Ad edictum praetoris libri
Ex libro LXX
Ulp. lib. LXX. ad Edict. Wenn ich meinem Schuldner die Klage anzeigen will, so wird es billig sein, ihn, wenn er die Schuld bekennt und sich zum Zahlen bereit erklärt, zu hören, und ihm einen Tag mit einer passenden Sicherheitsmaassregel zur Zahlung des Geldes zu bestimmen; denn in dem Verzug eines mässigen Zeitraums liegt kein grosser Schade. Als ein mässiger Zeitraum ist hier der zu verstehen, welcher nach der Verurtheilung den Beklagten nachgelassen wird.
Ulp. lib. LXX. ad Ed. Derjenige, welcher sich ohne allen Grund, ohne zu besitzen, und ohne durch Arglist sich des Besitzes entledigt zu haben, muthwillig auf eine dingliche Klage eingelassen hat, wird, wenn der Kläger davon nichts weiss, wie Marcell sagt, nicht losgesprochen; eine Ansicht, die richtig ist. Dies [gilt] nach der Einlassung auf die Klage; denn wer vor der Klagenerhebung den Besitz leugnet, wenn er wirklich nicht besitzt, betrügt den Kläger nicht; auch kann man den nicht als muthwillig auf die Klage sich einlassend annehmen, wer ungehorsam ausbleibt.
Idem lib. LXX. ad Ed. Wenn Jemand ein Landgut gekauft hat, als stehe Niemandem ein Fahrwegsrecht über dasselbe zu, und in einem Interdict über den Fahrweg unterlegen hat, so wird er die Klage aus dem Kaufe haben; denn wenn auch die Stipulation wegen der Entwährung nicht in Wirksamkeit getreten, weil über das Recht zur Dienstbarkeit nicht in einer dinglichen Klage erkannt worden ist, so findet dennoch die Klage aus dem Kaufe Statt.
Übersetzung nicht erfasst.
Ulp. lib. LXX. ad Ed. Heimlich, sagen wir, besitze Der, wer verstohlen sich in den Besitz gesetzt hat, ohne Wissen Dessen, von dem er besorgte, dass er ihm Streit erheben würde, und fürchtete, dass es geschehen möchte. Wer aber, obwohl er nicht heimlich besass, es verheimlicht hat, von dem wird nicht angenommen, er besitze heimlich, denn es kommt nicht auf den Grund der Erhaltung des Besitzes, sondern auf den Ursprung seiner Erlangung an, auch fängt Niemand an, heimlich zu besitzen, der mit Wissen oder Willen Dessen, dem die Sache gehört, oder aus irgend einem Grunde den Besitz im guten Glauben erlangt hat. Daher, sagt Pomponius, erlangt Derjenige den Besitz heimlich, der künftigen Streit fürchtend, ohne Wissen Dessen, den er fürchtet, verstohlen sich in Besitz setzt. 1Wenn Jemand zu Markte gereist ist, ohne Einen zurückzulassen, und während seiner Rückkehr ein Anderer sich des Besitzes bemächtigt hat, so scheint Letzterer, sagt Labeo, heimlich zu besitzen. Es behält also nun11Hiermit fängt Ulpian’s Berichtigung an: ergo steht dem nicht entgegen, weil Labeo’s Meinung nicht verworfen, sondern nur durch eine spätere Regel modificirt wird. Savigny S. 317. (3). Derjenige den Besitz, welcher zum Markte verreist ist. Hat jener mithin22Unde ist zu lesen, s. Sav. a. a. O. (4). den rückkehrenden Eigenthümer nicht hereinlassen wollen, so wird33Intellegitur, Sav. a. a. O. (5). vielmehr angenommen, er besitze gewaltsam, als heimlich.
Ulp. lib. LXX. ad Ed. Als natürlicher Besitzer wird Derjenige betrachtet, wer den Niessbrauch hat. 1Das Eigenthum hat mit dem Besitz nichts gemein, und darum wird Dem das Interdict Wie ihr besitzet, nicht verweigert, der bereits eine Sache mit der Eigenthumsklage in Anspruch genommen hat, denn wer eine Sache mit der Eigenthumsklage in Anspruch genommen hat, scheint nicht auf den Besitz verzichtet zu haben.
Ulp. lib. LXX. ad Ed. Ich glaube, man kann im Allgemeinen sagen, dass dieses Interdict anch zwischen Niessbrauchern stattfinden könne, wenn der Eine den Niessbrauch für sich in Anspruch nimmt, und der Andere den Besitz. Ingleichen wenn Einer den Besitz des Niessbrauchs für sich in Anspruch nimmt; das sagt Pomponius. Auch wenn der Eine den Gebrauch in Anspruch nimmt und der Andere die Benutzung, wird ihnen das Interdict ertheilt werden müssen.
Ulp. lib. LXX. ad Ed. Der Prätor sagt: Wie ihr zufolge des Pachtcontracts die Erbpachtung, um welche es sich handelt, weder gewaltsam, noch heimlich, noch bittweise Einer wider den Andern im Genuss habt, sodass ihr sie nicht geniesset, verbiete ich alle Gewaltthätigkeit; wenn eine andere Klage über eine Erbpachtung gefodert werden sollte, so werde ich dieselbe nach Erwägung der Sache ertheilen. 1Wer fremden Grund und Boden in Erbpacht hat, wird durch eine bürgerlichrechtliche Klage gesichert; denn hat er die Erbpacht erpachtet, so kann er wider den Grundherrn aus dem Pacht, wenn er sie gekauft, aus dem Kaufe klagen. Denn legt ihm jener selbst Hindernisse, so wird er durch die Klage sein Interesse erlangen; wenn aber ein Anderer, so muss ihm der Grundherr seine Klagen gewähren und abtreten. Es hat daher, zumal es unbestimmt war, ob eine Verpachtung statthabe44Dies bezieht sich, wie ich glaube, auf den öfters nicht genau nachzuweisenden Ursprung der Superficies., und weil es vortheilhafter ist, sich im Besitz zu befinden, als eine persönliche Klage zu erheben, höchst nützlich geschienen, dieses Interdict zu begründen und eine gleichsam dingliche Klage zu versprechen. 2Das Interdict ist zweiseitig, nach Art des Interdicts Wie ihr besitzet. Der Prätor beschützt mithin Den, der die Erbpachtung fodert, gleichsam wie mit dem Interdicte Wie ihr besitzet; er frägt nicht darnach, welchen Grund des Besitzes er habe, nur nimmt er darauf Rücksicht, ob er wider seinen Gegner gewaltsam, heimlich oder bittweise besitze. Uebrigens gilt hier ganz Dasselbe, was beim Interdicte Wie ihr besitzet. 3Die Worte des Prätors, wenn eine andere Klage wegen der Erbpacht gefodert wird, werde ich sie nach Erwägung der Sache ertheilen, sind so zu verstehen, dass, wenn Jemand eine Erbpachtung auf Zeit gepachtet hat, ihm die dingliche Klage verweigert werde. Nach Erwägung der Sache wird jedoch Dem, der eine Erbpachtung auf lange Zeit in Pacht genommen hat, die dingliche Klage zustehen. 4Der, an dessen Grund und Boden eine Erbpacht stattfindet, bedarf der analogen Klage nicht, sondern er hat dieselbe dingliche Klage, wie über den Grund und Boden. Wenn er freilich die Eigenthumsklage wider den Erbpächter anstellen will, so kann dieser sich mit einer auf das Geschehene ertheilten Einrede schützen; denn wem wir eine Klage ertheilen, dem muss umsomehr auch eine Einrede zuständig sein. 5Wenn dem Besitzer vom Grund und Boden die Erbpachtung entwährt wird, so wird es der Billigkeit angemessen sein, ihm entweder mit der Klage aus der Stipulation über Entwährung zu helfen, oder wenigstens mit der Klage aus dem Kaufe. 6Ad Dig. 43,18,1,6Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 223, Note 7.Weil aber wegen der Erbpachtung auch eine dingliche Klage ertheilt werden wird, so muss man annehmen, dass auch dem Kläger55Die ersten Worte des §. beziehen Manche auf den dominus soli, und dann soll der „Kläger“ der Superficiarius sein; Andere auf den Letztern, und dann wäre der petitor dahin zu erklären, der servitutem petit. Das Letztere scheint unzulässig (s. §. 9) und das Erste unverständlich. Ich verstehe unter petitor Jeden, der einen dinglichen Anspruch erhebt und in superficiem so wie übersetzt ist, in superficiem ist dann dem in rem ganz analog. eine solche wider die Erbpachtung ertheilt werde, und dass ein Quasi-Niessbrauch oder Gebrauch daran bestehen und durch analoge Klagen bestellt werden könne66S. Jac. Gothofredi Animadvers. jur. civ. cap. 6. (T. O. III. p. 279).. 7Auch muss angenommen werden, dass er übergeben, vermacht und verschenkt werden könne. 8Wenn [die Erbpachtung] Zweien gemeinschaftlich gehört, wird man auch eine analoge Gemeingutstheilungsklage ertheilen. 9Es können ferner nach prätorischem Rechte auch Dienstbarkeiten daran bestellt, und dieselben, nach Art derjenigen, die nach bürgerlichem Rechte77Ipso jure = j. civili. Donell. Comm. l. IX. c. 17. §. 6. bestellt worden sind, mit analogen Klagen gefodert werden; es findet derselben wegen auch ein analoges Interdict statt.
