Ad Massurium Sabinum libri
Ex libro XXXIV
Ulp. lib. XXXIV. ad Sabin. Wenn Jemand weder eine Veranlassung, noch den Vorsatz, auf Zinsen auszuleihen, gehabt haben sollte, und du, um Grundstücke zu kaufen, Geld als Darlehn gewünscht haben, jedoch nicht eher, als bis du [die Grundstücke] gekauft hättest, als Darlehn aufzunehmen Willens gewesen sein solltest, und nun der Gläubiger, weil er vielleicht in die Nothwendigkeit versetzt war, zu verreisen, bei dir eben diese Geld[summe] niedergelegt haben sollte, damit du, sobald du gekauft hättest, Namens eines Darlehns verpflichtet wärest, so steht dieses Niedergelegte auf die Gefahr desjenigen, welcher es übernommen hat. Denn auch [derjenige], welcher eine Sache zum Verkauf empfangen haben sollte, damit er den Preis [derselben] gebrauchen möchte, wird die Sache auf seine Gefahr haben. 1Eine zum Pfand gegebene Sache kann, nachdem das [schuldige] Geld bezahlt ist, condicirt werden, und die aus einer unrechtmässigen Ursache gezogenen Früchte sind zu condiciren. Denn auch wenn ein Pachter nach abgelaufener fünfjähriger Pachtzeit11Post lustrum completum. Die Grundstücke pflegten sonst auf fünf Jahre verpachtet zu werden. Brisson. s. v. lustrum. Früchte gezogen haben sollte, so ist bekannt, dass sie nur dann condicirt werden, wenn sie nicht mit dem Willen des Eigenthümers gezogen worden sind; denn wenn mit dem Willen [desselben], so fällt ohne Zweifel die Condiction weg. 2Ad Dig. 12,1,4,2ROHGE, Bd. 22 (1878), Nr. 66, S. 299: Cond. possessionis gegen den aus Irrthum Besitzenden. Besitz ein Vermögensobject.Das, was durch die Gewalt der Ströme zugeführt worden ist, kann condicirt werden.
Idem lib. XXXIV. ad Sabin. Wenn in der Art verkauft wird: diese oder jene Sache; so gilt diejenige, welche der Käufer wählt, als gekauft. 1Der Verkäufer braucht dem Käufer nicht das Eigenthum des verkauften Landguts zu verschaffen, wie solches derjenige muss, der ein Landgut im Wege der Stipulation versprochen hat.
Idem lib. XXXIV. ad Sabin. Wenn eine Patronin so unedel sein sollte, dass für dieselbe sogar die Ehe mit ihrem Freigelassenen anständig ist, so darf diese [Ehe] durch den Richter, welcher hierüber erkennt, kraft seiner Amtspflicht, nicht verhindert werden.
Idem lib. XXIV. ad Sabin. Gewöhnlich liegt dem Manne daran, dass die [zum Heirathsgut gegebenen] Sachen nicht geschätzt seien, deswegen, damit ihn nicht die Gefahr der Sachen treffe, vorzüglich, wenn er Thiere zum Heirathsgut empfangen haben wird, oder ein Kleid, dessen sich die Frau bedient; denn es wird [dann], wenn sie geschätzt sind, und die Frau sie abgenutzt hat, geschehen, dass der Mann nichts desto weniger den durch die Schätzung bestimmten Werth derselben leisten muss; so oft daher nicht geschätzte Sachen zum Heirathsgut gegeben werden, so werden sie auf Rechnung der Frau sowohl besser als schlechter. 1Wenn zu nicht geschätzten Grundstücken Etwas hinzugekommen ist, so gehört dies zum Vortheil der Frau, wenn Etwas davon abgekommen ist, so ist es der Schaden der Frau. 2Wenn die Sclaven Kinder geboren haben, so ist dies nicht Gewinn des Ehemannes. 3Aber die Jungen des zum Heirathsgut gehörigen Viehes gehören dem Ehemanne, weil sie zu den Früchten gerechnet werden, so jedoch, dass der Ehemann, zuvor das Eigenthum22Das Vieh, welches zum Heirathsgut gegeben worden ist. ergänzen muss, und, nachdem er an die Stelle der verstorbenen Stücke andere aus der Zahl der Jungen gesetzt hat, die, welche von diesen übrig bleiben, als Frucht behält, weil die Frucht des Heirathsguts ihm gehört. 