Digestorum libri
Ex libro II
Alfen. lib. II. Dig. Wenn zwischen zwei Gebäuden eine Wand ist, die sich dergestalt senkt, dass sie sich in des einen Nachbars Haus einen halben Fuss oder noch mehr hineinlehnt, so kann derselbe Klage erheben, dass kein Recht vorhanden sei, jene Wand soweit wider seinen Willen auf seinen Grund und Boden vorgeschoben zu haben. 1Als in dem Hause des Cajus Sejus eine Stelle dem Gebäude des Annius dergestalt dienstbar war, dass Sejus auf derselben nichts anlegen durfte, und Sejus auf derselben ein Gärtchen11Die Glosse interpretirt hortulariam. angelegt und in demselben Wasserbehälter und metallene Röhren angebracht hatte, so gaben dem Annius alle Rechtsgelehrten den Rath, er solle gegen jenen Klage erheben, dass er, wider seinen Willen auf jener Stelle dergleichen nicht anlegen dürfe. 2Ad Dig. 8,5,17,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 169, Note 7.Es hatte ein Nachbar längs der Wand eines andern eine Mistgrube angelegt, wovon Feuchtigkeit in die Wand drang; er bat um rechtlichen Rath, auf welche Weise er den Nachbar zwingen könne, die Mistgrube wieder abzuschaffen? Ich habe geantwortet, dass, wenn der Nachbar dies an einem öffentlichen Orte gethan hätte, er durch ein Interdict dazu genöthigt werden könne; wenn aber auf Privatgrund und Boden, so sei die Negatorienklage anzustellen22De servitute agere oportere.; wäre eine Stipulation wegen drohenden Schadens eingegangen worden, so könne jener auch dem aus jenem Umstand erwachsenen Schaden beikommen.
Alfen. lib. II. Dig. Ein Maulthiertreiber führte ein Pferd in eine Schenke, das Pferd beriecht ein Maulthier, das Maulthier schlägt aus, und zerbricht dem Treiber den Schenkel; es ward um Rath gebeten, ob wider den Eigenthümer des Maulthiers, das diesen Schaden angerichtet hat, Klage angestellt werden könne? Ich habe bejahend geantwortet.
Alfen. lib. II. Dig. Ad Dig. 9,2,52 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 258, Note 18.Wenn ein Sclav an Wunden gestorben, und dies weder durch Unwissenheit des Arztes, noch durch Nachlässigkeit des Eigenthümers herbeigeführt worden ist, so kann mit vollem Rechte wegen widerrechtlicher Tödtung geklagt werden. 1Ein Schenkwirth hatte an einen Fusssteig bei Nacht auf einen Stein eine Laterne gesetzt; ein Vorübergehender nahm sie an sich; der Schenkwirth holte ihn ein, forderte die Laterne zurück, und hielt ihn, als er davonlaufen wollte, fest; dieser fing an, den Schenkwirth mit einer Peitsche, die er in Händen hatte, worin ein Dolch steckte, zu schlagen, damit dieser ihn losliesse; hieraus entstand eine Prügelei, worin der Wirth dem, der die Laterne weggenommen hatte, ein Auge ausschlug. Derselbe fragte nun an, ob angenommen werden könne, dass er einen widerrechtlichen Schaden zugefügt habe, da er doch zuerst mit der Peitsche geschlagen worden sei? Ich habe geantwortet, dass wenn er das Auge nicht absichtlich ausgeschlagen hätte, nicht anzunehmen sei, dass er einen widerrechtlichen Schaden gestiftet habe, denn die Verschuldung sei auf dessen Seite, der zuerst mit der Peitsche geschlagen habe; wäre er hingegen von jenem nicht zuerst geschlagen worden, sondern mit ihm, während er ihm die Laterne entreissen wollen, in ein Handgemenge gerathen, so werde Verschuldung des Schenkwirthes angenommen. 