Disputationum libri
Ex libro VI
Ulp. lib. VI. Disput. Dasselbe wird der Fall sein, wenn jene Sclavin Arescusa zuerst zwei geboren hatte und nachher mit Zwillingen niedergekommen ist; denn hier kann man nicht sagen, dass beide als Freie geboren würden, sondern nur der zuletztgeborene. Die Frage betrifft also vielmehr eine Thatsache, und keine Rechtsbestimmung.
Idem lib. VI. Disp. Wer angibt, mit seinem Gelde losgekauft zu sein, wird, wenn er bewiesen hat, von da an frei, wo er losgekauft worden ist, weil eine Constitution gebietet, nicht ihn für frei zu erklären, sondern ihm die Freiheit zu gewähren. Deshalb muss [der Beklagte] angehalten werden, denjenigen freizulassen, der sich mit seinem Gelde losgekauft hat. Wenn derselbe sich aber der Klage durch Abwesenheit entzieht, so müssen die die fideicommissarische Freiheit betreffenden Senatsbeschlüsse analog angewendet werden.
Ulp. lib. VI. Disput. So oft Jemand Dienste von einem Andern, gleich als ob [dieser sein] Freigelassener sei, fordert, so werden die Beweise von dem verlangt, welcher behauptet, dass er der Patron [des Anderen] sei; und darum hat Julianus geschrieben, dass, wenngleich in dem Präjudicium der Patron der Besitzer zu sein scheint, doch der Freigelassene nicht die Rolle des Klägers haben müsse, sondern der, welcher behauptet, dass er der Patron [des Anderen] sei11Der Streit, ob Jemand der Freigelassene des Anderen sei (praejudicium, s. L. 14. h. t.), war bei Gelegenheit einer anderen Klage entstanden, durch welche Jemand Dienste von einem Andern, als Freigelassenen, forderte. Dieser schützte die Einrede vor: er sei nicht Freigelassener des Andern. Hier soll nun nicht, wie oben bei den Streiten über den Rechtszustand, welche durch eine Klage erhoben wurden, der Besitz über die Beweislast entscheiden, sondern der Kläger in der Hauptsache, soll auch im Präjudicium als solcher gelten und beweisen müssen. S. v. Glück a. a. O. S. 329 ff.. 1Ad Dig. 22,3,18,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 265, Note 17.Wer behauptet, dass Etwas aus böser Absicht geschehen sei, wenngleich in einer Einrede, muss darthun, dass [der Andere] sich habe böse Absicht zu Schulden kommen lassen. 2Der Beweis einer vor Gericht geschehenen Frage muss dem Kläger auferlegt werden, das heisst dem, welcher behauptet hat, der vor Gericht Befragte habe geantwortet, er sei der alleinige Erbe, oder wenn behauptet werden sollte, der Befragte habe geschwiegen, so wird ebenso auf gleiche Weise zu sagen sein, dass der Beweis nicht dem werde auferlegt werden22Es ist hier die Verwandlung der Florent. Lesart: impositam in probationem, in: impositum iri probationem, welche Hoffmann vorgeschlagen hat, befolgt worden. S. v. Glück a. a. O. S. 328 f. Anm. 87. Noch ist zu bemerken, dass nach dieser Stelle das Schweigen als eine bejahende Antwort angesehen worden zu sein scheint. S. v. Glück XI. S. 263 ff., welcher die Einrede vorgeschützt hat, dass er nicht geantwortet habe, sondern dem Kläger.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
Ulp. lib. VI. Disputat. Der, welcher mit seinen eigenen Geldern gekauft wird33Ueber den suis nummis emtus s. Zimmern. Gesch. d. R. Pr. R. Bd. l. §. 217. S. 792., kommt nach einem Briefe der höchstseligen Brüder an den Urbius Maximus in die Lage, dass er die Freiheit erlangt. 1Zuerst scheint er nun uneigentlich ein mit seinen eigenen Geldern Gekaufter genannt zu werden, da ein Sclave keine eigenen Gelder haben kann; aber wenn man ein Auge zudrückt, so ist zu glauben, dass ein [Sclave] dann mit seinen eigenen Geldern gekauft worden sei, wenn er nicht mit den Geldern Desjenigen, welcher ihn kauft, erworben wird. Mag er sonach [mit Geldern] aus dem Sondergute, welches dem Verkäufer gehört, oder vermittelst eines von Aussen ihm zugekommenen Gewinnes, oder auch durch die Wohlthat oder die Freigebigkeit eines Freundes, indem derselbe entweder [das Geld] vorschoss, oder versprach, oder sich [dem Verkäufer] als Schuldner stellte, oder die Schuld auf sich nahm, gekauft sein, so muss man annehmen, dass er mit seinen eigenen Geldern gekauft sei; denn es ist genug, wenn nur Der, welcher seinen Namen zum Kaufe hergegeben haben wird, Nichts von dem Seinen [dazu] verwendet hat. 2Wenn [ein solcher Sclave] von Einem, welcher Nichts davon wusste, gekauft sein, nachher aber demselben seinen Werth angeboten haben sollte, so wird man sagen müssen, dass er nicht zu hören sei, denn gleich zu Anfang muss das beabsichtigt werden, dass ein Scheinkauf gemacht, und durch ein Versprechen der Contract zwischen dem Käufer und dem Sclaven geschlossen werden solle. 