Digestorum libri
Ex libro XLIV
Idem lib. XLIV. Digestor. Wenn du eine fremde Sache in gutem Glauben gekauft und mir zum Pfand gegeben und um sie bis auf Widerruf gebeten11Precario rogaveris, eigentlich: bittweise gebeten haben solltest. Da nun aber precarium da juristische Verhältniss bedeutet, welches daraus entsteht, dass Jemand einem Andern auf die Bitte desselben (daher der Name) den natürlichen Besitz seiner Sache oder die Ausübung einer Servitut bis auf beliebigen Widerruf gestattet, so schien die angenommene, nicht wörtliche Uebersetzung dem Sinn am besten zu entsprechen, sowie precarii rogatio im Folgenden auf ähnliche Weise wiedergegeben worden ist. haben solltest, nachher mich der Eigenthümer [derselben] zum Erben eingesetzt haben sollte, so hört das Pfand zu bestehen auf, und es wird allein [das Rechtsverhältniss aus der] Bitte [um die Sache] bis auf Widerruf übrig sein; deshalb wird deine Ersitzung unterbrochen werden.
Idem lib. XLIV. Dig. Durch einen zum Unterpfande gegebenen Sclaven wird dem Gläubiger kein Besitz erworben, weil ihm durch diesen Sclaven weder durch Stipulation, noch durch Uebergabe, noch auf irgend eine andere Weise Etwas erworben wird, wenn auch der Besitz bei ihm ist. 1Wenn einer von mehreren Herren einem gemeinschaftlichen Sclaven Geld geschenkt hat, so steht es in des Herrn Gewalt, wie er es dem gemeinschaftlichen Sclaven schenken will; denn wenn es nur seine Absicht gewesen ist, es von seinen Rechnungen abzusondern, sodass es zu des Sclaven Sondergut gehören soll, so wird das Eigenthum demselben Herrn verbleiben; wenn er aber einem gemeinschaftlichen Sclaven auf die Weise geschenkt hat, wie man fremden Sclaven Etwas zu schenken pflegt, so wird es unter allen Herren nach Maassgabe ihres Antheils, den sie an dem gemeinschaftlichen Sclaven haben, gemeinschaftlich. 2Um zu einem zweiten Fall überzugehen, wollen wir annehmen, dass der Miteigenthümer dem gemeinschaftlichen Sclaven in der Art das Geld geschenkt habe, dass er will, das Eigenthum solle ihm verbleiben; wenn der Sclave mit diesem Gelde ein Landgut erworben hat, so wird dies unter den Miteigenthümern nach Maassgabe ihres Antheils an demselben gemeinschaftlich. Denn auch wenn ein gemeinschaftlicher Sclave dasselbe mit gestohlenem Gelde gekauft hat, wird es den Miteigenthümern nach Maassgabe ihres Antheils am Eigenthune gehörig sein. Denn mit einem gemeinschaftlichen Sclaven ist es nicht so, wie bei einem Niessbrauchssclaven, der für den Eigenheitsherrn aus des Niessbrauchers Vermögen nichts erwirbt, dass er für den einen Herrn aus dem Vermögen des andern Herrn nichts erwürbe. Sondern wie in Ansehung Dessen, was wo andersher erworben wird, der Niessbrauchssclave in einem andern Verhältniss steht, als der gemeinschaftliche Sclave, indem der erstere für den Niessbraucher nicht erwirbt, der andere aber für seine Herren erwirbt, so wird Dasjenige, was er aus des Niessbrauchers Vermögen erworben, diesem allein gehören; was aber der gemeinschaftliche Sclave aus des einen von beiden Herren Vermögen erworben, beiden gehören. 3Gleichwie ein gemeinschaftlicher Sclave durch namentliches Stipuliren für einen von beiden Herren für ihn allein erwirbt, so ist es auch durch Empfang in Folge der Uebergabe der Fall. 4Wenn der Sclave eines Herrn beim Empfang durch Uebergabe gesagt hat, er nehme dies für seinen Herrn und den Titius in Empfang, so wird er die Hälfte für den Herrn erwerben; in Ansehung der andern Hälfte ist eine ungültige Handlung vorhanden. 5Wenn der Niessbrauchssclave erklärt hat, er wolle aus des Niessbrauchers Vermögen dem Eigenheitsherrn durch Uebergabe erwerben, so wird er dem Herrn das Ganze erwerben; denn er wird so auch durch Stipulation aus des Niessbrauchers Vermögen für den Eigenheitsherrn erwerben. 6Ad Dig. 41,1,37,6Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 155, Note 7.Wenn ich, während du mir ein Geschenk machen wolltest, dir geheissen habe, den Gegenstand einen mir und dem Titius gemeinschaftlich gehörigen Sclaven zu übergeben, und dieser ihn in der Meinung genommen hat, ihn dem Titius zu eigen zu machen, so ist die Handlung ungültig22S. Savigny Recht des Besitzes S. 265. (I.) Es ist ex mente procuratoris hinzuzudenken, und will eigentlich so viel sagen, als id non agitur.. Denn auch, wenn du den Gegenstand meinem Geschäftsbesorger übergeben hast, um ihn mir zu eigen zu machen, und dieser ihn in der Meinung genommen, ihn sich zu eigen zu machen, wird eine ungültige Handlung geschehen. Hat aber ein Mehreren gehöriger Sclave Etwas in der Absicht genommen, es beiden Herren gemeinschaftlich zu machen, so wird in Betreff der Hälfte für den einen Herrn die Handlung ungültig sein.
