Ad edictum praetoris libri
Ex libro LXVIII
Ulp. lib. LXVIII. ad Ed. Heilige Orte sind diejenigen, welche öffentlich heilig gesprochen worden sind, sie mögen in einer Stadt oder auf dem Lande belegen sein. 1Ein öffentlicher Ort kann dann heilig werden, wenn ihn der Kaiser heilig gesprochen, oder dazu Macht und Gewalt ertheilt hat. 2Es ist aber zu bemerken, dass ein Unterschied zwischen einem heiligen Ort und einem Heiligthum sei; ein heiliger Ort ist ein solcher, der eingesegnet worden ist, ein Heiligthum ist aber ein solcher Ort, wo heilige Gegenstände aufbewahrt werden, was auch in einem Privatgebäude der Fall sein kann; wenn man daher dem Ort die Religiosität wieder entziehen will, so pflegt man das Heilige daraus feierlich abzurufen. 3Geweiht nennt man eigentlich dasjenige, was weder heilig noch profan, sondern was durch eine Weihe bestätigt worden ist, wie die Gesetze geweiht sind, denn sie sind durch eine Weihe bestärkt, und was durch eine Weihe bekräftigt worden ist, ist geweiht, wenn es Gott auch nicht geheiligt ist. Zuweilen wird bei der Weihe hinzugesetzt, dass wer dawider etwas verbricht, am Leben gestraft werden solle. 4Die Mauern der Municipalstädte dürfen auch ohne Genehmigung des Kaisers oder des Präsidenten nicht ausgebessert, noch an dieselben etwas angebauet, oder auf dieselben gesetzt werden. 5Eine heilige Sache erlaubt keine Werthschätzung.
Ad Dig. 6,1,45Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 193, Note 13.Ulp. lib. LXVIII. ad Ed. Wenn ein Sclav, nachdem er abgefordert worden, und ohne dass der Besitzer es auf einen Process hat wollen ankommen lassen11S. Glück VIII. p. 231. n. 66., herausgegeben worden ist, so braucht, wenn derselbe im guten Glauben besass, blos für Arglist Bürgschaft gestellt zu werden; alle übrigen Besitzer müssen auch wegen Verschuldung Sicherheit leisten, wozu nach der Einleitung des Verfahrens der Besitzer im guten Glauben auch gehört.
Ulp. lib. LXVIII. ad Ed. Wenn Jemandem, der Erbe gewesen, die Erbschaft nachher als einem Unwürdigen entzogen worden ist, so spricht mehr dafür, dass ihm das Recht der Begräbnisse verbleibt.
Ulp. lib. LXVIII. ad Ed. Der Prätor sagt: Wo und auf welchem Wege Jemandem das Recht zusteht, ohne deine Einwilligung einen Todten zu beerdigen, verbiete ich demselben, daselbst und auf diesem Wege den Todten zu beerdigen, ein Hinderniss gewaltsam in den Weg zu legen. 1Wer das Recht hat, einen Todten [irgendwo] zu beerdigen, der wird nicht daran verhindert; an der Beerdigung verhindert zu werden, wird sowohl von der Behinderung an der Bestattung an dem Orte selbst, als von dem Anhalten auf dem Wege dahin verstanden. 2Dieses Interdicts über die Leichenbestattung kann sich der Eigenheitsherr bedienen; es steht auch wegen eines reinen Ortes zu. 3Ingleichen kann man sich dieses Interdicts bedienen, wenn man ein Wegerecht zu dem Landgute hat, auf welches man den Todten hinschaffen will, und in Ansehung des Weges verhindert wird, weil, sobald man an dem Wege verhindert wird, man es auch in Betreff der Bestattung selbst wird; dies gilt auch, wenn man zu einer andern Dienstbarkeit berechtigt ist. 4Dass dieses Interdict ein verbietendes sei, ist einleuchtend. 5Der Prätor sagt: Wo Jemand ein Recht hat, ohne deine Einwilligung einen Todten zu bestatten, verbiete ich, demselben Gewalt anzuthun, wenn er daselbst ein Grabmal ohne arglistige Absicht erbauen will. 6Dieses Interdict ist zu dem Ende erlassen worden, weil bei der Errichtung und Verzierung der Denkmäler die Religion betheiligt ist. 7Ein Begräbniss oder Denkmal an einem Orte anzulegen, wo man ein Recht dazu hat, kann Niemand verhindert werden. 8Den Bau zu verhindern, wird auch von dem angenommen, der die Herbeischaffung von solchen Materialien verhindert, die zum Gebäude nothwendig sind; mithin findet auch, wenn Jemand die nöthigen Arbeitsleute am Kommen verhindert, das Interdict Statt; oder wenn er die Befestigung von Maschinen verhindert, vorausgesetzt, dass dies da geschehe, wo Verpflichtung zu einer Dienstbarkeit vorhanden ist. Willst du aber auf meinem Grund und Boden eine Maschine errichten, so hafte ich nicht durch das Interdict, wenn ich zufolge meines Rechts dies nicht gestatten will. 9Bauen wird nicht blos von dem angenommen, der einen Neubau beabsichtigt, sondern auch von demjenigen, der etwas ausbessern will. 10Wer damit umgeht, ein Begräbniss einzustürzen, haftet durch dieses Interdict.
Ulp. lib. LXVIII. ad Ed. Strafen, welche bezahlt worden sind, pflegen nicht zurückgefordert zu werden.
Ulp. lib. LXVIII. ad Ed. Wenn Jemand zur Erhaltung eines Fideicommisses in den Besitz eingewiesen, und nicht dazu gelassen worden ist, so muss er durch die Gewalt Dessen wirklich in den Besitz eingeführt werden, der ihn darein gesetzt hat; wenn aber Jemand von dem Interdicte Gebrauch machen will, wird es folgerichtig sein, dasselbe für zulässig zu erachten. Besser ist jedoch die Meinung, dass sie vermöge ihrer Gewalt auf ausserordentlichem Wege22Ὑπὲρ τὰ διατεταγμένα — ἐκβιβάση, Basil. ihr Decret zur Ausführung bringen müssen; zuweilen auch durch die bewaffnete Macht. 1Es ist von Antoninus festgesetzt worden, dass unter gewissen Bedingungen auch Einweisung in das Vermögen des Erben statthabe. Wird also Jemand zu diesem Vermögen nicht zugelassen, so steht ihm diese Klage analog zu; übrigens kann er sich auch einer ausserordentlichen Hilfsvollstreckung bedienen. 2Wenn der Prätor die Leibesfrucht in den Besitz setzt, so ist dieses Interdict sowohl verbietend, als die Herausgabe verfügend. Will sich die Frau aber einer Klage auf das Geschehene bedienen, so kann sie dies nach Art der Gläubiger vielmehr versuchen, als das Interdict. 3Wenn angegeben wird, eine Frau sei durch Chikane in den Besitz gesetzt worden, weil sie nicht schwanger, oder nicht von dem [Erblasser] schwanger sei, oder wenn über das Standesrecht der Frau Frage entsteht, so verspricht der Prätor aus dem Briefe des Kaisers Hadrianus den [Nachlass]besitz der Leibesfrucht, nach Art der rechtlichen Vermuthung des Carbonianischen Edicts.
