Ad edictum praetoris libri
Ex libro IX
Ulp. lib. IX. ad Edictum. und welche ihren Geschäften wegen irgend einer beständigen Krankheit nicht vorstehen können.
Ulp. lib. IX. ad Ed. Ein Geschäftsbesorger ist, wer fremde Geschäfte im Auftrage des Herrn11Es ist in diesem Titel dominus stets durch Herr übersetzt worden; natürlich ist das hier nicht soviel als Eigenthümer, sondern soviel als Principal. verwaltet. 1Ein Geschäftsbesorger kann aber entweder für alle Angelegenheiten, oder für eine einzige Angelegenheit sein, entweder in Gegenwart, oder durch einen Boten, oder durch einen Brief bestellt, obwohl Einige, wie Pomponius im 24. Buche schreibt, nicht glauben, dass der, welcher wegen einer einzigen Angelegenheit einen Auftrag übernimmt, ein Geschäftsbesorger sei; wie denn nicht einmal der, der eine Sache zu überbringen, oder einen Brief, oder eine Nachricht zu überbringen übernommen hat, eigentlich Geschäftsbesorger genannt wird. Doch ist es der Wahrheit gemässer, dass auch der ein Geschäftsbesorger sei, der für eine einzige Angelegenheit bestellt sein sollte. 2Der Gebrauch eines Geschäftsbesorgers ist aber gar sehr nöthig, damit die, welche ihren Angelegenheiten selbst vorstehen, entweder nicht wollen, oder nicht können, durch Andere entweder klagen oder belangt werden können. 3Es kann aber zum Geschäftsbesorger auch ein Abwesender bestellt werden,
Ulp. lib. IX. ad Ed. Nach Einleitung des Streits aber kann der Beklagte, welcher einen Geschäftsbesorger bestellt hat, ihn zwar vertauschen, oder auf sich den Streit von einem lebenden, oder in der Stadt bleibenden Geschäftsbesorger übertragen, jedoch nach vorgängiger Untersuchung der Sache. 1Nicht blos aber dem selbst, der den Geschäftsbesorger bestellt hat, wird dies erlaubt, sondern auch dem Erben desselben und den übrigen Nachfolgern. 2Im Kreise der Untersuchung der Sache aber liegt nicht blos das, was wir oben beim Geschäftsbesorger, der nicht zu nöthigen sei, den Process zu übernehmen, gesagt haben, sondern auch das Alter,
Ulp. lib. IX. ad Ed. Und dies Alles wird nicht blos auf der Seite des Beklagten, sondern auch bei der Person des Klägers beobachtet werden. Aber wenn der Gegner oder der Geschäftsbesorger selbst sagen sollte, der Herr lüge, so muss dies beim Prätor entschieden werden. Auch ist kein Geschäftsbesorger zu dulden, der sich eine Geschäftsbesorgung anmaasst; denn gerade dadurch ist der, welcher seine Dienstleistung [dem Herrn] wider dessen willen aufdringt, verdächtig, wenn er nicht etwa sich mehr von dem Vorwurf reinigen, als die Geschäftsbesorgung zu erhalten suchen wollte. Und in soweit wird er zu hören sein, wenn er sagen sollte, er wolle zwar die Geschäftsbesorgung missen, aber [nur] wenn das, ohne seine bürgerliche Ehre zu verletzen, geschehe; übrigens wird der, welcher seine Ehre (pudorem) rechtfertigt, zu dulden sein. Freilich wenn er sagen sollte, er sei zu seinem eigenen Besten zum Geschäftsbesorger bestellt worden, und [wenn] er dies bewiesen haben sollte, so darf er den ihm eigenthümlich zugehörigen Streit nicht entbehren. Ingleichen wenn der Geschäftsbesorger irgend ein Zurückhaltungsrecht ausüben will, so wird der Streit nicht wohl von ihm weg zu übertragen sein,
