Ad Massurium Sabinum libri
Ex libro XVII
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. jedoch nur, wenn er den Zins [richtig] zahlt.
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Wenn der Niessbrauch vermacht worden ist, so gehört alle Nutzung der Sachen dem Niessbraucher. Der Niessbrauch wird entweder von einer unbeweglichen oder beweglichen Sache vermacht. 1Ist der Niessbrauch an einer unbeweglichen Sache, z. B. an Gebäuden, vermacht worden, so gehören alle Einkünfte daraus dem Niessbraucher, [also] alles, was von den Gebäuden, Höfen und sonstigem Zubehör der Gebäude eingeht. Daher hat man auch angenommen, dass derselbe in den Besitz benachbarter Gebäude wegen drohenden Schadens gesetzt werden könne, und er diese Gebäude mit dem Rechte des Eigenthums besitzen solle, wenn fortwährend Sicherheitsbestellung verweigert wird, auch nach beendigtem Niessbrauch nichts davon verliere. Aus dem [obigen] Grunde, schreibt Labeo, darf auch der Eigenthümer ein Gebäude wider deinen Willen nicht höher bauen, so wenig er, wenn der Niessbrauch an einem Hofraum vermacht worden ist, ein Gebäude darauf setzen darf; diese Ansicht halte ich für richtig. 2Weil also alle Nutzungen der Sache dem [Niessbraucher] zukommen, so wird er auch, wie Celsus schreibt, durch einen Schiedsrichter genöthigt, die Gebäude in Stand zu erhalten. Celsus schreibt im achtzehnten Buche der Digesten: jedoch nur insoweit, dass er sie in Dach und Fach erhält; wenn aber etwas durch Alter einstürzt, so ist keiner von beiden zur Wiederherstellung verbunden11D. h. weder der Eigenheitsherr noch der Niessbraucher., hat sich aber der Erbe22Als Eigenheitsherr, wenn der Niessbrauch durch Vermächtniss entstanden ist. derselben unterzogen, so muss der Niessbraucher ihm den Gebrauch verstatten. Celsus spricht sich daher bei der Frage33Quaerit et respondit glossirt Accursius. über die Grenze der Instandhaltung in Dach und Fach dahin aus, dass er zur Wiederherstellung dessen, was aus Alter eingestürzt sei, nicht gezwungen werde, und ihm daher nur mässige Ausbesserungen obliegen44Ed. Fradin. hat für pertineat schon pertinet, was Taurelli in margine hat., weil er bei vermachtem Niessbrauch auch andere Lasten zu übernehmen hat, wie z. B. Abgaben, Steuern, Grundzins55Die Florentinische Lesart solarium statt salar. ist offenbar besser: s. Glück IX. p. 258. n. 34. oder von der [betreffenden] Sache66Das eo (statt ab ea re) der Florentine hat schon Ed. Fradin. und die Glosse sagt: vel dic: ab eo fundo, quodquidem etiam habent in textu. [letztwillig] bestimmte [zu verabreichende] Alimente; dasselbe schreibt auch Marcell im dreizehnten Buche. 3Cassius schreibt auch im achten Buche seines bürgerlichen Rechts, dass der Niessbraucher vermittelst eines Schiedsrichters zur Wiederherstellung [der Gebäude] ebensowohl gezwungen werde, wie zum Nachpflanzen [ausgegangener] Bäume, und Aristo bemerkt, dass diesem so sei. Auch sagt Neratius im neunten Buche seiner Membranen, der Niessbraucher dürfe nicht an der Wiederherstellung behindert werden, weil er auch nicht am Pflügen oder Bestellen gehindert werden kann; und er dürfe nicht allein die nothwendigen Wiederherstellungen machen, sondern auch die sich auf Vergnügung beziehen, wie Wandbekleidungen, Weissung und ähnliche; Erweiterungen vornehmen und etwas Nützliches wegnehmen kann er aber nicht.
Idem lib. XVII. ad Sabin. Wenn ferner der Niessbrauch an einem Grundstück vermacht worden ist, so gehört alles, was auf demselben wächst und davon gewonnen werden kann, zur Nutzung desselben, jedoch so, dass die Benutzung nach dem Ermessen eines rechtlichen Mannes geschieht. Denn Celsus schreibt auch im achtzehnten Buche seiner Digesten, dass der [Niessbraucher] zur ordnungsmässigen Bestellung [des Grundstücks] angehalten werden könne. 1Sind Bienen auf dem Grundstück, so gehört ihm auch der Niessbrauch an diesen. 2Sind Steinbrüche darauf, und will er Steine brechen, oder Kreide- oder Sandgruben, so kann er dies alles, wie Sabinus sagt, wie ein guter Wirth gebrauchen; diese Meinung halte ich für richtig. 3Auch77Unser Text hat sed si haec, und bemerkt in der Note sed et si met. male Haloand. Vulg. — Haloander hat aber blos sed si, und die Vulgate sed si et, was ich, der Stellung nach, vorziehe. Metalllager, welche nach der Vermachung des Niessbrauchs entdeckt worden sind, sind, wenn der Niessbrauch am ganzen Grundstück, und nicht blos an einem Theile letztwillig bestellt worden, in dem Vermächtniss enthalten. 4Ad Dig. 7,1,9,4Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 188, Note 2.Diesem zunächst liegt die Frage, die über den Zuwachs erhoben zu werden pflegt. Hier hat man den Grundsatz angenommen, dass der Niessbrauch von Auschwemmungen auch dem Niessbraucher gehöre. Ist aber in der Nähe des Grundstückes in einem Flusse eine Insel entstanden, so, schreibt Pegasus, gehöre der Niessbrauch von dieser dem Niessbraucher nicht, wenn schon er der Eigenheit anwachse; denn dieselbe sei gleichsam ein eigenes Grundstück, dessen Niessbrauch dir nicht zusteht. Diese Meinung ist nicht ohne Grund; denn wo der Zuwachs unvermerkt geschieht, da wird auch der Niessbrauch vermehrt, erscheint ersterer aber abgesondert, so wächst er dem Niessbraucher nicht zu. 5Ad Dig. 7,1,9,5Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 184, Note 5.Auch das Einkommen von Vogelheerd und Jagd, sagt Cassius im achten Buche des bürgerlichen Rechts, gehört dem Niessbraucher, daher auch vom Fischfang. 6Auch gehören nach meiner Ansicht die Nutzungen einer Baumschule dem Niessbraucher, jedoch in der Art, dass ihm sowohl der Verkauf als das Zuziehen freisteht. Er muss aber die Baumschule, um den Baumgarten zu bepflanzen, immer in junger Nachzucht erhalten, gleichsam als ein Zubehör des Ackers, um sie nach Endigung des Niessbrauchs dem Eigenthümer zu übergeben. 7Die Nutzung vom Ackergeräthe88Instrumentum = τὸ τοῦ ἄγρου παραχολούθημα, οἶον δίχελλαι δρέπανα χαὶ τὰ ζξῆς vetus Glossarium apud Brisson. h. v. zu dieser Stelle. muss er auch haben; verkaufen darf er es aber nicht. Denn wenn auch der Niessbrauch an einem Grundstück vermacht worden und ein Wald dabei ist, aus dem der [verstorbene] Hausvater Bauholz zu dem Grundstück, an dem der Niessbrauch vermacht worden, zu beziehen pflegte, oder Weiden, oder Rohr, so kann nach meiner Ansicht der Niessbraucher doch nur insoweit Gebrauch davon machen, dass er nichts davon verkauft, es wäre ihm denn der Niessbrauch an einem Weidenplatze, schlagbarem Walde oder Schilfrohrbruche vermacht worden; dann kann er auch verkaufen. Denn auch Trebatius schreibt, dass der Niessbraucher in einem schlagbaren Walde und Schilfrohrbruche schlagen könne, wie der [verstorbene] Hausvater es zu thun pflegte, aber auch verkaufen, wenn gleich der Hausvater nicht zu verkaufen, sondern ihn selbst zu benutzen pflegte; denn die Ausübung seines Rechts ist auf das Maass, nicht auf die Art und Weise des Gebrauchs zu beziehen.