Ulp. lib. LXVIII. ad Ed. Der Prätor sagt: Die Urkunden, von denen angegeben wird, dass Lucius Titius sie als auf sein Testament bezüglich hinterlassen habe, wenn dieselben sich in deinen Händen befinden, oder es durch deine Arglist geschehen ist, dass sie nicht mehr vorhanden sind, sollst du Dem und Dem ausliefern. Ingleichen werde ich, wenn angegeben wird, dass ein schriftlicher Aufsatz oder sonst Etwas hinterlassen worden sei, dies in mein Decret begreifen. 1Wenn Jemand geständig ist, es befinde sich ein Testament bei ihm, so muss ihm dessen Auslieferung anbefohlen und eine Frist dazu vorgestreckt werden, wenn er es nicht sofort thun kann. Leugnet er die Möglichkeit zur Auslieferung, oder die Verbindlichkeit, so ist dieses Interdict zuständig. 2Dieses Interdict leidet nicht nur auf die Testamentsurkunden selbst Anwendung, sondern auch auf alle, die sich auf die Angelegenheit wegen des Testaments beziehen, z. B. Codicille. 3Das Testament mag gelten oder nicht, letztern Falls gleichviel, ob, weil es von Anfang an ungültigerweise errichtet, oder umgestossen worden, oder sonst mit einem andern Fehler behaftet ist, es kommt das Interdict zur Anwendung, aber auch wenn von dem Testamente behauptet wird, es sei verfälscht, oder von einem Testamentsunfähigen errichtet. 4Dieses Interdict leidet Anwendung gleichviel ob die betreffende Testamentsurkunde die letzte ist, oder nicht, sondern eine ältere. 5Daher lässt sich als Regel aufstellen, dass dieses Interdict sich im Allgemeinen auf jeden schriftlichen Aufsatz, der zu einem Testamente gehört, beziehe, er sei vollendet, oder unvollendet. 6Mithin auch dann, wenn mehrere Testamentsurkunden vorhanden sind, weil [der Testator] dergleichen öfter errichtet hatte; denn es muss Alles, was auf ein Testament Bezug hat, gleichviel was, und zu welcher Zeit es errichtet sei, ausgeliefert werden. 7Auch wenn über das Standesrecht Frage ist, und behauptet wird, der Testator habe als Haussohn oder Sclave das Testament errichtet, muss ausgeliefert werden. 8Das Interdict hat ferner statt, wenn ein Haussohn ein Testament errichtet und über sein im Felde erworbenes Sondergut testirt hat. 9Ingleichen wenn der Testamentserrichter in feindlicher Gefangenschaft gestorben ist. 10Auf eines noch Lebenden Testamentsurkunden hat dieses Interdict keine Anwendung, weil die Worte des Prätors lauten: hinterlassen hat. 11Aber auch wenn ein Testament ohne Arglist vernichtet worden ist,
Ulp. lib. LXVIII. ad Ed. hat dieses Interdict Anwendung. 1Wenn ein Testament auf mehrere Blätter geschrieben worden ist, so sind diese alle im Interdicte begriffen, weil das Testament nur eins ist. 2Wenn Titius eine Testamentsurkunde bei Jemandem niedergelegt hat, so kann aus diesem Interdicte Klage erhoben werden, sowohl wider Den, der es in Händen hat, als Den, der es niedergelegt hat. 3Es haftet mithin durch dieses Interdict auch der Tempelhüter oder Notar, der die Verwahrung einer Testamentsurkunde übernommen hat. 4Wenn sich ein Sclave im Besitz einer Testamentsurkunde befindet, so haftet der Herr durch das Interdict. 5Wenn ein Testator noch bei seinen Lebzeiten angiebt, es sei eine gewisse Testamentsurkunde die seinige und deren Auslieferung verlangt, so wird das Interdict keine Anwendung leiden, sondern es muss Klage auf Auslieferung erhoben werden, um die ausgelieferte Urkunde dann eigenthümlich in Anspruch zu nehmen. Dies gilt von Allen, die das Körperliche einer Urkunde als ihnen eigenthümlich gehörig in Anspruch nehmen. 6Hat Jemand es arglistigerweise dahin gebracht, dass eine Testamentsurkunde sich nicht mehr bei ihm befindet, so haftet er nichtsdestoweniger durch das Interdict. Es wird hierdurch auch dem Cornelischen Testamentargesetze in der Entscheidung nicht vorgegriffen, als habe er ein Testament arglistigerweise unterdrückt; denn Niemand darf darum eine Testamentsurkunde ungestraft behalten, weil er eine verbrecherischere That verübt hat, durch die Auslieferung der Testamentsurkunde wird vielmehr seine That mit klarem Beweise belegt; es kann übrigens Jemand auch arglistig handeln, ohne dem Gesetze zu verfallen, z. B. wenn er eine Testamentsurkunde weder entfremdet, noch versteckt, sondern sie nur darum einem Andern übergeben hat, um sie dem Interdicirenden nicht auszuliefern, d. h. wenn er es nicht in der Absicht und mit dem Willen gethan hat, um sie zu unterdrücken, sondern nur, um sie Jenem nicht auszuliefern. 7Dieses Interdict ist ein die Auslieferung verfügendes. 8Was heisst das aber: ausliefern? — Ausliefern heisst die Herstellung der Möglichkeit, das Körperliche der Testamentsurkunde mit äussern Sinnen wahrzunehmen. 9Die Auslieferung geschieht beim Prätor, damit sich auf seine Einladung in Folge seiner Auctorität die Testamentsbesiegler stellen, um ihre Siegel anzuerkennen; leisten die Zeugen dem nicht Folge, so, schreibt Labeo, müssen dieselben mit Strafbefehlen angehalten werden. 10Die Auslieferung einer Testamentsurkunde dürfen alle Diejenigen verlangen, die in dem Testamente Etwas ausgesetzt erhalten haben. 11Die Verurtheilung in Folge dieser Klage muss nach dem Interesse geschätzt werden. 12Stellt daher der eingesetzte Erbe dieses Interdict an, so muss die Würderung auf die Erbschaft selbst bezogen werden. 13Bei einem Vermächtnisse wird der Betrag desselben Gegenstand der Würderung. 14Ist ein Vermächtniss bedingungsweise ausgesetzt worden, so wird die Würderung angelegt, wie wenn die Bedingung eingetreten wäre, und [der Vermächtnissinhaber] nicht zur Sicherheitsbestellung für den Fall angehalten werden dürfen, das Empfangene zurückgeben zu wollen, wenn die Bedingung ausgeblieben, weil die Strafe des Ungehorsams von Dem geleistet wird, der nicht zur Auslieferung schreitet. 15Daher kann hieraus die Frage entstehen, ob der Vermächtnissinhaber, wenn er hiernach die Würderung erhalten hat, und nachher das Vermächtniss fordert, damit zu hören sei? — Ich sollte aber glauben, dass, wenn der Erbe dasselbe geleistet habe, er mit der Einrede der Arglist abgewehrt werden müsse; wenn ein Anderer, aber nicht. Dieser Unterschied bleibt derselbe33D. h. je nachdem der Erbe den Erschaftsbesitzer oder einen Andern belangt hat., wenn auch der Erbe Derjenige ist, der von dem Interdicte Gebrauch machend, die Würderung erlangt hat. 16Dieses Interdict steht bekanntermaassen auch nach Ablauf eines Jahres zu. Ingleichen dem Erben und übrigen Rechtsnachfolgern.
