Digestorum libri
Ex libro XVI
Julian. lib. XVI. Digest. Der, welcher glaubte, er schulde einer Frauensperson Geld, hat auf ihren Befehl dem Bräutigam [etwas] als Mitgift versprochen und gezahlt, nachher ist die Ehe nicht eingetreten; man hat gefragt, ob jenes Geld er selbst, der es gegeben hätte, oder die Frauensperson zurückfordern kann? Nerva [und] Atilicinus haben zum Bescheid gegeben, dass, weil er zwar geglaubt hätte, er schulde Geld, aber sich durch die Einrede der bösen Absicht hätte schützen können, er selbst zurückfordern werde; aber wenn er, da er wusste, er schulde der Frauensperson Nichts, [Geld] versprochen hätte, so habe die Frauensperson die Klage, weil ihr das Geld gehörte; wenn er aber in der That Schuldner gewesen wäre, und vor der Ehe gezahlt hätte, und die Ehe nicht erfolgt wäre, so könne er selbst condiciren, indem für die Frauensperson die Schuldsache nur in soweit noch in dem vorigen Stand bleibe, dass der Schuldner zu nichts Anderm angetrieben werde, als dass er ihr die Condictionsklage abtrete. 1Ein als Mitgift übergebenes Grundstück kann, wenn die Ehe nicht erfolgt sein sollte, durch die Condiction zurückgefordert werden; auch die Früchte können condicirt werden. Dasselbe ist Rechtens in Betreff einer Sclavin und des von ihr Geborenen.
Julian. lib. XVI. Dig. Wenn ein Vater für seine Tochter ein Heirathsgut versprochen und sie vor der Ehe aus der väterlichen Gewalt entlassen hatte, so wird das Versprechen nicht aufgehoben; denn auch wenn der Vater vor der Ehe starb, so werden seine Erben nichts desto weniger aus dem Versprechen verbindlich bleiben. 1Eine [Frauensperson], welche einen Haussohn zum Schuldner hat, wird, wenn sie seinem Vater ein Heirathsgut so versprochen haben wird: was du mir schuldest, oder was mir dein Sohn schuldet, wirst du zum Heirathsgut haben, nicht verbindlich gemacht, sondern sie bewirkt, dass das, was sie von dem Vater auf die Klage wegen des Sonderguts hätte erhalten können, Gegenstand des Heirathsguts sei. Marcellus [bemerkt hierüber]11Ulpius Marcellus hatte nämlich tadelnde Bemerkungen zu den Digesta des Julianus geschrieben. S. Zimmern a. a. O. §. 91. u. 96., mag sie daher gegen den Sohn, oder mag sie gegen den Vater nachher zu klagen22Nämlich auf Bezahlung der Schuld. angefangen haben, so wird sie mit der Einrede des geschlossenen Pactums zurückgewiesen werden; wenn sie aber mit der Klage wegen des Heirathsguts verfahren wird, so wird sie das erlangen, was zu der Zeit, wo das Heirathsgut versprochen wurde, erweislich in dem Sondergut enthalten gewesen ist; wenn aber [das Heirathsgut] nach [Eingehung] der Ehe versprochen worden ist, so muss [der Betrag] des Sonderguts nach der Zeit geschätzt werden, wo die Ehe eingegangen wurde.