Ulp. lib. LXX. ad Ed. Der Prätor sagt: Welchen Privatweges, um den es sich handelt, oder welcher Fahrstrasse88S. Buch VIII. Tit. 6. Gesetz 2. in der Note; übrigens ist iter et actus hier im Allgemeinen für Weg zu nehmen. du in dem [verflossenen] Jahre weder gewaltsam, noch heimlich, noch bittweise wider Den und Den dich bedient hast, dass du dich desselben nicht bedienest, verbiete ich alle Gewaltthätigkeit. 1Dieses Interdict ist ein verbietendes, welches einzig und allein die Beschützung ländlicher Dienstbarkeiten zum Gegenstande hat. 2Bei diesem Interdicte nimmt der Prätor darauf keine Rücksicht, ob Jemand eine rechtlichermaassen auferlegte Dienstbarkeit besessen hat, oder nicht, sondern einzig und allein darauf, ob er sich des Weges in dem [verflossenen] Jahre weder gewaltsam, noch heimlich, noch bittweise bedient habe, und schützt ihn, wenn er sich desselben auch zu der Zeit, wo das Interdict ertheilt wird, nicht bedient. Er mag also ein Recht zu dem Wege gehabt haben, oder nicht, so befindet er sich in dem Verhältniss, dass ihm der Schutz des Prätors zu Theil wird, wenn er nur im [verflossenen] Jahre oder eine mässige Zeit hindurch, d. h. nicht weniger als dreissig Tage, von demselben Gebrauch gemacht hat. Auch wird der Gebrauch nicht auf den gegenwärtigen Zeitpunkt bezogen, weil man meistentheils von Fusssteigen oder Fahrwegen nicht einen immerwährenden Gebrauch macht, ausser wenn es der Bedarf erheischt; daher hat er den Gebrauch in dem Zeitraum eines Jahres eingeschlossen. 3Das Jahr muss vom Tage des Interdicts an rückwärts gezählt werden. 4Wer von diesem Interdicte Gebrauch machen will, für den genügt der Beweis des Einen von Beiden, nemlich, dass er entweder von [dem Wege als] Fusssteige oder als Uebertrift Gebrauch gemacht habe. 5Julianus sagt: es stehe Jedem das Interdict insoweit zu, als er [den Weg] beschritten habe; dies hat seine Richtigkeit. 6Mit Recht sagt Vivianus, wer wegen der Unbequemlichkeit eines Baches, oder weil die öffentliche Strasse unterbrochen worden war, den Weg über den Acker des nächsten Nachbars genommen habe, könne, selbst wenn er dies öfters gethan, dennoch nicht als davon Gebrauch machend betrachtet werden; daher sei auch das Interdict ganz unnütz, und zwar nicht darum, weil er bittweise den Gebrauch gemacht, sondern weil er in der That gar keinen gemacht habe; er hat also hiernach weder von dem einen noch von dem andern [Wege] Gebrauch gemacht, denn um so weniger von dem, den er wegen der Unbequemlichkeit des Baches, oder deswegen, weil der Weg unterbrochen war, nicht passirt ist. Dasselbe gilt dann, wenn es keine öffentliche Strasse, sondern ein Privatweg war; denn die Frage ist auch hier dieselbe. 7Derjenige, dessen Pächter, oder Gast, oder jeder Andere, wer es sei, den Weg nach dem Landgute zurücklegt, wird als von dem Fusssteige, der Uebertrift, oder dem Fahrwege Gebrauch machend betrachtet, und wird daher das Interdict erhalten; dies schreibt Pedius und fügt hinzu, dass, wenn jener auch gar nicht gewusst habe, wessen Landgut es sei, über welches er gegangen99Doch muss er das Vorhandensein einer Dienstbarkeit kennen, und sie im Namen des Besitzers ausüben, Savigny S. 457., dasselbe dennoch die Dienstbarkeit behalte. 8Hat aber einer meiner Freunde, in dem Glauben, ein gewisses Landgut gehöre ihm, den Weg in seinem Namen gebraucht, so wird angenommen, er habe das Interdict für sich und nicht für mich erworben. 9Wenn Jemand wegen einer Ueberschwemmung in dem [verflossenen] Jahre von einem Wege keinen Gebrauch gemacht hat, wohl aber im vorhergehenden, so kann er, indem das verflossene Jahr der Berechnung zum Grunde gelegt wird1010Repetita die, Savigny S. 458. oder indem die Frist doppelt gerechnet wird., vermöge der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus dem Theile [des Edicts] Wenn mir irgend ein rechtmässiger Grund vorhanden zu sein scheint, von diesem Interdicte Gebrauch machen. Auch wenn ihn dies in Folge erlittener Gewaltthätigkeit betroffen, muss er, wie Marcellus sagt, wieder in den vorigen Stand eingesetzt werden. Ausserdem bleibt aber dieses Interdict auch in andern Fällen noch, während die Frist doppelt gerechnet wird, zuständig, nemlich aus denen man [überhaupt] in der Regel Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhält. 10Ueberdies ist zu bemerken, dass, wenn meinem Gegner eine Fristerstreckung verstattet worden ist, wodurch mein Interdict in eine nachtheiligere Lage geräth, es der Billigkeit völlig angemessen sei, das Interdict unter doppelter Frist zu ertheilen. 11Ad Dig. 43,19,1,11Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 163, Note 8.Wenn ich dir ein Landgut bittweise zugestanden habe, welches zu einem Fahrwege berechtigt war, und du nachher vom Eigenthümer des [dienstbaren] Landgutes bittweise den Gebrauch dieses Weges zu dem Landgute erhalten hast, schadet dir da die Einrede, wenn du wider Den interdiciren willst, den du um Gestattung des Weges gebeten hast? — Es spricht mehr für die Bejahung. Es kann dies daraus abgenommen werden, was Julianus über einen Fall dieser Art schreibt. Er behandelt nemlich die Frage, ob, wenn ich dir bittweise ein Landgut gegeben habe, welches zu einem Fahrweg berechtigt war, und du bittweise darum angefragt hast, von diesem Wege Gebrauch machen zu dürfen, mir nichtsdestoweniger das Interdict von Nutzen sei, weil, gleichwie mich ein stattfindendes bittweises Verhältniss über eine mir gehörige Sache nicht binden kann, ich auch nicht als durch dich bittweise besitzend betrachtet werden könne; denn sobald mein Pächter, oder Derjenige, dem ich ein Landgut bittweise gegeben habe, von dem Wege Gebrauch macht, wird angenommen, dass ich denselben beschreite; mithin behaupte ich auch richtig, dass ich den Weg gebraucht habe; dieser Grund, sagt er, hat zur Folge, dass auch, wenn ich um einen Fahrweg bittweise angehalten, und dir das Landgut bittweise gegeben habe, obwohl du dann von demselben in der Ueberzeugung Gebrauch gemacht hast, es stehe meinem Landgute ein Recht darauf zu, das Interdict [für mich] wirkungslos sei, und ich als bittweise von diesem Wege Gebrauch gemacht habend betrachtet werde; und nicht mit Unrecht, denn es ist hier nicht deine Meinung, sondern die meinige, auf die es ankommt; du aber wirst, meiner Ansicht nach, von dem Interdicte Gebrauch machen können, wenn auch Julianus davon nichts sagt. 12Wenn Jemand in dem obgedachten Zeitraume während eines Jahres weder gewaltsam, noch heimlich, noch bittweise sich des Weges bedient hat, aber nachher nicht, sondern heimlich oder bittweise, so ist es die Frage, ob ihm dies nachtheilig sei? — Und es spricht, was das Interdict betrifft, mehr dafür, dass es ihm nicht schade.