2Es zogen Maulthiere zwei beladene Lastwagen den Capitolinischen Hügel hinauf; die Fuhrleute des vordern unterstützten den rückwärts gehenden Wagen in den Rädern, um den Maulthieren die Last zu erleichtern; unterdessen fing aber der vordere Wagen an, zurückzurollen, und da die sich zwischen beiden Wagen befindenden Fuhrleute aus dem Zwischenraume herausgetreten waren, so rollte der hintere Wagen, von dem vordern geschoben, [ebenfalls] zurück und räderte Jemandes Sclavenknaben; der Eigenthümer des Knaben fragte nun um Rath, gegen wen er Klage zu erheben habe? — Ich habe geantwortet: es hänge hier die rechtliche Beurtheilung von den Umständen ab, denn wenn die Fuhrleute, welche den vordern Wagen unterstützten, ohne Veranlassung dazu weggegangen wären, und es daher gekommen sei, dass die Maulthiere den Wagen nicht hätten halten können, sondern von der Last selbst zurückgezogen worden wären, so finde gegen den Eigenthümer der Maulthiere keine Klage Statt; wider die Leute aber, welche den zurückgehenden Wagen unterstützt hätten, könne aus, dem Aquilischen Gesetz Klage erhoben werden; denn auch derjenige stifte einen Schaden, der mit seinem Willen dasjenige, was er halten soll, fahren lässt, so dass es Jemanden verletzt, denn wer z. B. einen Esel, den er [am Zügel] führt, laufen lässt, kann ebensowohl einen widerrechtlichen Schaden stiften, als derjenige, welcher eine Waffe oder etwas Anderes aus der Hand geschleudert hat. — Wenn hingegen die Maulthiere scheu geworden sind, und sich vom Wagen losgerissen haben, und die Fuhrleute dann, aus Furcht, gequetscht zu werden, [ebenfalls haben zurückspringen und den Wagen im Stich lassen müssen], so findet keine Klage wider die Fuhrleute Statt, sondern wider den Eigenthümer der Maulthiere. Wenn aber weder die Maulthiere, noch die Leute die Ursache gewesen sind, sondern die erstern die Last nicht haben halten können, oder während der Anstrengung dazu niedergestürzt sind, und dadurch der Wagen zurückgerollt ist, sie aber, sobald er zurückgerollt, die Last nicht mehr haben halten können, so findet weder wider den Eigenthümer der Maulthiere, noch wider die Fuhrleute eine Klage Statt. Das übrigens ist ausser Zweifel, dass, die Sache mag nun sein, wie sie will, wider den Eigenthümer der hintern Maulthiere nicht geklagt werden kann, weil diese nicht freiwillig, sondern gedrängt zurückgewichen sind. 3Es hatte Jemand Zugochsen unter der Bedingung verkauft, dass er sie [dem Käufer] erst zur Probe geben sollte, und sie demselben darauf gegeben; ein Sclav des Käufers ward beim Probiren von dem einen Ochsen mit dem Horn gestossen; es ward nun die Frage erhoben, ob der Verkäufer dem Käufer Schadensersatz leisten müsse? Ich habe geantwortet: wenn der Käufer die Ochsen bereits gekauft habe, so brauche er den Schaden nicht zu ersetzen; habe er sie aber noch nicht gekauft, so brauche er, wenn es durch Verschuldung des Sclaven gekommen, dass er gestossen worden sei, keinen Ersatz zu leisten, wohl aber, wenn durch Tücke des Ochsen. 4Während Mehrere mit dem Ball spielten, stiess einer, als er den Ball zu fangen suchte, einen kleinen Sclaven um, dieser fiel, und zerbrach ein Bein; es entstand nun die Frage, ob der Eigenthümer des Sclaven wider den, durch dessen Anstoss er gefallen war, Klage aus dem Aquilischen Gesetz erheben könne? Ich habe geantwortet, er könne nicht klagen, indem das Ereigniss mehr durch einen Zufall, als durch Verschuldung herbeigeführt worden sei.
