Digestorum libri
Ex libro IV
Scaevola lib. IV. Dig. Eine Testatricin hatte Gebäude, welche an ein Landgut, das sie Jemandem vermacht hatte, stiessen; es entstand die Frage, ob, wenn dieselben von dem vermachten Landgute getrennt würden, und der Vermächtnissinhaber dasselbe mittelst Klage erlangt hätte, es den Gebäuden zu einer Dienstbarkeit [des Zugangs u. s. w.] verpflichtet sein würde, oder, wenn derselbe verlangte, dass ihm dasselbe auf den Grund eines Fideicommisses gegeben werden solle, die Erben für die Gebäude eine Dienstbarkeit vorbehalten müssten? Ich habe bejahend entschieden. 1Mehrere Municipalbürger, welche verschiedene Grundstücke besassen, erkauften gemeinschaftlich eine Wiese, um ein gemeinschaftliches Weiderecht daran zu üben; dies ward auch von ihren Nachfolgern beobachtet; einige von ihnen, welche dieses Recht hatten, verkauften aber ihre ihnen allein gehörigen Grundstücke; ich frage nun, ob beim Verkauf jenes Recht auch den Grundstücken folge, wenn die Verkäufer den Willen hatten, dasselbe mitzuveräussern? Man hat geantwortet, es ginge darnach, wie es unter den Contrahenten ausgemacht worden wäre; wenn aber der Wille derselben auch nicht ausser Zweifel liege, so gehe das Recht doch auf die Käufer über. Ebenso frage ich, ob, wenn ein Theil von jenen [den Eigenthümern] allein gehörigen Landgütern durch ein Vermächtniss auf einen Andern übergegangen ist, derselbe ein Recht von dieser Mithuthung zum Theil nach sich zöge? Die Antwort hat gelautet, dass wenn dies als ein Recht des vermachten Grundstücks erschiene, es auch dem Vermächtnissinhaber zukomme.
Scaevola lib. IV. Dig. Auf Befragen des kaiserlichen Procurators wegen einer fiscalischen Anforderung, antwortete einer von [des Erblassers] Söhnen, der weder den Nachlassbesitz empfangen hatte, noch Erbe war, dass er Erbe sei; haftet er hier, durch eine analoge11Quasi interrogatoria, s. Glück XI. p. 256 sq. Frageklage, auch den übrigen Gläubigern? Die Antwort ging dahin: von denen, die ihn vor Gericht nicht befragt hätten, könne er aus seiner Antwort nicht belangt werden.
Idem lib. IX. Dig. Ein Landgut, welches dem Lucius Titius gehörte, wurde wegen rückständiger Staatsabgaben verkauft; als sich nun der Schuldner Lucius Titius bereit erklärte, den ganzen Abgabenrückstand zu bezahlen, da das Grundstück unter dem Betrage der geschuldeten Summe verkauft worden war, so hob der Provinzialpräsident den Verkauf auf, und befahl die Zurückgabe des Landguts an Lucius Titius. Hier entstand nun die Frage, ob das gekaufte Landgut, sofort nach erlassenem Ausspruch des Präsidenten, und ehe noch die Zurückgabe erfolgt ist, zum Vermögen des Lucius Titius gehöre? Die Antwort war: nicht eher, als wenn dem Käufer der Kaufschillung zurückerstattet worden, oder, falls solcher vom Käufer noch nicht bezahlt ist, der Abgabenrückstand getilgt sei.
Scaevola lib. IV. Digest. Ein Vormund verkaufte Sachen und Thiere eines Mündels. Da aber die Käufer den Kaufpreis nicht zahlten, so behielt er einige Thiere bei sich zurück, und trug in die Rechnung des Mündels den Kaufpreis als bezahlt ein. Diese Thiere gebaren einige Junge. Nach dem Tode des Vormundes verwaltete sein Erbe dieselbe Vormundschaft, und besass diese Thiere mehrere Jahre hindurch. Nun entstand die Frage, ob der gewesene Mündel nach erlangter Volljährigkeit rechtlich diese Thiere als Eigenthümer in Anspruch nehmen könne. Die Antwort war: Nach dem Vorliegenden kann sie der Mündel nicht eigenthümlich fordern.