Responsorum liber singularis
Marcell. lib. sing. Resp. Titius hat an den Sejus einen Brief in diesen Worten abgeschickt: Es sind bei mir Funfzig aus deiner Forderung, [welche dir] in Folge eines Vertrags mit meinen Mündeln [zustand], zurückgeblieben, welche ich dir in guter Münze (probos) am funfzehnten Mai werde wiedergeben müssen; wenn ich sie aber am obengeschriebenen Tage nicht werde gegeben haben, dann werde ich so und so viel Zinsen geben müssen. Ich frage, ob Lucius Titius durch diesen Schuldschein in die Stelle der Mündel als Schuldner getreten ist? Marcellus hat zum Bescheid gegeben, wenn eine Stipulation dabei vorgekommen wäre, so sei er [an die Stelle der Mündel] eingetreten. Ingleichen frage ich, ob, wenn er nicht eingetreten wäre, er [auf die Klage] wegen des constituirten [Geldes] gehalten ist? Marcellus hat zum Bescheid gegeben, er sei auf das Capital gehalten; es ist nämlich diese Auslegung menschlicher und billiger.
Marcell. lib. sing. Respons. Da Titius dem Sempronius Geld dargeliehen und wegen desselben ein Pfand erhalten hatte, und es nun bevorstand, dass der Gläubiger [das Pfand] verkaufen wollte, weil das Geld nicht gezahlt wurde, so hat [Sempronius] den Gläubiger gebeten, dass er das [verpfändete] Grundstück zu einem bestimmten Preis als gekauft behalten sollte, und da er dies erlangt hatte, so hat er ein Schreiben, in welchem er erklärte, dass er das Grundstück [seinem] Gläubiger verkauft habe, ausgefertigt; ich frage, ob der Schuldner durch das Anbieten des Capitals und der Zinsen, welche geschuldet werden, diesen Verkauf widerrufen könne? Marcellus hat zum Bescheid gegeben, dem gemäss, was angeführt worden wäre, könne er nicht widerrufen.
Marcell. lib. sing. Resp. Lucius Titius hatte dem Publius Mävius, seinem natürlichen Sohne, gestattet, ein ihnen gemeinschaftlich zuständiges Haus einem Gläubiger, nicht einer Schenkung wegen, zu verpfänden. Nachdem hierauf Mävius mit Hinterlassung einer unmündigen Tochter gestorben war, wurde den Vormündern derselben gegen den Titius, und diesem, wegen ihrer gegenseitigen Ansprüche auf Verlangen ein Richter gesetzt11D. i. es entstand darüber zwischen ihnen Process.. Nun frage ich, ob der Hausantheil, welchen Titius seinem Sohne zu verpfänden vergönnt hat, nach dem Ermessen des Richters frei22Von der Hypothek. zu machen sei? Marcellus antwortete, ob und wenn er frei gemacht werden müsse, habe der Richter nach den Verhältnissen des Schuldners, sowie nach den Verabredungen der Contrahenten, und nach der Zeit, wenn die Sache, wovon die Frage ist, verpfändet worden33S. unten Note 59., zu beurtheilen. Denn in solchen Fällen findet richterliche Untersuchung Statt, um die Sache auszumachen. 1Ad Dig. 17,1,38,1ROHGE, Bd. 13 (1874), Nr. 95, S. 281: Anspruch des Mandatars (Intercedenten) auf Deckung im Falle einer justa metuendi causa.Nicht unähnlich ist diesem jener Fall, der sehr häufig besprochen zu werden pflegt: ob der Bürge auch, ehe er bezahlt hat, auf seine Befreiung von der Bürgschaft44Gegen den Hauptschuldner, dass er den Gläubiger bezahle. klagen könne? Und es muss nicht immer gewartet werden, bis er bezahlt, oder nach geführtem Processe verurtheilt ist, wenn etwa der Schuldner lange mit der Zahlung zögert55Insofern also kommt im gleich vorhergehenden Falle die Zeit der Verpfändung in Betracht, wobei also vorausgesetzt ist, dass sie auf unbestimmte Zeit geschehen. Ihr soll dann nach richterlichem Ermessen ein Ziel gesetzt werden., oder doch sein Vermögen verschleudert; besonders wenn der Bürge nicht so viel Geld im Hause hat, um den Gläubiger bezahlen und dann die Auftragsklage anstellen zu können.