Ulp. lib. IX. ad Ed. Im Kreise der Untersuchung der Sache wird auch das liegen, dass es nur so erlaubt sei, dass der Process vom Geschäftsbesorger weg übertragen werde, wenn Jemand alle Processe33In unserm Text steht zwar omnia judicii aus dem Cod. Flor.; allein die Zulässigkeit dieser Lesart möchte manchem Zweifel unterliegen, wogegen die hier befolgte: omnia judicia durch die Endworte dieses §. Translatio earum litium vollkommen bestätigt wird. von ihm weg zu übertragen bereit sein sollte; sonst wenn er einige übertragen, einige [dem Geschäftsbesorger] lassen will, so wird der Geschäftsbesorger mir Recht diese Unbeständigkeit zurückweisen. Aber dies [findet nur] dann [Statt], wenn der Geschäftsbesorger im Auftrage des Herrn gehandelt hat; sonst, wenn kein Auftrag da ist, da er weder etwas klagbar gemacht hat, noch du das gebilligt hast, was wider deinen Willen geschehen ist, so bringt dir das keinen Nachtheil; und darum ist für dich die Uebertragung solcher Streite nicht nöthig, damit du nicht mit einer fremden Handlung beschwert werdest. Diese Untersuchung aber wegen des zu vertauschenden Geschäftsbesorger ist Sache des Prätors. 1Wenn auf Seiten des Klägers eine Uebertragung des Streites Statt finden sollte, so behaupten wir, dass die vom Beklagten bewerkstelligte Stipulation (Sicherheitsbestellung), dass das Erkannte geleistet werde, verfalle44Dies und was im Folgenden vom Verfallen der Stipulation gesagt wird, ist nicht etwa als Folge des Vorhergehenden zu betrachten, als ob die Uebertragung des Streites auf Seiten des Klägers das Verfallen der Stipulation zur Folge habe; sondern Ulpian will sagen, das Verfallen der Stipulation werde durch jene Uebertragung nicht gehindert, sondern finde, auch wenn der Streit übertragen sei, in eben den Fällen Statt, wie sonst. Uebrigens vergl. über diesen §. u. die L. 28. Mühlenbruch in d. Cession d. Forderungsrechte. S. 48 flgde., und das billigte sowohl Neratius, als Julianus. Und dies Recht gilt in der Anwendung; nämlich wenn der Herr die Sicherheit bekommen hat. Aber auch wenn der Geschäftsbesorger die Sicherheit bekommen hat und der Process auf den Herrn übertragen werden sollte, so ist es der Wahrheit gemässer, dass [die Stipulation] verfalle und die Klage aus der Stipulation vom Geschäftsbesorger auf den Herrn übertragen werde. Aber auch wenn vom Herrn oder vom Geschäftsbesorger weg der Process auf einen Geschäftsbesorger übertragen werden sollte, so zweifelt Marcellus nicht, dass die Stipulation verfalle; und das ist wahr. Und obgleich für den Geschäftsbesorger55D. h. obgleich ihm die Sicherheit bestellt war und also zu seinem Besten die Stipulation verfällt. die Stipulation verfallen sein sollte, so wird doch dem Herrn eine analoge Klage aus der Stipulation zu geben sein, so dass die directe [Klage] durchaus aufgehoben wird.
Ulp. lib. IX. ad Ed. Wenn Jemand, der (quum) als Geschäftsbesorger verurtheilt worden war, Erbe des Herrn des Streites geworden sein sollte, so kann er nicht mit Recht die Klage wegen des Erkannten zurückweisen. So, wenn er allein Erbe; wenn er aber [nur] zu einem Theil Erbe geworden sein und das Ganze geleistet haben sollte, so wird er, in sofern ihm auch dies aufgetragen worden ist, dass er [das Schuldige] leiste, die Auftragsklage gegen die Miterben haben; ist es ihm nicht aufgetragen worden, so findet die Geschäftsführungsklage Statt; und dies ist der Fall, wenn der Geschäftsbesorger auch nicht Erbe geworden sein und [gleichwohl das Schuldige] geleistet haben sollte. 1Es ist nicht verboten, dass für einen einzigen Streit mehrerer Personen mehrere Geschäftsbesorger bestellt werden. 2Julianus sagt, der, welcher zu verschiedenen Zeiten zwei Geschäftsbesorger bestellt hat, scheine dadurch, dass er den späteren bestellt, den früheren ausgeschlossen zu haben (prohibuisse).