Julian. lib. XLIV. Dig. Wer einem abwesenden Sclaven schreibt, er solle frei sein, der hat dabei nicht die Absicht, den Besitz seines Sclaven sofort aufzugeben, sondern vielmehr seine Bestimmung auf die Zeit zu verschieben, wo sein Sclave Nachricht erhält. 1Wenn Jemand den Besitz eines Landgutes dergestalt übergeben hat, dass er sagt, er wolle nur dann daraus weichen, wenn ihm das Landgut gehöre, so scheint der Besitz nicht übergeben zu sein, wenn das Landgut einem Andern gehört. Hiernach ist um so mehr anzunehmen, dass der Besitz bedingt übergeben werden könne, gleichwie Sachen unter einer Bedingung übergehen, und nicht anders dem Empfänger zu eigen werden, als wenn die Bedingung eingetreten ist. 2Wenn Derjenige, der an Titius einen Sclaven verkauft hatte, denselben dessen Erben übergeben hat, so wird der Erbe durch denselben den Besitz der Erbschaftssachen ergreifen, weil der Sclave nicht nach Erbrecht an ihn gelangt, sondern durch die Klage aus dem Kauf; denn auch wenn der Sclave aus einer Stipulation oder einem Testamente dem Testator gebührt, und der Erbe ihn empfangen hätte, würde ihm nichts im Wege sein, durch denselben den Besitz der Erbschaftssachen zu erwerben.
Julian. lib. XLIV. Dig. Nicht blos die Käufer guten Glaubens, sondern auch Alle, die aus einem solchen Grunde besitzen, der die Ersitzung in der Regel zur Folge hat, machen das Kind einer gestohlenen Sclavin sich zu eigen; und dies ist meines Erachtens mit vollem Rechtsgrunde eingeführt worden, denn aus demselben Grunde Jemand eine Sclavin ersitzen würde, wenn nicht das Zwölftafelgesetz oder das Atinische Gesetz entgegenstände, muss er nothwendigerweise auch das Kind erwerben, wenn es bei ihm zu einer Zeit empfangen und geboren worden ist, wo er noch nicht wusste, dass seine Mutter gestohlen sei. 1Die allgemeine Regel, es könne sich Niemand den Grund seines Besitzes selbst ändern, ist allemal dann wahr, wenn Jemand weiss, dass er nicht im guten Glauben besitze, und sein Besitz nur auf einen [unerlaubten] Gewinn abzweckt; und dies kann damit erwiesen werden: wenn Jemand wissentlich von dem Nichteigenthümer ein Landgut gekauft hat, so wird er es als Besitzer besitzen, hat er es aber vom Eigenthümer gekauft, so wird er anfangen, es als Käufer zu besitzen, und also nicht angenommen, er verändere sich den Grund seines Besitzes selbst. Dasselbe wird Rechtens sein, wenn er vom Nichteigenthümer gekauft hat, in dem Glauben, er sei der Eigenthümer. So wird ferner Derjenige, wer vom Eigenthümer zum Erben eingesetzt worden, oder seinen Nachlassbesitz erhalten hat, anfangen, das Landgut als Erbe zu besitzen. Ausserdem wird er auch dann, wenn er eine rechtmässige Ursache zu dem Glauben gehabt hat, er sei des Eigenthümers Erbe oder Nachlassbesitzer geworden, das Landgut als Erbe besitzen, ohne dass man annehmen könnte, er verändere den Grund seines Besitzes. Da nun dies als von der Person Dessen gültig angenommen worden, der den Besitz [wirklich schon gehabt] hat, um wie vielmehr muss es nicht vom Pächter zugelassen werden, der weder bei Lebzeiten noch nach dem Ableben des Eigenthümers irgend einen Besitz gehabt hat? — Hat daher der Pächter nach Ableben des Eigenthümers das Landgut von Dem gekauft, der sich für dessen Erben oder Nachlassbesitzer hielt, so wird er anfangen als Käufer zu besitzen. 