Marcell. lib. sing. Resp. Lucius Titius hat, als er ein Haussohn war, mit dem Willen [seines] Vaters die Mävia zur Ehefrau genommen, und der Vater das Heirathsgut erhalten; Mävia hat an den Titius eine Kündigung ergehen lassen; nachher hat der Vater des Sohnes, welchem gekündigt war, in der Abwesenheit desselben ein Verlöbniss mit eben derselben für seinen Sohn geschlossen; Mävia hat sodann wegen des Verlöbnisses eine Kündigung ergehen lassen, und dann einen Anderen geheirathet; ich frage, ob, wenn Mävia gegen den Lucius Titius, der einst ihr Ehemann war, und von seinem Vater als Erbe hinterlassen worden ist, wegen des Heirathsguts klagen, und es bewiesen werden sollte, dass die Ehe durch die Schuld der Frau aufgelöst worden sei, der Ehemann wegen der Schuld der Frau das Heirathsgut behalten könne? Marcellus hat das Gutachten ertheilt, dass, auch wenn Titius als der von seinem Vater eingesetzte Erbe belangt würde, gleichwohl, wenn er in das Verlöbniss nicht eingewilligt hätte, die Schuld der Frau zu bestrafen sei.
Marcell. lib. sing. Resp. Lucius Titius bestellte den Gajus Sejus zum testamentarischen Vormunde für seinen Sohn. Gajus Sejus verwaltete mit Wissen und Zustimmen seines Vaters die Vormundschaft. Nun frage ich, ob nach dem Tode des Gajus Sejus gegen dessen Vater die Vormundschaftsklage und inwieweit sie zustehe? Marcellus antwortete hierüber, nach dem Gegebenen sei gegen den Vater die Klage über das Sondergut [seines Sohnes,] (de peculio) und über die Verwendung zu eigenem Zwecke (de in rem verso) anwendbar. Auch sei in diesem Falle das Vorwissen und Zustimmen des Vaters, um ihn für das Ganze verbindlich zu machen, nicht von grosser Bedeutung, wenn er [der Vater] nicht etwa Bürgschaft leistete, weil ein Mitvormund oder ein Auderer den Sohn als verdächtig belangen wollte, und so alle Verantwortlichkeit auf sich zog.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
Marcell. lib. sing. Resp. Jemand machte, um seinem Oheime, der sein Schuldner war, auf den Todesfall das zu schenken, was er schuldete, folgende schriftliche Anordnung: „Die Schuldbücher oder Handschriften, so viel und wo sie immer sind, sollen ungültig sein und derselbe nichts zahlen.“ Ich frage, wenn die Erben von dem Oheim des Erblassers das Geld fordern, ob derselbe mit der Einrede der Arglist sich schützen könne: Marcellus begutachtete, er könne solches, denn der Erbe macht die Forderung gegen den Willen des Erblassers.