Alfen. Varus lib. II. Dig. Ein Zweien gehöriger Sclav brach, während er sich bei dem Einen befand, bei der Arbeit ein Bein; es ward Frage erhoben, was der andere Herr wider den, bei dem er gewesen, für eine Klage anstellen müsse? Ich habe geantwortet: wenn der gemeinschaftliche Sclav mehr durch die Schuld jenes, als durch Zufall Schaden gelitten habe, so könne Ersatz durch einen Schiedsrichter mittelst der Gemeingutstheilungsklage gefordert werden.
Alfen. Varus lib. II. Dig. Ein Herr ertheilte seinem Sclaven, der Verwalter war, die Freiheit, empfing, von demselben nachher die Rechnungen, und erfuhr, als es mit denselben nicht richtig stand, dass er das Geld bei einer Dirne durchgebracht habe; es entstand nun die Frage, ob er wider das Frauenzimmer wegen der Verführung des Sclaven klagen könne, da doch der Sclav schon frei war? Ich habe zur Antwort ertheilt, er könne es allerdings, jedoch könne er auch die Diebstahlsklage wegen der Gelder, die der Sclav derselben zugesteckt habe, erheben.
Alfen. lib. II. Digest. Es überliess Jemand ein Grundstück, um es zu bauen, seinem Sclaven, und hatte ihm Ochsen gegeben; da diese Ochsen nicht tauglich waren, so hatte er anbefohlen, dieselben feil zu bieten, und mit dem daraus gelösten Gelde andere anzuschaffen; der Sclav hatte die Ochsen verkauft, andere angeschafft, das Geld dem Verkäufer nicht bezahlt, und nachmals Schwierigkeiten gemacht; der die Ochsen verkauft hatte, forderte das Geld vom Herrn durch eine Klage aus dem Sondergute, oder weil eine Verwendung in den Nutzen des Herrn vorhanden sei, da die Ochsen, für welche das Geld gefordert würde, sich bei dem Herrn befänden. Er hat darauf erklärt, es scheine von Sondergut nichts vorhanden zu sein, wenn sonst nicht nach Abzug dessen, was der Sclav dem Herrn schuldig gewesen, ein Ueberschuss entstände, er sei der Ansicht, die Ochsen seien zwar in den Nutzen des Herrn verwendet worden, jedoch nur an die Stelle dessen gekommen, für wieviel die früheren verkauft worden wären; wenn etwa die spätern Ochsen einen grössern Geldwerth hätten, in soviel dürfe der Herr verurtheilt werden.
Ad Dig. 18,6,12ROHGE, Bd. 6 (1872), S. 216: Klage des Mandanten gegen den Mandatar auf Ersatz des durch Verabsäumung der vertragsmäßigen Diligenz verursachten Schadens. Beweislast der DiligenzAlfen. Varus lib. II. Digest. Wenn ein verkauftes Gehöfte abgebrannt ist, was ist alsdann, da ein Brand ohne irgend eine Verschuldung nicht entstehen kann, Rechtens? Antwort: da ein solcher ohne Verschuldung des Hausvaters entstehen kann, und wenn derselbe durch Nachlässigkeit der Sclaven veranlasst wird, den Herrn darum noch nicht der Vorwurf eines Verschuldens trifft, so hat der Verkäufer für ein Ereigniss der Art keine Haftung, wenn er auf die Verwahrung des Gehöftes diejenige Aufmerksamkeit verwendet hat, die man von rechtschaffenen und sorgsamen Menschen zu fordern berechtigt ist.
Alfen. Varus lib. II. Dig. Wenn Jemand beim Verkauf eines Landgutes versichert hat, dass hundert Fässer dazu gehörig sein sollten, welche sich auf demselben befänden, so wird er, selbst wenn kein einziges dagewesen, dem Käufer dennoch zu den Fässern verpflichtet sein.