Ulp. lib. LXX. ad Ed. Daher schreibt auch Labeo, dass, wenn du wider mich rechtlichermaassen einen Fahrweg ausgeübt hast, ich das Landgut, über welches du dich desselben bedient, verkauft habe, und nachher der Käufer dich daran verhindert hat, dir, wenn es auch scheine, dass du heimlich wider ihn von dem Wege Gebrauch machest, — denn wer einmal daran verhindert worden ist, übt [nachher] den Gebrauch heimlich, — das Interdict dennoch binnen Jahresfrist zuständig sei, weil du in dem verflossenen Jahre dich desselben weder gewaltsam, noch heimlich, noch bittweise bedient hast. 1Ingleichen ist zu merken, dass nicht nur Derjenige von einem Wege heimlich Gebrauch mache, der, selbst daran verhindert, den Gebrauch geübt hat, sondern auch Der, durch den er dieses Recht besass, wenn dieser daran verhindert worden ist, und er den Gebrauch fortgesetzt hat. Wenn ich freilich von dem eingetretenen Hinderniss nichts gewusst und den Gebrauch fortgesetzt habe, so schadet mir dies nichts. 2Hat Jemand wider meinen Verwaltersclaven1111Actor statt auctor, s. Savigny S. 460—462. es ist sonst zweimal dasselbe gesagt und ebenso entschieden. Sav. weist die häufige Verwechselung zwischen auctor und actor nach. gewaltsam, heimlich oder bittweise einen Weg gebraucht, so wird er von mir rechtlichermaassen am Gebrauch verhindert werden dürfen, und es hilft ihm das Interdict nichts, weil Der wider mich selbst gewaltsam, heimlich oder bittweise zu besitzen scheint, wer wider meinen Verwaltersclaven im fehlerhaften Besitze ist. Denn auch Pedius schreibt, es gelte dasselbe, wenn er wider Denjenigen einen gewaltsamen, heimlichen oder bittweisen Besitz ausgeübt habe, an dessen Statt ich durch Erbschaft, Kauf oder irgend ein anderes Recht nachgefolgt bin; denn wenn man an deren Stelle nachgefolgt ist, so ist es unbillig, dass Einem Dasjenige schaden solle, was Dem nicht geschadet hat, an dessen Stelle man nachgefolgt ist. 3Bei diesem Interdicte wird darauf Rücksicht genommen, wieviel der Betheiligte dabei interessirt ist, am Gebrauch des Weges oder Fusssteiges nicht verhindert worden zu sein. 4Ad Dig. 43,19,3,4Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 163, Note 9.Es wird angenommen, dass man den Gebrauch von Dienstbarkeiten auch durch Sclaven, oder Pächter, oder Freunde, oder auch durch Gäste mache, und beinahe durch alle Diejenigen, die uns Dienstbarkeiten erhalten; denn so werden auch durch den Niessbraucher zwar Dienstbarkeiten erhalten, aber es ist durch denselben, wie Julianus sagt, dieses Interdict dem Eigenthümer nicht zuständig. 5Derselbe Julianus schreibt, wenn der Niessbrauch an deinem Landgute mir zukam, die Eigenheit aber dir zustand, und wir Beide über des Nachbars Landgut gegangen seien, so stehe uns ein analoges Interdict wegen des Weges zu, es möge der Niessbraucher von einem Dritten am Gebrauch verhindert werden, oder vom Eigenthümer selbst; es wird aber auch dem Eigenthümer wider den Niessbraucher zustehen, wenn er von diesem daran verhindert wird; denn das Interdict steht auch wider jeden Andern, der dem Wege ein Hinderniss entgegenstellt, zu. 6Dieses Interdict ist auch Dem zuständig, der schenkungsweise den ausschliesslichen Besitz eines Landgutes erlangt hat. 7Wenn Jemand in meinen Auftrage ein Landgut gekauft hat, so ist es billig, mir dieses Interdict zu ertheilen, wo Derjenige sich des Weges bedient hat, der in meinem Auftrag kaufte. 8Ingleichen kann sich Derjenige des Interdicts bedienen, wer den Niessbrauch oder den Gebrauch gekauft hat, oder wem er vermacht oder übergeben worden ist. 9Ferner auch Der, wem ein Landgut an Mitgiftsstatt übergeben worden ist. 10Und man kann überhaupt sagen, es finde dieses Interdict aus allen denjenigen Gründen statt, die dem Verkaufe gleichstehen, oder anderen Contracten. 11Der Prätor sagt: Von welchem Wege in dem [verflossenen] Jahre du weder gewaltsam, noch heimlich, noch bittweise wider einen Andern Gebrauch gemacht hast, dass du nicht diesen Weg, wie du ein Recht dazu hast, ausbessern mögest, dawider verbiete ich alle Gewaltthätigkeit; wer von diesem Interdicte Gebrauch machen will, der muss seinem Gegner wegen drohenden Schadens, der durch seine Schuld entstehen möchte, Sicherheit bestellen. 12Auch dieses Interdict gebot der Nutzen zu begründen, denn es war folgerichtig, für Den, der den Gebrauch an einem Wege ausübt, ein Interdict zu begründen, um den Weg ausbessern zu können; denn wie soll er sonst von einem Wege oder einer Uebertrift einen bequemen Gebrauch machen können, als wenn er ihn ausgebessert hat? Denn sowie ein Weg verdorben ist, ist dessen Benutzung und das Befahren desselben unbequem. 13Dieses Interdict ist vom vorigen aber darin verschieden, dass sich des letztern Jeder bedienen kann, der im verflossenen Jahre davon Gebrauch gemacht hat, des erstern aber nur Derjenige, wer in dem verflossenen Jahre den Gebrauch gehabt und beweist, dass er ein Recht zum Ausbessern [des Weges] habe. Ein Recht scheint aber Derjenige zu haben, der zu der Dienstbarkeit berechtigt ist. Wer also von diesem Interdicte Gebrauch machen will, hat zweierlei zu beweisen, erstens, dass er im verflossenen Jahre den Gebrauch gehabt, und zweitens, dass ihm die Dienstbarkeit zuständig sei. Bleibt der Beweis des Einen oder des Andern aus, so fällt das Interdict weg; und zwar mit Recht, denn wer nur einen Weg befahren will, der braucht, sobald das Vorhandensein einer Dienstbarkeit überhaupt feststeht, nichts über sein Recht zu beweisen; denn was verliert Der, der ihm dies zu thun gestattet, was er im verflossenen Jahre gethan hat? Wer aber eine Ausbesserung unternehmen will, der unternimmt etwas Neues, und dies darf ihm auf fremdem Grund und Boden nicht gestattet werden, als wenn er wirklich eine Dienstbarkeit hat. 14Es kann aber auch der Fall eintreten, dass Derjenige, wer ein Recht zum Fahren hat, dennoch zur Ausbesserung nicht berechtigt ist, weil bei Bestellung der Dienstbarkeit ausgemacht worden ist, dass er dieses Recht nicht haben solle, oder so, dass, wenn er eine Ausbesserung unternehmen will, er nur das Recht haben solle, dieselbe innerhalb bestimmter Grenzen zu bewirken; mit Recht nahm daher der Prätor auf die Ausbesserung besondere Rücksicht. Wie du ein Recht dazu hast, sagt er, sollst du ausbessern; wie du ein Recht dazu hast, d. h. wie es zufolge der Auferlegung der Dienstbarkeit erlaubt ist. 15Ausbessern heisst, einen Weg in seine vorige Gestalt wiederherstellen, das heisst, weder erweitern, noch verlängern, noch vertiefen, noch erhöhen; denn etwas Anderes ist es, einen Weg machen, und etwas ganz Anderes ist es, einen Weg ausbessern. 16Bei Labeo findet sich die Frage behandelt, ob es Jemandem zu gestatten sei, zur Befestigung eines Weges eine Brücke zu machen, und er bejahet dieselbe, als sei diese Befestigung ein Theil der Ausbesserung. Ich halte diese Meinung des Labeo für richtig, sobald ohnedies die Passage gehemmt ist.
