad edictum praetoris libri
Ex libro LXII
Ulp. lib. LXII. ad Ed. Dass ein Consularmann vor einer Consularfrau den Vorrang habe, daran zweifelt Niemand. Ob aber ein gewesener Präfect einer Consularfrau vorgehe, darüber ist Frage erhoben worden. Ich sollte meinen, dass er ihr vorgehe, weil beim männlichen Geschlecht die Würde von grösserem Gewicht ist. 1Consularfrauen nennt man die Gattinen der Consularmänner; Saturninus setzt hinzu: auch die Mütter, dies ist jedoch nirgends zu finden, noch jemals angenommen worden.
Ulp. lib. LXII. ad Edict. Den 31. December pflegen die Obrigkeiten weder Recht zu sprechen, noch sonst Audienz zu geben.
Idem lib. XXII. ad Ed. Es ist böser Wille (dolus), wenn Jemand nicht verfolgen will, was er verfolgen kann, oder nicht eintreiben, was er eintreiben und bezahlen11Nachdem er es nämlich eingetrieben hätte. kann.
Ulp. lib. LXII. ad Ed. Man zweifelt nicht, dass das, was auf das Einsammeln der Früchte aufgewendet worden ist, die Früchte selbst vermindern müsse.
Idem lib. LXII. ad Ed. Der Prätor sagt: Wenn Jemand, während er sich in dem Besitze des Vermögens [eines Andern] befand, deshalb Nutzungen gezogen hat und Demjenigen, dem es gebührt, nicht erstattet22Wenn sich ein Ueberschuss ergiebt, oder der Besitz nicht einer Schuld, sondern nur der Sicherheit wegen eingeräumt war, diesfalls aber die Gefahr aufgehört hat, oder Caution geleistet ist.; oder wenn ihm nicht vergütet wird, was er sonder Gefährde auf die Sache gewendet hat; oder wenn durch Gefährde seinerseits die Besitznahme zum Nachtheil ausgeschlagen sein soll: so werde ich deshalb eine Klage aus der Thathandlung (judicium in factum) gestatten. 1Was er von Nutzungen sagt, ist auch von allem Andern, was der Gläubiger mittels der Sache des Schuldners erworben hat, zu verstehen; und dies konnte gar nicht anders sein. Denn wie, wenn er nach einem Compromiss oder zufolge einer andern Veranlassung eine Geldstrafe eingezogen hat? Jede Strafe, die er eingezogen hat, muss er gewähren. 2Diese Worte des Prätors: oder wenn ihm nicht vergütet wird, was er sonder Gefährde auf die Sache gewendet, gehen darauf, dass der Aufwand, den der Gläubiger etwa selbst, [der Sache wegen] gemacht hat, sobald es nur ohne Gefährde geschehen ist, ihm erstattet werden muss: es ist also genug, wenn er den Aufwand ohne Gefährde gemacht hat; sollte auch solcher dem Schuldner nichts genutzt haben. 3Unter diesen Worten: dem es gebührt, ist auch der zum Verkauf (distrahendis) des Vermögens bestellte Curator33S. u. Note 202. oder der Schuldner selbst, wenn es zum Gantverfahren nicht kommt, zu verstehen. Und dem Gläubiger selbst wird also wider Die, welche ich angegeben habe, eine Klage gestattet, wenn er Etwas zu Einerntung der Früchte aufgewendet hat, oder zur Ernährung und Verpflegung des Gesindes, oder zu Befestigung oder Ausbesserung der Gebäude, oder durch Angelöbniss wegen drohenden Schadens, oder durch Antwort auf eine Klage wegen eines durch einen Sclaven gestifteten Schadens, zu Erhaltung des Sclaven; dafern es nur nicht vortheilhafter gewesen wäre, ihn auszuliefern, als zu behalten. Wäre dies vortheilhafter gewesen, so ist folgerecht, dass er nichts zurückfordern könne. 4Im Allgemeinen ist denn auch zu sagen: Alles, was er auf die Sache gewendet hat, wenn es nur ohne Gefährde geschehen ist, kann er zurückfordern. Denn die Geschäftsbesorgungsklage44Bei dieser müsste die Nützlichkeit der Verwendung nachgewiesen werden, auch müsste der negotiorum gestor für jede culpa einstehen. steht ihm ebensowenig zu, als einem Genossen, der ein gemeinschaftliches Haus unterbaut hat; auch dieser Gläubiger erscheint nemlich als Besorger eines gemeinschaftlichen, nicht eines fremden Geschäfts. 