Alfen. lib. II. Dig. Die Bewohner dürfen, wenn der Gebrauch eines Theiles von einem Stockwerk mit einigen wenigen Unbequemlichkeiten verknüpft ist, nicht gleich einen Abzug vom Pachtzins machen; denn man bewohnt [ein gemiethetes Haus] unter der Bedingung, dass, wenn etwas in die Quere kommt, weshalb der Eigenthümer genöthigt sein möchte, etwas einzureissen, man auch ein kleines Theil Unbequemlichkeit ertragen müsse, freilich nicht in der Art, wenn der Eigenthümer denjenigen Theil eines Stockwerkes abdeckt, wovon der Bewohner hauptsächlichst Gebrauch macht. 1Ad Dig. 19,2,27,1ROHGE, Bd. 8 (1873), S. 341: Befugniß des Schiffsmanns auf Dienstentlassung wegen Kriegsgefahr nach ausgebrochenem Kriege.Auch ist die Frage erhoben worden, ob derjenige, wer aus Furcht ausgezogen, den Pachtzins zu entrichten habe, oder nicht? Die Antwort ist dahin gegangen, dass, wenn Grund, Gefahr zu befürchten, vorhanden gewesen wäre, wiewohl diese noch nicht, wirklich eingetreten ist, dennoch keine Verpflichtung zum Miethszins begründet sei; wenn hingegen kein hinreichender Grund zu Besorgnissen da gewesen, so dauere die Verbindlichkeit zum Miethzins nichts desto weniger fort.
Alfen. Var. lib. II. Dig. Jemand hatte seinem Nachbar wegen drohenden Schadens Sicherheit geleistet; es wurden von seinem Gebäude durch den Wind Dachziegel herabgeworfen, die auf die Dachziegel des Nachbars fielen, und sie zerbrachen. Es ward die Anfrage gestellt, ob ein Ersatz geleistet werden müsse? Das Gutachten war: wenn es durch die Schadhaftigkeit des Gebäudes und dessen Mangel an Festigkeit geschehen sei, so müsse Ersatz geleistet werden; wäre hingegen die Macht des Windes so gross gewesen, dass dieselbe auch feste Gebäude erschüttern konnte, so brauche kein Ersatz geleistet zu werden; und was den in der Stipulation enthaltenen Satz: „Oder wenn daselbst Etwas einstürzen wird,“ betrifft; so scheine ihm Dasjenige nicht einzustürzen, was entweder durch den Wind, oder überhaupt durch eine äussere Gewalt einfalle, sondern blos jenes, was von selbst falle. 1Jemand leistete, als er eine ihm mit seinem Nachbar gemeinschaftliche Wand bauen wollte, bevor er die alte niederriss, seinem Nachbar Sicherheit wegen drohenden Schadens, und liess sich auch seinerseits [von demselben] Sicherheit bestellen: nachdem die gemeinschaftliche Wand eingelegt worden, und aus den Stockwerken des Nachbars die Miethleute ausgezogen waren, wollte dieser das Miethgeld, welches die Miethbewohner nicht mehr entrichteten, von ihm ersetzt haben. Es ward angefragt, ob er es mit Recht fordere? Das Gutachten war: die Parteien hätten, da sie eine gemeinschaftliche Wand bauten, sich keine wechselseitige Sicherheit zu leisten nöthig gehabt, und es hätte auch auf keine Weise Einer von dem Andern dazu gezwungen werden können. Aber wenn dieselben doch Sicherheit leisten wollen, so hätten sie es für nicht mehr als den halben Theil nöthig gehabt, für ein Mehreres brauchte Keiner, wenn er eine gemeinschaftliche Wand baute, nicht einmal einem Dritten, Sicherheit zu leisten: weil er aber einmal für das Ganze Sicherheit geleistet hätte, so müsse er auch den ganzen Verlust, welchen der Nachbar an dem Miethgelde erlitten, vergüten. 2Derselbe fragte an, ob er, was er desfalls gegeben, wieder zurückfordern könne: weil er sich von seinem Nachbar wiederum Sicherheit habe leisten lassen, dass ihm, wenn er durch den Bau einen Schaden erleiden sollte, dieser erstattet werde; da er doch gerade dieses Geld, welches er zahle, auch durch jenes Bauwerk einbüsse. Das Gutachten war: er könne es nicht; aus dem Grunde, weil er nicht durch Schadhaftigkeit des Bauwerks, sondern durch die Stipulation dieses Geld verliere.