Ulp. lib. LXX. ad Ed. Der Prätor sagt: Wie du in dem [verflossenen] Jahre das Wasser, um welches es sich handelt, nicht gewaltsam, nicht heimlich und nicht bittweise wider Den und Den geleitet hast, dass du es nicht so leiten mögest, dawider verbiete ich alle Gewaltthätigkeit. 1Dieses Interdict ist ein verbietendes, und zuweilen ein die Wiederherstellung verfügendes, und betrifft das tägliche Wasser. 2Tägliches Wasser heisst nicht [nur]1212August. Emend. II. 1. dasjenige, welches täglich geleitet wird, sondern [auch] dasjenige, dessen sich Jemand nach Belieben täglich bedienen kann, obgleich es zuweilen ohne Nutzen ist, es im Winter täglich zu leiten, wenn es auch geleitet werden könnte. 3Man theilt das Wasser in zwei Classen, in tägliches Wasser und in Sommerwasser. Das eine unterscheidet sich vom andern durch den Gebrauch, und nicht durch das Recht. Das tägliche Wasser ist dasjenige, welches in der Regel immerwährend geleitet wird, sowohl zur Sommer- als zur Winterzeit, wenn es auch einmal nicht geleitet worden ist; auch dasjenige wird tägliches Wasser genannt, zu dem die Dienstbarkeit durch Zwischenräume getrennt stattfindet. Sommerwasser aber ist dasjenige, dessen Gebrauch nur im Sommer von Nutzen ist, sowie man diejenigen Kleider Sommerkleider nennt, die Triften Sommertriften, und diejenigen Lager Sommerlager, deren man sich zwar zuweilen auch im Winter, meistentheils aber im Sommer bedient. Meiner Ansicht nach, muss man den Unterschied zwischen Sommer- und täglichem Wasser nach der Absicht des Gebrauchenden und der Beschaffenheit des Orts ab nehmen. Denn wenn das Wasser von der Art ist, dass es immerwährend geleitet werden kann, ich aber dennoch davon nur im Sommer Gebrauch mache, so ist anzunehmen, dass dieses Wasser ein Sommerwasser ist. Ist es umgekehrt ein solches Wasser, welches nur im Sommer geleitet werden kann, so wird es ebenfalls ein Sommerwasser genannt werden, und wenn die örtliche Beschaffenheit von der Art ist, dass sie der Natur nach nur im Sommer Wasser zulässt, so wird es auch richtig ein Sommerwasser genannt werden müssen. 4Wenn es in dem Interdicte heisst: Wie du in dem [verflossenen] Jahre das Wasser geleitet hast, so will das sagen: nicht täglich, sondern in dem Jahre, wenn auch nur an einem Tage, oder in einer Nacht. Das tägliche Wasser ist also dasjenige, welches täglich geleitet werden kann, im Winter wie im Sommer, wenn es auch eine Zeit über nicht geleitet worden ist; Sommerwasser aber dasjenige, welches zwar täglich geleitet werden kann, aber blos im Sommer, und nicht auch im Winter geleitet wird, nicht weil es im Winter nicht stattfinden kann, sondern weil es nicht Sitte ist. 5Es spricht der Prätor aber in diesem Interdicte blos von demjenigen Wasser, welches das ganze Jahr über fliessend ist, denn ein anderes Wasser als dieses kann gar nicht geleitet werden. 6Obwohl wir aber gesagt haben, dass dieses Interdict einzig und allein auf solche Gewässer Anwendung leide, die das ganze Jahr über fliessen, so ist doch zu verstehen, dass es nur diejenigen dieser Gattung bezeichne, welche geleitet werden können. Denn es giebt deren, die, wenn sie gleich das ganze Jahr über fliessend sind, dennoch nicht geleitet werden können, z. B. Brunnenwasser, und solche, die so tief liegen, dass sie gar nicht aus der Oberfläche der Erde heraustreten und also nicht gebraucht werden können; wohl aber kann diesen Gewässern, die nicht geleitet werden können, die Dienstbarkeit des Wasserschöpfens auferlegt werden. 7Diese Interdicte über das Wasser und die Quellen betreffen nur solche Gewässer, die von einem wirklichen Wasserquell ausgehen, und nirgends andersher; denn an solchen Gewässern kann nach bürgerlichem Rechte auch [nur] eine Dienstbarkeit bestellt werden. 8Der Ursprung eines Wassers ist da, woher ein Gewässer entsteht; wenn es aus einem Quell entspringt, so ist es der Quell selbst, wenn aus einem Flusse oder See, die ersten Abzugsgerinne, oder der Anfang der Gräben, durch welche die Wässer aus dem Flusse oder See in den ersten Hauptkanal geführt werden. Wenn ein Wasser aus Feuchtigkeiten in der Erde zusammenfliessend nach einem Orte zuerst seine Richtung nimmt und da zu Tage ausfliesst, so nennt man das den Ursprung des Wassers, wo es zuerst hervorkommt. 9Das Recht an dem Wasser mag bestellt sein, auf welche Weise da wolle, es findet stets dieses Interdict statt. 10Auch aber wenn Jemand auf das Wasser kein Recht hat, jedoch in dem Glauben gestanden hat, ein Recht zu haben, dasselbe zu leiten, so lässt sich, da er nicht in rechtlicher, sondern in thatsächlicher Hinsicht in Irrthum war, behaupten, und so ist es auch bei uns Rechtens, dass er von diesem Interdicte Gebrauch machen könne; denn es genügt, wenn er geglaubt, ein Recht zu haben, dasselbe zu leiten, es weder gewaltsam, noch heimlich, noch bittweise geleitet zu haben. 11Es ist die Frage, ob blos dasjenige Wasser in diesen Interdicten begriffen sei, das zur Bewässerung der Aecker gehört, oder auch jedes andere zu unserm Gebrauch und Vortheil dienende? — Und es ist Rechtens, dass auch das letztere gemeint sei. Es kann daher dieses Interdict auch statthaben, wenn Jemand Wasser in städtische Grundstücke leiten will. 12Ausserdem sagt Labeo, dass, auch wenn die Leitung des Wassers gerade nicht zu einem Landgute gehöre, dessen Leitung Jedem freistehe, das Interdict Anwendung leide. 13Derselbe Labeo sagt auch, dass, wenngleich der Prätor bei diesem Interdicte kalte Gewässer in Gedanken gehabt habe, dieselben Interdicte dennoch auch in Betreff warmer Gewässer nicht verweigert werden können. Denn auch deren Gebrauch sei ein nothwendiger; zuweilen nemlich gewähren die abgekühlten zur Bewässerung der Aecker ihren Dienst; auf der andern Seite sind sie aber in andern Gegenden zur Bewässerung der Aecker noch ganz warm nothwendig, z. B. bei Hierapolis; denn es ist bekannt, dass bei den Hierapolitanern in Asien der Acker mit warmem Wasser gewässert werde. Wenn aber auch das Wasser von der Art ist, dass es zur Bewässerung der Aecker nicht nothwendig ist, so wird doch Niemand daran zweifeln, dass diese Interdicte zur Anwendung kommen werden. 14Dasselbe Interdict hat statt, gleichviel ob ein Wasser innerhalb oder ausserhalb der Stadt sei. 15Es ist jedoch hierbei zu bemerken, dass der Prätor die Leitung des Wassers auf dieselbe Weise anbefohlen habe, wie es in dem [verflossenen] Jahre geleitet worden. Es kann mithin nicht angenommen werden, dass er sie in erweiteter Ausdehnung oder sonst auf andere Weise erlaubt habe. Ist daher das Wasser, welches Jemand leiten will, ein anderes, als dasjenige, welches er in dem Jahre geleitet hat, oder zwar dasselbe, aber er will es durch eine andere Gegend leiten, so darf ihm ungestraft Gewalt entgegengesetzt werden. 16Das sagt Labeo: es gehören alle Theile desjenigen Landgutes, wohin das Wasser geleitet wird, zum Inbegriff der Berechtigung1313Eodem numero esse, s. d. Note bei Gothofr. Ueber diese Stelle s. Glück X. S. 54 ff. u. Thibaut Abhandl. I. S. 16 ff. Die Meinung Labeo’s in obiger Stelle ist ungültig.. Hat also etwa der Kläger einen daran grenzenden Acker gekauft, und will nachher von dem Acker, wohin er das Wasser in dem [verflossenen] Jahre geleitet hat, dasselbe Namens des gekauften Landgutes leiten, so glaubt man, werde er sich dieses Interdicts, sowie dessen wegen Fahrweges, dass er, wenn er einmal nach seinem Landgute gegangen, von daher zurückkehren könne1414Nemlich über das dienende Landgut., wo er wolle, nur dann rechtlichermaassen bedienen, wenn dem kein Schade geschieht, woher er das Wasser leitet. 17Ingleichen ist die Frage erhoben worden, ob, wenn Jemand ein anderes Wasser damit vermischt habe, als er in dem [verflossenen] Jahre leitete, er ungestraft daran verhindert werden könne? — Es ist hierüber eine Meinung des Ofilius vorhanden, welcher glaubt, dass er allerdings daran verhindert werden könne; da aber, wo er zuerst ein anderes Wasser in den Kanal hineinleitet, sagt er mit Recht, dass ihm das Hinderniss dann auch in Betreff des ganzen Wassers entgegengestellt werden könne. Ich stimme dem Ofilius bei, dass keine Theilung stattfinden könne, weil in Ansehung eines Theiles nicht dergestalt Gewalt entgegengesetzt werden kann, dass sie nicht auf das ganze Wasser von Einfluss sei1515Dieser §. ist etwas undeutlich; Gothofred ist deshalb (der einzige, mir bekannte Interpret) so weit gegangen, das zweite Mal, statt Ofilius, Coelius oder Cascellius lesen und so zwei verschiedene Ansichten derselben herausbringen zu wollen, wo dann Ulpian dem Ofilius beistimme; allein dies ist ganz unmöglich. Verständlich wird aber der Inhalt durch die Interpunction, wie ich sie angenommen habe, und nun verstehe ich denselben in extenso so: der Eigenthümer des dienenden Grundstücks kann den des herrschenden abhalten, einen andern Bach in den schon vorhandenen zu leiten; dies würde also an des erstern Ursprung oder in seinem Lauf, bis er jenen erreicht, der Fall sein, er kann aber auch die ganze Wasserleitung da hemmen, wo der neue Kanal mit dem alten zusammentrifft. —. 