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Von entwurzelten und vom Winde umgeworfenen Bäumen, sagt Labeo, könne der Niessbraucher zu seinem und der Gebäude Bedarf nehmen; er dürfe aber kein Bauholz zum Brennholz nehmen, wenn er sonst Brennholz hat. Diese Ansicht halte ich für richtig, denn sonst würde der Niessbraucher, wenn dieser Unfall den ganzen Wald betroffen hätte, alle Bäume wegnehmen können; doch glaubt derselbe, könne er soviel Bauholz schneiden, als zur Ausbesserung des Landhauses gehört, ebenso wie er, sagt derselbe, Kalk löschen, oder Sand graben, und was sonst für das Gebäude nöthig ist, nehmen dürfe. 1Ein Schiff, woran der Niessbrauch vermacht worden, kann, nach meiner Meinung, auf Reisen ausgesendet werden, wenn auch Gefahr des Schiffbruchs drohet; denn ein Schiff ist zum Schiffen da. 2Der Niessbraucher kann die [betreffende] Sache entweder selbst benutzen, oder einem Andern zur Benutzung abtreten, oder vermiethen, oder verkaufen, denn der Vermiether macht, wie der Verkäufer Gebrauch davon. Auch wenn er bittweise einem Andern [den Niessbrauch] abtritt oder schenkt, macht er nach meiner Ansicht [von der Sache] Gebrauch, und daher wird der Niessbrauch aufrecht erhalten. Dahin haben sich Cassius und Pegasus ausgesprochen, und Pomponius im fünften Buche aus dem Sabinius stimmt dem bei. Ich behalte aber nicht nur den Niessbrauch, wenn ich ihn verpachte, sondern auch wenn ein Anderer, der meine Geschäfte führt, denselben verpachtet hat, wie Julian im 35. Buche berichtet. Wie aber, wenn ich nicht verpachtet habe, sondern während meiner Abwesenheit und ohne mein Wissen Jemand, der meine Geschäfte führt, den Niessbrauch ausübt? Ich behalte den Niessbrauch nichts desto weniger. Pomponius tritt diesem im fünften Buche aus dem Grunde bei, weil ich die Geschäftsführungsklage erlangt habe. 3Daran zweifelt aber Pomponius, ob, wenn ein flüchtiger Sclav, an dem mir der Niessbrauch zusteht, etwas von meinem Vermögen stipulirt, oder durch Uebergabe empfängt, ich dadurch selbst, wie wenn ich den Gebrauch hätte, den Niessbrauch behalte? — Er findet aber die Bejahung zulässiger, denn man behält oft, wenn man auch die Sclaven gerade nicht selbst gegenwärtig im Gebrauch hat, den Niessbrauch dennoch, z. B. wenn ein Sclav krank ist, oder noch Kind, das noch keine Dienste verrichten kann, oder durch Alter erschöpft ist, denn man behält ja auch den Niessbrauch, wenn man einen Acker [nur] bepflügt, wenn schon er so unfruchtbar ist, dass gar nichts wächst. Julian schreibt jedoch im 35. Buche seiner Digesten, dass wenn der flüchtige Sclav auch nichts stipulire, man dennoch den Niessbrauch behalte; denn aus demselben Grunde, sagt er, wie der Eigenheitsherr im Besitz bleibt, wenn der Sclav auch auf der Flucht begriffen ist, behält man den Niessbrauch ebenfalls. 4Derselbe behandelt die Frage, ob, wenn Jemand dessen Besitz erlangt hat, der Niessbrauch auf eben diese Weise, wie der Besitz des Eigenheitsherrn erlischt, verloren gehe? Nun sagt er zwar anfänglich, man könne zugeben, dass der Niessbrauch verloren gehe, dennoch aber, wenn er schon verloren gehe behaupten, dass was der Sclav binnen der bestimmten Zeit aus dem Vermögen des Niessbrauchers stipulirt hat, für den letztern erworben werde99Tamen dicendum — quod — fructuario acquiri potest; ich weiss nicht aus welchem Grunde das schon von Früheren ganz constructionswidrige, verworfen und in [ ] gesetzte: potest der Florentine in unsern Text wieder aufgenommen worden ist.. Hieraus könne man abnehmen, dass der Niessbrauch nicht einmal, wenn der [Sclav] sich im Besitz eines Andern befindet, verloren gehe, sobald er mir etwas stipulirt, und es sei ziemlich gleich, ob er vom Erben besessen werde, oder von einem Andern, dem die Erbschaft verkauft, oder dem die Eigenheit vermacht worden ist, oder vom Räuber, denn es genüge zur Erhaltung des Niessbrauchs, dass man den Willen habe, ihn zu behalten, und dass der Sclav im Namen des Niessbrauchers etwas verrichte, diese Meinung ist gegründet. 5Ad Dig. 7,1,12,5Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 186, Note 5.Julian behandelt im 35. Buche seiner Digesten die Frage, wem der Dieb, der reife noch hängende Früchte abgebrochen oder abgeschnitten hat, durch die Condiction hafte, ob dem Eigenthümer des Grundstücks oder dem Niessbraucher? Er glaubt, dass, weil die Früchte dem Niessbraucher nur erst dann zugehörig werden, wenn sie von ihm eingesammelt worden sind, selbst wenn sie ein Anderer vom Boden getrennt hat, dem Eigenheitsherrn vielmehr die Condiction zustehe, dem Niessbraucher aber die Diebstahlsklage, weil ihm daran gelegen war, dass die Früchte nicht entwendet würden. Marcell aber wird dadurch [zur entgegengesetzten Meinung] bewogen, dass wenn der Niessbraucher nachher jene Früchte erlangt haben würde, sie vielleicht sein werden; allein wenn sie sein werden, [sagt er] geschieht diess nicht aus dem einzigen Grunde, dass sie bis dahin dem Eigenheitsherrn gehören? Sobald sie eingesammelt worden, werden sie dem Niessbraucher zugehörig, nach Art einer bedingungsweise vermachten Sache, die einstweilen dem Erben gehört, nach Eintritt der Bedingung aber auf den Vermächtnissinhaber übergeht; es kommt [unterdessen] also die Condiction dem Eigenheitsherrn zu. Ist hingegen1010Hier fängt Ulpians eigene Meinung in Bezug auf obige Ausnahme an, welche sowohl von der des Marcell als des Julian abweicht. Ich bemerke dies, weil die Gegensätze nicht recht scharf hervortreten, die Uebersetzung aber wörtlich treu ist. das Eigenthum noch obschwebend, was Julian selbst [beispielsweise] von einem ungebornen [Sclaven], der an die Stelle eines verstorbenen zu stellen ist, und davon sagt, was ein zum Niessbrauch gehöriger Sclav durch Uebergabe empfangen hat, während der Preis von ihm noch nicht bezahlt, jedoch Bürgschaft gestellt worden ist: so muss man [auch] sagen, dass die Condiction obschwebend sei, und umsomehr das Eigenthum selbst1111Schon die vorige Note sollte eine augenblickliche Erläuterung geben. Ueber den ganzen Paragraphen ist noch zu bemerken, dass Julians Meinung von Ulpian bedingt gebilligt werde, welcher zugleich die des Marcell zu widerlegen sucht. — Die Erklärung der Glosse besonders in Bezug auf den letzten Satz, und den ihm von ihr beigelegten Sinn ist ganz verfehlt. Zu bewundern ist übrigens, dass kein einziger Commentator ein Wort über den letzten Satz sagt, selbst nicht Hugo Donell, dem es doch so sehr nahe lag, da er sogar von in pendenti sein spricht..
Idem lib. XVII. ad Sabin. Wenn der Niessbrauch an einem Sclaven bestellt worden ist, so gehört alles, was er durch seine Arbeit oder von dem Vermögen des Niessbrauchers erwirbt, dem Letzteren, mag er [blos] stipulirt haben, oder ihm [bereits] der Besitz übergeben worden sein. Ist er aber zum Erben eingesetzt worden, oder hat er ein Vermächtniss erhalten, so unterscheidet Labeo, wessen1212Nämlich ob des Niessbrauchers oder des Eigenheitsherrn wegen. wegen er zum Erben eingesetzt worden, oder das Vermächtniss erhalten hat.
