Digestorum a Paulo epitomatorum libri
Ex libro III
Paul. lib. III. Epitom. Alfeni Dig. Während mehrere Erben eingesetzt waren, befand sich einer derselben in Asien; sein Geschäftsbesorger schloss einen Vergleich ab, und nahm das Geld für dessen Antheil in Empfang; nachher ergab sich, dass der, welcher sich in Asien befand, vorher schon mit Einsetzung seines Geschäftsbesorgers zum Erben zur Hälfte und eines Andern zur andern Hälfte gestorben sei. Hier entstand die Frage, auf welche Weise das Erbgeld einzuklagen wäre? Es ward geantwortet, die [Miterben] müssten von dem Geschäftsbesorger das ganze Erbgeld verlangen, weil dasjenige Geld, was aus dem Verkauf an den Procurator gelangt sei, aus der Erbschaft gelöst wäre; nichts desto weniger aber [könnten sie auch] die Hälfte derselben von dessen Miterben [einfordern]11Coherede und coheredem; diese Lesart ist jedenfalls die allein richtige, denn der Plural, den unser Text mit der Florentine hat, gibt einen grossen Missverstand, weshalb ihn auch Brencmann verwirft. Wie man übrigens die letzte Hälfte des Satzes, wenn man mit der Göttinger C. J.-Ausgabe (auch der Simon v. Leeuwenschen) darin zwischen ejus und Ita fore die Interpunction weglässt, verstehen will, ist mir ein Räthsel.. Wenn nämlich bei dem gewesenen Geschäftsbesorger noch alles Geld vorhanden sei, so würden sie auch alles von ihm durch den Richter[lichen Ausspruch] erlangen; wenn er aber die Hälfte davon seinem Miterben gegeben hat, so würde er selbst zur Hälfte, und zur andern Hälfte der Miterbe verurtheilt werden22Condemnarent = condemnari facerent. Glosse, s. auch Brisson..
Paul. lib. III. Epitom. Alfeni. Dig. Jemand, von dem ein Sclav gefordert ward, und der wegen desselben Sclaven auch mit der Diebstahlsklage belangt worden war, fragte an, was, wenn er in beiden Processen verurtheilt worden wäre, er thun müsse, wenn ihm der Sclav vorher entwährt worden sei? Die Antwort ging dahin, der Richter müsse ihn nur unter der Bedingung zur Uebergabe desselben nöthigen, wenn ihm Bürgschaft deshalb gestellt worden, dass er in Betreff dieses Sclaven belangt worden sei, und33Haloand. und auch schon Ed. Frad. (1527) haben vor si: et, was das bessere Verständniss erfordert. wenn er etwas wegen desselben gegeben habe44Nämlich wegen einer noxa., er deshalb schadlos gehalten werden solle55S. oben B. VI. 1. l. 19. in der Note.. Wäre aber die Klage wegen Diebstahl zuerst angestellt, und der Sclav von ihm an Schädens Statt ausgeliefert, und nachher, die wegen des Sclaven selbst, und in dieser zu Gunsten dessen, der den Sclaven eigenthümlich verlangt, entschieden worden, so dürfe der Richter deshalb, dass der Beklagte den Sclaven nicht ausliefere, nicht zur Schätzung des Streitgegenstandes schreiten, indem es ohne dessen Arglist oder Schuld dahin gediehen, dass er den Sclaven nicht [mehr] herausgeben könne.
Paul. lib. III. Epitom. Alfeni Dig. Ausser wegen eines gemeinschaftlichen Geschäftes kann einer von mehreren Mitgenossen einen gemeinschaftlichen Sclaven nicht zur Untersuchung ziehen.
Paul. lib. III. Epitom. Alf. Digest. Wenn ein Schiff untergegangen oder gestrandet ist, so rettet ein Jeder das Seinige, was er daraus rettet, für sich, gleichwie aus einer Feuersbrunst.