18Trebatius sagt, wenn eine grössere Anzahl Vieh zur Tränke getrieben wird, als hinzugetrieben werden darf, so darf ungestraft das gesammte Vieh abgehalten werden, weil das mit dem andern Vieh verbundene Vieh, welchem der Antrieb zur Tränke gestattet werden musste, denselben ganz aufhebt. Marcellus aber sagt, dass, wenn Jemand, der das Recht hatte, das Vieh an das Wasser zu treiben, mehr Vieh dahin getrieben habe, nicht mit allem Vieh dahin zu kommen abgehalten werden dürfe; dies ist darum richtig, weil Vieh abgesondert werden kann. 19Aristo glaubt, dass nur Derjenige dieses Interdict habe, der von einem ihm zustehenden Rechte Gebrauch zu machen glaubt, nicht aber Der, welcher weiss, dass er kein Recht dazu habe, und dennoch den Gebrauch übt. 20Derselbe sagt, es könne auch Derjenige von dem Interdicte mit Recht Gebrauch machen, der in dem [verflossenen] Jahre ein Wasser weder gewaltsam, noch heimlich, noch bittweise geleitet, und in demselben Jahre noch einen mit Mängeln behafteten Gebrauch davon gemacht hat (weil dies auf diejenige Zeit bezogen werden kann, zu der der Gebrauch ohne Mangel statthatte), denn es ist [und bleibt] wahr, dass er in diesem Jahre weder gewaltsam, noch heimlich, noch bittweise den Gebrauch geübt habe. 21Es ist die Frage entstanden, ob, wenn Jemand vor einem Jahre das Wasser geleitet habe, nachher in der Folgezeit aber, d. h. binnen einem Jahre, das Wasser von selbst geflossen sei, ohne dass es Jemand geleitet, dieses Interdict statthabe? Severus Valerius berichtet, es sei ihm das Interdict zuständig, als habe er es wirklich geleitet, obwohl er, bei nahe besehen, es eigentlich nicht geleitet hat. 22Es ist ferner die Frage erhoben worden, ob, wenn Jemand in dem Glauben, er habe allemal den dritten Tag das Recht, das Wasser zu leiten, es nur an einem Tage gethan habe, anzunehmen sei, er habe es rechtlicherweise und ohne Verfänglichkeit für den Besitzer [des dienenden Grundstücks] ausgeübt, sodass das Interdict statthabe; denn der Prätor sagt: wie du es in dem [verflossenen] Jahre geleitet hast, d. h. einen Tag um den andern. Allein es ist einerlei, ob die Verpflichtung zu dem Wasser allemal den fünften Tag oder einen Tag um den andern, oder täglich gegen Den vorhanden ist, der von diesem Interdicte Gebrauch machen will; denn da es hinreichend ist, das Wasser an einem einzigen Tage in dem ganzen Jahre geleitet zu haben, so ist es einerlei, wie es der zur Wasserleitung Berechtigte geleitet habe, indem es Dem, der, da er allemal den fünften Tag davon Gebrauch machen durfte1616Und in dem Glauben, dazu berechtigt zu sein; denn hierauf kommt es hauptsächlichst an, s. §. 19; der letzte Satz in §. 22 soll sagen, dass der vorhergedachten Regel unbeschadet, dennoch durch dieselbe keine Uebervortheilung möglich sei. „[Hierzu] dennoch nichts hilft,“ heisst soviel, als „dennoch der Gebrauch an einem Tage nicht dazu dient, den Gebrauch als einen Tag um den andern zustehend zu beschützen“ (Leiten dürfen, rechtfertigt der Zusammenhang.), interdicirt, wie wenn er es einen Tag um den andern leiten dürfe, [hierzu] dennoch nichts hilft. 23Ausserdem ist aber zu bemerken, dass, wenn du ein Wasser geleitet hattest, und dein Gegner es verhindert hat, und du nachher mittlerweile das Recht der Wasserleitung verloren hast, der Umstand mit bei der Herausgabe in Betracht komme, dass dir durch dieses Interdict das Entgangene gewährt werde, und das halte ich für wahr. 24Wenn du das Landgut, zu dem du das Wasser leitetest, verkauft und übergeben hast, so ist dir das Interdict nichtsdestoweniger von Nutzen. 25Dasselbe steht mir wider Den zu, der mich an der Leitung des Wassers hindert. Und es ist kein Unterschied, ob Jemand das Eigenthum eines Landgutes hat, oder nicht; er haftet deshalb durch das Interdict; denn es kann ja auch eine Dienstbarkeit, der [ein Hinderniss entgegengesetzt] worden ist1717Savigny S. 463. n. (3.) zieht dieses Gesetz als Beweisstelle für den auch oben enthaltenen Satz an, dass das Interdict mit der Zeit persönlich geworden sei; es scheint mir aber auch §. 25. diese Wahrheit zugleich passiv zu beweisen, d. h. dass der Störer auch nicht Grundbesitzer zu sein brauche. Wahrscheinlich hat Savigny dies nur nicht deutlich genug ausgedrückt, oder es nicht für nöthig befunden zu thun., wider Jeden mit der Eigenthumsklage in Anspruch genommen werden1818Coepit, hier ist wohl vielmehr prohiberi zu suppliren, als competere mit der Glosse? — Gothofredus findet in diesem §. eine Vergleichung zwischen Interdict und actio confessoria. — Einer Emendation, wie Best l. l. p. 267. fg. will, bedarf das Gesetz aber schwerlich; is ist der vorher Genannte eum, und idcircoque geht auf das prohibere, welches allein hinreichend ist, das Interdict zu begründen.. 26Wenn zwischen zwei zu dem Kanale Mitberechtigten, d. h. Denjenigen, welche ein Wasser durch denselben Kanal leiten, Streit über den Gebrauch des Wassers entsteht, indem Beide den Gebrauch daran für ihnen zuständig behaupten, so steht Beiden ein zweiseitiges Interdict zu. 27Labeo glaubt, es werde durch dieses Interdict Jeder daran verhindert, etwas auf einem fremden Landgute zu unternehmen, zu graben, zu säen, abzuschneiden, Bäume zu beschneiden, zu bauen, wodurch das Wasser, welches er in dem [verflossenen] Jahre durch dein Landgut ohne Fehler [des Besitzes] geleitet hat, verunreinigt, mit schädlichen Stoffen vermischt, verdorben oder schlechter werde; und ebenso, sagt er, dürfe rücksichtlich des Sommerwassers interdicirt werden. 28Wenn Jemand das Zugeständniss macht, dass er kein Wasser mehr solle schöpfen dürfen, so gilt dieses Zugeständniss1919S. l. 15. D. de serv.. 29Nachher sagt der Prätor: wie du im vorigen Sommer das Wasser, um welches es sich handelt, weder gewaltsam, noch heimlich, noch bittweise wider Den und Den geleitet hast, dass du es nicht so leiten mögest, dawider verbiete ich alle Gewaltthätigkeit. Den Erben, Käufern und Nachlassbesitzern werde ich das Interdict ertheilen. 30Dieses Interdict wird in Betreff des Sommerwassers ertheilt. 31Da wir gesagt haben, dass das Sommerwasser vom täglichen Wasser etwas verschieden sei, so ist zu bemerken, dass auch zwischen den Interdicten ein Unterschied statttinde; denn wer über tägliches Wasser interdicirt, interdicirt so: wie du es in dem [verflossenen] Jahre geleitet hast, wer hingegen über Sommerwasser, so: wie im vorigen Sommer; und zwar mit Recht, denn wer im Winter keinen Gebrauch davon macht, der kann sich nicht auf den gegenwärtigen Sommer beziehen, sondern auf den vorigen. 32Der Sommer fängt nach der hergebrachten Ansicht der Naturforscher von der Frühlingsnachtgleiche an, und endet mit der Herbstnachtgleiche; so wird der Sommer wie der Winter nach sechs Monaten eingetheilt. 33Der Begriff voriger Sommer wird aus der Gegeneinanderstellung zweier Sommer abgenommen. 34Hieraus folgt, dass, wenn im Sommer interdicirt wird, zuweilen ein Jahr und sechs Monat zurückgerechnet wird; dies geschieht dann, wenn zur Zeit der Frühlingsnachtgleiche das Wasser geleitet und im folgenden Sommer den Tag vor der Herbstnachtgleiche interdicirt worden ist. Wird mithin im Winter interdicirt, so wird diese Berechnung sogar auf einen zweijährigen Zeitraum ausgedehnt werden. 35Hat Jemand nur im Winter ein Wasser zu leiten gepflegt, im Sommer aber nicht, so steht ihm ein analoges Interdict zu. 36Wer in dem gegenwärtigen und nicht im verflossenen Sommer Wasser geleitet hat, hat ein analoges Interdict. 37Der Prätor sagt: Den Erben und Käufern und Nachlassbesitzern werde ich das Interdict ertheilen; diese Worte beziehen sich nicht blos auf Sommerwasser, sondern sind auch auf das tägliche zu beziehen, denn gleichwie die Interdicte über Wegedienstbarkeiten den Rechtsnachfolgern ertheilt werden, und dem Käufer, so glaubte der Prätor auch diese ertheilen zu müssen. 38Der Prätor sagt: Aus welchem Wasserbehälter2020Castellum, Rode in Vitruv. l. VIII. 7. IX. 6. übersetzt Wasserschloss. Dem und Dem, von Dem, der daran ein Recht hatte, Wasser zu leiten erlaubt ist, dass er es nicht so leiten möge, wie ihm erlaubt ist, dawider verbiete ich alle Gewaltthätigkeit. Sobald in Bezug auf die Errichtung eines Baues interdicirt worden ist, werde ich Sicherheitsbestellung wegen drohenden Schadens anbefehlen. 39Dieses Interdict ist in Folge der Nothwendigkeit begründet worden; denn da die vorhergedachten Interdicte Diejenigen betreffen, welche Wasser aus einem Wasserspring leiten, entweder in Folge einer auferlegten Dienstbarkeit, oder weil Jemand in dem Glauben steht, dass eine solche auferlegt sei, so erschien es der Billigkeit entsprechend, auch Dem ein Interdict zu ertheilen, der das Wasser aus einem Wasserbehälter leitet, d. h. aus einem Orte, wo sich das öffentliche Wasser sammelt. 40Ein Wasserbehälter verstehe so, wenn es erlaubt worden ist, aus einem Wasserbehälter [Wasser zu leiten]; doch wird das Interdict, auch wenn es aus einem andern Orte herzuleiten erlaubt worden, ertheilt werden müssen. 41Erlaubt wird es aber, das Wasser aus einem Wasserbehälter, oder Kanal, oder irgend einem andern öffentlichen Orte zu leiten. 42Und dies wird vom Kaiser gestattet; weiter hat Niemand das Recht, Wasser zu bewilligen. 43Zuweilen wird es Grundstücken, zuweilen Personen zugestanden. Ist es Grundstücken ertheilt, so erlischt es mit dem Ableben der Personen nicht; allein die Personen ertheilte Erlaubniss geht mit den Personen verloren; und geht daher weder auf einen andern Eigenthümer der Grundstücke, noch auf den Erben, oder sonstigen Rechtsnachfolger über. Demjenigen natürlich, auf den das Eigenthum2121Eines berechtigten Grundstücks. übergeht, steht es leicht, es zu erlangen; denn wenn er nachweisst, dass das Wasser seinen Grundstücken gebühre, und dass es in Dessen Namen geflossen sei, von dem das Eigenthum auf ihn übergegangen ist, so erlangt er zweifelsohne das Recht, das Wasser zu leiten, und es ist dies keine Wohlthat, sondern es wäre eine Ungerechtigkeit, wenn er es nicht erlangt haben sollte. 44Man muss übrigens Dessen eingedenk sein, dass bei diesem Interdicte die ganze Frage mit der Anweisung erledigt wird, denn dieses Interdict bereitet die Sache nicht vor, wie die vorigen, betrifft auch nicht den zeitigen Besitz, sondern [der Betheiligte] erhält entweder das Interdict angewiesen oder nicht, und damit ist das ganze Interdict zu Ende.
