Disputationum libri
Ex libro III
Idem lib. III. Disputat. Wenn ein Fremder für eine Frauensperson eine Mitgift gegeben und paciscirt hätte, dass, auf welche Art immer die Ehe beendigt wäre, ihm die Mitgift zurückgegeben werden sollte, und die Ehe nicht erfolgt sein sollte, so wird, weil man einzig nur über solche Fälle übereingekommen war, welche auf die Ehe folgen, die Ehe aber nicht erfolgt ist, zu untersuchen sein, ob der Frauensperson, oder dem, welcher die Mitgift gegeben hat, die Condiction zustehe? Und es ist wahrscheinlich, dass der, welcher gibt, für sich auch auf diesen Fall sorge; denn gleich als ob die Gegenleistung nicht erfolgt sei, kann der, welcher wegen der Ehe gegeben hat, wenn die Ehe nicht geschlossen worden ist, die Condiction haben; wenn nicht etwa die Frauensperson durch die augenscheinlichsten Beweise gezeigt haben sollte, dass er dies darum gethan habe, damit er mehr für die Frauensperson selbst, als für sich sorgte. Aber auch wenn der Vater für die Tochter [eine Mitgift] geben sollte, und man ebenso übereingekommen ist, so, sagt Marcellus, stehe, wenn nicht augenscheinlich etwas Anderes beabsichtigt worden sei, dem Vater die Condiction zu.
Idem lib. III. Disput. Es ist nicht wunderbar, dass, wenn die Obrigkeit Jemand aus irgend einer Ursache in den Besitz eingewiesen haben sollte, ein Pfand begründet wird, da unser Kaiser mit seinem Vater11Ant. Caracalla mit seinem Vater Septimius Severus. S. d. A. zu L. 33. §. 3. D. de proc. 3. 3. sehr oft rescribirt hat, dass auch durch ein Testament ein Pfand begründet werden könne. 1Man muss wissen, dass, wo auf Befehl der Obrigkeit ein Pfand begründet wird, es nicht anders begründet wird, als wenn man in den Besitz gekommen sein wird.
Ad Dig. 14,5,3Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 268, Note 2.Idem lib. III. Disput. Ob aber hier abzuziehen sei, was Andre zu fordern haben, darüber lässt sich sprechen. Und zwar: sind dies Gläubiger, die mit ihm contrahirt haben, als er unter fremder Gewalt stand, so wird richtig zu sagen sein, dem zuerst Besitz Ergreifenden gebühre der Vorzug, es wäre denn, dass ein Bevorrechteter erschiene; denn ein solcher wird von Rechtswegen zuerst zu bedenken sein. Sind aber Gläubiger vorhanden, welche mit ihm contrahirt haben, nachdem er zu eigenem Rechte gekommen, so werden sie, glaube ich, zu berücksichtigen sein.
Idem lib. III. Disp. Wenn Jemand ein von ihm ererbtes Grundstück in der Art verkauft hat, es soll dir so theuer verkauft sein, als solches der Erblasser gekauft, und sich hernach zeigt, dass der Erblasser dasselbe nicht gekauft, sondern geschenkt erhalten habe, so ist der Verkauf ebenso anzusehen, als wenn keine Preisbestimmung geschehen wäre, und es hat mit demselben deshalb gleiche Bewandtniss, wie mit dem unter einer Bedingung abgeschlossenen Verkaufe, welcher nichtig ist, wenn die Bedingung nicht eintritt.
Ulp. lib. III. Disput. Zuweilen geht der spätere Gläubiger dem frühern vor, z. B. wenn der vom zweiten dargeliehene Vorschuss auf die Erhaltung der verpfändeten Sache verwendet worden ist; man nehme den Fall, es ist ein Schiff verpfändet, und ich habe zu dessen Ausrüstung oder Ausbesserung etwas vorgeschossen;
Idem lib. III. Disput. Dies tritt auch dann ein, wenn eine Sache mit dem Gelde eines Unmündigen angeschafft worden ist. Wenn daher eine Sache mit dem Gelde zweier Unmündigen angeschafft worden ist, so nehmen beide an dem Unterpfande nach ihren zu dem Kaufpreise beigetragenen Antheilen gemeinschaftlich Theil. Ist die Sache nicht ganz mit dem Gelde eines [Unmündigen] bezahlt worden, so nehmen beide Gläubiger, d. h. sowohl der ältere, als der, mit dessen Gelde sie bezahlt worden, gemeinschaftlichen Antheil [am Pfandrechte]. 1Ad Dig. 20,4,7,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 242, Note 10.Wenn ich dir mein ganzes künftiges Vermögen verpfändet habe, und dem Titius ein Landgut im Besondern, auf den Fall, dass ich das Eigenthum daran erwerben würde, und kurz darnach das Eigenthum daran wirklich erworben habe, so nimmt Marcellus ein Zusammentreffen beider Gläubiger in der Hypothek an. Denn es trägt zur Sache nichts aus, dass der Schuldner das Geld aus eigenen Mitteln hergegeben habe, weil eine mit verpfändetem Gelde gekaufte Sache nicht dadurch allein auch verpfändet wird, dass das Geld verpfändet gewesen ist.