Ulp. lib. IX. ad Ed. Man sagt, dass auch ein Sclave und ein. Haussohn einen Geschäftsbesorger haben können. Und soviel den Haussohn betrifft, ist es wahr; beim Sclaven tragen wir Bedenken (subsitimus) und geben zwar zu, dass Jemand die Sondergutsgeschäfte eines Sclaven führen könne, und in diesem Falle der Geschäftsbesorger desselben sei; dass er aber eine Klage anstellen könne, lassen wir nicht zu (vetamus). 1Dass aber der, welcher über seine Rechtsfähigkeit streitet, einen Geschäftsbesorger haben könne, zweifeln wir nicht, nicht blos bei Führung seiner Angelegenheiten, sondern auch bei den Klagen, die ihm und gegen ihn zustehen, mag er nun im Besitz der Sclaverei oder der Freiheit über seine Rechtsfähigkeit streiten. Von der entgegengesetzten Seite auch ist es handgreiflich, dass er zum Geschäftsbesorger bestellt werden könne. 2Dem allgemeinen Besten ist es gemäss, dass Abwesende, von wen es auch sei, vertheidigt werden; denn auch bei Capital-Untersuchungen66Welche Untersuchungen so genannt werden, lehrt §. 2. I. 4. 18. findet eine Vertheidigung Statt. Wo also auch immer irgend ein Abwesender verurtheilt werden kann, da ist es billig, dass ein Jeder, welcher für ihn das Wort nimmt und [seine] Unschuld vertheidigt, gehört werde und [da ist es] der Ordnung gemäss, [einen solchen] zuzulassen; und dies erhellt auch aus einen Rescript unsers Kaisers77Caracalla’s (reg. allein v. 212—217 n. Ch.); denn unter ihm schrieb Ulpian seine Bücher ad Edictum. Vgl. Zimmern a. a. O. Th. 1. §. 100 a.. 3Der Prätor sagt: In wessen Namen Jemand verlangen wird, dass ihm eine Klage gegeben werde, den soll er nach Gutbefinden eines rechtlichen Mannes vertheidigen, und er soll dem, gegen den er in dieser Hinsicht88Quocum eo nomine ist wohl der Lesart des Textes: quo nomine, vorzuziehen. klagen wird, nach Gutbefinden eines rechtlichen Mannes Sicherheit bestellen, dass es der genehmige, den diese Sache angeht. 4Es hat dem Prätor billig geschienen, dass der, der in Jemands Namen als Geschäftsbesorger klagt, auch zugleich die Vertheidigung [desselben] übernehme. 5Wenn jemand als Geschäftsbesorger zu seinem eigenen Besten eintreten99Interveniat. Dieses Wort bezeichnet jeden Eintritt in einen fremden Streit. S. Zimm. a. a. O. Th. 3. §. 164. sollte, so muss man noch [immer] sagen, dass er [den Herrn auch] vertheidigen müsse, wenn er nicht etwa aus Nothwendigkeit erwählt sein sollte.
Ulp. lib. IX. ad Ed. Aber auch die Personen aus der Zahl der Geschäftsbesorger werden vertheidigen müssen, denen es freisteht, ohne Auftrag [für einen Anderen] zu klagen; z. B. Kinder, obgleich sie sich in der [väterlichen] Gewalt befinden; ingleichen Eltern, und Brüder, und Verschwägerte, und Freigelassene. 1Der Patron kann [seinen] Freigelassenen, wie einen Undankbaren, auch durch einen Geschäftsbesorger anklagen, und der Freigelassene durch einen Geschäftsbesorger antworten. 2Nicht aber blos wenn eine Klage, sondern auch [wenn] ein Präjudicium1010Praejudicia in diesem Sinne, oder praejudiciales actiones heissen Klagen, welche auf vorläufige Entscheidung (praejudicium) eines Rechtsverhältnisses oder einer Thatsache gerichtet sind, wovon man späterhin Gebrauch machen will. Beispiele s. §. 13. d. de actionib. 4. 6. Vergl. Zimmern a. a. O. Th. 3. §. 53. u. 69. Die hier gebrauchten Worte: actio, praejudicium, interdictum a procuratore postulatur sind aus dem Wesen des Röm. Processes zu erklären, wornach vom Kläger zu einer Präjudicial- oder anderen Klage, oder zu einem Interdict gebeten wurde., oder ein Interdict vom Geschäftsbesorger verlangt wird, oder wenn er will, dass durch eine Stipulation wegen Legaten oder zu befürchtenden Schadens Sicherheit gegeben werde, wird er den Abwesenden vor dem gehörigen Tribunal und in derselben Provinz [auch] vertheidigen müssen. Im Uebrigen ist es hart, wenn er gezwungen würde, auch in die Provinz von Rom weg zu gehen, oder umgekehrt, oder aus der [einen] Provinz in eine andere Provinz, und [da] zu vertheidigen. 