Ulp. lib. LXVIII. ad Ed. Der Prätor sagt: Ich verbiete, an einem heiligen Orte Etwas zu errichten, oder in denselben einzulegen. 1Dieses Interdict gilt von einem heiligen Orte, und nicht von einem Heiligthume44S. l. 9. §. 2. D. de rer. div.. 2Die Worte des Prätors, dass an einem heiligen Orte nichts errichtet werden solle, betreffen nicht Das, was zur Verzierung desselben dient, sondern was zur Entstellung und Unbequemlichkeit. 3Denen, welchen die Besorgung der Tempel obliegt, ist auch die der heiligen Gebäude und Plätze aufgetragen worden.
Ulp. lib. LXVIII. ad Ed. Der Prätor sagt: dass du auf einem öffentlichen Platze Etwas nicht thuest, und in denselben einlegest55Immittere hat hier den allgemeinen Begriff von vorschieben, über den Luftraum vorwärts hinaus, der die Grenze des zu Beklagenden ausmacht, sei es in die Luft, oder in den Erdboden., wodurch ihm ein Schade zugefügt wird, ausgenommen da, wo es dir durch ein Gesetz, einen Senatsbeschluss, oder das Edict, oder ein Decret des Kaisers gestattet worden, was in dieser Hinsicht geschehen ist, darüber werde ich kein66Non rechtfertigt Haubold in der Zeitschrift f. gesch. RW. III. 371. n. 35. Interdict ertheilen. 1Dieses Interdict ist ein verbietendes. 2Hierdurch ist sowohl für das allgemeine Beste, als für das der Privaten gesorgt worden. Denn die öffentlichen Plätze dienen auch zum Gebrauch der Privaten, nemlich vermöge des Rechts des Staates, nicht als Jedem eigenthümlich gehörig, und man hat ebensoviel Recht auf die Behauptung desselben, als Jeder aus dem Volke zur Verhinderung [des dawider Unternommenen]77Quod si quid in loco publico fiat, quo damnum alteri datur, aut detrimentum publico adfertur, prohibitorium ei, qui laeditur, et cuivis ex populo competit interdictum, ne quid in via publica vel itinere publico fiat. Voet. ad h. l. T. II. p. 842a.; wird daher an einem öffentlichen Orte ein Werk errichtet, welches einem Privaten zum Nachtheil gereicht, so kann er mit einem verbietenden Interdicte belangt werden, zu welchem Ende dieses Interdict begründet ist. 3Was unter der Benennung eines öffentlichen Ortes zu verstehen sei, davon bestimmt Labeo den Begriff dahin, dass sie freie Plätze, Inseln, Aecker, öffentliche Strassen und Wege begreife. 4Dieses Interdict geht diejenigen Plätze, welche Eigenthum des Fiscus sind, meiner Ansicht nach, nicht an, denn auf diesen darf ein Private weder Etwas unternehmen, noch verbieten, denn die fiscalischen Sachen sind gleichsam eigenthümliche und private des Kaisers; wenn also Jemand an diesen Etwas unternimmt, so hat dieses Interdict keinen Falls statt, sondern, wenn Streit darüber entstehen sollte, sind die Präfecten der [Kaiser] Richter. 5Es bezieht sich also dieses Interdict auf diejenigen Orte, die zum öffentlichen Gebrauch bestimmt sind, sodass, wenn hier Etwas geschieht, was einem Privaten Schaden bringt, der Prätor mit seinem Interdicte einschreitet. 6Wenn Jemand einen an einem Balkon88Moenianum, s. Vitruv. V. 8. pr. (Rode’sche Uebersetzung). befestigten Vorhang hat, der die Hellung des Nachbars schmälert, so findet das Interdict analog statt: dass du nichts an einem öffentlichen Orte vorschiebest, wodurch du die Hellung des Cajus Sejus schmälerst. 7Wenn Jemand Etwas, das er an einem öffentlichen Orte errichtet bisher gehabt99Dessen Errichtung bisher hätte verhindert werden können., ausbessern will, so, sagt Aristo, habe dieses Interdict statt, um ihn daran zu verhindern. 8Wider Den, der einen Damm ins Meer hineingebaut hat, steht Dem das Interdict analog zu, dem dieser Bau schädlich ist; wenn aber Niemandem dadurch ein Schade entsteht, so muss Derjenige, welcher am Ufer einen Bau aufführt, oder einen Damm ins Meer hineinbaut, geschützt werden. 9Wenn Jemand am Fischen oder Schiffen im Meere behindert wird, so wird er das Interdict nicht haben; ebensowenig Derjenige, der am Spielen auf einem öffentlichen Platze, am Baden in einem öffentlichen Bade, oder am Zuschauen in einem Theater verhindert wird; in allen diesen Fällen muss man zur Injurienklage greifen. 10Mit Recht sagt der Prätor: wodurch Dem und Dem ein Schaden entsteht; denn sobald die Errichtung von irgend Etwas an einem öffentlichen Orte erlaubt wird, muss dies so geschehen, dass Niemandem dadurch Unrecht geschehe; und so pflegt auch der Kaiser seine Erlaubniss zu ertheilen, so oft um die Errichtung eines Neubaues nachgesucht wird. 11Schaden zu haben wird von Dem angenommen, der einen Vortheil verliert, den er von dem öffentlichen Orte zog, er sei von einer Art, von welcher da wolle. 12Wenn mithin Jemandes Aussicht, oder Eingang zum Hause verschlechtert oder verengt wird, so ist das Interdict von Nöthen. 13Wenn ich an einem öffentlichen Orte ein Gebäude aufgeführt habe, in Folge dessen mein Abfluss, der von meinem Gehöfte ohne alles Recht auf das deinige ablief, zu fliessen aufhört, so glaubt Labeo, dass ich nicht durch das Interdict hafte. 14Wenn aber freilich dieses Gebäude eine Schmälerung der Hellung deines Gehöfts zur Folge hat, so ist das Interdict zuständig. 15Ingleichen, sagt er, wenn ich an einem öffentlichen Orte baue und nachher dieses Gebäude dem hinderlich ist, das du ebenfalls an dem öffentlichen Orte aufgeführt hast, so falle dieses Interdict weg, weil du auch unerlaubterweise gebauet hast, du müsstest es denn zufolge dir zugestandenen Rechtes dazu gethan haben. 16Wenn Jemand vom Kaiser ohne Weiteres die Erlaubniss erhalten hat, an einem öffentlichen Orte einen Bau aufzuführen, so ist nicht anzunehmen1010credendus (Flor.) scheint mir dem (Hal.) concedendum vorzuziehen., dass ihm so zu bauen gestattet sein solle, dass einem Andern daraus ein Nachtheil entstehe, und es wird dies auch so nicht gestattet, es müsste denn Jemand dazu eine ausdrückliche Erlaubniss erhalten haben. 