Idem lib. III. Disputat. Wenn die Tochter in der Gewalt des Vaters bleibt, so kann er an ihren Verlobten eine Kündigung ergehen lassen, und das Verlöbniss auflösen; aber wenn sie aus der väterlichen Gewalt entlassen worden ist, so kann er weder eine Kündigung ergehen lassen, noch das, was als Heirathsgut [von ihm] gegeben worden ist, condiciren; denn die Tochter selbst wird dadurch, dass sie heirathet, bewirken, dass [das von dem Vater Gegebene] ein Heirathsgut sei, und wird die Condiction vernichten, welche dann, wenn die Gegenleistung22D. h. die Ehe. Vgl. die Bem. zu tit. D. de cond. causa data, causa non sec. 12. 4. u. L. 6. sqq. eod. nicht erfolgt wäre, würde entstehen können; wenn nicht etwa Jemand den Fall vorlegen sollte, dass der Vater für die aus der Gewalt entlassene Tochter ein Heirathsgut unter der Bedingung gegeben habe, dass er, wenn er in die Ehe, möge sie eingegangen sein, oder noch nicht eingegangen sein, nicht einwilligte, das, was er gegeben hatte, zurückfordern könnte; dann nämlich wird er das Recht zur Zurückforderung haben.
Ulp. lib. III. Disp. Scävola sagt, wenn gleich das Heirathsgut durch Acceptilation bestellt zu werden pflege33So, dass die Frau ihrem Manne, der ihr Schuldner ist, die Schuld erlässt, unter der Bedingung, dass dieselbe Heirathsgut sein solle., so sei gleichwohl, wenn die Acceptilation vor der Ehe eingegangen und die Ehe nicht erfolgt sei, die um der Ehe willen eingegangene Acceptilation bei nicht erfolgter Ehe nichtig, und es bleibe darum die Verbindlichkeit in ihrem [frühern] Zustand44Sie lebt also wieder auf, weil die Aufhebung derselben nichtig ist.; und diese Meinung ist wahr. 1Ad Dig. 23,3,43,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 313, Note 6.So oft aber ein Fremder seinem Schuldner [die Schuld] durch Acceptilation erlässt, um [so] ein Heirathsgut zu bestellen, so wird, wenn die Ehe nicht erfolgt sein wird, keine Befreiung erfolgen, wenn er nicht etwa [die Schuld] so durch die Acceptilation erlassen hat, dass er [das Schuldige] der Frau ganz und gar geschenkt wissen will; dann nämlich ist anzunehmen, dass es kurzweg von der Frau empfangen und [von ihr] dem Ehemann gegeben worden sei55Brevi manu acceptum a muliere et marito datum, d. h. dass das Schuldige, welches die Frau nach dem Empfang wiederum dem Ehemann ausantworten würde, sogleich diesem vom Gläubiger übertragen sei, ohne dass die Frau es erst in die Hände bekam und wieder ausantwortete.; sonst kann der Frau durch eine freie Person die Condiction nicht erworben werden. 2Freilich, wenn die Ehe erfolgt ist, so wird die Frau nach aufgelöster Ehe das Recht zur Einforderung des Heirathsguts haben, wenn nicht etwa der Fremde die Schuld so durch die Acceptilation erlassen hat, dass er selbst, wenn die Ehe auf irgend eine Weise aufgelöst sei, die Condiction haben solle; dann nämlich wird die Frau keine Klage haben. Und diesem gemäss wird, wenn das Heirathsgut durch Acceptilation bestellt und die Ehe erfolgt ist, die Einforderung des Heirathsguts die Wirkung haben, dass, wenn die Verbindlichkeit, welche durch Acceptilation erlassen ist, ohne Nebenstimmung ist, die [Verbindlichkeit] selbst nicht wieder hergestellt, sondern das Heirathsgut in seinen [gesetzlichen] Terminen gezahlt werden muss. Wenn es aber eine Verbindlichkeit unter einer Zeitbestimmung gewesen, und vor aufgelöster Ehe die Zeit der Verbindlichkeit nicht verflossen ist, so ist die Verbindlichkeit mit der früheren Zeitbestimmung wieder herzustellen, und, wenn es eine Schuld unter Bürgschaft gewesen sein sollte, so ist die Bürgschaft zu erneuern. Auf gleiche Weise ist es auch dann, wenn die Verbindlichkeit, welche als Heirathsgut gegeben worden ist, bedingt gewesen und, während die Verbindlichkeit noch schwebte, die Scheidung erfolgt sein wird, wahrer, dass die Verbindlichkeit unter derselben Bedingung wieder hergestellt werden müsse; aber wenn die Bedingung, während die Ehe bestand, eingetreten sein wird, so werden die Termine der Einforderung vom Tag der Scheidung an gerechnet.