Ad Dig. 44,1,14Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 321, Note 2; Bd. II, § 355, Note 6.Alfen. Var. lib. II. Dig. Ein Haussohn verkaufte einen Sondergutssclaven, und stipulirte den Preis; dieser Sclave hatte zurückgenommen werden müssen, und war nachher gestorben, der Vater foderte aber vom Käufer die Summe, welche der Sohn stipulirt hatte; hier nahm man an, es sei billig, ihm die Einrede auf das Geschehene entgegenzusetzen, dass das Geld wegen eines Sclaven versprochen worden, der hat zurückgenommen werden müssen.
Alfen. lib. II. Dig. Ein Sclave kann nicht in allen Dingen dem Befehle seines Herrn ungestraft Gehorsam leisten; z. B. wenn ihm sein Herr anbefohlen hätte, einen Menschen zu tödten, oder Jemanden zu bestehlen. Wenn daher auch der Sclave auf Geheiss seines Herrn eine Seeräuberei begangen hat33Piraticam facere, s. Eckhard. Herm. p. 202., so muss dennoch wider ihn, wenn er nachmals zur Freiheit gelangt ist, eine Klage ertheilt werden. Und für Alles, was er gewaltsamerweise gethan hat44Ita = tunc, Bynkershoek Obs. I. 23., muss er, sobald die Gewaltthätigkeit an Missethat grenzt, alsdann4 die Strafe büssen55Wenn er freigeworden ist; Glosse.. Ist hingegen aus Streiterei und Wortwechsel ein Zank entstanden, oder zur Innebehaltung eines Rechts eine Gewaltthätigkeit vorgefallen, und es durchaus zu keiner Uebelthat gekommen, so ist es nicht angemessen, dass der Prätor deshalb, was der Sclave auf Geheiss des Herrn gethan, wider ihn, wenn er freigeworden, eine Klage ertheile.
Übersetzung nicht erfasst.
Ex libro IV
Alfen. Var. lib. IV. Dig. Ein Sclave hatte Geld für die Freiheit versprochen, und dasselbe [seinem] Herrn gegeben; der Herr war, bevor er ihn freiliess, gestorben und hatte in seinem Testament verordnet, dass der Sclave frei sein sollte, und demselben sein Sondergut vermacht; er fragte um Rath, ob ihm die Erben seines Patrons das Geld, welches er seinem Herrn für die Freiheit gegeben hätte, zurück geben müssten, oder nicht? [Alfenus] hat das Gutachten ertheilt, wenn der Herr jenes Geld, welches er erhalten hätte, in die Rechnung über sein Geld [verzeichnet] gehabt hätte, so habe es sogleich aufgehört, zu dem Sondergut des Sclaven zu gehören; aber wenn er es unterdessen, bis er ihn freiliess, den Sclaven erlassen hätte, so scheine es zum Sondergut gehört zu haben, und müssten die Erben jenes Geld dem [Sclaven], wenn er freigelassen wäre, zurückgeben.