3Vertheidigen heisst aber das thun, was der Herr für den Streit thun würde, und gehörige Sicherheit geben; auch wird die Lage des Geschäftsbesorgers nicht eine härtere werden dürfen, als die des Herrn ist, ausser bei der Sicherheitsbestellung. Ausser der Sicherheitsbestellung scheint der Geschäftsbesorger dann zu vertheidigen, wenn er sich auf den Process einlässt. Daher ist bei Julianus die Streitfrage aufgeworfen worden, ob er [dazu] genöthigt werde, oder aber ob es genüge, dass wegen nicht vertheidigter Sache die Stipulation verfalle; und Julianus schreibt im 3. Buch seiner Digesten, er sei zur Einlassung in den Process zu nöthigen, wenn er nicht auch die Anstellung der Klage nach vorgängiger Untersuchung der Sache verweigert habe, oder aus einem gerechten Grund abgewiesen worden sei. Zu vertheidigen scheint der Geschäftsbesorger, auch wenn er dulden sollte, dass [Jemand] in den Besitz komme, wenn Jemand Sicherheit wegen eines zu befürchtenden Schadens, oder [wegen] Legaten fordern sollte,
Ulp. lib. IX. ad Ed. In Bezug auf alle Klagen aber muss er vertheidigen, auch [in Bezug] auf die, welche gegen den Erben nicht Statt finden. 1Daher ist die Streitfrage aufgeworfen worden, wenn der Gegner mehrere Klagen anstelle, und gegen jede einzelne ein besonderer Vertheidiger auftrete, der [die Vertheidigung] zu übernehmen bereit sei, [ob dann der Beklagte wohl vertheidigt werde]; Julianus sagt, er scheine wohl vertheidigt zu werden, und Pomponius schreibt, dies Recht gelte bei uns in der Anwendung.
Idem lib. IX. ad Ed. Nicht blos aber bei Klagen und Interdicten, und Stipulationen muss er den Herrn vertheidigen, sondern auch bei Fragen, so dass er, vor dem Prätor (in jure) befragt, aus allen den Gründen antwortet, aus welchen der Herr. Ob also der Abwesende Erbe sei, wird er beantworten müssen, und, wenn er geantwortet oder geschwiegen hat, so wird er [daraus] gehalten sein. 1Wer in fremdem Namen eine Klage, es sei, welche es wolle, anstellt, muss Sicherheit geben, dass das der genehmigen werde, den diese Sache angehen wird. Aber zuweilen wird der Geschäftsbesorger, obgleich er in eigenem Namen klagen sollte, gleichwohl wegen der Genehmigung Sicherheit geben müssen, wie Pomponius im 25. Buch schreibt; z. B. man hat dem Geschäftsbesorger den Eid zurückgeschoben, er hat geschworen, es müsse dem Abwesenden [etwas] gegeben werden, er klagt in diesem Process in eigenem Namen wegen seines Eides; denn es konnte ja diese Klage dem Herrn nicht zustehen; aber er wird wegen der Genehmigung Sicherheit geben müssen. Aber auch wenn dem Geschäftsbesorger die Leistung einer Verbindlichkeit nach prätorischem Recht noch besonders versprochen ist (constitutum est), und er aus diesem Grunde klagen sollte, so ist nicht zu zweifeln, dass die Sicherheitsbestellung wegen Genehmigung an ihrer Stelle ist; und das schreibt Pomponius. 2Es wird bei Julianus die Streitfrage aufgeworfen, ob [der Geschäftsbesorger], dass der Herr allein es genehmige, Sicherheit geben müsse, oder auch, dass es die übrigen Gläubiger [genehmigen]; und er sagt, es sei nur wegen des Herrn Sicherheit zu geben, auch seien in jenen Worten: den diese Sache angeht, die Gläubiger nicht enthalten; denn auch nicht dem Herrn selbst lagt jene Sicherheitsbestellung ob. 3Wenn der Vater wegen des Heirathsguts klagt, so muss er Sicherheit geben, dass die Tochter es genehmigen werde; aber er muss sie auch vertheidigen, wie auch Marcellus schreibt. 