3Wenn also entweder dies nicht gleich zu Anfang beabsichtigt worden war, dass er mit seinen eigenen Geldern gekauft werden sollte, oder, obgleich dies beabsichtigt worden war, der Sclave doch die Gelder nicht gegeben hat, so wird die Freiheit wegfallen. 4Daher wird man fragen können: ob, wenn der Käufer, da man dies gleich zu Anfang beabsichtigt hatte, geeilt und den Preis gezahlt hat, der Sclave, nachdem dem [Käufer] nachher Genüge geleistet worden ist, sich der Constitution44D. h. der im pr. dieser Stelle angeführten epistola divorum Fratrum. bedienen könne? Und ich glaube, dass er es könne. 5Deshalb wird auch der Sclave, wenn der Käufer ihm die Gelder vorgeschossen hat, [dann, wenn er demselben Alles bezahlt55Pariaverit, s. d. Bem. zu l. 67. §. 3. D. de cond. indeb. 12. 6. hat, zur Freiheit gelangen können. 6Mag dies aber im Contract, z. B. im Kauf, ausgedrückt werden, dass der Sclave freigelassen werden solle, oder mag es nicht ausgedrückt werden, es ist richtiger, dass [dem Sclaven] die Freiheit zukomme. 7Daher ist auch [dann,] wenn Jemand [einen Sclaven] mit dessen eigenen Geldern unter der Verabredung, ihn nicht freizulassen, erworben haben sollte, die Meinung Derer billig, welche behaupten, dass dieser [Sclave] zur Freiheit gelange, da sowohl jener Scheinkäufer den Namen des Kaufes hergiebt, als auch ausserdem demselben Nichts [von seinem Vermögen] fehlt. 8Es macht aber keinen Unterschied, von wem Jemand mit seinen eigenen Geldern gekauft werde, ob vom Fiscus, oder von einer Stadt, oder von einer Privatperson, und von welchem Geschlechte Der sei, welcher kauft. Aber auch [dann,] wenn Der, welcher den Sclaven verkauft hat, jünger als zwanzig Jahre sein sollte, so wird die Constitution Statt haben. Auch wird nicht einmal das Alter Dessen, welcher sich [den Sclaven] angeschafft, berücksichtigt; denn auch wenn ein Unmündiger kaufen sollte, ist es billig, dass derselbe das Versprechen erfülle, da dies ohne Schaden für ihn geschehen wird. Dasselbe [findet Statt], auch wenn [der Käufer] ein Sclave ist. 9Bei denjenigen Sclaven hat freilich die Constitution nicht Statt, welche ganz und gar nicht in Freiheit gesetzt werden können, z. B. wenn [ein Sclave] fortzuschaffen, oder unter der Bedingung verkauft ist, oder durch ein Testament diese Bestimmung erhalten hat, dass er niemals freigelassen werden sollte. 10Wenn aber ein mit seinem eigenen Gelde gekaufter Sclave auch nicht den ganzen Preis gezahlt hat, jedoch durch die Dienste desselben Etwas hinzugekommen ist, so dass der Preis ergänzt werden kann, oder wenn er Etwas durch eigenes Verdienst erworben haben sollte, so muss man sagen, dass [ihm] die Freiheit zukomme. 11Wenn aber Jemand einen Theil [eines Sclaven] mit dessen eigenen Geldern kaufte, da er schon einen Theil des Sclaven hatte, so wird er der Constitution nicht unterworfen sein, nicht mehr, als Der, welcher, da er das [blosse] Eigenthum [an einem Sclaven] hatte, den Niessbrauch [an demselben] gekauft hat. 12Aber wie, wenn er, da er Niessbraucher [des Sclaven] war, das Eigenthum [an demselben mit den eigenen Geldern desselben] gekauft hat? Er befindet sich in der Lage, dass er der Constitution unterworfen ist. 13Aber auch, wenn Zwei einen Sclaven, der Eine mit seinen eigenen Geldern, der Andere mit den Geldern des Sclaven gekauft haben, wird man sagen müssen, dass die Constitution wegfalle, wenn nicht etwa Der, welcher ihn mit seinen eigenen Geldern gekauft hat, zum Freilassen bereit gewesen ist. 14Aber auch, wenn Jemand einen Theil [eines Sclaven mit den eigenen Geldern desselben] gekauft hat, [und] der andere Theil aus einem bereichernden Grunde hinzugekommen ist, wird man sagen müssen, dass die Constitution Statt habe.