Idem lib. XVII. ad Sabin. Ebensowohl er aber für den Niessbraucher durch Stipulation erwirbt, erwirbt er, schreibt Julian im dreissigsten Buche seiner Digesten, aus Verträgen für denselben auch Einreden. Derselbe [sagt], auch wenn er etwas als empfangen anzunehmen gebeten hat, bewirkt er für ihn Befreiung. 1Wenn wir gesagt haben, dass, was durch [des Sclaven] Arbeit gewonnen wird, dem Niessbraucher gehöre, so ist zu wissen, dass derselbe auch zur Arbeit gezwungen werden könne. Auch kommt, sagt Sabinus und Cassius im achten Buche seines bürgerlichen Rechts, dem Niessbraucher [das Recht] eine[r] mässige[n] Züchtigung zu; peinigen und peitschen darf er ihn nicht.
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Es war eine alte Streitfrage, ob die Sclavenkinder dem Niessbraucher gehörten; hier behielt aber die Meinung des Brutus die Oberhand, dass der Niessbraucher keinen Antheil daran habe; denn ein Mensch kann nicht als Nutzung eines andern Menschen angesehen werden, und aus diesem Grunde hat auch der Niessbraucher daran den Niessbrauch nicht. Wie aber, wenn der Niessbrauch auch an den Sclavenkindern hinterlassen worden ist, hat er da an denselben den Niessbrauch? Wenn die Sclavenkinder selbst vermacht werden können, so kann es auch deren Niessbrauch. 1Das junge Vieh hielten aber Sabinius und Cassius für dem Niessbraucher zugehörig. 2Ad Dig. 7,1,68,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 137, Note 8.Ist der Niessbrauch an einer Heerde oder an Zugvieh vermacht worden, so muss [der Niessbraucher] natürlich aus den Jungen die Heerde vollständig erhalten, d. h. an die Stelle abgegangener,
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Wie also, wenn er es nicht thut, und sie nicht vollzählig erhält? Dann haftet er dem Eigenheitsherrn, sagt Cajus Cassius im 17. Buche seines bürgerlichen Rechts. 1Es fragt sich aber, wem gehören einstweilen die Jungen, ehe die gestorbenen Stücke ersetzt und wieder vollzählig gemacht werden. Julian schreibt im 35. Buche der Digesten, das Eigenthum derselben bleibe obschwebend, so dass, wenn sie zum Ersatz gebraucht werden, sie dem Eigenheitsherrn, wenn nicht, dem Niessbraucher gehören; diese Meinung ist richtig. 2Diesem zufolge trifft, wenn ein Junges gestorben ist, die Gefahr den Niessbraucher, und nicht den Eigenheitsherrn, und es liegt jenem die Nothwendigkeit ob, andere Junge nachzuziehen. Daher schreibt Cajus Cassius im achten Buche, dass das Fleisch von gestorbenem jungen Vieh dem Niessbraucher gehöre. 3Wenn es aber heisst, der Niessbraucher müsse für Ersatz sorgen, so ist dies allemal nur dann zu verstehen, wenn der Niessbrauch an einer Heerde, an Zugvieh, oder einem Gestüt, d. h. an einer Gesammtheit, vermacht worden ist, wenn an einzelnen Stücken so brauchen sie nicht vollzählig erhalten zu werden. 4Wenn ferner zu der Zeit, wo Junge geboren wurden, kein Ersatz gerade nöthig war, so fragt es sich, ob [wenn] jetzt und nach deren Geburt [Ersatz nöthig wird], derselbe von denen, die [erst nachher] geboren werden, oder den bereits am Leben befindlichen, zu stellen sei. Ich halte es für richtiger, dass die Jungen, welche während die Heerde vollzählig war, geboren wurden, dem Niessbraucher gehören, der später die Heerde betreffende Schade aber auch demselben zum Nachtheil gereiche. 5Ersatz stellen (summittere) ist aber etwas Thatsächliches, und Julian gebraucht eigentlich dispertire (vertheilen) und dividere (eintheilen) und eine Abtheilung treffen, weil das Eigenthum an dem Ersatz dem Eigenheitsherrn zufällt.
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Wenn der Eigenheitsherr den Niessbrauch vermacht hat, so ist es richtig, was Mäcian im dritten Buche seiner Quästionen über die Fideicommisse schreibt, dass das Vermächtniss gültig sei, und wenn derselbe noch bei Lebzeiten des Testators, oder vor dem Erbantritt zur Eigenheit gelange, er dem Vermächtnissinhaber zukomme. Um so mehr findet es Mäcian für zulässig, dass, wenn der Niessbrauch auch erst nach dem Erbantritt dazugekommen wäre, der Zeitpunct nützlicher Weise anhebe, und derselbe dem Vermächtnissinhaber zufalle.
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Wenn der Niessbrauch [Mehreren] vermacht worden ist, so findet unter den Niessbrauchern das Anwachsungsrecht allemal dann Statt, wenn der Niessbrauch [denselben] zusammen hinterlassen worden ist; ist aber jedem getrennt der Niessbrauch an einem Theile der Sache hinterlassen worden, so fällt ohne Zweifel das Anwachsungsrecht weg. 1Auch findet sich bei Julian im 35. Buche seiner Digesten die Frage, ob, wenn der Niessbrauch einem [Zweien] gemeinschaftlichen Sclaven hinterlassen, und für beide Herren erworben worden sei, der Andere, wenn der Eine denselben ausschlage oder dessen verlustig werde, ihn ganz erhalte? Und er glaubt, dass dies der Fall sei, und wenn gleich der Niessbrauch den Herrn nicht zu gleichen Theilen, sondern nach Maassgabe ihrer Eigenthumsantheile erworben werde, so komme er, weil auf die Person des [Sclaven] und nicht die der Herren Rücksicht genommen werde, dem andern Herrn zu, und falle nicht der Eigenheit anheim. 2Derselbe sagt, dass, wenn auch einem [Zweien] gemeinschaftlichen Sclaven und dem Titius der Niessbrauch getrennt vermacht worden sei, der von dem einen der Genossen verlorene Niessbrauch nicht dem Titius, sondern dem andern Genossen allein zukommen müsse, als dem allein [mit jenem] zusammen eingesetzten; diese Meinung ist richtig, denn so lange auch nur noch einer den Gebrauch ausübt, kann man sagen, dass der Niessbrauch in seinem vorigen Zustand bleibe. Dasselbe ist der Fall, wenn Zweien der Niessbrauch zusammen, und Einem getrennt vermacht worden ist. 3Ad Dig. 7,2,1,3Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. III, § 645, Note 2.Zuweilen wächst aber der vermachte Niessbrauch, wenn auch [die Niessbraucher] nicht zusammen eingesetzt worden sind, dem andern dennoch zu, z. B. wenn mir der Niessbrauch an einem ganzen Landgute getrennt hinterlassen worden ist, und dir ebenfalls; denn hier haben wir, wie auch Celsus im 18. Buche seiner Digesten, und Julian im 35. schreibt, durch das Zusammentreffen [nur] Antheile. Dies würde auch bei der Eigenheit der Fall sein; denn wenn der Eine das Landgut verschmähet, würde es dem Andern ganz zufallen. Beim Niessbrauch tritt dies aber um so mehr ein, weil derselbe auch wenn er bestellt worden, und nachher verloren gegangen ist, nichts desto weniger das Anwachsungsrecht zulässt; denn alle Rechtslehrer beim Plautius stimmen darin überein, und, wie Celsus und Julian geistreich bemerken, wird der Niessbrauch Tag für Tag1313D. h. wie wenn das Recht täglich von neuem anhöbe, oder, wie die Glosse sagt, täglich ein anderer Niessbrauch Statt fände und erworben würde. [als] bestellt und vermacht [angesehen], und nicht, wie die Eigenheit, blos zu der Zeit, wo auf dieselbe Klage erhoben wird. Sobald also der Eine den Andern, der mit ihm zugleich Antheil hat, nicht vorfindet, so kann er den Gebrauch vom Ganzen allein ziehen, und es ist gleich, ob der Niessbrauch [ihnen] zusammen oder getrennt hinterlassen worden ist. 4Derselbe Julian schreibt im 35. Buche der Digesten, dass, wenn zwei als Erben eingesetzt worden sind, und die Eigenheit [einem Dritten] mit Abzug des Niessbrauchs vermacht worden ist, die Erben das Anwachsungsrecht nicht haben; denn der Niessbrauch erscheine [hier] als [vom Testator selbst] festgestellt, und nicht als durch ein Zusammentreffen [des für beide bestellten Niessbrauchs] in demselben Gegenstand ertheilt;
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Neratius glaubt ebenfalls im ersten Buche seiner Quästionen, das Anwachsungsrecht falle weg. Mit dieser Meinung stimmt die Ansicht des Celsus überein, welcher sagt, dass das Anwachsungsrecht allemal dann Statt habe, wenn [der Niessbrauch] unter Zweien, die ihn im Ganzen erhalten haben, durch dieses Zusammentreffen getheilt worden ist. 1Daher schreibt Celsus im 18. Buche, dass, wenn zwei Eigenthümer eines Landguts dessen Eigenheit mit Abzug des Niessbrauches [Jemandem] übergeben haben, sobald einer von ihnen den Niessbrauch verliere, dieser zur Eigenheit zurückkehre, jedoch nicht auf das Ganze [derselben], sondern der Niessbrauch eines Jeden wachse demjenigen Theile zu, den er übergeben hat; denn er muss zu dem Theile zurückkehren, von dem er ursprünglich getrennt worden ist. 2Ad Dig. 7,2,3,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 205, Note 4; Bd. III, § 645, Note 3.Das Anwachsungsrecht findet übrigens nicht blos dann Statt, wenn der Niessbrauch Zweien vermacht worden, sondern auch wenn dem Einen der Niessbrauch, und dem Andern das Landgut; verliert hier derjenige den Niessbrauch, dem er vermacht worden ist, so fällt er dem Andern durch das Anwachsungsrecht vielmehr zu, als er zur Eigenheit zurückkehrt. Dies ist nichts Neues; denn auch wenn Zweien der Niessbrauch vermacht worden ist, und bei dem Einen Vereinigung mit der Eigenheit Statt findet, geht das Anwachsungsrecht nicht verloren, weder für den, bei dem die Vereinigung Statt gefunden, noch in Betreff seiner [für den Andern,] und er kann auf dieselbe Weise, wie vor der Vereinigung, auch noch jetzt denselben verlieren. So glauben Neratius und Aristo, und Pomponius bestätigt es.