Alfen. Var. lib. IV. Dig. Ein Sclave, welcher in dem Testamente seines Herrn für frei erklärt worden war, wenn er dem Erben Zehn gegeben hätte, pflegte dem Erben den Lohn, [welchen er] für seine Dienste [erhielt,] zu überbringen; als der Erbe aus dem Lohne mehr als Zehn erhalten hatte, sagte der Sclave, dass er frei sei; wegen dieser Sache wurde um Rath gefragt. Ich habe das Gutachten ertheilt, er scheine nicht frei zu sein; denn er habe jenes Geld nicht für die Freiheit, sondern für die Dienste gegeben, und er sei deswegen ebensowenig frei, als wenn er ein Landgut vom Herrn gepachtet, und für die Früchte des Landgutes Geld gegeben hätte. 1Ein Sclave war für frei erklärt worden, wenn er dem Erben sieben Jahre lang Dienste geleistet hätte; dieser Sclave war geflohen, und hatte ein Jahr flüchtig zugebracht. Ich habe das Gutachten ertheilt, dass er, wenn sieben Jahre vergangen wären, nicht frei sei; denn ein Flüchtling habe dem Herrn keine Dienste geleistet; darum werde er nicht frei werden, wenn er nicht eben soviel Tage, als er abwesend gewesen wäre, gedient hätte; aber auch wenn so geschrieben wäre: dass er dann frei sein sollte, wenn er sieben Jahre lang gedient hätte, hätte er frei sein können, wenn er nach der Rückkehr die Zeit der Flucht abgedient hätte.
Ex libro V
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
Ex libro VI
Alfen. lib. VI. Dig. Es lag der Fall vor, dass von [mehrern] zur [Entscheidung] derselben Sache bestellten Richtern einige nach Anhörung des Rechtsfalles sich entschuldigt hatten, und an deren Statt andere gewählt wurden, und es entstand nun die Frage, ob eine Veränderung einzelner Richter das Verfahren zu einem andern mache, oder die Sache dieselbe bleibe? Ich habe geantwortet: es bleibe nicht nur, wenn einer oder der andere, sondern auch, wenn alle Richter verändert worden seien, dennoch die Sache sowohl, als das Verfahren ganz dasselbe, das es vorher gewesen, und es trete nicht nur hier, sondern auch in vielen andern Sachen der Fall ein, dass bei einer Veränderung der Theile die Sache [fortwährend] doch als dieselbe erachtet werde. Denn so werde auch sowohl die Legion [fortwährend] für dieselbe angesehen, von der Viele mit Tode abgegangen, an deren Statt Andere eingeschoben wären, als es werde auch das Volk gegenwärtig immer noch für dasselbe gehalten, welches es vor hundert Jahren gewesen, wenn schon von jenen keiner mehr am Leben sei. Ebenso werde ein Schiff, wenn es auch so oft ausgebessert worden, dass kein Scheit daran derselbe geblieben, der nicht neu gewesen wäre, nichts desto weniger für dasselbe Schiff erachtet. Denn wenn Jemand glaubte, dass eine Sache durch Veränderung deren Theile zu einer andern werde, so würde daraus folgen, dass wir selbst nach diesem Grundsatz nicht dieselben wären, die wir vor dem Jahre gewesen, weil wir, wie die Philosophen sagen, aus unendlich kleinen Theilchen bestehen, die täglich aus unserm Körper scheiden, während andere von aussenher deren Stelle einnehmen. Wenn daher die Gestalt einer Sache als dieselbe fortbesteht, so muss sie auch selbst für dieselbe gehalten werden.
Alfen. lib. VI. Dig. Jemand, der wegen eines Grundstückes [bereits] belangt war, ward wegen desselben von einem Zweiten verklagt; es entstand nun die Frage, inwiefern er, wenn er dem Einen von beiden auf Geheiss des Richters das Grundstück herausgegeben hätte, und nachher die Sache [auch] für den zweiten Kläger entschieden worden wäre, einen doppelten Schaden vermeiden könne? Ich habe geantwortet: der Richter, welcher in beiden Sachen zuerst erkennt, muss die Herausgabe des Grundstückes an den Kläger unter der Bedinging anbefehlen, dass er dem [bisherigen] Besitzer Sicherheit oder Bürgschaft stelle, ihn zu vertreten, wenn der Andere das Grundstück entwähren sollte.
