Responsorum libri
Ex libro VI
Modestin. lib. VI. Resp. Ich habe gemeinschaftlich mit einer unmündigen Miterbin ein Landgut, auf welchem die Ueberreste von Personen ruhen, denen von unserer beider Seiten11Ich lese hier partibus statt patribus, es erfordert dies der Nachsatz. — denn es liegen auch die Eltern der Unmündigen daselbst begraben — Ehrfurcht gezollt wird; allein die Vormünder [der Miterbin] wollen das Landgut verkaufen, worein ich nicht willigen, sondern meinen Antheil, da ich das Ganze nicht kaufen kann, lieber behalten, und nach meinem Belieben den Gefühlen meiner Verehrung nachhängen will; ich frage, ob ich mit Recht mittelst der Gemeingutstheilungsklage einen Schiedsrichter zur Theilung dieses Landgutes verlangen könne, oder ob auch der zur Erbtheilung bestellte Richter es übernehmen könne, diese Besitzung, mit Ausnahme der übrigen Erbschaftskörper zwischen uns nach unserem Recht, zu theilen? Herennius Modestinus hat geantwortet: es sei kein Grund vorhanden, warum der zur Erbtheilung bestellte Richter nicht auch seine Thätigkeit auf die Theilung des betreffenden Landgutes sollte erstrecken dürfen, allein religiöse Orte seien kein Gegenstand dieser Klage, und das Recht daran stehe jedem einzelnen Erben im Ganzen zu.
Idem lib. VI. Resp. Ein Vormund starb ohne einen Erben. Ich frage nun, ob der dem Mündel bestellte Curator den Bürgen des Vormundes aus seiner Stipulation auf das Interesse des Mündels belangen kann, wenn derselbe weder Inventarien noch andere Urkunden vorzeigt? Modestinus antwortete, auf das, worauf der Vormund belangt werden konnte, kann auch der Bürge belangt werden. 1Modestinus antwortete, der Schade, der etwa dadurch entstand, weil sich die Bescheinigungen für die erlegten Abgaben nicht fanden, treffe nicht den Vormund, dem dabei keine [Schuld] Fahrlässigkeit vorgerückt werden kann. 2Modestinus antwortete, der Vormund müsse, hinsichtlich der Einkünfte, welche redlicher Weise von dem Grundstücke hätten bezogen werden können, dem Mündel Rechenschaft ablegen. 3Eben so antwortete er, wenn ein Vormund einem Sclaven [des Mündels,] der kein liederlicher Mensch ist, die Verwaltung anvertraute, und dieser weniger Früchte ablieferte, als man redlicher Weise aus dem Grundstücke hätte beziehen können, so soll das, was aus dem Sondergute des Sclaven zu erhalten ist, dem Vormunde in Bezug auf seine Verbindlichkeit gegen den Pflegbefohlenen zu Gute kommen. 4Mit Zuziehung eines Curators verkaufte ein Minderjähriger an den Titius ein Haus [wobei er betrogen wurde], nachher erkannte er den Betrug, liess sich in den vorigen Stand wieder einsetzen, und sodann in den Besitz einweisen. Nun frage ich, ob er dem Käufer den Kaufpreis nicht wieder erstatten müsse, wenn er durch diesen Verkauf sich weder verbesserte noch erwiesen wird, dass etwas [von dem Kaufpreise] zu seinem Besten verwandt wurde? Modestinus antwortete, den Kaufpreis für das vom Minderjährigen veräusserte Grundstück fordere der Käufer vergeblich zurück22Weil er es seinem Leichtsinne beizumessen hat, einem leichtfertigen Menschen den Kaufpreis gegeben zu haben. Die Beweislast de in rem versa pecunia liegt, wenn dem Curator gezahlt wurde, nach Accursius dem Käufer ob, war dem Minderjährigen gezahlt worden, diesem, nämlich versam non esse pecuniam in rem suam. Cujacius tadelt diese Distinction und verweist deshalb auf den vorhergehenden §., wo es ein Vormund sich selbst beizumessen hat, wenn er einem servo perdituro die Verwaltung der Vormundschaft anvertraute. Cujacius lobt auch das zu diesem §. 