Julian. lib. XVI. Dig. Ebenso, wie ein Sclav, welcher [Etwas] stipulirt hat, für seinen Herrn, wider dessen Willen erwirbt, so wird, wenn er sich im Namen des Herrn ein Heirathsgut versprechen lässt, dem Herrn eine Verbindlichkeit erworben; aber der Herr wird weder für die Gefahr, wenn etwa ein Schuldner der Frau das Heirathsgut versprochen haben sollte, noch für Verschulden stehen müssen. Auch durch die einem Sclaven oder Haussohn geschehene Uebergabe einer zum Heirathsgut bestimmten Sache, wird ein Heirathsgut bestellt, so dass der Herr oder Vater weder für die Gefahr, noch für Verschulden steht. Daher behaupte ich, dass ein solches Heirathsgut auf Gefahr der Frau stehe, bis der Herr oder Vater das Versprechen oder die Uebergabe33Donationem steht in der Florent. Handschr. Entweder hat hier dieses Wort die Bedeutung von traditio dotis, oder es ist vielmehr statt desselben mit der Erlang. Hdschrft., Haloander und Anderen traditionem zu lesen, was auch das Schol. Basil. Tom. IV. p. 589. not. d. unterstützt und der ganze Zusammenhang der Stelle rechtfertigt. S. auch v. Glück a. a. O. XXV. S. 209. Anm. 92. genehmigt haben wird; und dass sie darum auch während die Ehe noch fortdauert, die Sachen, welche sie übergeben haben wird, zurückfordern, desgleichen44Wenn sie sie nicht übergeben, sondern nur versprochen hat. durch die Condiction des Unbestimmten erlangen könne, dass sie von dem Versprechen befreit werde. 1Wenn eine Frau, da sie ihren Schuldner heirathen, ihm ein Heirathsgut so versprochen hatte: das was du mir schuldest oder das Sempronische Grundstück, wirst du zum Heirathsgut haben, so wird das Gegenstand des Heirathsguts sein, was von beiden die Frau wollte; und wenn sie lieber gewollt hatte, dass die Schuld als Heirathsgut bei dem Manne bleiben sollte, so kann sie sich mit einer Einrede gegen den Ehemann schützen, wenn er das Grundstück fordert; wenn sei aber das Grundstück gegeben hatte, so wird sie das Geld von dem Ehemanne condiciren. 2Ein Vater wird, auch wenn er in der falschen Meinung, er sei der Schuldner seiner Tochter, ihr ein Heirathsgut versprochen hatte, verbindlich gemacht werden.
Julian. lib. XVI. Dig. Wenn der Ehemann das einem zum Heirathsgut gehörigen Grundstück dienende Grundstück des Titius erworben haben wird, so wird die Dienstbarkeit durch die Vereinigung55Des dienenden Grundstücks mit dem berechtigten unter einem Eigenthümer (confunditur). aufgehoben. Aber wenn der Ehemann dasselbe [Grundstück] dem Titius, ohne Wiederherstellung der Dienstbarkeit, zurückgegeben haben wird, so wird ihm dies angerechnet werden und er wird in diesem Falle den Werth des streitigen Gegenstandes leisten; wenn aber der Ehemann nicht zahlungsfähig sein wird, so werden der Frau analoge Klagen gegen den Titius auf Wiederherstellung der Dienstbarkeit gegeben. 1Aber wenn die Ehefrau ein Grundstück, welchem die Grundstücke des Mannes durch eine Dienstbarkeit unterworfen waren, zum Heirathsgut gibt, so kommt das Grundstück an den Ehemann, nachdem die Dienstbarkeit verloren gegangen ist, und darum kann es nicht so angesehen werden, als sei durch den Ehemann das Recht des Grundstücks schlechter geworden. Was findet also Statt? Es wird in der Pflicht des über das Heirathsgut Richtenden liegen, dass er befehle, dass das Grundstück, nachdem die Dienstbarkeit wieder hergestellt worden ist, der Frau oder ihrem Erben zurückgegeben werden solle.
Julian. lib. XVI. Digest. Eine [zum zweiten Mal] Verheirathete wird nicht verhindert, gegen den früheren Ehemann wegen des Heirathsgut zu verfahren. 1So oft es durch ein Verschulden des Mannes geschehen ist, dass das Heirathsgut nicht von dem Schwiegervater, oder irgend einem Anderen, welcher es für die Frau versprochen haben wird, gefordert wurde, so ist hinlänglich bekannt, dass, wenn die Tochter entweder während der Ehe verstorben sein, oder, nachdem sie Hausmutter (eigenen Rechtens) geworden ist, den, welcher das Heirathsgut versprochen hatte, zum Erben eingesetzt haben wird, der Mann Nichts weiter leisten müsse, als dass er jene von ihrer Verbindlichkeit befreie.