4Wenn der Vater im Namen des Sohnes wegen Ehrenkränkungen klagt, so fällt, da es zwei Klagen gibt, eine die des Vaters, die andere die des Sohnes, die Sicherheitsbestellung wegen der Genehmigung weg. 5Wenn ein Geschäftsbesorger Jemandem die Rechtsfähigkeit bestreitet, mag nun Jemand gegen ihn sich aus der Sclaverei heraus die Freiheit erstreiten, oder mag er selbst [einen] aus der Freiheit in die Sclaverei fordern, so muss er Sicherheit geben, dass es der Herr genehmigen werde; und so steht es im Edict geschrieben, so dass er von beiden Seiten gleichsam für den Kläger gehalten wird. 6Es gibt auch einen Fall, wo Jemand in Bezug auf dieselbe Klage sowohl wegen der Genehmigung Sicherheit geben soll, als auch [darüber], dass das Erkannte geleistet werde; z. B. es ist eine Untersuchung wegen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verlangt worden, da ein Minderjähriger bei einem Verkauf hintergangen sein sollte, es tritt [nun] ein Geschäftsbesorger für den Gegner (alterius) auf, dieser Geschäftsbesorger muss Sicherheit geben, sowohl dass der Herr es genehmigen werde, damit nicht etwa der Herr, wenn er zurückgekehrt ist, etwas fordern möge; ingleichen, dass das Erkannte geleistet werde, damit, wenn etwa wegen dieser Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dem Jüngling etwas geleistet werden muss, dies geleistet werde. Und dies hat Pomponius so im 25. Buche zum Edict geschrieben. 7Ingleichen, sagt er, wenn ein verdächtiger Vormund vor Gericht gefordert werde, so müsse sein Vertheidiger auch wegen der Genehmigung Sicherheit geben, damit Jener, wenn er zurückkehrt, nicht widerrufen möge, was verhandelt worden ist. Aber es wird nicht leicht Jemand in der Person (per) des Geschäftsbesorgers als verdächtig angeklagt werden, weil es ein Process ist, der sich auf den guten Namen bezieht, wenn es nicht bekannt sein sollte, dass ihm (dem Geschäftsbesorger) [für diesen Fall] vom Vormund namentlich Auftrag gegeben worden, oder wenn, auch in Abwesenheit des Vormunds, gleichsam als würde er nicht vertheidigt, der Prätor Untersuchung anstellen wollte.
Idem lib. IX. ad Ed. Pomponius schreibt, dass man nicht alle Klagen durch den Geschäftsbesorger anstellen könne. So z. B. sagt er, könne [der Geschäftsbesorger] das Interdict, dass Kinder, die in der Gewalt eines Abwesenden sein sollen, weggeführt würden1111Dies Interdict wurde dann gebraucht, wenn dem Vater das Recht, seine Kinder bei sich zu haben und zu erziehen, streitig gemacht war., nicht fordern, ausser, wie Julianus sagt, nach Untersuchung der Sache, das heisst, wenn sowohl es ihm namentlich aufgetragen sein, als auch der Vater durch Krankheit oder einen anderen gerechten Grund verhindert werden sollte. 1Wenn der Geschäftsbesorger wegen eines zu befürchtenden Schadens oder wegen Legaten stipulirt, so wird er wegen Genehmigung Sicherheit geben müssen. 2Aber auch der, welcher gleichsam als Vertheidiger mit einer Klage auf eine Sache belangt wird, muss ausser der gewöhnlichen Sicherheitsbestellung, dass das Erkannte geleistet werde, auch wegen Genehmigung Sicherheit geben. Denn wie? wenn in diesem Process erkannt werden sollte, dass die Sache mein sei, [und nun] Jener, für den ein Vertheidiger aufgetreten war, nachdem er zurückkehrt, das Grundstück als sein Eigenthum fordern wollte, wird es dann nicht scheinen, als genehmige er nicht, was erkannt worden ist? Endlich wenn ein wahrer Geschäftsbesorger aufgetreten wäre, oder er (der Herr) selbst als gegenwärtig seinen Process geführt hätte, und besiegt worden wäre, würde er, wenn er [die Sache] als seine Eigenthum von mir forderte, durch die Einrede, dass über die Sache erkannt sei, abgewiesen werden? Und so schreibt Julianus im 50. Buche der Digesten; denn wenn erkannt wird, die Sache sei die meine, so wird zugleich erkannt, dass sie die Jenes nicht sei. 3Die Sicherheitsbestellung wegen Genehmigung aber wird vor der Einleitung des Streites vom Geschäftsbesorger gefordert; sonst, wenn einmal der Streit eingeleitet worden ist, wird er zur Sicherheitsbestellung nicht genöthigt werden. 4Bei den Personen aber, bei welche wir keinen Auftrag fordern, muss man sagen, dass, wenn es etwa augenscheinlich sei, dass sie gegen den Willen derer, für welche sie eintreten, rechtlich verfahren, sie zurückgewiesen werden müssen. Wir fordern also nicht, dass sei eine [ausdrückliche erklärte] Willensmeinung [für sich] oder einen Auftrag haben, sondern dass nicht ein entgegengesetzter Wille bewiesen werde, obgleich sie Sicherheitsbestellung wegen Genehmigung anbieten sollten.