Idem lib. VI. Disputat. Die fideicommissarische Freiheit kann so ertheilt werden: mein Erbe, ich lege dir das Fideicommiss auf, den Stichus, wenn du willst, freizulassen, obwohl nichts Anderes in einem Testament gelten kann, [was] von dem Willen des Erben [abhängt.] 1Freilich kann auch so: Wenn Stichus will, demselben die Freiheit ausgesetzt werden. 2Ad Dig. 40,5,46,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. III, § 633, Note 17.Aber auch wenn so gesagt sein sollte: wenn Sejus will, so will ich, dass Stichus frei sei, scheint es mir, dass man sagen könne, die Freiheit gelte, weil es mehr eine Bedingung ist, ebenso wie, wenn mir Etwas vermacht worden, wenn Titius auf das Capitolium gestiegen sei. 3Wenn aber so gesagt ist, wenn der Erbe will, so wird es nicht gelten; jedoch nur dann [nicht], wenn er die ganze Sache in den Willen des Erben gestellt hat, wenn es demselben beliebt haben sollte. Sonst wenn er dem Erben, wie einem redlichen Manne, ein freies Ermessen gegeben hat, so werden wir nicht zweifeln, dass die Freiheit gebühre. Denn man hat angenommen, dass auch die [so ertheilte] Freiheit gebühre: wenn es dir gutdünken wird, so bitte ich, mögest du freilassen; das ist nemlich so zu verstehen: wenn es dir, als einem redlichen Manne, gutdünken wird. Denn ich glaube, dass auch was so hinterlassen worden ist: wenn du meinen Willen gebilligt haben wirst, gebühre, ebenso wie: wenn er es um dich, als einen redlichen Mann, verdient haben wird, oder: wenn er gegen dich, als redlichen Mann, nicht verstossen haben wird, oder: wenn du es gebilligt haben wirst, oder: wenn du es nicht gemisbilligt haben wirst, oder: wenn du ihn für würdig gehalten haben wirst. Denn auch als Jemand mit griechischen Worten ein Fideicommiss so gegeben hatte: ich will, dass dem Sclaven, wenn du es gebilligt haben wirst, die Freiheit gegeben werde, ist vom höchstseligen Severus rescribirt worden, dass das Fideicommiss gefordert werden könne. 4Obgleich aber die Frage, ob Etwas gebühre, nicht in das Ermessen des Erben gestellt werden kann, so kann doch die Frage, wann es gebühre, in dasselbe gestellt werden. 5Jemand hat, als er drei Sclaven vermacht hatte, seinem Erben das Fideicommiss aufgelegt, dass er von denselben zwei, welche er wollte, freilassen möchte. Die fideicommissarische Freiheit wird gelten, und der Erbe diejenigen von ihnen, welche er will, freilassen; darum wird der Vermächtnissnehmer, wenn er die, welche der Erbe freilassen will, in Anspruch nehmen wollte, mit der Einrede der Arglist zurückgewiesen werden.
Ad Dig. 42,8,14ROHGE, Bd. 10 (1874), S. 248: Der particeps fraudis debitoris haftet den Gläubigern auf den vollen Ersatz des ihnen Entzogenen, ohne Rücksicht darauf, ob er es noch besitzt.Ulp. lib. VI. Disputat. Durch diese Klage in factum wird nicht nur Eigenthum wieder aufgehoben, sondern auch Klagerecht wiederhergestellt. Daher geht diese Klage auch gegen Diejenigen, die die [veräusserten] Sachen nicht besitzen66S. o. fr. 10. §. 24. am Ende., auf Erstattung, und wider Diejenigen, welchem ein Klagrecht zusteht, auf Abtretung desselben. Wenn also Jemand den Titius vorschiebt, damit der Betrüger ihm die Sachen übergebe, so muss er die Auftragsklage77Die er gegen den Titius hat. abtreten. Daher ist auch, wenn der Betrüger seiner um den damit bezweckten Betrug der Gläubiger wissenden Tochter eine Aussteuer gegeben hat, diese verpflichtet, ihre Mitgiftsklage gegen ihren Ehemann abzutreten.