Ulp. lib. III. Disput. Aber auch wenn der Ehemann darum [Etwas] von dem Heirathsgut ausgegeben hat, um Personen, welche mit der Frau verwandt sind, von den Räubern loszukaufen, oder damit die Frau irgend Einen aus der Zahl der mit ihr verwandten Personen aus den Banden befreie, so wird ihr das, was ausgegeben worden ist, angerechnet, [und] es erlöscht die Heirathsgutsklage entweder, wenn es ein Theil des Heirathsguts [sein sollte], nach Verhältniss dieses Theils, oder, wenn es das ganze Heirathsgut sein sollte, [ganz]. Und noch vielmehr ist dasselbe zu sagen, dass, wenn der Schwiegervater wegen des Heirathsguts klagt, auf das, was auf ihn selbst verwendet worden ist, Rücksicht genommen werden müsse, mag dies der Ehemann selbst gethan, oder der Tochter (seiner Frau) Etwas gegeben haben, damit sie es thue. Aber auch wenn nicht der Vater verfahren, sondern nach seinem Tode die Tochter allein wegen des Heirathsguts klagen sollte, so wird dasselbe zu sagen sein; denn, da die Einrede der bösen Absicht in der Klage wegen des Heirathsguts enthalten ist, wie in den übrigen Klagen guten Glaubens66D. h. es braucht bei der actio de dote, und den übrigen bonae fidei actiones die exceptio doli nicht in die von dem Prätor dem Richter zu ertheilende Instructionsformel aufgenommen zu werden, sondern der Richter muss ohne dass dies geschehen ist, dieselben Rücksichten, wie im entgegengesetzten Falle, nehmen. Vgl. auch L. 3. D. de resc. vend. 18. 5. Gewöhnlich versteht man dies allgemein von jeder exceptio, die auch nicht exc. doli ist, allein s. dagegen Heffter Instit. des Civ. Proc. S. 380. Anm. 25. Zimmern a. a. O. Bd. 3. §. 63. a. S. 190 ff., so kann man sagen, wie es auch dem Celsus scheint, dass diese Kosten in der Klage wegen des Heirathsguts enthalten seien, vorzüglich wenn sie mit dem Willen der Tochter aufgewendet worden sind.
Idem lib. III. Disput. Ad Dig. 24,3,29 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 506, Note 4.So oft der Vater ein Heirathsgut gibt und stipulirt, so trägt er nur dann die Klage wegen des Heirathsguts auf seine Person über, wenn er auf der Stelle stipulirt; sonst wenn er, nachdem einige Zeit dazwischen lag, stipuliren will, so wird er es nur mit Zustimmung der Tochter können, obwohl sie in seiner Gewalt stehen sollte, weil er die Lage der Tochter in Betreff des Heirathsguts nicht verschlimmern kann, wenn sie nicht einwilligt. Freilich wenn er das Heirathsgut vor [Eingehung] der Ehe gegeben haben wird, so wird er nach einer Zwischenzeit, jedoch vor [Eingehung] der Ehe, und auch ohne den Willen der Tochter stipuliren können. 1Wenn Jemand für eine Frau ein Heirathsgut gegeben haben, und man übereingekommen sein wird, dass es, möchte die Ehe auf eine Art getrennt sein, auf welche sie wollte, ihm selbst gezahlt werden sollte, nachher der Ehemann der Ehefrau das Heirathsgut gezahlt haben wird, so wird man ganz richtig sagen, dass die Forderung nichts desto weniger dem, welcher das Heirathsgut gegeben hat, gegen den Ehemann zustehe.
