Ad Massurium Sabinum libri
Ex libro L
Übersetzung nicht erfasst.
Ulp. lib. L. ad Sabin. Wenn Derjenige, der sich an den Kalenden des Januar stipulirt, hinzufügt, an den ersten oder nächsten, so ist Alles hier so klar, dass kein Zweifel obwalten kann. Wenn er aber auch von dem zweiten oder dritten, oder irgend einem andern spricht, löst er auf gleiche Weise den Zweifel. Fügt er aber nicht hinzu, an welchen Kalenden des Januar, so kommt es auf die thatsächliche Erörterung an, was er etwa gemeint haben möchte, d. i. was unter ihnen Gegenstand der Verhandlung war. Denn überall gehen wir nach Dem, was beabsichtigt worden ist, und nehmen diese [Kalenden] an. Erhellt dies aber nicht, so ist nach Dem, was Sabinus annimmt, zu entscheiden, dass man nemlich auf die ersten Kalenden des Januar sehen müsse. Wie aber, wenn Jemand an dem Tage der Kalenden selbst eine Stipulation eingegangen, was nehmen wir alsdann an? Meiner Meinung nach ist anzunehmen, dass die folgenden Kalenden gemeint gewesen sind. 1So oft aber bei Verbindlichkeiten kein Termin bestimmt wird, so muss die Schuld sofort entrichtet werden, wenn nicht der hinzugefügte Ort [der Leistung] einen Zeitraum herbeiführt, um zu demselben zu gelangen. Ein hinzugefügter Tag aber bewirkt, dass die Schuld nicht sofort entrichtet zu werden braucht11Dieses debere ist nur von dem Foderungsrechte des Gläubigers selbst, nicht von dem Anfange der Verbindlichkeit zu verstehen. S. Glück Comm. IV. S. 457 N. 80 u. XIII. S. 286.. Hieraus erhellet auch, dass die Beifügung eines Tages zum Besten des Verpflichteten, nicht zum Besten des Stipulators geschieht. 2Ebendasselbe muss auch bei den Iden und Nonen, und im Allgemeinen bei allen Tagen angenommen werden.
Ulp. lib. L. ad Sabin. Hat Jemand stipulirt, dass ihm Etwas nach dem Gutachten [eines Dritten] z. B. des Lucius Titius herausgegeben werden solle, und hiernächst der Stipulator selbst einen Verzug veranlasst, in Folge dessen Titius sein Gutachten nicht abgeben kann, so wird dadurch der Versprechende nicht, als wenn er den Verzug veranlasst hätte, gehalten22Nach der Erklärung des Duarenus in Comment. ad h. tit. welcher hierbei bemerkt: sic enim mihi videntur accipienda haec verba esse, quae scholastici Doctores vulgo intelligunt de promissore moram faciente, et quaerunt, cum uterque moram facit, an promissoris mora, an stipulatoris, magis noceat?. Wie aber, wenn Der, welcher sein Gutachten abgeben sollte, selbst den Verzug veranlasst? In diesem Falle ist anzunehmen, dass man sich nicht von der Person Dessen trennen darf, dessen Gutachten [in der Stipulation] ausdrücklich aufgenommen worden ist.
Ulp. lib. L. ad Sabin. Was auch Jemand stipulirt, der in eines Andern Gewalt ist, es wird stets angenommen, als wenn dieser Letztere sich selbst stipulirt hätte. 1Sowie sich Jemand auf seinen Todesfall Etwas stipuliren kann, so können auch Diejenigen, welche einer fremden Gewalt unterworfen sind, auf ihren Todesfall sich Etwas stipuliren. 2Wenn Jemand auf diese Weise stipulirt hat: nach meinem Tode soll es meiner Tochter gegeben werden, oder so: nach dem Tode meiner Tochter soll es mir gegeben werden, so ist eine rechtsgültige Stipulation vorhanden. In dem erstern Falle aber steht der Tochter eine analoge Klage zu, wenn sie gleich noch keinen Erben hat. 3Wir können nicht allein so stipuliren, für den Fall, wann Du sterben solltest, sondern auch, wenn Du sterben solltest; denn wie darin kein Unterschied liegt, wann oder wenn Du kommen wirst, so liegt auch in den Worten, wenn oder wann Du sterben wirst, kein Unterschied. 4Wenn ein Sohn Etwas stipulirt, so nimmt man an, dass es dem Vater gegeben werden solle, wenn er dies auch nicht ausdrücklich hinzufügt.