Ex libro VII
Alfenus lib. VII. Digest. Ein durch Compromiss erwählter Schiedsrichter hatte, da er vor dem Tage, welcher durch das Compromiss festgesetzt worden war, die Entscheidung nicht geben konnte, befohlen, dass der im Compromisse bestimmte Tag weiter hinausgesetzt werden solle; der Eine von den Processführern hatte diesem Gebote nicht Gehorsam geleistet; es wurde [nun] um Rath gefragt, ob ihm Geld [-Strafe] dem Compromisse gemäss abverlangt werden könne? Ich habe zur Antwort gegeben, es könne nicht, weil dem Schiedsrichter im Compromisse nicht verstattet worden sei, dass er dieses [Recht der Verschiebung des Tages] haben solle.
Alfen. lib. VII. Dig. In einem Pachtcontract hiess es so: Der Pächter soll den Wald nicht umhauen, noch abschälen, noch abbrennen, noch abschälen, umhauen, oder abbrennen lassen; hier entstand die Frage, ob der Pächter, wenn er gesehen, dass Jemand etwas dieser Art gethan, denselben davon abhalten, oder den Wald in so genaue Obhut nehmen müsse, dass Niemand dergleichen thun könne? Ich habe mich dahin ausgesprochen: der Ausdruck lassen bezeichne beides, allein es sei anzunehmen, dass der Verpächter dabei vielmehr das im Sinne gehabt habe, der Pächter solle nicht nur denjenigen abhalten, welchen er zufällig beim Umhauen von Bäumen getroffen, sondern überhaupt dafür Sorge tragen und Acht haben, dass es keiner thue.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
Alfen. Var. lib. VII. Dig. Cäsar hatte, als er die Schleifsteingruben der Insel Creta verpachtete, eine Verordnung des Inhalts erlassen: „Es solle Niemand, ausser dem Pächter, nach dem funfzehnten März einen Schleifstein auf der Insel Creta graben, ausheben oder brechen.“ Ein Schiff war, mit Schleifsteinen beladen, vor dem funfzehnten März aus dem Hafen von Creta ausgelaufen, durch den Wind aber wieder in den Hafen zurückgetrieben worden, und hierauf nach dem funfzehnten März wiederholt abgegangen. Es wurde angefragt, ob die Schleifsteine als, der Verordnung zuwider, nach dem funfzehnten März aus Creta ausgeführt zu betrachten seien? Ich habe zur Antwort ertheilt: obgleich auch die auf einer Insel befindlichen Häfen alle als zur Insel gehörig zu betrachten seien, so scheine dennoch Derjenige, welcher vor dem funfzehnten März den Hafen verlassen und, durch einen Sturm zurückgehalten, auf der Insel wieder gelandet habe, nicht gegen das Gesetz gehandelt zu haben, wenn er von dort wieder ausgelaufen sei: aus dem Grunde, weil ohnehin die Schleifsteine als schon zu Anfang, da das Schiff vom Hafen ausgelaufen war, ausgeführt zu betrachten seien.
Idem lib. VII. Dig. Zwei Haussöhne hatten zum Sondergut gehörige Sclaven, beide besonders für sich; der eine von ihnen hat den zu seinem Sondergut gehörigen Sclaven beim Leben des Vaters freigelassen, der Vater hatte Beiden in seinem Testamente das Sondergut zum Voraus vermacht. Man fragte, ob jener Sclave der Freigelassene Beider, oder dessen wäre, von dem er freigelassen worden war? [Alfenus] hat das Gutachten ertheilt, wenn der Vater das Testament eher gemacht hätte, als der Sohn den Sclaven für frei erklärt hätte, so sei er der Freigelassene eines einzigen, darum, weil der Vater auch diesen [Sclaven] in dem Sondergut vermacht zu haben schiene; aber wenn der Vater das Testament nachher gemacht hätte, so scheine das nicht die Absicht desselben gewesen zu sein, denselben, der ja freigelassen gewesen wäre, zu vermachen, und [daher] sei dieser Sclave, weil er nicht zum Voraus vermacht worden wäre, nach dem Tode des Vaters der Sclave Beider gewesen.
Übersetzung nicht erfasst.