Idem lib. III. Disp. Auch ein solcher [Vormund], der [schon] Sicherheit leistete oder diese gerade jetzt anbietet, kann als verdächtig belangt werden. Denn es frommt dem Mündel [mehr]77Ich richtete mich hier in der Uebersetzung nach Noodt, der hier magis supplirt., dass sein Vermögen [wirklich] im guten Stand erhalten werde, als Sicherheitsurkunden dafür88Beck lässt hier nach Haloander die Worte rem salvam fore (habere?) weg. zu besitzen. Ein Mitvormund, [der vorgibt, er habe] deswegen seinen Amtsgenossen nicht verdächtig gemacht, weil dem Mündel Sicherheit geleistet wurde, verdient kein Gehör:
Idem lib. III. Disp. Man legte den Fall vor, dass zwei Vormünder von Municipalobrigkeiten bestellt worden wären, ohne dass Sicherheit gefordert worden wäre, und von denselben wäre der eine dürftig gestorben, der andere aufs Ganze belangt worden, und habe dem Mündel Genüge gethan; und man fragte, ob jener Vormund gegen die Municipalobrigkeit irgend eine Klage haben könne, weil er wüsste, dass man von seinem Mitvormunde keine Bürgschaft gefördert habe. Ich sagte, da von dem Vormund dem Mündel Genüge geschehen ist, so könne weder der Mündel noch der Vormund die Obrigkeiten in Auspruch nehmen, da der Vormund niemals gegen die Obrigkeiten eine Klage habe, — denn der Senatsschluss kommt [blos] dem Mündel zu Hülfe —, vorzüglich da Grund vorhanden ist, dass es dem Vormund zugerechnet werden kann, dass er von dem Mitvormund keine Bürgschaft gefordert, oder ihn nicht verdächtig gemacht hat, wenn er, wie man anführt, weiss, dass derselbe den Obrigkeiten keine Sicherheit gegeben habe.
Ulp. lib. III. Disp. Die Erben der Obrigkeiten sind nicht auf gleiche Weise gehalten, wie sie selbst gehalten sind, denn auch der Erbe des Vormundes ist nicht wegen Nachlässigkeit gehalten; denn die Obrigkeit tritt zwar in die ganze Gefahr ein, der Erbe derselben [aber] tritt nur in das Verschulden ein, welches der bösen Absicht ganz nahe kommt.
Ulp. lib. III. Disput. Wer sich durch eine Schenkung verbindlich gemacht, wird nach dem Rescripte des Kaisers Pius auf so viel verklagt, als er leisten kann99Ohne dadurch seinen standesgemässen Unterhalt zu beeinträchtigen.; doch wird, was er seinen Gläubigern schuldet, in Abzug gebracht werden müssen; das aber, wozu sich Einer [einem Dritten] aus dem nämlichen Rechtsgrunde1010D. h. gleichfalls durch Schenkung. verpflichtet hat, wird derselbe nicht abziehen dürfen.
Ulp. lib. III. Disput. Wenn eine Klage durchgeführt worden ist, worin die Zinsen allein gefodert worden sind, so ist nicht zu besorgen, dass die Einrede rechtlich entschiedener Sache der Foderung des Capitals im Wege stehe; denn da sie gar nicht zuständig ist, so kann sie auch, wenn sie vorgeschützt worden ist, keinen Schaden thun. Dasselbe wird auch dann der Fall sein, wenn Jemand mit einer Klage guten Glaubens nur die Zinsen rechtlich verfolgen will; denn dieselben werden für die Zukunft dann nichtsdestoweniger gefällig; denn solange der Contract guten Glaubens dauert, werden die Zinsen laufen.
Ulp. lib. III. Disp. Es frägt sich, ob mir der Mangel [im Besitz] meines Vorgängers, Schenkers, oder Dessen, der mir eine Sache vermacht hat, auch nachtheilig sei, wenn etwa mein Vorgänger keinen rechtmässigen Anfang des Besitzes gehabt hat? — Meiner Meinung nach entsteht daraus sowenig Schaden als Vortheil1111neque prodesse, hier muss offenbar eine Umwechselung des Falls gedacht werden; die Basil. sagen deutlicher allgemein: ἡ γὰρ ποιότης (Qualitas possessionis) οὔτε ὠφελεῖ με, οὔτε βλάπ τει με., denn ich kann ja ersitzen, was mein Vorgänger nicht ersitzen konnte. 1Es ist in Folge eines vorgekommenen Falls, dass Jemand eine Sache zum Pfande gegeben und sie verkauft, sein Erbe aber sie wiedergekauft hatte, die Frage entstanden, ob sich der Erbe wider die Verfolgung des Pfandes mit der Einrede des langen Besitzes schützen könne? — Ich gab zur Antwort: der Erbe, welcher das Pfand von einem Dritten wiedergekauft hat, könne sich der Einrede bedienen, weil er an die Stelle eines Dritten getreten ist, und nicht an die Dessen, der das Pfand gestellt hatte, ebenso wie wenn er sie vorher gekauft hätte und dann Erbe geworden wäre.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
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Übersetzung nicht erfasst.
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