2Wenn der Eigenthümer eines Landgutes kommende Menschen für Bewaffnete gehalten hat33Extimuerit liest Savigny S. 308. (1) statt existimaverit, nach Cujac. Opp. T. I. p. 964, weil venientes armatos existimaverit, keine richtige Construction gäbe; aber warum denn nicht? si dominus fundi homines venientes existimaverit esse armatos, ist ja eine ganz richtige Construction. Ich habe späterhin gefunden, dass schon J. Conrad Rücker de civ. et nat. comput. etc. cap. 2. ebenso die Verbesserung des Cujac. verwirft (venientes, sc. qui veniebant). und davongelaufen ist, so wird angenommen, er sei mit Gewalt aus dem Besitz getrieben worden, wenn auch keiner von jenen das Landgut betreten hat; nichtsdestoweniger wird aber dieses Grundstück, auch bevor es in des Eigenthümers Gewalt zurückgekehrt ist, vom Besitzer im guten Glauben ersessen, weil das Plautische und Julische Gesetz nur Das durch langen Besitz zu ersitzen verbot, was gewaltsam ergriffen worden, nicht auch [die Ersitzung] Dessen, woraus Jemand mit Gewalt vertrieben worden ist. 3Wenn mir Titius, von dem ich ein Landgut klagend fodern wollte, den Besitz abgetreten hat, so habe ich einen rechtmässigen Grund für die Ersitzung. Auch dann, wenn mir Derjenige, von dem ich ein Landgut in Folge vorangegangener Stipulation klagend fodern wollte, zur Entrichtung seiner Schuld, den Besitz abgetreten hat, wird er dadurch selbst bewirken, dass ich das Landgut durch lange Zeit ersitze. 4Wer eine Sache verpfändet, ersitzt sie, so lange dieselbe sich beim Gläubiger befindet; wenn der Gläubiger den Besitz derselben einem Andern übergeben hat, so wird die Ersitzung unterbrochen werden, und jener steht, was die Ersitzung anlangt, Demjenigen gleich, der etwas niedergelegt oder verliehen hat; denn es ist klar, dass Beide zu ersitzen aufhören, wenn die verliehene oder niedergelegte Sache einem Andern von Dem übergeben worden ist, der sie geliehen oder niedergelegt empfangen hat. Wenn freilich der Gläubiger durch blosses Uebereinkommen eine Hypothek contrahirt hat, so wird der Schuldner in der Ersitzung fortfahren. 5Wenn ich deine eigne Sache, die ich im guten Glauben besass, dir ohne dein Wissen, dass sie dein sei, zum Unterpfande gab, so höre ich auf, zu ersitzen, weil von Niemand angenommen wird, dass er ein Pfandrecht an einer ihm gehörigen Sache erwerben könne. Ist hingegen das Pfandverhältniss durch blosses Uebereinkommen contrahirt worden, so werde ich nichtsdestoweniger ersitzen, weil auch auf diese Weise ein Pfand nicht als wirklich contrahirt betrachtet wird44S. Savigny a. a. O. S. 252. (2).. 6Wenn ein Sclave des Gläubigers eine verpfändete Sache gestohlen hat, welche der Gläubiger besass, so wird die Ersitzung des Schuldners nicht unterbrochen, weil der Sclave seinen Herrn nicht um den Besitz bringt. Auch wenn ein Sclave des Schuldners sie entwendet hat, dauert die Ersitzung für den Schuldner fort, obgleich der Gläubiger zu besitzen aufhört, ebenso, wie wenn der Gläubiger sie dem Schuldner übergeben hätte; denn soviel die Ersitzungen anlangt, können die Sklaven durch Entwendung von Gegenständen die Lage ihrer Herren nicht schlechter machen. Noch mehr spricht dann für diese Behauptung, wenn, während der Schuldner bittweise besitzt, sein Sclave die Sache gestohlen hat. Die Pacht gewährt auch55Nam (s. Anmerk. zu l. 15. pr. h. t.). Man mag hier die Lesart der Vulgata annehmen, oder nicht, der Sinn der Verbindung bleibt derselbe; ja sogar, wenn ein Verbindungswort ganz fehlt. dasselbe, wie wenn sich die Sache beim Gläubiger befindet; denn der Gläubiger besitzt in diesem Fall. Auch aber wenn beides im Mitte liegt, bittweises Ersuchen und Pacht, wird der Gläubiger als Besitzer betrachtet, und das bittweise Ersuchen wird nicht zu dem Ende gethan, dass der Schuldner den Besitz behalten solle, sondern, dass ihm erlaubt sei, die Sache behalten zu dürfen.