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Dasselbe ist auch der Fall, wenn bei einem von dreien Niessbrauchern der Niessbrauch mit der Eigenheit vereinigt worden ist. 1Ist aber Jemandem die Eigenheit mit Abzug des Niessbrauchs vermacht worden, und mir ein Theil vom letzteren, so ist die Frage, ob zwischen mir und dem Erben1414Der den andern Theil des Niessbrauchs erhalten hat. ein Anwachsungsrecht Statt finde. Hier gilt die Regel, dass, so bald einer den Niessbrauch verliert, er zur Eigenheit zurückkehrt. 2Wenn mir der Niessbrauch an einem Landgute unbedingt, und dir unter einer Bedingung vermacht worden ist, so kann man sagen, dass mir einstweilen der Niessbrauch am ganzen Grundstück zukomme, und wenn ich eine Standesrechtsveränderung erlitten habe, ich dessen ganz verlustig gehe; wenn aber die Bedingung eintritt, der ganze Niessbrauch dir zukomme, sobald ich eine Standesrechtsveränderung erlitten habe; bleibe ich hingegen in meinem [vorigen] Stande, so wird der Niessbrauch gemeinschaftlich.
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Wenn einer Frau mit ihren Kindern der Niessbrauch vermacht wird, so erhält sie, wenn sie ihre Kinder verloren hat, den Niessbrauch; aber auch die Kinder haben, wenn ihre Mutter gestorben ist, nichts desto weniger durch das Auwachsungsrecht den Niessbrauch. Denn auch Julian sagt im 30. Buche seiner Digesten, dasselbe sei von dem zu verstehen, der allein seine Kinder zu Erben eingesetzt habe, auch wenn er sie nicht als Vermächtnissinhaber benannt habe, sondern mehr um zu zeigen, es sei sein Wille, dass die Mutter den Genuss dergestalt ziehe, dass die Kinder mit daran Theil nehmen sollten. Aber, fragt Pomponius, wie, wenn die Kinder zusammen mit fremden Erben [eingesetzt] sind? Hier, sagt er, sind die Kinder als Vermächtnissinhaber anzusehen. Im umgekehrten Fall, wenn man will, dass die Kinder zugleich mit der Mutter den Genuss haben sollen, so muss man sagen, dass die Mutter als Vermächtnissinhaberin anzusehen, und die rechtliche Wirkung in diesem Fall durchgehends gleich sei.
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. indem jeder von einem andern Erben den Niessbrauch in Anspruch nimmt.
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Wenn gleich der Niessbrauch im Genuss besteht, d. h. in einer Handlung dessen, der nutzen und gebrauchen soll, so tritt doch der Anfangspunct [nur] einmal ein; anders ist es, wenn Jemandem etwas auf einzelne Monate, Tage oder Jahre vermacht worden ist, dann tritt der Anfangspunct je nach den einzelnen Tagen, Monaten oder Jahren ein. Daher kann man fragen, ob, wenn der Niessbrauch Jemandem für einzelne Tage oder Jahre vermacht worden ist, der Anfangspunct nur einmal eintrete? Ich glaube, dass er nicht zugleich [für alle], eintrete, sondern für jeden bestimmten Zeitraum [ein besonderer], so dass [also eigentlich] mehrere Vermächtnisse vorhanden sind. So erklärt sich auch Marcell im vierten Buche seiner Digesten in Betreff dessen, dem der Niessbrauch einen Tag um den andern vermacht worden ist. 1Wenn daher solche Nutzungen vermacht worden sind, die nicht alle Tage gewonnen werden können, so wird das Vermächtniss nicht ungültig, sondern dasselbe erstreckt sich auf diejenigen Tage, an denen die Nutzung gezogen werden kann. 2Der Anfangspunct eines [vermachten] Niessbrauchs, sowie des Gebrauchs, tritt aber nicht eher ein, als bis die Erbschaft angetreten ist; denn der Niessbrauch wird dann wirksam, wenn Jemand [da ist, der] den Nutzen ziehen kann. Aus diesem Grunde, schreibt Julian, wird auch, wenn einem Erbschaftssclaven der Niessbrauch vermacht worden, der Niessbrauch erst von der Person des [künftigen] Herrn abhängig, und ob er des Niessbrauchs fähig sei, obschon andere Vermächtnisse für die Erbschaft erworben werden. 3Ebenso tritt, wenn der Niessbrauch von einem bestimmten Zeitpunct an vermacht wird, der Anfangspunct nicht eher ein, als bis jener erschienen ist; dass der Niessbrauch von einem bestimmten Tage an, und bis zu einem bestimmten Tage vermacht werden könne, ist bekannt. 4Vor dem Erbantritt hebt aber nicht nur der Anfangspunct des Niessbrauchs nicht an, sondern auch nicht die Klage wegen des Niessbrauchs; ebenso, wenn der Niessbrauch von einem bestimmten Zeitpunct an vermacht worden ist. Auch sagt Scävola, wer vor dem Zeitpunct des Eintritts des Niessbrauchs Klage erhebt, klagt [nur] vergeblich1515Eigentlich: begeht eine nichtige Handlung, s. Glück IX. p. 196. n. 64., wenn schon sonst derjenige, welcher vor der Zeit klagt, straffällig wird.