Idem lib. III. Epitomarum Alfeni Digest. Zwei haben eine Genossenschaft geschlossen, um in der Grammatik Unterricht zu geben, worauf, was sie durch diese wissenschaftliche Leistung erwerben würden, gemeinschaftlich sein sollte; sie haben, wie sie es damit gehalten wissen wollten, in dem Genossenschaftsvertrag schriftlich aufgezeichnet, und darauf sich gegenseitig folgende Stipulation gemacht: alles Obenstehende, wie es niedergeschrieben, also zu geben und zu thun; auch dawider nicht zu handeln; falls solches Alles nicht so gegeben und gethan würde, Zwanzigtausend zu geben; nun ist gefragt worden, ob, wenn dagegen gehandelt würde, die Genossenklage anwendbar sei? Er66Alfenus Varus. hat geantwortet: wenn sie, nach Schliessung des Vertrags über die Genossenschaft, so stipulirt hätten: gelobst du dies so zu geben, zu thun77Worauf nämlich die übereinstimmende Antwort: ich gelobe es, gefolgt.? so würde, falls sie dies in der Absicht der Neuerung gethan, die Folge sein, dass die Genossenklage nicht statthaft, sondern das ganze Geschäft als in eine Stipulation verwandelt anzusehen wäre88Mithin würde ex stipulatu zu klagen und der Vertrag als ein Contract strengen Rechtens zu beurtheilen sein.. Weil sie aber nicht so stipulirt hätten: gelobst du, dies so zu geben und zu thun, sondern so: falls solches nicht so gethan würde, Zehn zu geben; so scheine ihm nicht das Geschäft selbst, sondern nur die Strafe Gegenstand der Stipulation gewesen zu sein; denn der Angelobende habe sich nicht zu beiden, nämlich jenes zu geben und zu thun, und wenn er es nicht thäte, die Strafe zu leiden, verbindlich gemacht; und deshalb könne die Genossenklage angestellt werden. 1Zwei Mitfreigelassene errichteten eine Genossenschaft des Gewinns, des Erwerbs, des Vortheils; nachher ward vom Freilasser der Eine zum Erben eingesetzt, dem Andern ein Vermächtniss zugetheilt; hier ging sein99Des Alfenus Varus. Gutachten dahin, dass keiner von beiden [das ihm so Zugefallene] in die Genossenschaft einschiessen müsse.
Paul. lib. III. Alfeni Epit. Dig. Ein Aedil hatte gekaufte Bettstellen, weil sie auf öffentlicher Strasse standen, zerschlagen; sind solche dem Käufer bereits übergeben worden, oder hat es an ihm gelegen, dass die Uebergabe nicht erfolgt ist, so muss der Käufer die Gefahr tragen.
Paul. lib. III. Epit. Alfeni Dig. Ist deren Uebergabe weder erfolgt, noch der Käufer die Veranlassung zur Verzögerung derselben gewesen, so trägt der Verkäufer die Gefahr. 1Ist erkauftes Bauholz, nach geschehener Uebergabe, durch Diebstahl verloren gegangen, so hat der Käufer die Gefahr zu tragen, ausserdem der Verkäufer; die Balken gelten aber als übergeben, wenn der Käufer sie gezeichnet hat.
Paul. lib. III. Epitom. Alfen. Alles, was der Verkäufer als Zubehör benannt hat, muss unversehrt und unverkürzt übergeben werden; so z. B. muss er, wenn er Fässer als ein Zubehör angegeben hat, dieselben nicht eingefallen, sondern ganz übergeben.
Idem lib. III. Dig. a Paulo epit. Jemand, der ein Gehöfte für dreissig[tausend Sestertien] gemiethet hatte, vermiethete wiederum die einzelnen Stockwerke dergestalt, dass aus allen im Ganzen vierzig[tausend] einkamen; der Eigenthümer des Gehöftes riss es darauf unter dem Vorwand ein, es sei baufällig; nun entstand die Frage, wie hoch der Streit gewürdert werden dürfe, wenn derjenige, der das ganze Gehöfte gemiethet, aus dem Pacht Klage erhebt? Die Antwort hat gelautet: wenn ein baufälliges Gebäude nothwendiger Weise habe eingerissen werden müssen, so werde von der Summe, wofür es der Eigenthümer vermiethet, der verhältnissmässige Antheil für den Zeitraum, wo die Bewohner nicht [im Hause] wohnen konnten, abgezogen, und der Streit so hoch gewürdert; wäre aber das Niederreissen nicht nöthig gewesen, sondern habe er es blos gethan, um es besser wieder aufzubauen, so müsse er zu soviel verurtheilt werden, als der Miether dabei betheiligt war, dass die Bewohner nicht zum Ausziehen genöthigt gewesen wären. 