Julian. lib. XLIV. Dig. Es starb Jemand, der ein Landgut als Käufer besass, bevor er den langen Besitz erfüllt hatte; die Sclaven, welche im Besitz hinterlassen worden waren, gingen in der Absicht hinweg, um ihn in Stich zu lassen. Hier entstand die Frage, ob für den Erben nichtsdestoweniger die Zeit des langen Besitzes laufen kann? Antwort: auch wenn die Sclaven weggegangen sind, läuft diese Zeit für den Erben. 1Wenn ich das Cornelianische Landgut als Käufer durch Ablauf langer Zeit ersitze und einen Theil von des Nachbars Landgut dazuthue, werde ich diesen Theil auch durch Ablauf der übrigen Zeit als Käufer ersitzen, oder durch die ganze vorgeschriebene Zeit? Antwort: die Theile, welche zu dem Ankauf des Landgutes geschlagen werden, befinden sich in einem eigenthümlichen und besondern Verhältniss, und darum muss man auch den Besitz durch die ganze vorgeschriebene Zeit erfüllen. 2Mein Sclave beauftragte den Titius, ihm ein Landgut zu kaufen, und Titius übergab ihm den Besitz, nachdem er freigelassen worden war. Hier entstand die Frage, ob er durch langen Besitz ersitze? Antwort, wenn mein Sclave dem Titius aufgetragen, ihm ein Landgut zu kaufen, und Titius ihm dasselbe, nachdem er freigelassen worden, übergeben hat, da er glaubte, dass ihm sein Sondergut mitzugestanden worden sei, oder auch, da er wusste, dass ihm sein Sondergut nicht zugestanden worden sei, so erwirbt der Sclave nichtsdestoweniger durch langen Besitz nicht66Man muss entweder nihilominus nach der Flor. mit Cujac. ad h. l. für nullo modo erklären, oder n. magis mit Hal. und der Vulg. lesen, s. Unterholzner Thl. I. S. 408., weil er entweder weiss, dass ihm sein Sondergut nicht zugestanden worden sei, oder es wissen muss, und hiernach Dem ähnlich ist, der sich für einen Gläubiger ausgiebt; weiss hingegen Titius, dass das Sondergut dem Freigelassenen nicht zugestanden worden sei, so wird von ihm angenommen, dass er vielmehr demselben ein Geschenk machen wollen, als das Landgut als nicht schuldiges entrichtet habe. 3Wenn der Vormund seines Mündels Sache gestohlen und verkauft hat, so tritt die Ersitzung nicht eher ein, als die Sache in des Mündels Gewalt zurückkehrt; denn der Vormund wird in Ansehung dessen Vermögens dann für den Herrn gehalten, wenn er die Vormundschaft führt, und nicht wenn er ihn beraubt. 4Wer im guten Glauben ein fremdes Landgut gekauft und dessen Besitz verloren, nachher ihn aber zu einer Zeit wiedererhalten hat, wo er weiss, dass dasselbe einem Andern gehöre, so wird er es durch Ablauf langer Zeit nicht ersitzen, weil der Anfang des zweiten Besitzes nicht ohne Mangel sein wird. Auch ist er Demjenigen nicht unähnlich77Wegen der Florenzer Lesart: nec similis, hat man viele unnöthige Aenderungen machen wollen, s. Unterholzner Thl. I. S. 343. Anm. 343; nec hat, wenn man ihr folgt, wie öfters, die Bedeutung auch nicht, nicht einmal., der zwar zur Zeit des Kaufabschlusses das Landgut für den Verkäufer gehörig hielt, und zu der der Uebergabe erfahren hat, dass es ein fremdes sei. Denn wenn der Besitz einmal verloren ist, so muss wiederum auf den Zeitpunkt der Wiedererlangung desselben gesehen werden. Wenn daher der Verkäufer88Alles ohne Unterschied liest emtor; es ist klar, dass der Verkäufer verstanden werden muss, s. Unterholzner Thl. I. S. 344. Anm. 344. Eine ähnliche Verwechselung s. l. 13. §. 