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Es ist bekannt, dass nicht blos der Niessbrauch durch Standesrechtsveränderung verloren gehe, sondern auch die Klage wegen Niessbrauchs, und es ist wenig Unterschied, ob der Niessbrauch durch eine bürgerlich rechtliche Handlung bestellt worden ist, oder durch den Schutz des Prätors. Daher geht auch der durch blosse Uebergabe erworbene, und der an einem Zinsgut oder Erbpachtsgut ohne eine bürgerlichrechtliche Handlung bestellte Niessbrauch durch Standesrechtsveränderung verloren. 1Der Niessbrauch geht aber durch eine Standesrechtsveränderung nur dann verloren, wenn er bereits bestellt war; hat Jemand vor dem Erbschaftsantritt, oder vor dem Anfangspunct [desselben] eine Standesrechtsveränderung erlitten, so geht er bekanntlich nicht verloren. 2Wenn dir ein Grundstück von einem bestimmten Zeitpunct an vermacht, und du gebeten worden bist, mir den Niessbrauch abzutreten, so fragt es sich, ob mir, wenn ich binnen der Zeit, an die dein Vermächtniss gebunden ist, eine Standesrechtsveränderung erlitten habe, der Niessbrauch nicht doch vorbehalten bleibt, indem gewissermaassen die Veränderung vor dem Anfangspunct [des Niessbrauchs] geschieht; man kann dies allerdings bejahen. 3Die Standesrechtsveränderung vernichtet jedoch den schon bestellten Niessbrauch nur insoweit, dass, wenn er auf einzelne Jahre, Monate oder Tage vermacht worden ist, nur derjenige verloren geht, der bereits begonnen hat; ist er daher auf einzelne Jahre vermacht worden, so geht nur der Niessbrauch des [laufenden] Jahres verloren, wenn auf Monate, der des [laufenden] Monats, und wenn auf Tage, der des [laufenden] Tages.
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Sowie der Niessbrauch auf einzelne Jahre vermacht werden kann, so kann auch derselbe, wenn er durch Standesrechtsveränderung verloren gegangen ist, [im Voraus anderweit] vermacht werden, durch den Beisatz: sobald [der Vermächtnissinhaber] eine Standesrechtsveränderung erlitten hat, vermache ich ihm [den Niessbrauch wieder], oder so: sobald [der Niessbrauch] verloren geht, und dann wird er, wenn er durch Standesrechtsveränderung verloren gegangen ist, als wieder bestellt angesehen. Daher ist die Frage entstanden, ob, wenn Jemandem der Niessbrauch auf Lebenszeit vermacht worden ist, derselbe jedesmal, wenn er verloren worden, als wieder bestellt anzusehen sei; auch Mäcian behandelt diesen Fall, und ich glaube, dass er als wiederbestellt angesehen werden müsse. Ist er daher bis zu einem bestimmten Zeitpunct vermacht worden, z. B. auf zehn Jahre, so gilt dasselbe. 1Nun ist aber die Frage, ob diese Wiederbestellung, welche nach dem Verlust des Niessbrauchs durch Standesrechtsveränderung geschieht, auch das Anwachsungsrecht unverkürzt behält; wird z. B. wenn dem Titius und Mävius der Niessbrauch vermacht worden ist, und [der Testator dem] Titius auf den Fall, dass er eine Standesrechtsveränderung erleiden sollte, den Niessbrauch [wieder] vermacht hat, das Anwachsungsrecht zwischen beiden fortbestehn, wenn Titius aus dieser Wiederbestellung den Niessbrauch [zurück] erhält? Papinian schreibt im 17. Buche seiner Quästionen, es bestehe fort, wie wenn ein Anderer dem Titius im Niessbrauch substituirt worden wäre; denn wenn zwischen ihnen auch keine Verbindung den Worten nach bestehe, so bestehe sie doch der Sache nach. 2Ad Dig. 7,4,3,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. III, § 645, Note 4.Derselbe Papinian untersucht die Frage, ob, wenn dem Titius und Mävius der Niessbrauch vermacht worden, bei der Wiederbestellung des Niessbrauchs aber [der Testator] dem Titius nicht das Ganze, sondern nur einen Theil wieder vermacht habe, dieselben noch als Verbundene angesehen werden könnten? und beantwortet sie dahin, dass, wenn Titius ihn verloren habe, zwar das Ganze [dessen Niessbrauchs] seinem Mitgenossen anwachse, wenn aber Mävius [seines Antheils] verlustig gegangen sei, so wachse [dem Titius] nicht dessen ganzer Antheil zu, sondern nur die Hälfte; und die andere falle an die Eigenheit zurück. Diese Meinung hat Grund, denn man kann nicht behaupten, dass in dem Augenblick, wo Jemand den Niessbrauch verliert, und wieder erwirbt, ihm selbst davon etwas zuwachse, indem wir den Grundsatz angenommen haben, dass demjenigen, welcher den Niessbrauch verliert, von dem, was er verliert, nichts anwachse[n könne]1616Glück in s. Commentar IX. p. 294 ff. hält dieses Bruchstück für eines der schwierigsten, führt Westphals und Suerins Interpretation an, und erklärt sich lebhaft für die letztere. Ich bin es meiner Ueberzeugung schuldig, selbst wenn ich, was ich kaum glaube, hier irren sollte, zu gestehen, dass ich durchaus nicht begreife, wo die Schwierigkeit liegt. Die Stelle lautet fürs erste so: Id. Pap. quaerit, si Titio et Maev. usfr. legato, in repetitione usfr. non totum, sed partem Titio relegasset, an viderentur conjuncti? et ait, siquidem Tit. amiserit, totum socio accrescere, quod si Maev. amisisset, non totum accrescere, sed partem ad eum, partem ad proprietatem redire. Quae sententia habet rationem: neque enim potest dici, eo momento, quo quis amittit usfr., et resumit, etiam ipsi quicquam ex usfr. adcrescere: placet enim nobis, ei qui amittit usfr., ex eo, quod amittit, nihil adcrescere. — Die Frage, die hier zu beantworten ist, ist die, ob und was dem Titius im vorliegenden Fall, wenn Mävius austritt, zuwachse? Nun sagt Glück mit Suerin, non totum socio accrescere heisse, es finde gar kein Anwachsungsrecht Statt, sondern Titius behalte den Theil, den er ex relegato wieder erhalten habe, der Theil des Mävius falle eben an den Proprietar; und so erkläre Suerin die von Allen missverstandenen Worte: sed partem ad eum, partem ad proprietatem redire richtig, und redire heisse in Bezug auf den Titius hier soviel als manere; Titius erhalte mithin durch das Anwachsungsrecht gar nichts. Allein ich halte diese Auslegung für grundfalsch, und bleibe den Worten des mir wenigstens klar scheinenden Gesetzes getreu, und finde es, da Glück selbst behauptet, pars, ohne Beisatz der Portion, heisse die Hälfte (Paul. I. 164, §. 1. D. de V. S.) und auf die Basiliken recurrirt, welche die fraglichen Worte dieser Stelle so übersetzen: εἰ δὲ ὁ Παῦλος (Maevius) ἀπολέση, μέρος προσαύξει Πέτρῳ (Titio), χαὶ μέρος ὑποστρέφει πρὸς τὴν δεσποτείαν, völlig unbegreiflich, wie man das Gesetz wenigstens so, wie Suerin interpretiren kann. Wäre die Glücksche Ansicht richtig, so wäre es unerklärlich, was Papinian mit den Worten: sed partem ad eum — redire habe sagen wollen (denn dass Titius, als Collegatarius ex relegato, nicht seines Antheils durch des Mävius Tod verlustig gehen kann, ist so klar, dass es absurd wäre, es besonders zu erwähnen); und non totum socio accrescere kann man, wenn man den unmittelbar vorhergehenden Satz, wo totum (das Ganze) in einer Bedeutung vorkommt, die Glück selbst nicht leugnet, liest, gar nicht missverstehen. Nun lese man nochmals die obige Uebersetzung der Stelle, zu der ich hier nach meiner Ansicht den Casus gebe: dem Titius und Mävius ist der Niessbrauch vermacht. Titius erleidet eine Standesrechtsveränderung. Für diesen Fall, hatte der Testator verfügt, solle ihm die Hälfte des Niessbrauchs wieder zufallen. Die andere Hälfte war also, und zwar für den Titius unwiederbringlich, bereits an den Mävius accrescirt. Stirbt nun Titius, so fällt sein nunmehriger ganzer Theil (totum), d. h. die ihm relegirte Hälfte vom ehemaligen, (denn die andere besitzt Mävius schon) an den Mävius, so dass dieser durch diesen Accrescenzfall nun den gesammten Niessbrauch hat; stirbt aber Mävius, so kann Titius seine früherhin an den Mävius durch Accrescenz verlorne Hälfte zwar nie wieder erlangen, allein von des Mävins ursprünglichem Antheil (als die Accrescenz noch nicht Statt gefunden) fällt nun die Hälfte (partem ad eum — Titium) an den Titius, und die andere Hälfte an den Proprietar (partem ad proprietarium redire), und dies ist auch ganz richtig gedacht, denn durch eine relegatio partis kann er auch nur auf die eine pars des andern Antheils ein Accrescenzrecht erhalten. So haben auch die Glossatoren diese Stelle verstanden, und namentlich äussern sich Azo und Accursius weitläuftiger darüber; der erstere erklärt ganz ebenso, dass dem Titius in diesem Falle eine quarta partis Maevii accrescire, und behauptet derselbe als ganz zweifellos, dass die re conjunctio zwischen Titius und Mävius in eo, quod resumit Titius fortbestehen bleibe. Da nun dies nur in quartam sei, so finde im gegebenen Fall auch nur Accrescenz in quartam Statt.. 3Dass der Niessbrauch auch durch den Tod verloren gehe, unterliegt keinem Zweifel, indem das Recht der Benutzung mit dem Tode erlischt, sowie alles andere, was der Person anhängt.