Ulp. lib. LXX. ad Ed. Der Prätor sagt: Kanäle, unterirdische Wassergänge und Schleusen auszubessern, zu reinigen, der Leitung des Wassers halber, dass Dem und Dem dies nicht gestattet sei, sobald er nur sonst das Wasser nicht anders leitet, als er es im vorigen Sommer weder gewaltsam, noch heimlich, noch bittweise wider dich geleitet hat, verbiete ich alle Gewaltthätigkeit. 1Dieses Interdict ist von grossem Nutzen, denn wenn Jemandem das Ausbessern nicht gestattet wird, so wird er, [nur] auf andere Weise, am Gebrauche verhindert werden. 2Der Prätor sagt also Kanäle, unterirdische Wassergänge, Schleusen. Rivus (Kanal) ist ein der Länge nach vertiefter Ort, in dem das Wasser läuft, und heisst so ἀπὸ τοῦ ῥεῖν (vom Fliessen). 3Specus (unterirdischer Wassergang, eigentlich Höhle, Spähwinkel) ist ein Ort, ex quo despicitur (von wo herabgespähet wird)2222Scipio Gentilis Parerga ad Pand. (T. O. IV. 1395. sq). über specus auch (Varro de R. R. kurz ante fin. operis und Cujac. Obs. XVI. 17.), rivus u. incile.. Daher kommt auch das Wort Spectacula (Schauspiele). 4Schleusen (septa) werden vor die Abzugsgerinne gesetzt, um das Wasser aus dem Flusse abzuleiten und fortzutreiben, sie mögen von Holz oder von Stein, oder aus einer andern Materie bestehen, und sind erfunden um das Wasser zu halten und weiterzuschaffen. 5Ein Abzugsgerinne (incile, eigentlich Einschnitt) ist ein zur Seite eines Flusses eingetiefter Ort, der davon so genannt wird, quod incidatur (weil er eingeschnitten ist), denn es wird entweder das Gestein oder das Erdreich da eingeschnitten, wo das Wasser zuerst aus dem Flusse abgeleitet werden kann. Es sind aber auch Gräben und Brunnen in diesem Interdicte begriffen. 6Nachher sagt der Prätor: ausbessern, reinigen. Ausbessern heisst etwas Verdorbenes in den vorigen Stand wiederherstellen. Unter Ausbessern ist das Bedecken, Unterbauen, Wiederherstellen schadhafter Stellen, Bauen, Herzufahren und Herzuschaffen Dessen begriffen, was dazu nothwendig ist. 7Das Wort Reinigen (purgare) verstehen die Meisten auf denjenigen Kanal bezüglich, der unrein ist; es ist aber klar, dass es auch auf den bezüglich sei, der der Ausbesserung bedarf; denn meistentheils bedürfen sie des Einen so sehr wie des Andern. 8Zur Leitung des Wassers, sagt er; dieser Zusatz ist sehr richtig, damit nemlich nur Dem die Ausbesserung und Reinigung eines Kanals erlaubt sei, der es zum Behuf der Wasserleitung thut. 9Dieses Interdict steht auch Dem zu, der das Recht der Wasserleitung zwar nicht hat, sobald er nur im vorigen Sommer, oder in demselben Jahre das Wasser geleitet hat, indem es hinreichend ist, dies weder gewaltsam, noch heimlich, noch bittweise gethan zu haben. 10Wer einen in der blossen Erde gehenden Kanal mit Mörtel bekleiden, d. h. einen steinernen2323Rivum siginum; s. Brisson. h. v. u. Vitruv. VIII. 7. daraus machen will, der kann von diesem Interdicte rechtlichermaassen keinen Gebrauch machen, denn wer dies thut, der bessert nicht aus2424Sondern er mach etwas ganz Neues.; so scheint es auch dem Ofilius. 11Er wird daher auch ungestraft daran verhindert werden, wenn er ihn über einen andern Ort leiten will; ferner wenn er denselben Kanal vertieft, aushöhet, erweitert, oder ausdehnt, einen offenen bedeckt, oder umgekehrt. Ich glaube zwar, dass alle Uebrigen ungestraft verhindert werden können, aber wer einen offenen Kanal bedeckt, oder umgekehrt, darf meines Erachtens daran nicht verhindert werden, es müsste denn der Gegner nachweisen, es sei für ihn [mit dem unveränderten Zustande] ein grösserer Nutzen [verbunden].
Ulp. lib. LXX. ad Ed. Servius schreibt aber, es sei etwas Anderes, wenn es vorher durch einen unterirdischen Gang geleitet worden, und nun durch einen offenen geführt werde; denn wenn Jemand ein Werk errichte, um das Wasser umsomehr zu erhalten, oder mehr fassen zu können, so dürfe er nicht ungestraft daran verhindert werden; ich bin aber auch in Ansehung der unterirdischen Leitung der Ansicht, dass auch im umgekehrten Fall [kein Hinderniss entgegengesetzt werden dürfe]2525Diese Stelle im Zusammenhang mit den vorigen, einschliesslich des §. ult. in l. 1., scheint an einem völligen Widerspruch zu leiden. Ausser der Glosse, die ein Gewäsch von zwei Ansichten vermischt zu Tage fördert, und nicht das Allergeringste zur Erklärung thut, kenne ich nur die theilweise Erläuterung des Cujac. Obs. XVI. 17. die fast nur sprachlich ist und die Sache nur obiter berührt, und die des Joann. Suarez, Comm. ad L. Aquil. l. II. c. II. §. 30. sq. (T. M. II. 100.). Ich habe meiner Ansicht gemäss die Uebersetzung geliefert, und so ist jene in dieser schon enthalten. Indessen halte ich zur Erläuterung und Rechtfertigung folgendes für nothwendig. Die Rechtsfrage, die zur Beantwortung vorliegt, lautet: num impune prohibeatur, qui operiat apertam rivum, vel contra? —Ofilius beantwortet sie: impune prohiberi. Ulpianus: non puto prohibendum, nisi etc.Labeo: non posse ex aperto terrenum fieri; also impune prohiberi, quia etc.Pomponius sagt dagegen: quod sibi non placere, nisi etc.Servius sagt: aliter duci aquam, quae ante per specus et nunc per apertum ducatur. Und hierauf sagt Ulpianus wieder: ego et in specu contra, si non etc. ut s. Nun entsteht die grosse Frage: Wer stimmt hier mit dem Andern überein, und widerspricht sich nicht Ulpian ganz und gar? — Ehe ich hierauf antworte, bemerke ich, dass l. 3. offenbar mit l. 1. zusammengehangen hat (beide aus demselben Buche Ulpian’s), allein zwischen beiden fehlt wahrscheinlich ein kleiner Satz, der gleichen Inhalts war, wie l. 2. — Nun zur Erörterung der einzelnen Meinungen. Ofilius bejahet die Frage unbedingt, d. h. der Berechtigte des aquaeductus darf keine Veränderung vornehmen. Ulpian widerspricht dem aber durchaus, und macht nur die sich von selbst verstehende Ausnahme, nisi adversarius majorem utilitatem ostendat. Soweit sind beide in der Frage gestellte ganz verschiedne Fälle behandelt. Jetzt geht der Gedankengang des Pandectentitels resp. der Compilatoren und Justinian’s, der doch die ganze Compilation als ein zusammenhängendes Werk betrachtete, zur Erörterung der einzelnen Fälle über und nun folgt die Stelle des Paulus, die wahrscheinlich anstatt des zwischen l. 1. u. 3. fehlenden Satzes Ulpian’s steht und aus unbekannten Ursachen substituirt ist, vielleicht wegen grösserer Vollständigkeit. Labeo sagt nun, „es dürfe aus einem offenen Kanal kein bedeckter gemacht werden;“ hieraus lässt sich schliessen, dass er den umgekehrten Fall zugebe; er beantwortet also die erste Hälfte der Frage mit ja und die letzte mit nein. Dagegen spricht sich Pomponius tadelnd aus, ist also mit Ulpian völlig conform; er richtet sich zwar zunächst gegen den von Labeo gegebenen Grund, allein damit giebt er keineswegs, wie Suarez l. l. ganz falsch behauptet, dem Labeo in der Hauptsache Recht; die Wendung, die er nimmt: quod sibi non placere, ist in der Sprache der Juristen von so entschiedenem Widerspruch gegen die vorher ausgesprochene Rechtsansicht, dass hier umsoweniger anzunehmen ist, er sei blos gegen den Grund gerichtet, als einerseits keine Spur hiervon direct vorhanden ist, und andererseits, wenn der Grund einer Meinung umgestossen wird, diese von selbst mit fällt, wenn aus einem andern sie nicht ausdrücklich aufrecht erhalten wird, was hier nicht geschieht, und stillschweigend nicht präsumirt werden kann. Dass übrigens Labeo das Eine bejahet und das Andere verneint, geht auch daraus hervor, dass er für die mit Ofilius harmonirende Meinung einen besondern Grund anführt. Nun tritt Ulpian referendo wieder ein, und sagt, Servius habe gemeint, qui ante per specus duxerit et nunc per apertum ducat, non impune prohiberi; er bejahet also