Ulp. lib. L. ad Sabin. Wer sich so stipulirt: Gelobst du mir Das zu geben, was du an jenen Kalenden mir geben musst, von dem ist anzunehmen, dass er sich nicht auf heute, sondern zu dem bestimmten Termine, das ist zu den Kalenden, stipulirt hat33Unser Text hat das hier folgende το β του de verb. obl. nicht aufgenommen. Ueber dieses το β του siehe Blume über die Ordnung der Pandectenfragmente, in der Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft Bd. 4, Heft 2, S. 266, als Beziehung auf die für die Pandecten benutzten Hauptschriften in den Commentaren zum Sabin, zum Edict und zu Papinian’s Schriften. Sollte nicht auch ein Vermerk des Abschreibers dieses langen, vielleicht durch mehrere Copisten besorgten Titels zum Grunde liegen, der zeigen wollte, dass er Griechisch verstand..
Ulp. lib. L. ad Sabin. Es ist richtiger, dass auch die durch den Eid des Freigelassenen begründete Verbindlichkeit zu Dienstleistungen durch Acceptilation aufgehoben werde. 1Wenn Das, was in eine Stipulation gebracht worden ist, keine Theilung zulässt, so wird eine theilweise Acceptilation nichtig sein, z. B. wenn es eine Dienstbarkeit eines ländlichen oder städtischen Grundstücks gewesen ist. Freilich wenn ein Niessbrauch in eine Stipulation gebracht sein sollte, z. B. der am Titianischen Grundstücke, so wird eine Acceptilation rücksichtlich eines Theiles vorgenommen werden können, und es wird an dem übrigen Theile des Grundstücks der Niessbrauch stattfinden. Wenn aber Jemand, der sich die Fahrwegsgerechtigkeit stipulirt hat, die Fusssteigs- oder die Viehtriftsgerechtigkeit durch Acceptilation erlassen haben wird, so wird die Acceptilation ohne Wirkung sein. Ebendasselbe ist anzunehmen, wenn die Viehtriftsgerechtigkeit durch Acceptilation erlassen sein wird. Wenn aber die Fusssteigs- und Viehtriftsgerechtigkeit durch Acceptilation erlassen sein wird, so wird es folgerichtig sein, wenn man sagt, dass Der, welcher die Fahrwegsgerechtigkeit versprochen hat, befreit sei. 2Das ist gewiss, dass Der, welcher sich ein Grundstück stipulirt hat, und den Niessbrauch oder die Fahrwegsgerechtigkeit durch Acceptilation erlässt, sich in der Lage befindet, dass die Acceptilation nicht gilt; denn wer durch Acceptilation erlässt, muss entweder das Ganze oder einen Theil von Dem, was er sich stipulirt hat, durch Acceptilation erlassen; jene [Rechte] sind aber keine Theile, ebensowenig, als wenn Jemand, welcher sich ein Haus stipulirt hat, durch Acceptilation Mauersteine, oder Fenster, oder eine Wand, oder ein Zimmer erlässt. 3Ad Dig. 46,4,13,3Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 202, Note 1.Wenn Jemand, welcher sich den Niessbrauch stipulirt hat, das Gebrauchsrecht durch Acceptilation erlassen haben wird, so wird, wenn er es so gethan haben wird, gleich als ob das Gebrauchsrecht geschuldet sei, keine Befreiung eintreten; wenn aber gleichsam als wäre es Theil des Niessbrauchs, so ist, da das Gebrauchsrecht ohne das Recht zu den Früchten55Si vero quasi ex usufructu, quum possit usus sine fructu constitui etc. bestellt werden kann, zu sagen, dass die Acceptilation gelte. 