Marcell. lib. sing. Resp. Lucius Titius hat in seinem Testamente so verordnet: Wenn ich etwa Codicille hinterlassen haben werde, so will ich, dass sie gelten sollen. Wenn mir von der Paula, welche meine Ehefrau gewesen ist, innerhalb zehn Monaten ein Sohn oder eine Tochter geboren sein wird, so sollen sie zur Hälfte Erben sein; Cajus Sejus soll zur Hälfte Erbe sein. Ich bitte meine Erben und lege ihnen das Fideicommiss auf, dass sie den Stichus und Pamphilus, meine Sclaven, und den Eros und Diphilus, wenn meine Kinder zur Mündigkeit gelangt sein werden, freilassen mögen; sodann hat er in dem letzten Theile [des Testaments] so verordnet: Wenn mir aber keine Kinder geboren, oder sie während der Unmündigkeit verstorben sein werden, dann sollen Mucius und Mävius Erben zu gleichen Theilen sein. Die Vermächtnisse, welche ich in dem früheren Testamente, in welchem ich meine Kinder und den Sejus zu Erben eingesetzt habe, hinterlasse habe, will ich auch von den zweiten Erben geleistet wissen; sodann hat er in den Codicillen so verordnet: Lucius Titius [sagt] seinen ersten und nacheingesetzten Erben seinen Gruss. Ich bitte, dass ihr das, was ich im Testamente verordnet und vermacht habe, und das, was ich in den Codicillen werde verordnet und vermacht haben, leisten möget. Ich frage, ob, da dem Lucius Titius keine Kinder geboren worden sind, den Sclaven Stichus, und Pamphilus, und Eros und Diphilus sogleich die fideicommissarische Freiheit gewährt werden müsse? Marcellus hat das Gutachten ertheilt: die Bedingung, welche der Freiheit derjenigen hinzugefügt wäre, wegen welcher gefragt würde, wenn [nemlich] die Kinder Erben geworden wären, scheine nicht wiederholt zu sein, und darum sei die Freiheit sogleich, sowohl von den ersten, als den substituirten Erben, zu gewähren. Denn er hat, wie oben geschrieben ist, gebeten, dass das, was er im Testamente verordnet hätte, geleistet würde; er hat aber über die Freiheit jener Sclaven eine Anordnung getroffen; nun hat er aber doch die Anordnung unter einer Bedingung getroffen: wäre es eine Bedingung anderer Art, so müsste man sie abwarten; aber es ist nicht wahrscheinlich, dass er daran bei jener Bedingung gedacht habe, als er das Fideicommiss den substituirten [Erben] auflegte, indem ja diese zur Erbschaft nicht zugelassen werden könnten, wenn die Bedingung erfüllt würde.
Marcell. lib. sing. Respons. Lucius Titius hat, da er für seinen Bruder Sejus beim Septicius eintreten wollte, [an den Letzteren] einen Brief des Inhalts abgeschickt: Ich bitte dich, dass du, wenn dich mein Bruder um Geld gebeten haben sollte, ihm dasselbe auf meinen Credit und meine Gefahr geben mögest. Nachdem Septicius diesen Brief erhalten, hat er dem Sejus Geld gezahlt; sodann hat Titius unter Andern auch seinen Bruder Sejus auf ein Drittel zum Erben eingesetzt. Ich frage, ob, da gegen den Schuldner Sejus die Klage des Septicius zum dritten Theil, zu welchem jener Erbe seines Bruders Titius geworden ist, durch Vereinigung in einer Person erloschen ist, [Septicius] gegen die Miterben desselben aufs Ganze klagen könne? Marcellus hat das Gutachten ertheilt, dass gegen den Miterben des Sejus nicht auf einen grösseren Theil, als nach Verhältniss seines Erbtheils, mit der Auftragsklage geklagt werden könne.
Marcell. lib. sing. Respons. Titia hat, als sie wegen ihres Heirathsguts das Vermögen ihres Ehemanns besass66Nemlich in Folge einer missio dotis servandae causa. S. Cuj. Observatt. XV. c. 12., Alles als Eigenthümerin gethan, die Einkünfte eingefordert und die beweglichen Sachen verkauft. Ich frage, ob Das, was sie aus dem Vermögen des Ehemannes gezogen habe, ihr ins Heirathsgut eingerechnet werden müsse. Marcellus hat das Gutachten ertheilt, die Einrechnung Dessen, was angeführt würde, scheine nicht unbillig zu sein; denn es müsse Das, was die Frau aus jenem Grunde bezogen habe, mehr für bezahlt gehalten werden; aber wenn etwa der über die Wiedererlangung des Heirathsguts nach seinem Ermessen eutscheidende Richter auch Rücksicht auf die Zinsen habe nehmen müssen, so sei so zu rechnen, dass Das, was an die Frau gekommen sei, nicht von der ganzen Summe abgehe, sondern zuerst von dem Betrag, welchen die Frau wegen der Zinsen erhalten müsse; was nicht unbillig ist.