17Hat Jemand an einem öffentlichen Orte ohne Widerspruch gebauet, so wird er nicht zur Hinwegnahme genöthigt, damit die Stadt nicht durch Ruinen entstellt werde, weil das Interdict ein verbietendes und nicht ein die Wiederherstellung verfügendes ist. Steht das Gebände aber dem öffentlichen Gebrauch im Wege, so muss es Derjenige, welcher die öffentlichen Bauten besorgt, abreissen lassen, oder, wenn es nicht im Wege steht, ihm einen Grundzins auferlegen; denn diese Abgabe wird darum Grundzins genannt, weil sie für den Grund und Boden bezahlt wird. 18Solange aber ein Bau noch nicht aufgeführt ist, liegt es im Kreise der Amtspflicht des Richters, die Errichtung desselben mittels zu fodernder Sicherheitsbestellung zu verhindern; dieselbe Sicherheitsbestellung ist auf die Person der Erben und übrigen Rechtsnachfolger auszudehnen. 19Mit den heiligen Plätzen verhält es sich anders, denn auf einem solchen Etwas zu errichten, ist nicht nur verboten, sondern es wird auch die Wiederherstellung Dessen, was unternommen worden, anbefohlen, und zwar wegen der Religion. 20Der Prätor sagt: ich verbiete, auf einer öffentlichen Strasse oder Wege Etwas zu unternehmen und hineinzuschieben, wodurch diese Strasse oder dieser Weg schlechter ist, wird. 21Eine öffentliche Strasse heisst diejenige, deren Grund und Boden öffentliches Gut ist; denn was man von einer Privatstrasse versteht, versteht man nicht auch von einer öffentlichen; bei erstern gehört der Grund und Boden einem Dritten, und wir haben blos das Recht, darauf zu gehen und zu fahren; allein bei den letztern ist der Grund und Boden öffentliches Gut, mit bestimmten Grenzen der Breite von Dem umzogen, der das Recht hat, über öffentliches Gut zu verfügen, um zur öffentlichen Passage zu dienen. 22Die Strassen sind theils öffentliche, theils Privat-, theils Dorfstrassen. Oeffentliche Strassen nennt man diejenigen, welche die Griechen βασιλικάς (königliche), und die Unsern prätorische oder auch Consularstrassen nennen. Privatstrassen sind diejenigen, welche Manche Feldwege nennen; Dorfstrassen sind die in den Dörfern, oder die nach Dörfern führen; Einige halten diese auch für öffentliche; dies ist insofern richtig, wenn ein solcher Weg nicht aus gemeinschaftlichen Beiträgen der Privaten angelegt worden ist; etwas Anderes freilich ist es, wenn sie aus gemeinschaftlichen Beiträgen der Privaten ausgebessert werden; wenn dies der Fall ist, so ist darum eine Strasse noch nicht eine Privatstrasse, denn die Ausbesserung geschieht darum auf gemeinschaftliche Kosten, weil der Gebrauch und der Nutzen allgemein ist. 23Von den Privatwegen kann man zwei Arten annehmen, solche, die sich auf Aeckern befinden, denen eine Dienstbarkeit auferlegt ist, sodass sie zu dem Acker eines Andern hinführen, oder solche, die zu Aeckern hinführen, auf denen Jedem die Passage freisteht, und welche von einer Consularstrasse auslaufen, und so nach dieser eine Strasse, ein Weg, oder eine Uebertrift, die nach einem Landhause führt, aufnimmt; diejenigen also, welche von einer Consularstrasse ab nach Landhäusern oder andern Meiereien führen, kann man auch, meines Bedünkens, selbst als öffentliche betrachten. 24Dieses Interdict betrifft übrigens nur Landstrassen, und nicht Stadtstrassen; die Besorgung letzterer liegt den Magistraten ob. 25Wenn die Passage auf einer öffentlichen Strasse gehemmt, oder der Weg beeinträchtigt wird, so schreiten die Magistrate ein. 26Wenn Jemand einen Kloak in eine öffentliche Strasse ableitet, und dadurch die Strasse weniger brauchbar wird, so, sagt Labeo, hafte derselbe; denn es wird angenommen, dass er etwas hineingeschoben habe. 27Wenn ferner Jemand auf seinem Landgute einen Graben gezogen hat, damit das Wasser sich darin sammele und auf die Strasse ablaufe, so haftet er ebenfalls durch das Interdict; denn es wird auch hier angenommen, dass er etwas hineingeschoben habe. 28Ingleichen schreibt Labeo, dass, wenn Jemand auf seinem Grund und Boden dergestalt gebaut hat, dass das auf der Strasse sich sammelnde Wasser in Pfützen stehen bleibt, er durch dieses Interdict nicht gehalten werde, weil er das Wasser nicht dahinleitet, sondern nicht aufnimmt. Nerva schreibt aber richtiger, er hafte in beiden Fällen. Wenn freilich ein Landgut an eine öffentliche Strasse stösst, und das davon abgeleitete Wasser den Weg schlecht macht, dieses Wasser aber vom Landgute deines Nachbars auf das deinige fliesst, so finde, wenn du dieses Wasser aufnehmen müssest, das Interdict wider deinen Nachbar statt, wo nicht, so hafte dein Nachbar nicht, wohl aber du; denn es wird Derjenige als handelnde Person angenommen, der den Gebrauch dieses Wassers hat. Derselbe Nerva schreibt, dass, wenn aus dem Interdicte wider dich geklagt werde, du zu weiter nichts gezwungen werden könnest, als nach Dessen Ermessen, der dich verklagt, deinen Nachbar anzugreifen; wolle man hier etwas Anderes bestimmen, so werde daraus erfolgen, dass du noch dann haften müssest, wenn du auch den Nachbar schon im guten Glauben verklagt habest, und es nicht an dir liege, dass du den Nachbar auf Ermessen des Klägers nicht verklagest. 29Ad Dig. 43,8,2,29Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 169, Note 20.Derselbe sagt, wenn ein Ort allein1111Soli, ich behalte solo (Flor.) durch den Geruch verpestet werde, so sei es nicht unzulässig1212Non esse ab re de ea (re Hal.) Int. uti; der Sinn ist klar, über die Versuche der Kritik s. d. Note in der Gött. C. J. Ausgabe., deshalb sich des Interdicts zu bedienen. 30Dieses Interdict leidet auch auf das Vieh Anwendung, das auf einer öffentlichen Strasse oder Wege weidet und den Weg ruinirt. 