25. D. de action. emti et venditi. zu der Zeit genöthigt wird, einen verkauften Sclaven zurückzunehmen, wo er weiss, dass er ein fremder sei, so hat keine Ersitzung statt, wenn er auch, bevor er verkaufte, sich in der Lage befunden, dass er ersitzen konnte. Dasselbe ist Rechtens in Ansehung Dessen, der von einem Landgute vertrieben, den Besitz durch ein Interdict wiedererlangt hat, wenn er nun weiss, dass dasselbe ein fremdes sei. 5Wer wissentlich eine Sache von Dem kauft, dem der Prätor wie einem verdächtigen Erben die Verringerung der Masse verboten hat, der wird nicht ersitzen. 6Wenn dein Geschäftsbesorger ein Landgut, welches er für hundert Goldstücke verkaufen konnte, blos in der einzigen Absicht für dreissig Goldstücke weggegeben hat, um dich in Schaden zu bringen, ohne dass jedoch der Käufer dies gewusst hat, so kann nicht gezweifelt werden, dass der Käufer durch Ablauf langer Zeit ersitzen könne. Denn auch wenn Jemand wissentlich ein fremdes Landgut an einen nichts davon Wissenden verkauft hat, wird der lange Besitz nicht verhindert. Wenn hingegen der Käufer mit dem Geschäftsbesorger zusammen durchgestochen und ihn durch eine Belohnung gewonnen hat, ihm niedriger zu verkaufen, so wird er nicht als Käufer guten Glaubens angesehen werden, noch in langer Zeit ersitzen, und wenn er angefangen wider den klagenden Eigenthümer sich der Einrede zu bedienen, die Sache sei mit seinem Willen verkauft worden, so wird die Replik der Arglist von Nutzen sein. 7Eine gestohlene Sache wird nicht als in des Eigenthümers Gewalt zurückgekehrt betrachtet, wenn er sie auch [wieder] besitzt, sobald er nicht weiss, dass sie gestohlen sei; wenn ich dir also einen dir gestohlenen Sclaven, ohne dass du weisst, es sei der deinige, zum Pfande gegeben, und nach Zahlung des Geldes ihn an Titius verkauft habe, wird Titius nicht ersitzen können. 8Ein freier Mensch, der uns im guten Glauben dient, erwirbt auf dieselbe Weise aus unserm Vermögen für uns, wie wir durch unsern Sclaven zu erwerben pflegen; wie wir daher durch Uebergabe bei Zwischenkunft einer freien Person eine Sache zu der unsern machen werden, so auch durch Ersitzung; und wenn Namens eines Sonderguts ein Kauf geschlossen worden ist, welches uns folgen muss, so werden wir, auch ohne es zu wissen, ersitzen.
Julian. lib. XLIV. Dig. Wer zur Erhaltung von Vermächtnissen in den Besitz gesetzt wird, der unterbricht den Besitz Dessen, der als Erbe ersitzt, nicht; er hat die Sache blos der Verwahrung wegen inne; was findet also hier nun für ein Verhältniss statt? Er wird auch nach Erfüllung der Ersitzung das Pfandrecht behalten, sodass er nicht eher zu weichen braucht, als wenn ihm das Vermächtniss entrichtet, oder desfalls Bürgschaft bestellt worden ist. 1Die bekannte Rechtsregel, es könne Niemand den Grund seines Besitzes ändern, ist so zu verstehen, dass darunter nicht blos der bürgerlichrechtliche, sondern auch der natürliche gemeint ist. Deshalb ist auch zur Antwort ertheilt worden, dass weder der Pächter, noch Der, bei dem eine Sache niedergelegt, oder dem sie geliehen worden, in gewinnsüchtiger Absicht als Erbe ersitzen könne. 2Servius leugnet auch, dass der Sohn eine, ihm von seinem Vater geschenkte Sache als Erbe ersitzen könne, weil er nemlich glaubte, dass er bei Lebzeiten des Vaters den natürlichen Besitz gehabt habe. Diesem ist entsprechend, dass der vom Vater zum Erben eingesetzte Sohn die ihm von seinem Vater geschenkten Erbschaftsstücke zum Antheile der Miterben nicht ersitzen könne99Man vergleiche die weitläuftige Erörterung dieser Stelle bei Unterholzner Thl. I. S. 345 fg..