Das, was Labeo unberührt lässt, und was dieser verneint, lässt er unberührt, dass er es aber verneine, muss man voraussetzen, und geht aus Folgendem hervor. Der Eingang, aliter duci aquam, ist hier meiner Meinung nach so zu verstehen: „etwas Anderes sei es“ u. s. w. Daraus erhellt denn, dass diese Worte ein Gegensatz zu Etwas seien, was fehlt; dies Fehlende ist aber gewiss gewesen: qui per apertum duxerit et nunc per specus ducat, recte prohiberi, also das contrarium seines Falls. Dieses Fehlende ist es aber nun endlich, wovon Ulpian sagt: ego et in specu contra, d. h. nicht: „ich glaube das Gegentheil von der specus,“ sondern: „ich glaube aber auch dasselbe von der specus im umgekehrten Fall,“ den Servius nicht berührt; dies beweist auch die darauf folgende Ausnahme, die völlig mit l. 1. §. ult. übereinstimmt. Hiernach classificiren sich nun die verschiedenen Ansichten der ICtorum so: Ofilius’ und Ulpian’s Ansichten sind sich völlig entgegengesetzt; Ersterer sagt: es dürfe aus einem unbedeckten Kanal weder ein bedeckter, noch aus einem bedeckten ein unbedeckter gemacht werden. Ulpian sagt aber, es sei beides erlaubt, nisi etc. Hiermit ist auch Pomponius völlig einverstanden. Labeo und Servius sind einer Ansicht, d. h. dass aus einem unbedeckten Bach kein bedeckter gemacht werden dürfe, wohl aber aus einem bedeckten ein unbedeckter; über den letztern Fall spricht sich Servius ausdrücklich aus, über den ersten Labeo; da nun Labeo denjenigen Fall, den Beide leugnen, behandelt, und, worin sie dem Ofilius beitreten, Ulpian ihnen aber entgegen ist, so muss ihm natürlich widersprochen und zur Meinung des Servius, der den andern Fall behandelt, worüber Ulpian mit ihm einer Ansicht ist, der Zusatz gemacht werden, dass im ersten Fall ebensowenig impune prohiberi. — Cujac. scheint die Ansicht von der Sache gehabt zu haben, dass Servius sage: es sei nicht erlaubt, aus einem bedeckten Gang einen unbedeckten zu machen; allein dann müsste man annehmen, dass des Servius Ansicht nur bis ducatur geht, und bei nam si etc. Ulpian einfalle; ferner müsste man nam für sed nehmen, was selten ist, und das ego et in specu contra stände dann isolirt und schleppend hinterher., wenn nicht ein grösserer Vortheil für den Gegner damit verbunden ist [dass die Sache bleibt, wie sie ist]. 1Servius und Labeo schreiben, wenn Jemand einen ursprünglich in der blossen Erde befindlichen Kanal, weil er das Wasser nicht halte, mit Steinen ausmauern wolle, er damit gehört werden müsse. Ebensowenig sei ihm ein Hinderniss entgegenzusetzen, wenn er einen Kanal, der mit Fliesen ausgesetzt war, ganz oder theilweise in der blossen Erde gehen lassen wolle. Mir scheint [nur]2626Dies zufolge §. 10. in l. 1. eine dringende und nothwendige Ausbesserung zulässig. 2Wenn Jemand eine neue Rinne oder Röhren in einem Kanale legen will, was er vorher niemals hatte, so, sagt Labeo, werde ihm dieses Interdict von Nutzen sein; wir sind aber auch hier der Ansicht, dass der Nutzen Dessen, der das Wasser leitet, [nur] soweit es Dem ohne Nachtheil, dem der Acker gehört, berücksichtigt werden müsse. 3Wenn das Wasser in einen See zusammengeleitet und von da durch verschiedene Abzüge weitergeführt wird, so wird dieses Interdict Dem von Nutzen sein, der den See selbst ausbessern will. 4Dieses Interdict begreift alle Kanäle, sie mögen auf öffentlichem oder Privatgrund und Boden angelegt sein. 5Auch wenn ein Kanal zu warmen Wasser bestimmt ist, ist das Interdict wegen dessen Ausbesserung zuständig. 6Aristo ist der Ansicht, dass auch Behufs der Ausbesserung der Röhren zur Leitung der Dämpfe in Dampfbädern eine analoge Klage zulässig sei; und es wird [in der That] behauptet werden müssen, dass deshalb ein analoges Interdict zuständig sei. 7Dieses Interdict wird denselben Personen und wider dieselben Personen ertheilt, denen und wider welche die Interdicte wegen des Wassers ertheilt werden, welche oben aufgezählt worden sind. 8Ad Dig. 43,21,3,8Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 465, Note 9.Wenn Jemand Demjenigen, der einen Kanal ausbessert, Einspruch wegen Neubaues erhebt, so ist hierüber sehr richtig bemerkt worden, dass der Einspruch wegen Neubaus unberücksichtigt gelassen werden könne; denn da der Prätor verbietet, ihm Gewalt anzuthun, so ist es widersinnig, ihm durch Einspruch wegen Neubaus ein Hinderniss in den Weg zu legen. Durch die dingliche Klage natürlich kann er es aber ohne allen Zweifel wider ihn geltend machen, dass er kein Recht dazu habe. 9Auch unterliegt es ebensowenig einem Zweifel, dass er wegen drohenden Schadens Sicherheit bestellen müsse. 10Wenn Jemand den Andern an der Herbeischaffung und dem Hinfahren Dessen behindert, was zur Ausbesserung nothwendig ist, so glaubt Ofilius, dass ihm das Interdict zustehe; dies ist richtig.
Ulp. lib. LXX. ad Ed. Der Prätor sagt: Wie du aus dem Quell, um den es sich handelt, in dem [verflossenen] Jahre weder gewaltsam, noch heimlich, noch bittweise wider Den und Den Wasser gebraucht hast, dass du es nicht so gebrauchen mögest, verbiete ich alle Gewaltthätigkeit. In Betreff von Seen, Brunnen und Fischbehältern werde ich dasselbe Interdict ertheilen. 1Dieses Interdict wird für Den ertheilt, der an dem Gebrauch von springendem Wasser verhindert wird; denn es finden nicht nur Dienstbarkeiten wegen der Leitung von Wasser statt, sondern auch wegen Wasserschöpfens, und gleichwie die Dienstbarkeit der Wasserleitung von der des Wasserschöpfens verschieden ist, so werden auch besondere desfalsige Interdicte ertheilt. 2Dieses Interdict findet dann statt, wenn Jemand an dem Gebrauch von Wasser verhindert wird, d. h. er möge am Schöpfen desselben, oder am Antreiben des Viehs zur Tränke gehindert werden. 3Was die persönlichen Verhältnisse betrifft, so gilt hier ganz Dasselbe, was wir bei den vorigen Interdicten gesagt haben. 4Wegen Cisternen2727Cisterna hier ganz in der gewöhnlichen Bedeutung, d. h. ein Behälter, worin sich das Regenwasser sammelt. findet dieses Interdict nicht statt, denn eine Cisterne hat keinen immerwährenden Grund, noch lebendiges Wasser. Hieraus erhellt, dass lebendiges Wasser überall das erste Erforderniss sei. Cisternen füllen sich aber mit Regenwasser. Es fällt mithin das Interdict auch dann hinweg, wenn ein See, ein Fischbehälter, oder ein Brunnen kein lebendiges Wasser hat. 5Wird aber Jemand am Hinzugehen zum Schöpfen verhindert, so wird dieses Interdict ebenfalls hinreichend sein. 6Nachher sagt der Prätor: Dass du nicht den Quell, um den es sich handelt, reinigen oder ausbessern mögest, um das Wasser zu halten und davon Gebrauch machen zu können, sobald du nur keinen andern Gebrauch davon machst, als du denselben in dem [verflossenen] Jahre weder gewaltsam, noch heimlich, noch bittweise wider jenen geübt hast, dagegen verbiete ich alle Gewaltthätigkeit. 7Dieses Interdict hat denselben Nutzen, wie das Interdict wegen Ausbesserung der Kanäle, denn wenn es nicht gestattet ist, einen Quell zu reinigen und auszubessern, so wird gar kein Gebrauch stattfinden. 8Gereinigt und ausgebessert muss derselbe werden, um das Wasser halten zu können, damit der Gebrauch davon möglich sei, sobald man nur keinen andern Gebrauch davon macht, als man in dem [verflossenen] Jahre davon gemacht hat. 9Wasser halten heisst, es so halten, dass es nicht hinwegfliesse und nicht sich zertheile; das Aufsuchen und Eröffnen neuer Quellen braucht nicht gestattet zu werden; denn wer dies thäte, der machte gegen den vorjährigen Gebrauch eine Neuerung. 10Dieses Interdict findet auch wegen Ausbesserung und Reinigung von Seen, Brunnen und Fischbehältern statt. 11Es wird allen Denjenigen ertheilt, denen das Interdict wegen des Sommerwassers verstattet wird.