Idem lib. IX. ad Ed. Mag der Rechtsstreit nun für1212Condemnare ist hier soviel als effecit, ut condemnaretur effecit condemnari. S. Brisson. v. condemnare. oder gegen den Vormund entschieden worden sein, so wird lieber dem Pflegbefohlenen und gegen denselben die Klage auf das Erkannte gegeben. Vorzüglich wenn er (der Vormund) sich nicht zu dem Rechtsstreite drängte, sondern dem Pflegbefohlenen wegen Abwesenheit oder Kindheit sein Vollwort zur Uebernehmung des Rechtsstreites nicht ertheilen konnte. Dies verfügte auch der göttliche Pius, und darauf erfolgten viele Rescripte, welche erklärten, jederzeit müsse, wenn der Vormund verurtheilt würde, die Klage auf das Erkannte gegen den Pflegbefohlenen [selbst] gegeben werden, ausgenommen, wenn dieser der Erbschaft sich entschlägt; denn dann soll nach wiederholten Verfügungen diese Klage weder gegen den Mündel, noch gegen den Vormund, noch sollen gegen Letzteren Pfändungen Statt finden. 1Ferner schreibt Marcellus im einundzwanzigsten Buche der Digesta: Wenn der Vormund [den Erbschaftsgläubigern durch Bürgen] Sicherheit leistete, bald darauf der Mündel die Erbschaft ausschlug, so müsse auch diesen Bürgen Hülfe geschafft [, d. i. sie müssen befreit] werden. Schlug aber der Mündel die Erbschaft nicht aus, so muss den Bürgen ebenso, wie ihm (dem Vormunde) selbst Hülfe gebracht werden, besonders wenn er für einen abwesenden Mündel, oder der noch ein Kind ist, Sicherheit leistete.
Ulp. lib. IX. ad Ed. Es ist allgemein angenommen, dass ein Vormund, wenn1313Die Florentina liesst hier quia, Haloander und Beck lesen quum. Letztere Lesart ist vorzuziehen, weil hier mehr eine Zeitbestimmung, als ein ursächliches Verhältniss angedeutet wird. er den Rechtsstreit erhebt, nicht dafür Sicherheit stelle, dass der Mündel das Geschäft genehmigen werde. Wie jedoch, wenn es zweifelhaft ist, ob diese Person wirklich Vormund ist, oder ob seine Vomundschaft noch fortdauert, oder ob die Führung ihm anvertraut ist? Vernünftiger Weise darf hierin der Gegner nicht hintergangen werden1414D. i der Vormund muss Sicherheit leisten; Vgl. Note 58.. Ebenso verhält es sich auch bei einem Curator, wie Julianus schrieb.
Ulp. lib. IX. ad Ed. Die in der Stadt aufgestellten Statuen gehören den Bürgern nicht; das sagen Trebatius und Pegasus; doch muss der Prätor dafür sorgen, dass Dasjenige, was in der Absicht an öffentlichen Orten aufgestellt worden ist, dass es ein Privatmann nicht solle hinwegnehmen dürfen, auch Derjenige nicht fortnehme, der es aufgestellt hat; daher werden die Bürger auch gegen Jeden, der Klage darauf erhebt, durch eine Einrede zu schützen, und ihnen mit einer Klage wider den Besitzer zu helfen sein.
Ulp. lib. IX. ad Ed. Ein vom Vormund bestellter Geschäftsführer leistet die Sicherheit jeden Falls; aber weder ein Geschäftsführer einer Stadt, noch ein Vorsteher einer Gemeinheit, noch ein durch die Uebereinkunft der Gläubiger für das Vermögen [des Schuldners] bestellter Curator leistet die Sicherheit.