31Hernach sagt der Prätor: wodurch die Strasse und der Weg schlechter ist, wird; das [will sagen], entweder sogleich schlechter ist, oder nachher, hierauf deuten nemlich die Worte: ist, wird. Denn Manches ist von der Art, dass es durch seine Folge auf der Stelle schadet, Manches von der Art, dass es zwar nicht sogleich schädlich ist, aber künftig schädlich sein muss. 32Die Verschlechterung einer Strasse ist aber so zu verstehen, wenn ihr Gebrauch zur Passage verdorben wird, nemlich zum Gehen und Fahren, z. B. sie vorher eben war und nun uneben wird, hart statt weich, enge statt breit, morastig statt trocken. 33Ich weiss, dass der Fall in Frage gestellt worden ist, ob es erlaubt sei, einen Kanal durch eine öffentliche Strasse zu ziehen und eine Brücke darüber zu schlagen? Die Meisten sind der Ansicht, dass der [Thäter] durch das Interdict gehalten werde, denn er darf die Strasse nicht schlechter machen. 34Dieses Interdict ist von immerwährender Dauer und steht Jedem aus dem Volke zu; die Verurtheilung richtet sich darnach, wieviel der Kläger dabei betheiligt ist. 35Der Prätor sagt: Was du auf einer öffentlichen Strasse oder Wege errichtet oder hineingeschoben hast, wodurch die Strasse oder der Weg schlechter wird, das sollst du wiederherstellen. 36Dieses Interdict entspringt aus demselben Grunde wie das vorige und es findet nur der einzige Unterschied statt, dass dieses die Wiederherstellung verfügend, jenes verbietend ist. 37Durch dieses Interdict haftet nicht Derjenige, wer auf einer öffentlichen Strasse Etwas unternommen hat, sondern der etwas darauf Errichtetes innehat; hat es daher der Eine errichtet und der Andere hat es inne, so haftet der Letztere, und dies ist auch nützlicher, weil Derjenige es wieder in den vorigen Zustand herstellen kann, der das darauf Errichtete oder Hineingeschobene innehat. 38Innehaben wird von Dem verstanden, der den Gebrauch davon hat und das Recht des Besitzes geniesst, er mag das Werk selbst aufgeführt, oder auf den Grund eines Kaufs, Pachts, Vermächtnisses, durch Erbschaft, oder auf irgend eine andere Weise erworben haben. 39Daher glaubt Ofilius, dass, wer das Werk als aufgegeben verlassen, was er errichtet, wenn er eine öffentliche Strasse verdorben hat, durch das Interdict nicht hafte; denn er hat das nicht mehr inne, was er errichtet hat. Doch frägt sich, ob wider ihn keine Klage ertheilt werden müsse? und ich glaube, dass ein analoges Interdict statthabe, dass er Das, was er auf einer öffentlichen Strasse gebaut, wiederhinwegnehme. 40Wenn von deinem Landgute ein Baum auf einen öffentlichen Weg so gefallen ist, dass er der Passage im Wege ist, und du ihn als aufgegeben liegen lässest, so, schreibt Labeo, haftest du nicht; sei jedoch, fügt er hinzu, der Kläger bereit, denselben auf seine Kosten hinwegzuschaffen, so werde er zweifelsohne das Interdict wegen Ausbesserung öffentlicher Strassen wider dich anstellen können. Wenn du ihn aber nicht als aufgegeben liegen lässest, so könne dieses Interdict mit Erfolg wider dich erhoben werden. 41Derselbe Labeo schreibt, wenn mein Nachbar eine Strasse durch einen Bau verdorben hat, so kann ich, wenn das Werk, was er errichtet, auch sowohl mir als ihm von Nutzen gewesen, dennoch, sobald er es seines Landgutes allein wegen gethan, mit dem Interdicte angegriffen werden; haben wir aber Beide zusammen das Werk besorgt, so haften wir Beide. 42Dieses Interdict hat auch wider Den statt, der es arglistigerweise dahin gebracht hat, dass er nicht mehr im Besitz ist, oder [das Errichtete nicht mehr] hat; denn es muss Derjenige, der Etwas besitzt oder hat, ebenso daran sein, wie Derjenige, durch dessen Arglist es dahingekommen ist, dass das Eine oder das Andere nicht mehr stattfindet; hierin scheint mir des Labeo Ansicht richtig. 43Sollst du wiederherstellen sagt er; wiederherzustellen wird von Dem verstanden, der Etwas in den vorigen Zustand wieder einführt; dies geschieht, wenn Jemand das Errichtete wiederhinwegnimmt, oder was hinweggenommen worden, wiederherbeischafft, und zuweilen auf seine Kosten. Denn ist Derjenige, wider den das Interdict angestellt worden1313Dies ist unzweifelhaft der Sinn, man mag nun lesen, cum quo quis, oder, quo qui, oder quocum interdixit, s. bes. Jens. l. l. p. 447. der quoi quis lesen will., selbst Der gewesen, der es gethan hat, oder auf seinen Befehl ein Anderer, oder hat er das Geschehene genehmigt, so muss er es auf seine Kosten wiederherstellen; ist aber nichts von alle Dem vorgefallen, sondern hat er das Errichtete blos so gehabt, so braucht er sich blos [die Hinwegnahme] gefallen zu lassen. 44Es ist zu wissen, dass dieses Interdict nicht an eine Frist gebunden ist, denn es hat das öffentliche Beste zum Gegenstande, und die Verurtheilung geschieht darnach, wieviel dem Kläger an Hinwegnahme des Errichteten gelegen ist. 45Der Prätor sagt: Dass Dem und Dem das Gehen und Fahren auf einer öffentlichen Strasse oder einem öffentlichen Wege nicht gestattet sei, verbiete ich, ihm Gewalt anzuthun.
Ulp. lib. LXVIII. ad Ed. Der Prätor sagt: Ich verbiete, Demjenigen, der einen öffentlichen Platz gepachtet hat und seinem Gesellschafter, dessen Genuss Derjenige, der ein Recht zur Verpachtung hatte, ihm verpachtet hat, in der Befugniss, den Genuss zufolge des Pachtcontracts zu ziehen, Gewalt anzuthun. 1Es ist klar, dass dieses Interdict des öffentlichen Besten wegen begründet, denn es schützt die öffentlichen Zölle, da Jedem untersagt wird, Dem Gewalt anzuthun, der ihren Genuss erpachtet hat. 2Wenn aber Beide, der Pächter und sein Gesellschafter das Interdict erheben wollen, so muss der Pächter selbst den Vorzug haben. 3Der Prätor sagt: die Befugniss des Genusses zufolge des Pachtcontracts; mit Recht sagt er: zufolge des Pachtcontracts; denn wer über den Contract hinaus, oder demselben zuwider den Genuss verlangt, darf nicht gehört werden.