Ulp. lib. LXX. ad Ed. oder wer etwas Anderes unternommen, als er angezeigt hat, oder wer Den hintergangen hat, dem daran lag, dass Etwas nicht geschehe, oder absichtlich dem Gegner zu einer Zeit Anzeige macht, wo er weiss, dass er ihn nicht mehr daran verhindern könne, oder so spät Anzeige macht, dass derselbe, bevor es geschehen, gar nicht mehr zur Verhinderung schreiten kann; dieses, sagt Aristo, sei so des Labeo Ansicht. 1Wenn Jemand Anzeige gemacht hat, dass er ein Werk unternehmen werde, so wird nicht immer angenommen, dass er es nicht heimlich gethan, wenn er es nach der Anzeige gethan hat. Denn er muss, und so sagt Labeo, in der Anzeige Tag und Stunde angeben, und wo, und was für ein Werk errichtet werden solle, und seine Anzeige darf nicht verwirrt und undeutlich sein, auch seinem Gegner nicht eine so enge Frist stellen, dass er nicht binnen eines Tages zur Verhinderung herzueilen könne. 2Ist etwa Niemand vorhanden, dem die Anzeige geschehen kann, und auch dies nicht durch Arglist bewirkt, so muss er dessen Freunden, oder seinem Geschäftsbesorger, oder in seiner Wohnung Anzeige machen. 3Auch sagt Servius richtig, dass es hinreichend sei, den Mann einer Frau davon zu benachrichtigen, dass man ein Werk unternehmen werde, oder auch es mit dessen Vorwissen zu beginnen, wenngleich es auch im Grunde hinreichend ist, überhaupt nicht die Absicht zu haben, Etwas verheimlichen zu wollen. 4Derselbe sagt, wenn Jemand auf öffentlichem Grund und Boden einer Municipalstadt Etwas unternehmen wolle, so sei es hinreichend, wenn er dem Curator des städtischen Gemeinwesens Anzeige mache. 5Wenn Jemand in dem Glauben, ein Ort gehöre dir, der mir gehört, Etwas in der Absicht, es dir und nicht mir zu verheimlichen, gethan hat, so stehe mir das Interdict zu. 6Derselbe sagt, es stehe mir das Interdict auch dann zu, wenn Etwas zur Verheimlichung meines Sclaven oder Geschäftsbesorgers geschehn sei. 7Wenn Jemand, der keine Anzeige gemacht, dass er ein Werk unternehmen werde, dem aber angekündigt worden ist, dass er es unterlassen solle, es dennoch gethan hat, so halte ich die Annahme für richtiger, dass er gewaltsam gehandelt habe. 8Die Worte: Was gewaltsam oder heimlich geschehen ist, sagt Mucius, seien so zu verstehen, was du, oder einer der Deinigen gethan, oder auf Deinen Befehl geschehen ist. 9Labeo aber sagt, es seien in diesen Worten mehr Personen begriffen, denn er glaubt, dass auch die Erben Derer, welche Mucius aufzählt, darunter begriffen seien. 10Derselbe sagt: es könne auch wider Geschäftsbesorger, Vormünder, Curatoren und Syndiken der Municipalstädte dieses Interdict erlassen werden. 11Wenn mein Sclave Etwas gethan hat, so findet deshalb keine Klage wider mich statt, sondern nur wenn er es in meinem oder seinem Namen gethan hat; denn wenn ich deinen Sclaven um Lohn gedungen habe, so wird wegen Dessen, was er in meinem Namen gethan hat, nicht wider dich, sondern wider mich mit diesem Interdicte geklagt werden müssen, auf dessen Befehl, oder in dessen Namen das [fragliche] Werk von deinem Sclaven errichtet worden ist. 12Ebenso findet diese Klage, wenn Etwas auf Jemandes Befehl geschehen ist, nicht wider Den statt [der den Befehl ertheilt hat], sondern wider Den, in dessen Namen er befohlen hat. Denn wenn der Geschäftsbesorger, der Vormund, der Curator, der Duumvir in einer Municipalstadt befohlen hat, dass Jemand Etwas in Dessen Namen thun solle, dessen Geschäfte er besorgte, so wird wider Den Klage erhoben werden müssen, in dessen Namen Etwas geschehen sein wird, und nicht wider Den, der dazu den Befehl ertheilt hat. Auch wenn ich dir den Auftrag gegeben habe, den Befehl zu ertheilen, es solle ein Werk errichtet werden, und du mir hierin Folge geleistet hast, wird die Klage wider mich und nicht wider dich stattfinden. 13Und da das Interdict so gefasst ist: Was gewaltsam oder heimlich geschehen ist, nicht so: Was du gewaltsam oder heimlich gethan hast, so glaubt Labeo, dass sich dasselbe noch weiter erstrecke, als auf die aufgezählten Personen. 14Und das ist bei uns Rechtens, dass ich durch das Interdict Was gewaltsam oder heimlich hafte, ich mag selbst der Thäter gewesen sein, oder den Befehl dazu ertheilt haben.
Ulp. lib. LXX. ad Ed. Es scheint drei Arten von prätorischen Stipulationen2828Diese sind wiederum eine von den vier Arten von Stipulationen überhaupt. S. tit. Inst. de div. stip. III. 18. (19.) u. L. 5. D. de verb. obl. 45. 1. Uebrigens hat hier stipulatio die Bedeutung von cautio (Sicherheitsleistung). Vgl. v. Glück III. S. 428. ff. u. Mühlenbruch Doctr. Pand. §. 142. (ed. 2.) od. §. 123. (ed. 3.) zu geben: processualische, sicherheitliche, gemeinsame. 1Processualische nennen wir diejenigen, welche wegen eines Processes eingegangen werden, damit er gesichert werde, z. B. dass dem Urtheil Genüge geschehen solle, die in Folge des Einspruchs wegen eines neuen Werkes. 2Sicherheitliche aber sind diejenigen, welche so gut, als eine Klage sind, und statt finden, damit eine neue Klage vorhanden sei, wie die Stipulationen wegen Vermächtnisse, wegen der Vormundschaft, dass die Sache genehmigt werde, wegen drohenden Schadens. 3Gemeinsame Stipulationen sind die, welche wegen der Stellung vor Gericht eingegangen werden. 4Und man muss wissen, dass alle Stipulationen ihrer Natur nach sicherheitlich sind; denn das wird bei Stipulationen beabsichtigt, dass Jemand durch die eingegangene Stipulation sicherer und beruhigter sei. 5Unter jenen prätorischen Stipulationen giebt es einige, welche Bürgschaft, einige, welche ein blosses Versprechen2929In Stipulationsform. erfordern; aber es giebt sehr wenige, welche ein blosses Versprechen enthalten, und, wenn diese aufgezählt sind, so wird daraus hervorgehen, dass die übrigen nicht Versprechungen, sondern Bürgschaften seien. 6Also die Stipulation in Folge des Einspruchs wegen eines neuen Werkes enthält bald eine Bürgschaft, bald ein [blosses] Versprechen. Wir wollen also sehen, in Folge welchen Einspruchs wegen eines Neubaues Bürgschaft gestellt werden müsse, und auf welche Weise die Bürgschaft gestellt werde. Nemlich wegen des neuen Werkes, welches auf einem Privatboden vorgenommen sein wird, muss Bürgschaft gestellt, wegen desjenigen, welches auf öffentlichem Boden, ein Versprechen geleistet werden. Aber Die, welche in eigenem Namen Sicherheit geben, versprechen, Die, welche in fremdem Namen, stellen Bürgschaft. 7Ferner wird wegen eines drohenden Schadens bald ein Versprechen geleistet, bald Bürgschaft gestellt; denn wenn Etwas in einem öffentlichen Flusse geschieht, so wird Bürgschaft gestellt, wegen Häuser aber wird ein Versprechen geleistet. 8Die Stipulation des Doppelten ist ein Versprechen, ausser wenn man übereingekommen ist, dass Bürgschaft gestellt werden solle. 9Wenn aber irgend ein Streit stattfinden, z. B. wenn behauptet werden sollte, es werde aus Chikane verlangt, dass eine Stipulation eingegangen werde, so muss der Prätor selbst über diese Sache eine Untersuchung ohne Weitläuftigkeit anstellen und die Sicherheitsbestellung entweder befehlen, oder abschlagen. 10Aber auch wenn Etwas in der Stipulation entweder hinzugefügt, oder weggenommen, oder verändert werden muss, so wird es Gegenstand der prätorischen Untersuchung sein.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.