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Ad Dig. 7,4,5 pr.ROHGE, Bd. 12 (1874), Nr. 106, S. 360: Verträge zu Gunsten eines Contrahenten und eines noch unbestimmten Personenkreises. Verträge über das Aufführungsrecht des contrahirenden Theaterdirectors und dessen Nachfolger.Den Niessbrauch, den man als Vermächtniss bestellt hat, kann man wieder bestellen, er mag auf eine Weise verloren gehen, welche es sei, nur nicht durch den Tod, man müsste ihn denn den Erben vermacht haben. 1Wenn Jemand blos den Niessbrauch von einem Sclaven veräussert, durch den er den Niessbrauch erworben hat, so unterliegt es keinem Zweifel, dass der durch denselben erworbene Niessbrauch zurückbehalten werde. 2Durch Veränderung der Sache geht der Niessbrauch unter; denn ist mir, z. B. der Niessbrauch an Gebäuden vermacht worden, diese aber eingestürzt oder verbrannt, so erlischt derselbe ohne Zweifel. Auch am leeren Platze? Es ist ganz gewiss, dass wenn die Gebäude abgebrannt sind, weder an dem leeren Platze, noch an den Backsteinen ein Recht des Niessbrauchs vorhanden sei; so sagt auch Julian. 3Wenn der Niessbrauch an einem leeren Platze vermacht, und auf demselben ein Gebäude errichtet worden ist, so wird die Sache verändert und der Niessbrauch erlischt. Hat dies aber der Eigenheitsherr gethan, so haftet er [durch die Klage] aus dem Testament oder wegen Arglist.
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Ist, wenn der Niessbrauch an einem Landgute vermacht worden ist, ein Haus auf demselben eingestürzt, so erlischt der Niessbrauch, weil das Haus nur ein Zubehör des Landguts ist, ebenso wenig, wie wenn Bäume umgefallen wären.
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Wie aber, wenn das Landgut ein Zubehör des Hauses war? Lass sehen, ob hier der Niessbrauch am Landgute verloren geht; es gilt jedoch auch hier dasselbe, dass er nicht erlösche. 1Der Niessbrauch erlischt nicht nur, wenn Gebäude zum leeren Platze werden, sondern auch wenn der Testator dieselben eingerissen und neue an deren Stelle gesetzt hat; bessert er sie nur nach ihren Theilen aus, so gilt das Gegentheil, selbst wenn sie ganz neu geworden wären. 2Der an einem Acker oder Platze vermachte Niessbrauch erlischt ohne Zweifel, wenn [der erstere oder letztere] unter Wasser gesetzt wird, so dass ein Teich oder Sumpf entsteht. 3Auch wenn der Niessbrauch an einem Teiche vermacht wird, und dieser so austrocknet, dass er zum Acker geworden ist, erlischt der Niessbrauch durch die Veränderung der Sache. 4Wenn aber der Niessbrauch an einem Flurfelde vermacht worden und Weingärten darin angelegt sind, oder umgekehrt, so glaube ich nicht, dass derselbe erlösche, ist der Niessbrauch hingegen an einem Walde bestellt, und dieser gefällt und Spaziergänge daraus gemacht worden, so erlischt derselbe ohne Zweifel. 5Wenn der Niessbrauch an einer Masse vermacht und aus derselben Gefässe gemacht worden sind, oder umgekehrt, so schreibt Cassius beim Ursejus, erlösche der Niessbrauch; diese Ansicht halte ich für richtig. 6Zerstörung oder Umbildung von weiblichen Zierrathen vernichten daher den [an ihnen bestellten] Niessbrauch auch. 7Ueber den Niessbrauch an einem Schiffe, schreibt Sabinus, dass der erstere, wenn letzteres in seinen Theilen ausgebessert worden, nicht erlösche, wohl aber, wenn es auseinander genommen worden, selbst wenn es aus denselben Stücken, ohne ein einziges neues hinzuzufügen, wiederhergestellt worden sei. Diese Meinung scheint mir richtig, denn der Niessbrauch an einem Hause erlischt auch, wenn es wieder aufgebauet worden ist. 8Es fragt sich, ob, wenn der Niessbrauch an einem Viergespann von Pferden bestellt und eins derselben gefallen ist, derselbe erlösche; ich glaube, dass es hierbei darauf ankommt, ob derselbe an dem Viergespann oder an den Pferden bestellt sei; wenn an den Pferden, so bleibt der Niessbrauch an den übrigen [dreien] fortbestehend; wenn am Viergespann, so erlischt er, weil es aufhört, ein Viergespann zu sein,
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Wenn Jemandem der Niessbrauch an einem Bade vermacht worden ist, und der Testator dasselbe zu einer Wohnung eingerichtet, oder wenn an einem Laden, aus dem derselbe ein Zimmer gemacht hat, so ist der Niessbrauch als erloschen anzusehen. 1Hat er daher den Niessbrauch an einem Schauspielersclaven bestellt, und denselben zu andern Diensten verwendet, so ist ebenfalls der Niessbrauch als erloschen anzusehen.
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Ad Dig. 7,4,29 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 219, Note 5.Pomponius wirft die Frage auf, ob ich, wenn der Eigenheitsherr das Landgut von mir erpachtet, und dasselbe ohne Abzug des Niessbrauchs an den Sejus verkauft hat, den Niessbrauch durch den Käufer zurückbehalte, und beantwortet sie dahin, dass, wenn mir auch der Eigenheitsherr das Pachtgeld gezahlt habe, der Niessbrauch dennoch verloren gehe, weil der Käufer nicht in meinem, sondern in seinem Namen die Nutzungen gezogen hat. Allerdings aber hafte mir der Eigenheitsherr aus dem Pachtcontract auf so hoch, als ich dabei betheiligt war, dass dies nicht geschehen sei, obschon, wenn Jemand den von mir erpachteten Niessbrauch an einen Andern verpachtet hat, derselbe aufrecht erhalten wird; hat ihn aber der Eigenheitsherr im eigenen Namen [weiter] verpachtet, so geht er verloren, denn der Pächter geniesst dann nicht in meinem Namen. 1Wenn aber der Eigenheitsherr den von mir gekauften Niessbrauch verkauft hat, so fragt es sich, ob ich den Niessbrauch verliere. Ich glaube ja, weil auch hier der Käufer des Landguts desselben nicht als von mir gekauft geniesst. 2Derselbe Pomponius erörtert die Frage, ob, wenn ich gebeten worden bin, den mir vermachten Niessbrauch dir herauszugeben, anzunehmen sei, dass ich den Genuss durch dich ziehe, und der Niessbrauch nicht verloren gehe, und sagt, dass er über diese Frage in Zweifel sei. Ich halte für richtiger, was Marcell sagt, dass dieser Umstand dem Fideicommissinhaber keinen Eintrag thue, denn er werde im eigenen Namen eine analoge Klage haben.