3. dem Accursius beigelegte Scholion. Nach seiner Meinung stammt dies von Rogerius oder Joannes her. Dies bestätigt vielleicht auch die in unserm §. von der eben vorhergehenden so verschiedene Ansicht des Accursius., wenn dadurch sich Jenes Vermögensumstände nicht verbesserten, auch darüber von dem Richter, der die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ertheilte, nichts bestimmt wurde. 5Eben so antwortete er: der Minderjährige dürfe nicht mit Ersetzung des Aufwandes, den der Käufer seines Vergnügens (wegen [auf das Gebäude] machte, beschwert werden, jedoch dürfe der Käufer [seine Verschönerungen] wieder von dem Gebäude wegnehmen, wenn dies so geschehen könne, dass das Gebäude sein altes Aussehen, (d. i. welches es vor dem Verkaufe hatte) dabei erhält. 6Lucius Titius, Miterbe und Curator seiner Schwester, hatte als Bürger einer Stadtgemeinde, in welcher die Gewohnheit herrschte, dass die Eigenthümer der Grundstücke selbst, und nicht die Pächter, die Gefälle und jedesmaligen Abgaben tragen, immerfort diese Sitte und hergebrachte Gewohnheit befolgt, und unmittelbar die Gefälle für die gemeinsame und ungetheilte Erbschaft abgetragen. Nun frage ich, ob bei Ablegung der Rechnungen den Curator ein Vorwurf treffen könne, als habe er rücksichtlich des schwesterlichen Antheils nicht mit Recht diese Auslagen gemacht? Modestinus antwortete, das nur kann der Curator der Minderjährigen in dem befragten Falle anrechnen, was sie selbst hätte auslegen müssen, wenn sie ihr Vermögen verwaltet hätte. 7Zwei Vormünder verkauften die Mündelsachen und theilten das Geld unter sich. Nach geschehener Theilung wurde Einer von ihnen, ohne dadurch sein Vormundschaftsamt zu verlieren, verwiesen (relegirt). Nun entstand die Frage, ob der Mitvormund von dem Sachführer (actor), der bestellt wurde, den Theil (die Hälfte) des Mündelgeldes würde verlangen können? Modestinus antwortete, wenn dies die Frage ist, ob ein Mitvormund die Vormundschaftsklage anstellen könne, wenn sein Amtsgenosse verwiesen (relegirt) wurde, so ist mein Bescheid, dies sei nicht möglich.
Modestin. lib. VI. Resp. Die Obrigkeiten haben von den Curatoren eines Minderjährigen die Sicherheit, dass das Vermögen [desselben] ungeschmälert sein werde, gefordert; von ihnen ist der Eine ohne einen Erben verstorben; ich frage, ob der College desselben die Schadloshaltung aufs Ganze leisten müsse; Modestinus hat das Gutachten ertheilt, dass kein Grund angeführt würde, warum er es nicht müsse.
Ad Dig. 46,3,76Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 443, Note 16.Idem lib. VI. Respons. Modestinus hat das Gutachten ertheilt: wenn, nachdem Alles, was in Folge der Vormundschaft geschuldet wurde, ohne jedes Pactum bezahlt worden, die Klagen nach einiger Zwischenzeit abgetreten seien, so sei durch diese Abtretung nichts ausgerichtet worden, da keine Klage mehr vorhanden gewesen sei; wenn dies aber vor der Zahlung geschehen, oder wenn, nachdem man übereingekommen war, dass die Klagen abgetreten werden sollten, dann die Zahlung geschehen wäre, und [hierauf] die Abtretung erfolgt, so seien noch vorhandene Klagen abgetreten, da auch in dem letzten Fall mehr der Preis für die abgetretenen Klagen gezahlt, als eine Klage, welche vorhanden gewesen, vernichtet zu sein scheine33Vgl. die Bem. zu l. 36. D. de fidej. 46. 1..