4Wenn die zum Heirathsgut gehörigen Sachen vor der Ehe geschätzt sind, so findet diese Schätzung gleichsam unter einer Bedingung Statt, denn sie enthält diese Bedingung: wenn die Ehe erfolgt sein wird; wenn daher die Ehe erfolgt ist, so wird die Schätzung der Sachen vollkommen und es entsteht ein wahrer Verkauf. 5Daher kann man fragen, ob es der Schaden der Frau sei, wenn vor der Ehe die geschätzten Sclaven umgekommen sein sollten und es ist folgerichtig, dass man dies sagt; denn da ein bedingter Verkauf Statt findet, ein Tod aber, der sich während die Bedingung noch schwebt, ereignet, den Verkauf aufhebt, so ist es folgerichtig, dass man sagt, dass sie auf Rechnung der Frau gestorben seien, weil der Verkauf noch nicht erfüllt war, indem die Schätzung als Verkauf gilt. 6Wenn zwar geschätzte Sachen zum Heirathsgut gegeben sein werden, man aber übereingekommen sein wird, dass entweder der durch die Schätzung bestimmte Werth oder die Sachen geleistet werden sollen33Es ist hier von einer sogenannten taxationis gratiag aestimatio die Rede, d. h. von einer solchen, welche in der Absicht geschieht, damit der Werth der zum Heirathsgut gegebenen Sachen bestimmt und bei der Zurückforderung nach aufgelöster Ehe gewiss sei, wieviel der Mann statt der zu Grunde gegangenen oder verschlechterten Sachen leisten müsse. Es sind also in diesem Falle die Sachen selbst Gegenstand des Heirathsguts. S. L. 18. L. 52. und L. 69. §. 7. h. t. Anders verhält es sich mit der aestimatio, von welcher bisher in dieser Stelle die Rede war, und welche man aest. venditionis gratia zu nennen pflegt. Diese geschieht in der Absicht, sie dem Manne käuflich zu überlassen, es treten also in der Regel die Folgen des Kaufs ein und nicht die Sachen, sondern der durch die Schätzung bestimmte Werth derselben ist Gegenstand des Heirathsguts. S. L. 12. pr. §. 1. L. 14., 15., 16. und L. 17. §. 1. D. h. t. und vgl. v. Glück a. a. O. XXV. S. 15. ff., so wird, wenn hinzugefügt sein wird: welches von beiden die Ehefrau will, sie selbst wählen, ob sie lieber die Sache, oder den durch Schätzung bestimmten Werth fordern will; aber wenn man dies hinzugefügt haben wird: welches von beiden der Ehemann will, so wird ihm die Wahl zustehen; oder, wenn nichts wegen der Wahl hinzugefügt werden sollte, so wird der Ehemann die Wahl haben, ob er lieber die Sachen oder deren Werth geben will. Denn auch wenn diese oder jene Sache versprochen wird, so hat der Schuldner die Wahl, welche von beiden er leisten will. Aber wenn die Sache nicht vorhanden sein sollte, so wird der Ehemann jedenfalls den durch die Schätzung bestimmten Werth leisten;
Ulp. lib. XXXIV. ad Sabin. Wenn bewiesen werden sollte, dass eine [zum Heirathsgut gegebene] Sache nach eingegangener Ehe in der Absicht einer Schenkung geschätzt worden sei, so ist die Schätzung nichtig, weil die Sache in der Absicht einer Schenkung auch nicht verkauft werden kann, da eine zwischen einem Mann und seiner Ehefrau [Statt gefundene Schenkung] keine Wirkung hat; die Sache wird daher Gegenstand des Heirathsguts bleiben. Aber wenn [dies] vor der Ehe [geschehen ist,] so ist mehr dafür, dass die Schenkung auf die Zeit der Ehe bezogen zu sein scheint und darum gilt sie nicht. 1Wenn die Frau behaupten sollte, dass sie hintergangen sei und [daher] eine Sache geringer geschätzt habe, z. B. einen Sclaven, so wird sie, wenn sie darin hintergangen worden ist, dass sie einen Sclaven gegeben hat44Welchen sie eigentlich nicht hat geben wollen., nicht blos darin, dass sie ihn geringer schätzte, darauf klagen, dass ihr der Sclav zurückerstattet werde; wenn sie aber in Betreff der Grösse des durch Schätzung bestimmten Werths hintergangen worden ist, so wird es in dem Ermessen des Ehemannes stehen, ob er den wahren durch [eine neue] Schätzung bestimmten Werth, oder