Ulp. lib. LXVIII. ad Ed. Der Prätor sagt: dass Dem und Dem eine öffentliche Strasse oder einen öffentlichen Weg gangbar zu machen und auszubessern nicht gestattet sei, sobald er die Strasse oder den Weg nicht verschlechtert, verbiete ich Gewalt anzuthun. 1Einen Weg gangbar machen (aperire), heisst, ihn in seiner vorigen Höhe und Breite wiederherstellen. Das Reinigen gehört auch zur Ausbesserung. Reinigen heisst eigentlich Etwas wagerecht machen, durch Hinwegschaffung Dessen, was darauf liegt. Denn es bessert sowohl Derjenige aus, wer gangbar macht, als wer reinigt, und überhaupt Jeder, wer Etwas in den vorigen Zustand wiederherstellt. 2Wenn Jemand unter dem Anschein des Ausbesserns eine Strasse schlechter macht, so darf man ihn ungestraft mit Gewalt daran verhindern, daher darf der Interdicirende eine Strasse weder breiter noch länger, weder höher noch tiefer unter dem Vorwande des Ausbesserns machen, noch Kies auf die Strasse werfen, noch dieselbe, wenn sie ungepflastert ist, pflastern, noch auf einer gepflasterten das Pflaster aufreissen. 3Dieses Interdict wird immerwährend ertheilt werden, und Allen and wider Alle, und zieht die Verurtheilung in das Interesse des Klägers nach sich.
Ulp. lib. LXVIII. ad Ed. Der Prätor sagt: in einem öffentlichen Flusse und an dessen Ufer darfst du nichts unternehmen, du darfst in denselben oder an dasselbe nichts vorschieben, wodurch die Anfuhrplätze und die Schifffahrt schlechter sind und werden. 1Der Fluss unterscheidet sich vom Bach durch die Grösse, oder durch die Meinung der Anwohner. 2Die Flüsse sind theils perennirende, theils strömende; perennirend ist derjenige, der immer fliesst, ἀένναος, strömend, der zur Winterszeit [fliesst], χειμάῤῥους. Ist jedoch [ein Fluss], der sonst das ganze Jahr über floss, einmal in einem Sommer ausgetrocknet, so ist er deshalb nicht weniger perennirend. 3Einige Flüsse sind öffentliche, andere nicht. Ein öffentlicher Fluss, sagt Cassius, ist derjenige, der das ganze Jahr über fliesst. Diese Ansicht des Cassius, der auch Celsus beitritt, scheint richtig zu sein. 4Das vor erwähnte Interdict geht die öffentlichen Flüsse an, bei Privatflüssen wird es wegfallen, denn ein Privatfluss unterscheidet sich von andern Privatplätzen in nichts. 5Ufer wird richtig dem Begriffe nach so bestimmt den, es sei Dasjenige, was den Fluss in sich begreift, indem es den natürlichen Strom seines Laufes enthält. Ist übrigens ein Fluss durch Regengüsse, durch das Meer, oder sonst durch einen andern Grund auf einige Zeit angewachsen, so verändert er seine Ufer nicht. Denn so hat z. B. noch Niemand behauptet, dass der Nil, der durch sein Anwachsen Aegypten überschwemmt, seine Ufer verändere oder erweitere. Denn sobald er zu seinem gewöhnlichen Wasserstande zurückgekehrt ist, müssen die Ufer seines Strombettes wiederhergestellt werden. Wenn jedoch [ein Fluss] von Natur angewachsen ist, sodass seine Zunahme von fortwährender Dauer ist, etwa durch Verbindung mit einem andern Flusse, oder sonst einen andern Grund, so kann man auch ohne Zweifel behaupten, dass er sein Ufer verändert habe, gleichwie wenn er mit Veränderung seines Strombettes, einen andern Lauf nimmt. 6Wenn in einem öffentlichen Flusse eine Insel enstanden, und darauf Etwas errichtet worden ist, so wird nicht angenommen, dass dies im Flusse geschehen sei, denn die Insel gehört entweder Dem, der sich in ihren Besitz gesetzt hat, wenn die Aecker bestimmt begrenzt waren, oder Dem, an dessen Ufer sie zunächst liegt, oder, wenn sie mitten im Flussbett entstanden ist, Denen, welche an den beiden nächsten Ufern Grundstücke besitzen. 7Ebensowenig geht Das, was, wenn der Fluss auf ähnliche Weise sein Bett verlassen und seinen Lauf wo anders genommen hat, im alten Flussbette errichtet worden ist, dieses Interdict an; denn es kann nicht in einem öffentlichen Flusse errichtet sein, wo [der Grund und Boden] den beiden anstossenden Nachbarn gehört. Wenn aber die [daranstossenden] Aecker bestimmt begrenzt sind, so wird das Flussbett Dem gehörig, der sich in dessen Besitz setzt; wenigstens hört es auf öffentlich zu sein. Auch dasjenige Flussbett, welches sich ein Fluss macht, wird, wenn es gleich vorher Privateigenthum gewesen, dennoch öffentlich, weil es unmöglich ist, dass das Bett eines öffentlichen Flusses nicht auch sollte öffentlich sein. 8Wenn ein Graben von Menschenhänden gemacht ist, durch den ein öffentlicher Fluss fliesst, so wird er nichtsdestoweniger öffentlich, und was darin errichtet wird, wird als in einem öffentlichen Flusse geschehen betrachtet. 9Anders ist es dann, wenn der Fluss eine Strecke Landes überschwemmt und nicht sich ein neues Bett gemacht hat, denn dann wird Das, was unter Wasser steht, nicht öffentlich. 10Ingleichen bleibt, wenn ein Fluss um eine Strecke Landes herumgeht, dieselbe ihrem Eigenthümer. Ist also Etwas darin errichtet worden, so ist es nicht in einem öffentlichen Flusse geschehen, und es geht dieses Interdict nichts an, was an einem Privatort geschehen ist, auch nicht wenn in einem Privatflusse, denn, was in einem Privatflusse geschieht, steht Dem ganz gleich, was an jedem andern Privatorte errichtet worden ist. 11Als in einem öffentlichen Flusse errichtet wird Alles Dasjenige betrachtet, was im Wasser geschieht; ist Etwas ausserhalb geschehen, so ist es dies nicht im Flusse; auch was am Ufer geschieht, wird nicht als im Flusse geschehen betrachtet. 12Nicht Alles aber, was in einem öffentlichen Flusse oder auf dessen Ufer geschieht, verbietet der Prätor, sondern nur wenn Etwas von der Art, wodurch die Anfuhr und die Schifffahrt schlechter wird. Es bezieht sich mithin dieses Interdict nur auf diejenigen öffentlichen Flüsse, die schiffbar sind, auf andere nicht. Labeo schreibt aber, es sei nicht unbillig, dass, wenn Etwas auch in einem nichtschiffbaren Flusse errichtet werde, sodass er austrocknet, oder der Lauf des Wassers gehemmt wird, ein analoges Interdict zuständig sei, dass der Hinwegnahme, dem Einreissen, der Reinigung und Wiederherstellung Dessen keine Gewalt angethan werde, was in dem Flussbett oder am Ufer so errichtet worden ist, wodurch die Richtung und der Lauf des Flusses schlechter ist, oder wird. 13Anfuhrt (statio) sagt man vom Anfahren (stare); es ist also der Ort gemeint, wo die Schiffe sicher liegen können. 