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Wem der Gebrauch hinterlassen worden ist, der kann wohl den Gebrauch, nicht aber den Genuss ausüben. Wir wollen hier einzelne Fälle betrachten. 1Der Gebrauch eines Hauses ist entweder einem Ehemann oder einem Weibe vermacht worden; wenn einem Ehemann, so kann er darin nicht nur allein wohnen, sondern auch mit seiner Familie, ob auch mit seinen Freigelassenen, das war fraglich. Celsus schreibt, es sei zu bejahen; er könne auch Gäste aufnehmen, dies sagt er im achtzehnten Buche der Digesten, eine Meinung, der Tubero beitritt. Ob er aber auch einen Miethsmann einnehmen könne, darüber erinnere ich mich, dass Labeo in seinem Buch der Posteriorum handle. Labeo sagt, dass der, welcher selbst bewohnt auch einen Miethsmann einnehmen könne; nicht minder Gäste, seine Freigelassenen,
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. übrigens dürften diese allein ohne ihn nicht darin wohnen. Proculus bemerkt aber über den Miethsmann, dass eigentlich der, welcher mit [dem Nutzniesser] zusammenwohne, unrichtig Miethsmann genannt werde. Hiernach ist es ihm wohl zu verstatten, wenn auch während er selbst darin wohnt, sich ein Miethsgeld geben lässt; denn wenn nun der Gebrauch eines so weitläufigen Hauses einem dürftigen Menschen hinterlassen worden ist, dass er sich mit einem ganz kleinen Theil [davon] begnügt? Er darf auch mit denen, die er statt Sclaven im Dienste hat, darin wohnen, wenn sie auch Freie oder fremde Sclaven sind. 1Wenn der Gebrauch aber einem Weibe hinterlassen worden ist, so erklärte sich zuerst Quintus Mucius dahin für sie, dass sie mit ihrem Ehemann das Haus bewohnen könne, damit sie nicht ehelos zu bleiben genöthigt wäre, wenn sie vom Hause Gebrauch machen wolle; umgekehrt, dass eine Ehefrau mit dem Ehemann zusammen wohnen könne, darüber hat nie Zweifel Statt gefunden. Wie nun, wenn [der Gebrauch] einer Wittwe vermacht worden ist, wird dieselbe, wenn sie, nach der Bestellung des Gebrauchs, sich wieder verheirathet hat, mit ihrem Ehemann darin wohnen dürfen? Es ist wahr, wie auch Pomponius im fünften Buche und Papinian im neunzehnten Buche seiner Quästionen lehren, dass sie auch, wenn sie nachher geheirathet, mit ihrem Mann zusammenwohnen dürfe. Noch mehr sagt Pomponius, sie kann auch mit ihrem Schwiegervater darin wohnen.
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. [Ein Weib] kann aber nicht allein mit ihrem Ehemann, sondern auch mit ihren Kindern, Freigelassenen und Eltern darin wohnen; so bemerkt Aristo zum Sabinus. Dies ist so weit auszudehnen, dass die Weiber ganz dieselben Personen, wie Mannspersonen einnehmen dürfen.
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Man darf aber weder das ganze Haus1717seorsum ist so, wie oben gegeben ist, hier zu verstehen; es bedeutet eigentlich, dass der Gebraucher das Haus nicht vermiethen dürfe, ohne selbst mit darin zu wohnen. vermiethen, noch Jemandem das Wohnen, ohne dass man selbst [mitbewohnt] verstatten, noch den Gebrauch verkaufen. 1Ist aber der Gebrauch an Gebäuden einem Weibe unter der Bedingung vermacht worden, wenn sie sich von ihrem Mann scheiden lasse, so muss ihr die Bedingung erlassen werden, und sie kann mit ihrem Mann zusammen wohnen. Diesem tritt auch Pomponius im fünften Buche bei.
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Ad Dig. 7,8,10 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 208, Note 4.Es ist fraglich, ob, wenn das Wohnen vermacht wird, es einerlei sei, wie wenn der Gebrauch [vermacht worden wäre]. Dass das Vermächtniss des Gebrauchs und des Wohnens in Ansehung der Wirkung fast gleich sei; darin stimmt auch Papinian in achtzehnten Buche seiner Quästionen ein. Auch verschenken kann man [das Wohnen] nicht, sondern nur solche Personen einnehmen, wie der Gebraucher; auf den Erben geht [das Wohnen] ebensowenig über, als dasselbe durch Nichtgebrauch oder Standesrechtsveränderung verloren geht. 1Wenn die χρῆσις1818χρῆσις heisst zwar in den Basiliken (z. B. T. II. L. XVI. Tit. 8. Const. 39. Pag. 299) stets soviel als ususfructus; dass indessen hier ein anderer Sinn zu verstehen sei, ist klar. Raevardus Varior. lib. II. c. 12. erklärt zwar χρῆσις für usus, erläutert es aber so, dass er ihm χτῆσις entgegensetzt, und darunter den alten Unterschied des dominii in quiritarium und bonitarium verstand; ich bemerke hierzu nur, dass wenigstens die Stelle im Cic. (ad Div. VII, 29) worauf er sich bezieht: χτῆσει μέν tuus, χτήσει δὲ Attici nostri, obigem Sinn nicht entspricht, sondern usus und posessio sich hier entgegenstehen — Ulpian hat hier nur eine Erklärung des Wortes χτῆσις geben wollen, und es ist nicht ethwa eine besondere servitus personalis, zu versteh, die zwischen usus und ususfructus stände. Ueber die weitere Erläuterung kann ich füglich auf Hombergh zu Vach Uebersetzung der Novellen, II., not. 10. Bezug nehmen. Nur will ich noch hinzufügen, dass die Basiliken χτῆσις für usus, ususfructus und habitatio zugleich brauchen, z. B. Lib. XVI. T. 8. C. 36. (T. II. 298) ἡ χρῆσις τῆς οἰκήσεως, οὔτε χρῆσις ἀπλή ἐστιν, οὕτε χρῆσις καρπῶν, ἀλλ᾽ἰδιάζον δίκαιον, u. s. w. und es nur durch besondere Beisätze unterscheiden. (Gebrauch) hinterlassen worden ist, so fragt es sich, ob hierunter der Gebrauch gemeint sei; Papinian im siebenten Buche seiner Gutachten sagt, es sei der Gebrauch zu verstehen, nicht auch die Benutzung. 2Ist so gesagt worden, dem (N.) vermache ich den Niessbrauch am Hause des Wohnens wegen, so fragt es sich, ob hier derselbe blos das Wohnen als Vermächtniss erhalte, oder auch den Niessbrauch. Priscus sowohl als Neratius glauben, dass nur das Wohnen vermacht sei; dies ist richtig. Hätte der Testator gesagt den Gebrauch des Wohnens wegen, so würde man keinen Zweifel darüber hegen. 3Bei den Alten war es fraglich, ob das Wohnen auf ein Jahr oder auf Lebenszeit zu verstehen sei. Rutilius glaubte, das Wohnen bleibe auf Lebenszeit zuständig. Dieser Ansicht tritt auch Celsus im achtzehnten Buche der Digesten bei. 4Dass wenn der Gebrauch von einem Landgute hinterlassen worden, hierin weit weniger enthalten sei, als in der Benutzung, darüber waltet kein Zweifel ob. Was aber in demselben enthalten sei, wollen wir nun betrachten. Labeo sagt, [der Berechtigte] könne auf dem Landgute wohnen, dem Eigenthümer verbieten, dahinzukommen, nicht aber dem Pächter noch dessen Gesinde, insofern es sich nämlich der Ackerbestellung wegen dort aufhält. Wenn er [der Eigenthümer] übrigens sein städtisches Gesinde dahin schicke, so könne dies aus demselben Grunde, wie er selbst, daran verhindert werden. Auch, sagt Labeo, könne er die Weinkeller und Oelkeller allein gebrauchen, der Eigenthümer sich derselben aber ohne seinen Willen nicht bedienen.