lieber den Sclaven leisten will. Und dies [findet dann Statt], wenn der Sclav lebt; wenn er aber gestorben ist, so, sagt Marcellus, dass vielmehr der durch Schätzung bestimmte Werth zu leisten sei, aber nicht der wahre, sondern der, welcher [früher] bestimmt worden ist, weil sie es dem Glück Dank wissen muss55Boni consulere debet, s. v. Glück a. a. O. S. 23. Anm. 69., dass er geschätzt gewesen ist; [denn] sonst, wenn sie ihn schlechthin66Nicht geschätzt. gegeben hätte, so würde er ohne Zweifel auf ihre Gefahr, nicht auf die des Ehemannes sterben. Und dasselbe nimmt Marcellus auch bei einer Minderjährigen, welche hintergangen worden ist, an. Freilich wenn die Frau einen Käufer zu dem wahren Werth gehabt hätte, dann muss man sagen, dass der wahre durch [eine neue] Schätzung bestimmte Werth zu leisten sei; und das, schreibt Marcellus, sei nur einer minderjährigen Ehefrau zu leisten77Diese Ausnahme findet nur bei einer minderjährigen Ehefrau Statt, die folgende von Scävola aufgestellte aber bei einer jeden Ehefrau.. Scävola bemerkt aber in Betreff des Ehemannes, dass, wenn eine böse Absicht desselben vorhanden gewesen ist, der wahre durch [eine neue] Schätzung bestimmte Werth zu leisten sei; und ich halte das, was Scävola sagt, für wahr. 2Wenn die Frau mit ihrem Ehemann, der ihr Schuldner ist, paciscirt haben sollte, dass er das, was er schuldet, zum Heirathsgut haben solle, so glaube ich, dass sie88Nach aufgelöster Ehe. mit der Heirathsgutsklage klagen könne; denn wenn er gleich nach dem strengen Rechte von der früheren Schuld nicht befreit worden ist99Indem ein pactum de non petendo die Klage nicht aufhebt und die Frau also eigentlich das Capital während der Ehe fordern könnte, so kann sich doch der Mann mit der Einrede, dass ihm die Schuld zum Heirathsgut bestellt sei, schützen., so kann er doch eine Einrede gebrauchen (habere).
Ulp. lib. XXXIV. ad Sabin. So oft eine geschätzte Sache zum Heirathsgut gegeben wird, so muss der Mann, wenn dieselbe entwährt worden ist, aus dem Kauf gegen die Ehefrau klagen, und ihr, was er nur immer deshalb erlangt haben wird, nach aufgelöster Ehe auf die Heirathsgutsklage leisten; und daher wird, wenn etwa das Doppelte an den Mann gekommen sein wird, [nach aufgelöster Ehe] auch dies an die Frau zurückgegeben werden. Und diese Meinung hat die Billigkeit [für sich], weil kein einfacher Verkauf, sondern ein in der Absicht [der Bestellung] eines Heirathsguts eingegangener vorhanden ist, und der Ehemann aus dem Schaden der Frau nicht gewinnen darf; denn es genügt, dass der Ehemann schadlos gehalten wird, nicht auch [wird erfordert], dass er einen Gewinn mache.
Ulp. lib. XXXIV. ad Sabin. Wenn auch einem Anderen auf Befehl des Ehemannes das Heirathsgut gegeben werden sollte, so wird der Ehemann nichts desto weniger wegen des Heirathsguts verbindlich gemacht.
Übersetzung nicht erfasst.
Ulp. lib. XXXIV. ad Sabin. Stipulationen folgender Art: Gelobst du mir zu geben, was dir Titius schuldig ist, wenn er aufhören sollte, dein Schuldner zu sein, sind nicht rechtsungültig; denn die Stipulation gilt wie jede andere unter einer Bedingung eingegangene.
Idem lib. XXXIV. ad Sabin. Eine auf einen Termin gestellte Verbindlichkeit kann, auch ehe der Termin gekommen sein wird, novirt werden. Und im Allgemeinen ist es ausgemacht, dass, auch wenn eine Stipulation auf einen Termin eingegangen ist, eine Novation stattfinde, dass aber nicht sogleich aus dieser Stipulation geklagt werden könne, ehe der Termin gekommen sei.
Ulp. lib. XXXIV. ad Sabin. Eine auf einen Termin gestellte Acceptilation ist nichtig; denn die Acceptilation pflegt nach Art der Zahlung zu befreien.
Übersetzung nicht erfasst.