14Der Prätor sagt: und die Strasse für die Schifffahrt schlechter wird; dies heisst soviel, als das Schiffen selbst; ja, man sagt auch wohl Schifffahrt für das Schiff selbst. Strasse für die Schifffahrt kann man also auch so verstehen, dass die Strasse für die Schiffe schlechter wird. Unter der Benennung der Schifffahrt sind auch Flösse begriffen, weil meist deren Gebrauch ein nothwendiger ist. Wenn dem Leinpfade1414Glosse: iter pedestre. ein Hinderniss in den Weg gelegt wird, so wird dadurch die Strasse für die Schifffahrt nicht weniger schlechter. 15Eine Anfuhrt sowie eine Strasse der Schifffahrt scheinen dann schlechter zu werden, wenn ihr Gebrauch verdorben oder erschwert, oder vermindert, oder seltener, oder ganz und gar entzogen wird. Sobald daher das Wasser abgelassen wird, sodass, wenn es gefallen, es weniger schiffbar ist, oder wenn [die Ufer] erweitert werden, sodass das Wasser weiter ausgedehnt und dadurch flach wird, oder wenn es umgekehrt so eingeengt wird, dass es den Fluss reissender macht, oder sonst etwas Anderes geschieht, was die Schifffahrt unbequem macht, erschwert, oder ganz verhindert, findet stets das Interdict statt. 16Labeo schreibt, dem mit dem Interdicte Belangten sei die Einrede: oder wenn er es zum Schutz des Ufers gethan hat, nicht zu ertheilen, sondern er sagt, die Einrede müsse so gefasst werden: ausser wenn Etwas so unternommen worden ist, wie es nach dem Gesetze gestattet war. 17Wenn im Meere etwas [hierher Bezügliches] unternommen wird, so, sagt Labeo, stehe folgendes Interdict zu: dass im Meere und am Seeufer nichts geschehe, wodurch Hafen, Anfuhrt und Strasse der Schifffahrt schlechter werde. 18Derselben Ansicht ist er, wenn Etwas in einem öffentlichen, jedoch nicht schiffbaren Fluss geschieht. 19Hernach sagt der Prätor: Was in einem öffentlichen Flusse oder an dessen Ufer geschieht, oder was du in den Fluss oder sein Ufer Hineingeschobenes innehast, wodurch Anfuhrt und Schifffahrtsstrasse schlechter ist oder wird, sollst du wiederherstellen. 20Das erstgedachte Inderdict ist ein verbietendes, das letztere ein die Wiederherstellung verfügendes, welches übrigens denselben Gegenstand zum Zweck hat. 21Es wird aber Dem, der etwas Errichtetes oder Hineingeschobenes innehat, die Wiederherstellung desselben anbefohlen, sobald es die Anfuhrt oder Schifffahrt schlechter macht. 22Diese Worte: Errichtetes innehast oder Hineingeschobenes innehast, beweisen, dass nicht Der hafte, der es errichtet oder hineingeschoben hat, sondern wer das Eine oder das Andere innehat. Auch sagt Labeo, dass [du auch dann] durch dieses Interdict haftest, wenn dein Vorgänger das Wasser abgeleitet hat und du davon Gebrauch machest.
Ulp. lib. LXVIII. ad Ed. Der Prätor sagt: in einem öffentlichen Flusse und an dessen Ufer Etwas zu unternehmen, oder in den Fluss und das Ufer Etwas hineinzuschieben, wodurch das Wasser einen andern Lauf annimmt, als es im vorigen Sommer gehabt, verbiete ich. 1Durch dieses Interdict hat der Prätor dahin vorgesehen, dass die Flüsse nicht durch unerlaubte Ableitungen ausgetrocknet werden, oder eine Veränderung des Flussbettes den Nachbarn Unrecht thue. 2Dasselbe betrifft aber blos öffentliche Flüsse, sie mögen schiffbar sein oder nicht. 3Der Prätor sagt: wodurch das Wasser einen andern Lauf annimmt, als es im vorigen Sommer gehabt; es haftet also nicht Jeder, wer Etwas hineingeschoben oder errichtet hat, sondern wer durch die Errichtung oder das Hineinschieben von Etwas den Lauf des Wassers [dagegen] verändert hat, wie er im vorigen Sommer gewesen. Die Worte: einen andern Lauf nimmt, beziehen sich nicht auf die Masse des fliessenden Wassers, sondern müssen auf dessen Richtung und die Strömung seines Laufes bezogen werden. Ueberhaupt kann man sagen, es hafte Jemand durch dieses Interdict nur dann, wenn der Lauf des Wassers durch Das, was errichtet worden, verändert wird, z. B. das Wasser gedrückter oder eingeengter und dadurch zum Schaden der Anwohner reissender ist. Auch wenn die Anwohner durch die Handlung des Beklagten einen Schaden anderer Art empfinden, wird das Interdict zur Anwendung kommen. 4Wenn Jemand aus einem bedeckten Kanal einen unbedeckten machen will, oder umgekehrt, aus einem unbedeckten einen bedeckten, so haftet er, hat man angenommen, durch das Interdict, sobald aus diesem Unternehmen den Umwohnern ein Schaden entspringt. 5Auf gleiche Weise wird er durch dieses Interdict haften, wenn er einen Abzugsgraben zieht, oder ihn an einem andern Orte anlegt, oder wenn er ein Flussbett verändert. 6Einige glauben, dass von diesem Interdicte die Ausnahme stattfinde, was nicht zur Befestigung des Ufers geschieht; dies ist nemlich so zu verstehen, dass das Interdict keine Anwendung leiden solle, wenn Etwas geschieht, wodurch sich der Lauf des Wassers ändert, sobald es zur Befestigung des Ufers geschehen; Andere haben dies aber verworfen, denn die Ufer dürfen zum Schaden der Anwohner nicht befestigt werden; allein es ist bei uns Rechtens, dass der Prätor es nach den Umständen abwägt, ob er diese Einrede zu ertheilen habe; meistens spricht der Nutzen der Sache für die Ertheilung jener Einrede. 7Wenn aber auch ein Nutzen Dessen ins Spiel kommt, der Etwas in einem öffentlichen Flusse errichtet (z. B. der Fluss gewöhnlich ihm einen grossen Schaden gethan, oder seine Grundstücke verwüstet hat), und er Dämme oder andere Sicherungsmittel zur Deckung seines Ackers angewendet hat, und durch diesen Umstand der Lauf des Flusses etwas geändert worden ist, warum soll ihm da nicht geholfen werden? — Ich weiss, dass Viele den Flusslauf wo anders hingeleitet und die Flussbetten geändert haben, um für ihre Grundstücken zu sorgen; denn man muss in solchen Fällen den Nutzen und den Schutz der handelnden Personen berücksichtigen, sobald natürlich die Anwohner daraus keinen Schaden haben. 