4Julianus hat im vierundfunfzigsten Buche der Digesta geschrieben, dass, wenn Derjenige, welcher sich einen Sclaven stipulirt hat, den Stichus durch Acceptilation erlassen habe, die Acceptilation wirksam gewesen sei, und die ganze Verbindlichkeit aufgehoben habe; denn wenn Das, was der Versprecher wider Willen des Stipulator demselben zahlen kann, durch Acceptilation erlassen worden ist, so wird es auch Befreiung bewirken. 5Es ist bekannt, dass Derjenige, welcher ein Grundstück stipulirt hat, nicht die Clausel wegen der bösen Absicht durch Acceptilation erlassen könne; denn das hat keinen Theil der Schuld ausgemacht, und es wird etwas Anderes durch die Acceptilation erlassen, als was geschuldet wird. 6Wenn Derjenige, welcher sich den Stichus oder Zehn unter einer Bedingung stipulirt hat, den Stichus durch Acceptilation erlassen haben, und, während die Bedingung schwebt, Stichus verstorben sein wird, so werden die Zehn Gegenstand der Verbindlichkeit bleiben, ebenso als wenn die Acceptilation nicht vorgenommen gewesen wäre. 7Wenn dem Bürgen durch Acceptilation erlassen sein sollte, ob dann wohl auch der Schuldner, da er durch eine Sache, nicht durch Worte verbindlich war, befreit wird? Und wir befolgen das als Recht, dass, wenn gleich der Schuldner nicht durch Worte verbindlich ist, doch vermöge der Acceptilation durch den Bürgen befreit werde. 8Wenn dem Bürgen, welcher wegen Vermächtnisse, die unter einer Bedingung hinterlassen sind, bestellt worden ist, durch Acceptilation erlassen sein sollte, so werden die Vermächtnisse geschuldet werden, wenn nachher die Bedingung derselben eintritt. 9Wenn sich Jemand so von einem Bürgen stipulirt: Verbürgst du dich für Das, was ich dem Titius dargeliehen haben werde, sodann eher, als er darlieh, es dem Bürgen durch Acceptilation erlassen hat, so wird der Schuldner nicht befreit werden, sondern, wenn ihm ein Mal dargeliehen sein wird, so ist er gehalten. Denn auch wenn wir annehmen, dass der Bürge nicht eher befreit sei, als nachdem dem Schuldner dargeliehen worden ist, so hat doch der Schuldner durch eine Acceptilation, welche älter als seine Verbindlichkeit ist, nicht befreit werden können. 10Ein Vormund oder ein Curator eines Rasenden können nicht durch Acceptilation erlassen; nicht ein Mal ein Procurator kann durch Acceptilation erlassen; sondern diese alle müssen noviren; denn dann können sie auch durch Acceptilation erlassen. Es kann ihnen nicht ein Mal durch Acceptilation erlassen werden, aber, wenn eine Novation geschehen ist, werden sie durch Acceptilation befreit werden können. Denn auch bei der Person von Abwesenden pflegen wir uns dieses Mittels zu bedienen; wir stipuliren von Jemandem in der Absicht, zu noviren, Das, was uns der Abwesende schuldet, und dann befreien wir durch Acceptilation Den, von welchem wir stipulirt haben. So geschieht es, dass der Abwesende durch die Novation, der Gegenwärtige durch die Acceptilation befreit wird. 11Auch der Erbe kann durch Acceptilation sowohl befreien, als befreit werden; auch die honorarischen Nachfolger. 12Wenn einer von mehreren Correalgläubigern durch Acceptilation erlassen haben wird, so tritt Befreiung aufs Ganze ein.