1Ein Aedil hatte in einer Stadt Bäder zu dem Ende gemiethet, dass die Einwohner für das Jahr unentgeldlichen Gebrauch davon machen sollten; als dieselben schon nach drei Monaten abgebrannt waren, so sprach [Paulus] sich dahin aus, es könne wider den Bader auf Zurückgabe des [vorausbezahlten] Miethgeldes für den Zeitraum, wo er den Gebrauch des Bades nicht gewähren können, aus dem Pacht geklagt werden. 2Jemand, der Maulthiere [unter der Bedingung] vermiethet hatte, sie nur bis auf ein bestimmtes Gewicht zu beladen, fragte, als sie der Miether durch schwerere Belastung verdorben hatte, um Rath wegen der Klage; man hat ihm geantwortet, er könne sowohl aus dem Aquilischen Gesetz als aus dem Verpacht klagen; aus dem Aquilischen Gesetz könne jedoch nur wider den Klage erhoben werden, der die Maulthiere übertrieben hat, aus dem Verpacht hingegen kann wider den Miether auch dann geklagt werden, wenn sie ein Anderer verdorben hat. 3Jemand, der die Erbauung eines Gebäudes verdungen hatte, hatte im Contract gesagt: insofern beim Bau Steine erforderlich sind, wird der Bauherr dem Baumeister für Material und Arbeit auf jeden Fuss sieben[tausend Sestertien] gut thun; es ward die Frage erhoben, ob der Bau [in dieser Beziehung] erst nach seiner Vollendung oder schon vorher vermessen werden müsse? Man hat geantwortet, [es könne geschehen,] auch wenn er noch unvollendet sei. 4Ein Pächter hatte ein Landhaus unter der Bedingung überkommen, dasselbe im unverdorbenen Zustande zurückzugeben, ausser [was] Gewalt und Alter [mit sich bringe]; ein Sclav des Pächters steckte nun das Landhaus in Brand, und zwar nicht zufällig; diese Gewaltthätigkeit, erklärte [Paulus], sei nicht als ausgenommen zu betrachten, und es sei nicht ausgemacht, dass wenn ein Hausgenosse dasselbe angesteckt, [der Pächter] nichts zu vertreten habe, sondern es hätten beide blos in Ansehung der von einem Fremden ausgehenden Gewaltthätigkeit eine Ausnahme treffen wollen.
Alfen. lib. III. Dig. a Paulo epitom. Als zwei längs der Tiber hin spatzieren gingen, zeigte der Eine dem Andern, der mit ihm ging, auf sein Ersuchen einen Ring zum Besehen; jenem entfiel der Ring und rollte in die Tiber; [Alfenus] hat behauptet, es könne wider den Andern die Klage auf das Geschehene erhoben werden.
Alfen. lib. III. Dig. a Paulo epitom. Etwas Anderes ist es, wenn ein Vater für seine Tochter ein Heirathsgut [unter der Bedingung] versprochen hat, dass das Heirathsgut in fünf einjährigen Terminen1010Ut annua, bima, trima, quadrima, quinto anno (s. Wächter a. a. O. S. 163. Anm. ***) redderetur (i. e. daretur, wie öfters). Betrug also die dos z. B. 500, so gab er jedes Jahr 100. von ihm gegeben werden solle und man übereingekommen ist, dass das Heirathsgut in denselben Terminen nach aufgelöster Ehe zurückgegeben werden solle; denn dieses Pactum gilt dann, wenn die Tochter Erbin des Vaters geworden, und unter ihrer Dazwischenkunft das Pactum geschlossen sein wird.
Alfen. lib. III. Digest. a Paulo epitom. Ein Mann hatte auf Bitten seiner Ehefrau auf dem zum Heirathsgut gehörigen Grundstück eine Oelbaumpflanzung umgehauen, in der Absicht, um wieder junge [Bäume] hinzusetzen; nachher war der Mann gestorben und hatte der Ehefrau das Heirathsgut vorweg legirt; [Alfenus] hat zum Bescheid gegeben, dass das Holz, welches aus der Oelbaumpflanzung ausgehauen wäre, der Frau zurückgegeben werden müsse.
Alfen. lib. III. Dig. a Paulo epit. Ein einem Manne und dem Bruder desselben gemeinschaftlicher Sclav hat der Ehefrau des Bruders einen Knaben geschenkt; [Alfenus] hat das Gutachten ertheilt, dass auf den Theil, auf welchen jener Sclav, welcher geschenkt hätte, dem Manne (Bruder) gehörte, das Geschenk nicht Eigenthum der Frau geworden sei. 1Dasselbe wird Rechtens sein, wenn von drei Brüdern einer eine Ehefrau hätte, und der Ehefrau eine [ihm und den Brüdern] gemeinschaftliche Sache geschenkt hätte; denn auf ein Dritttheil ist die Sache nicht Eigenthum der Frau geworden, auf die übrigen zwei Dritttheile aber braucht die Frau [die Sache] nicht zurückzugeben, wenn die Brüder es gewusst, oder, nachdem die Sache geschenkt war, es genehmigt hätten.
Übersetzung nicht erfasst.