8Es haftet aber Derjenige durch dieses Interdict, der den Lauf des Flusses anders gerichtet, als er im vorigen Sommer gewesen; den vorigen Sommer, sagt man, habe der Prätor darum als Norm angenommen, weil der natürliche Lauf der Flüsse im Sommer sich mit grösserer Bestimmtheit als im Winter abnehmen lässt. Und es wird darum das Interdict auf den vorigen und nicht auf den künftigen Sommer bezogen, weil der Lauf des Wassers in jenem Sommer unbezweifelt ist. Der Sommer wird bis zur Herbstnachtgleiche verstanden. Wird im Laufe des Sommers interdicirt, so muss auf den nächsten vorherigen Sommer Rücksicht genommen werden, wenn aber im Winter, so wird nicht der nächstverflossene Sommer vor dem Winter, sondern der vorhergehende zu berücksichtigen sein. 9Dieses Interdict steht Jedem aus dem Volke zu, aber nicht wider Jeden, sondern wider Den, der es bewirkt, dass das Wasser anders fliesse, ohne ein Recht dazu zu haben. 10Dieses Interdict findet auch wider die Erben statt. 11Hernach sagt der Prätor: Was du in einem öffentlichen Flusse oder auf dessen Ufer Errichtetes, oder in denselben und auf dasselbe Vorgeschobenes innehast, wenn deshalb das Wasser einen andern Lauf nimmt, als es im vorigen Sommer gehabt, das sollst du wiederherstellen. 12Dieses Interdict ist als ein die Wiederherstellung verfügendes begründet; das vorhergedachte ist nemlich ein verbietendes, und hat etwas noch nicht Geschehenes zum Gegenstande1515Dieser letzte Satz gehört doch wohl zusammen, ohne dass man dessen erste Hälfte mit unserm Text in Parenthese setzen dürfte, denn die letzteren Worte beziehen sich auf das in Parenthese Gesetzte, und nicht auf das Voranstehende.. Ist also Etwas schon geschehen, so wird es durch dieses Interdict wiederhergestellt werden, wenn es aber darauf abgesehen ist, dass Etwas nicht geschehe, so wird das vorhergedachte Interdict zur Anwendung zu bringen sein; ist Etwas nach Ertheilung des Interdicts geschehen, so wird es [nach demselben] gestraft werden. 13Gegenstand dieses eine Wiederherstellung verfügenden Interdicts wird nicht unbillig, wie Labeo sagt, es auch sein, wenn es arglistigerweise geschehen ist, dass du etwas nicht mehr innehabest.
Ulp. lib. LXVIII. ad Ed. Der Prätor sagt: Ich verbiete Dem und Dem Gewalt anzuthun, dass es ihm nicht gestattet sei, in einem öffentlichen Flusse mit einem Schiffe oder Flosse zu fahren, und am Ufer ein- und auszuladen. Ingleichen werde ich ein Interdict ertheilen, dass es gestattet sei, durch einen öffentlichen See, Graben oder Teich zu schiffen. 1Durch dieses Interdict wird dahin vorgesehen, dass Niemand an dem Beschiffen eines öffentlichen Flusses behindert werde; denn sowie Dem, der an dem Gebrauch einer öffentlichen Strasse gehindert wird, das obengedachte Interdict zu Gebote steht, so hat auch der Prätor dafür gehalten, das gegenwärtige ertheilen zu müssen. 2Wenn die vorgedachten [Gewässer] Privateigenthum sind, so, fällt das Interdict weg. 3Ein See ist [dasjenige stehende Wasser], was immerwährend Wasser hat. 4Ein Teich hingegen dasjenige, was zu Zeiten ein darin stehendes Wasser hat, welches sich meist im Winter sammelt. 5Ein Graben ist ein von Menschenhand gemachter Aufbewahrungsort des Wassers. 6Alles dieses kann auch öffentliches Gut sein. 7Wenn einem Staatspächter, der einen See oder Teich gepachtet hat, ein Hinderniss in den Weg gelegt wird, darin zu fischen, so stimmen Sabinus und Labeo darin überein, dass ihm ein analoges Interdict zuständig sei. Es wird mithin auch dann, wegen der Begünstigung der öffentlichen Abgaben, höchst billig sein, ihn mit einem Interdict zu schützen, wenn er von Municipalstädten gepachtet hat. 8Wer ein Interdict der Art erheben will, dass ein Ort [am Ufer] zum Antriebe des Viehes zur Tränke abhängig gemacht werde, darf nicht gehört werden, so sagt Mela. 9Derselbe sagt, ein Interdict der Art, dass Niemandem Gewalt angethan werde, das Vieh an einen öffentlichen Fluss und dessen Ufer zu treiben, sei zuständig.
Ulp. lib. XLVIII. ad Ed. Der Prätor sagt: Ich verbiete Dem und Dem Gewalt anzuthun, dass es nicht gestattet sei, in einem öffentlichen Flusse und dessen Ufer einen Bau zum Schutze des Ufers und des daran gelegenen Ackers zu unternehmen, sobald dadurch die Schifffahrt nicht schlechter wird, wenn dir nach dem Ermessen eines rechtlichen Mannes auf zehn Jahr wegen drohenden Schadens Sicherheit oder Bürgschaft bestellt worden ist, oder es an ihm nicht gelegen, dass nach eines rechtlichen Mannes Ermessen Sicherheit oder Bürgschaft bestellt worden sei. 1Die öffentlichen Flussufer auszubessern und zu befestigen ist eine Sache von grossem Nutzen. Ebenso, wie nun in Betreff der Ausbesserung öffentlicher Strassen ein Interdict begründet ist, musste ein solches auch rücksichtlich der Ausbesserung der Flussufer ertheilt werden. 2Mit Recht setzt er hinzu: sobald nicht die Schifffahrt dadurch schlechter wird; denn nur diejenige Ausbesserung ist zu gestatten, die der Schifffahrt nicht im Wege steht. 3Wer das Ufer befestigen will, muss nach Maassgabe der Person für künftigen Schaden Sicherheit oder Bürgschaft bestellen. Es ist auch durch dieses Interdict ausdrücklich bestimmt, dass wegen drohenden Schadens auf zehn Jahre nach dem Ermessen eines rechtlichen Mannes Sicherheit oder Bürgschaft bestellt werde. 4Die Bürgschaft wird den Nachbarn bestellt, jedoch auch den Grundbesitzern jenseits des Flusses. 5Denn es muss dafür Sorge getragen werden, dass denselben vor dem Beginn des Baues Sicherheit bestellt werde. Denn nachher ist keine Möglichkeit mehr vorhanden, dieselbe mit diesem Interdicte zu verfolgen, wenn nachher auch schon ein Schaden daraus entstanden sein sollte, sondern es muss aus dem Aquilischen Gesetze geklagt werden. 6Es ist übrigens zu bemerken, dass der Prätor über Befestigung der See-, Graben- und Teichufer nichts [Besonderes] verordnet hat, sondern es wird ganz dasselbe, wie bei der Befestigung der Flussufer zu beobachten sein.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
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