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Den vollen Gebrauch muss er aber haben, wenn ihm [der Gebrauch] von einem Landhause und von einem Wohnhause hinterlassen worden ist. Dass der Eigenheitsherr zur Einerntung der Früchte dahin kommen dürfe, versteht sich von selbst, und es ist ihm auch zu gestatten, zur Zeit der Ernte daselbst zu wohnen. 1Ausser dem Wohnen, wozu der berechtigt ist, dem der Gebrauch gegeben worden, hat er auch das Recht zum Spatzierengehen und Reiten. Sabinus und Cassius [sagen,] er könne auch Holz zum täglichen Bedarf entnehmen, und den Garten, Obst, Küchengewächs, Blumen und Wasser brauchen, nicht um Gewinn daraus zu ziehen, sondern zum Gebrauch, d. h. nicht bis zum Missbrauch. Dasselbe sagt Nerva und setzt hinzu, er könne auch die Streue gebrauchen, aber weder Blätter noch Oel, noch Getraide, noch Früchte. Sabinus aber, Cassius, Labeo und Proculus [sagen], er könne allerdings von Allem, was auf dem Landgute wachse, den Bedarf für sich und die Seinigen nehmen, auch von dem, was Nerva in Abrede gestellt hat. Juventius sagt, er könne auch für seine Gäste und Gastfreunde davon Gebrauch machen. Diese Ansicht scheint mir richtig, denn dem, welchem der Gebrauch hinterlassen worden ist, muss seinem Stande gemäss schon etwas mehr zugestanden werden. Er darf jedoch, nach meinem Dafürhalten, nur im Landhause selbst den Gebrauch machen; ob er auch Obst, Küchengewächse, Blumen und Holz nur an Ort und Stelle gebrauchen, oder es auch nach der Stadt zu sich hinbringen lassen dürfe, das ist fraglich. Richtiger ist die Annahme, dass ihm auch das Letztere frei stehe; denn wenn auf dem Landgute Ueberfluss daran herrscht, so ist dies keine grosse Beschwerde. 2Ist aber der Gebrauch von Vieh hinterlassen worden, z. B. einer Schaafheerde, so sagt Labeo, erstrecke sich der Gebrauch nur auf die Düngung; Wolle, Lämmer und Milch sind davon ausgeschlossen; diese gehören mehr zur Nutzung. Ich glaube aber, dass er auch einigen Gebrauch von der Milch machen könne; denn der Wille des Verstorbenen ist nicht so streng auszulegen. 3Ist aber der Gebrauch von Zugochsen hinterlassen worden, so hat man den vollen Gebrauch, sowohl zum Pflügen, als zu andern Dingen, wozu Ochsen tauglich sind. 4Wenn [Jemandem] der Gebrauch von einem Gespann Pferden vermacht worden ist, so fragt es sich, ob er sie auch zureiten oder einspannen dürfe. War der, dem der Gebrauch von den Pferden vermacht worden ist, ein Fuhrmann, so kann er sie zu den Circensischen Spielen [z. B.] nicht gebrauchen, weil er sie dann gleichsam zu vermiethen schiene; hat sie ihm aber der Testator wissentlich, dass er zu den Leuten dieser Classe gehöre, hinterlassen, so wird angenommen, als habe er auch diesen Gebrauch gemeint. 5Ist Jemandem der Gebrauch von Dienstleistungen [eines Sclaven] hinterlassen worden, so kann er sich desselben zu seiner Bedienung und der seiner Gattin und Kinder bedienen, und es wird nicht so angesehen, als habe er sie einem Andern abgetreten, wenn er sich ihrer mit denselben zugleich bedient; obschon, wenn einem Familiensohn oder Sclaven der Gebrauch eines Sclaven hinterlassen und für den Vater oder Herrn erworben worden ist, derselbe sich nur auf Letztere [mit] erstreckt, und nicht auch auf diejenigen, welche sich in deren Gewalt befinden. 6Vermiethen, oder einem Audern zum Gebrauch bewilligen, darf man die Dienstleistungen eines Gebrauchssclaven nicht; dies sagt Labeo. Denn wie kann er einem Andern Dienstleistungen abtreten, wenn er selbst davon Gebrauch machen soll? Doch glaubt Labeo, dass wenn man ein Landgut erpachtet habe, man einen Gebrauchssclaven daselbst beschäftigen könne. Denn was kommt darauf an, wobei seine Dienstleistungen verwendet werden? — Hat daher ein Gebraucher Wolle zu spinnen miethweise übernommen, so kann er dies auch durch Gebrauchssclaven besorgen lassen; ebenso kann er, wenn er Kleider zu weben, oder ein Haus oder Schiff zu bauen übernommen hat, sich dabei der Dienstleistungen eines Gebrauchssclaven bedienen. Hierdurch wird auch der Ansicht des Sabinus, dass man, wenn der Gebrauch von einer Sclavin verliehen worden sei, sie nicht in eine Wollspinnerei schicken, noch aus den Dienstleistungen einen Gewinn ziehen dürfe, sondern sie nur mit Recht zwingen könne, Wolle für sich selbst zu spinnen, nicht zu nahe getreten; denn, wer deren Dienstleistungen nicht vermiethet, sondern durch sie eine auf Miethe übernommene Arbeit besorgen lässt, der wird auch als für sich handelnd angesehen; diesem tritt auch Labeo bei.
Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Wenn ich durch einen Gebrauchssclaven eine Stipulation eingehe, oder etwas durch Uebergabe erhalte oder erwerbe, so kommt es darauf an, ob es von meinem eigenen Vermögen oder durch seine Dienstleistungen [entstanden] sei; wenn durch seine Dienstleistungen, so gilt es nicht, weil man dieselben auch nicht vermiethen darf; wenn aber aus meinem Vermögen, so erwirbt der Gebrauchssclav durch Stipulation oder Empfang durch Uebergabe für mich, indem ich hierin von seinem Dienste Gebrauch mache. 1Ad Dig. 7,8,14,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 202, Note 1.Ob der Niessbrauch oder [blos] die Benutzung vermacht wird, ist ganz gleich; denn in der Benutzung liegt auch der Gebrauch, dem Gebrauch fehlt aber die Benutzung; und die Benutzung kann zwar ohne den Gebrauch nicht bestehen, wohl aber der Gebrauch ohne die Benutzung. Ist dir daher die Benutzung mit Abzug des Gebrauchs vermacht worden; so ist, wie Pomponius im fünften Buche zum Sabinus schreibt, das Vermächtniss ungültig, und wenn der Niessbrauch vermacht und die Benutzung entzogen worden ist, so schreibt er, werde das Ganze als wieder entzogen angesehn. Wenn aber die Benutzung ohne Gebrauch, so werde der letztere1919s. Noodt de usufr. II. 1. p. 392. Opp. omn. für bestellt angesehen, weil er ursprünglich so bestellt werden kann. Wird aber die Benutzung vermacht, und der Gebrauch entzogen, so schreibt Aristo, werde die Entziehung als ungültig angesehen; diese Ansicht ist gelinder. 2Ad Dig. 7,8,14,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 202, Note 1.Wird Jemandem, dem der Gebrauch schon vermacht worden ist, auch noch die Benutzung vermacht, so sagt Papinianus, falle dieselbe mit dem Gebrauch zusammen. Auch sagte derselbe, wenn dir der Gebrauch und mir die Benutzung vermacht worden ist, so haben wir den Gebrauch gemeinschaftlich, ich aber die Benutzung allein. 3Es kann aber der Eine den Gebrauch, der Andere die Benutzung ohne den Gebrauch und der Dritte die Eigenheit haben; z. B. wenn Jemand, der ein Landgut hat, dem Titius den Gebrauch vermacht, und kurz darnach sein Erbe dir die Benutzung vermacht, oder auf andere Weise bestellt hat.
Idem lib. XVII. ad Sab. Man nimmt an, dass, wenn der Erbe, während der Vermächtnissnehmer überlegte, den vermachten Sclaven freigelassen, darauf der Erstere [das Vermächtniss] ausgeschlagen habe, der freigelassene [Sclave] frei sein werde.
Ad Dig. 45,1,114Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 278, Note 2.Ulp. lib. XVII. ad Sabin. Wenn ich mir die Gewährung eines Grundstücks zu einem bestimmten Termine stipulire, und der Versprecher ist Schuld daran, dass es mir nicht gewährt wird, so muss mir soviel werden, als mein Interesse beträgt, dass kein Verzug eintrat.