5Ferner hat man die Frage aufgeworfen: Wenn die Grundstücke ohne böse Absicht des Gläubigers verschlimmert oder deren Rechte verloren gegangen, oder Gebäude eingestürzt oder niedergebrannt sind, so auch wenn das Gesinde oder das Vieh nicht verpflegt worden, oder der Besitz einem Andern übergeben worden ist, aber ohne böse Absicht des Gläubigers, ob derselbe verantwortlich sei? Und es ist klar, dass er nicht verantwortlich ist, weil er von Gefährde frei ist, und seine Lage ist vortheilhafter als bei dem [übergebenen] Pfande eines Gläubigers, welcher nicht blos für Gefährde, sondern auch für Versehen zu stehen hat. In demselben Verhältnisse ist der Gütervertreter, denn auch dieser ist [nur] so weit verantwortlich, als die Gläubiger. 6Auch wider Denjenigen, der den Ertrag des Grundstücks weder verpachtet noch verkauft hat, giebt der Prätor eine Klage aus seiner Handlung (in factum) und er wird in soviel verurtheilt, als deshalb, weil er weder verkauft noch verpachtet hat, weniger Nutzen gezogen worden ist55Nemlich — wie das Vorstehende lehrt — wenn er es in der Absicht zu schaden, oder vermöge der allergröbsten Nachlässigkeit, die dem dolus gleichgeachtet wird, verabsäumt hat.. Wenn indess eben soviel gezogen worden ist, als gezogen worden wäre, wenn der Ertrag verpachtet oder verkauft worden, so kann ihm kein Vorwurf gemacht werden. Er leistet aber jenes auf so lange Zeit, als entweder er selbst oder auf sein Geheiss66Jussu; also sein Sohn oder Sclave. ein Anderer im Besitz gewesen, bis dahin, wo dieser wiederaufgegeben worden ist; denn auch deshalb kann dem Gläubiger kein Vorwurf gemacht werden, weil er den Besitz nicht [früher] ergriffen habe, da er willkürlich und vielmehr in eigner Sache handelt. In Anschlag gebracht wird [bei einem solchen Anspruch] aller Schaden, den der Kläger davon hat. 7Diese Klagen sind nicht verjährbar und werden sowohl den Erben als gegen die Erben und andere Nachfolger gestattet. 8Wenn das Besitzrecht (possessionis causa) beeinträchtigt worden ist durch Unredlichkeit Dessen, welcher sich in Besitz gesetzt befindet, so wird gegen ihn [auch] die Gefährdeklage gestattet, welche aber nicht mehr nach Verlauf eines Jahres, und eben so wenig wider Erben und andere Nachfolger stattfindet, da sie in einem Vergehen ihren Grund hat und auf Strafe gerichtet wird;
Ulp. lib. LXII. ad Ed. Dem Erben aber wird sie nicht gestattet, weil sie auch auf Verfolgung der Sache geht.
Ulp. lib. LXII. ad Ed. Sind mehrere Gläubiger in den Besitz des Vermögens ihres Schuldners gesetzt, so ist Einem, welchen der grössere Theil der Gläubiger erwählt, die Sorge aufzutragen, dass die Rechnungen nicht verfälscht werden. Ich halte dafür, dass die Gläubiger auch eine Aufzeichnung (ἀναγραφή) der Urkunden vornehmen [dürfen]77Es ist hier offenbar ein Wort ausgefallen, licere oder permitti; überhaupt die ganze Stelle verdorben. nicht so, dass sie den Inhalt der Urkunden selbst abschreiben, sondern dass sie sich anmerken, wie viel deren sind und was sie betreffen; dass sie eine Art von Inventarium darüber aufnehmen; was auch über das ganze Vermögen zu thun ihnen erlaubt werden muss. Ausserdem wird der Prätor auch bisweilen, nach Erörterung der Umstände, den Gläubigern erlauben müssen, etwas aus den Urkunden abzuschreiben, wenn ein triftiger Grund dazu vorliegt. 1Ob die Durchgehung und Aufzeichnung den Gläubigern [nur] einmal oder auch öfter zu gestatten sei? dieses fragt sich. Und Labeo sagt: mehr als einmal sei solche nicht zu gestatten; wenn jedoch, Einer schwöre, dass er solches nicht aus Gefährde verlange und, was er aufgezeichnet, nicht [mehr] habe, so sei er nochmals dazu zu lassen, aber nicht mehr als zweimal.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
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