Ad edictum praetoris libri
Ex libro LXIII
Ulpian. lib. LXIII. ad Edict. Wenn Jemand mit einem Familiensohne Geschäfte gemacht hat, so hat er zwei Verpflichtete, den Sohn aufs Ganze, und den Vater nach Maassgabe des Sonderguts.
Ulp. lib. LXIII. ad Ed. Ad Dig. 16,2,10 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 349, Note 10.Wenn wir Beide als Gesellschafter gleiche Nachlässigkeit bei der Gesellschaft uns haben zu Schulden kommen lassen, so muss man sagen, dass wir aufhören, [deshalb] gegenseitig verbindlich zu sein, indem von Rechtswegen11S. die vorhergehende Anm. Aufrechnung der Nachlässigkeit geschieht. Auf ähnliche Weise wird es gebilligt, dass, wenn der Eine aus einer gemeinschaftlichen Sache Etwas gezogen hat, der Andere eine sehr grosse Nachlässigkeit begangen haben sollte, welche zu eben demselben Betrag geschätzt wird, Aufrechnung und von Rechtswegen gegenseitig Befreiung geschehen zu sein scheine. 1Ad Dig. 16,2,10,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 349, Note 5.Wenn also Jemand, der aufrechnen konnte, gezahlt haben sollte, so wird er condiciren können, gleich als wenn eine Nichtschuld gezahlt worden sei. 2So oft aus einer Uebelthat eine Klage entsteht, z. B. aus dem Grunde des Diebstahls und der übrigen Uebelthaten, so hat, wenn wegen dieser Sache im bürgerlichen Process22Pecuniarie; s. die Bem. zu L. 1. §. D. de calum. 3. 6. geklagt wird, die Aufrechnung Statt. Dasselbe findet Statt, auch wenn aus dem Grunde des Diebstahls condicirt werden sollte. Aber auch wer mit einer Schädenklage belangt wird, kann die Aufrechnung entgegensetzen. 3Auch bei Stipulationen, welche so gut wie Klagen sind, das heisst bei prätorischen33S. L. 1. §. 2. D. de stipul. praetor. 46. 5., hat die Aufrechnung Statt; und nach Julianus wird sowohl bei der Stipulation selbst, als bei der Klage aus der Stipulation, die Aufrechnung entgegengestellt werden können.
Idem lib. LXIII. ad Ed. Wenn das Uebereinkommen getroffen worden ist, dass derjenige, wer zur Wiederherstellung eines Gebäudes Geld vorgeschossen hat, aus den Miethsgeldern unterpfandsweise sein Darlehn wiederherausziehen solle, so wird er auch aus der Handschrift, welche der Schuldner ihm zum Pfande gegeben hat, analoge Klagen wider die Miethsleute erhalten.
Ulp. Lxiii. ad Ed. Der Name Heirathsgut wird nicht auf solche Ehen bezogen, welche nicht bestehen können, denn es kann ja kein Heirathsgut ohne Ehe Statt finden; überall also wo der Name Ehe nicht Statt findet, findet auch kein Heirathsgut Statt.
Ulp. lib. LXIII. ad Ed. Bei einer Stipulation wegen drohenden Schadens, die wegen eines Hauses eingegangen wird, wird die Einweisung in den Besitz Statt haben, wenn nicht für das Ganze Sicherheit geleistet worden ist.
Ad Dig. 40,5,7Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 92, Note 9.Ulp. lib. LXIII. ad Ed. Wenn Einem Hundert mit der Bestimmung vermacht worden sind, dass er einen fremden Sclaven kaufen und freilassen solle, und er, nachdem das Vermögen des Erben verkauft worden ist44Bonis heredis venditis, weil nemlich die Erbschaft nicht zur Bezahlung der Erbschaftsschulden hinreichte. S. l. 8. D. de aeq. v. omitt. her. 29. 2., [nur] einen Theil, nicht das ganze [Vermächtniss] in Anspruch nehmen kann, so darf er dasselbe nicht anders erhalten, als wenn er Sicherheit bestellt haben wird, dass er [den Sclaven] freilassen werde. Aber dies [findet] nur dann [Statt,] wenn der Theil, welchen er erhalten hat, zum Kaufgeld des Sclaven hinreicht, und der Herr [desselben] bereit ist, ihn für so viel zu verkaufen; sonst wird der Vermächtnissnehmer mit der Einrede der bösen Absicht zurückgewiesen werden müssen.
Idem lib. LXIII. ad Ed. Manche Personen werden auf so viel, als sie leisten können, belangt55Das sogenannte beneficium competentiae., das heisst, ohne Abzug der Schulden66S. unten fr. 19. u. 49. h. t.. Und zwar sind es ungefähr folgende: die mit der Gesellschaftsklage belangt werden; man muss aber77Im Edict. S. oben Th. II. S. 326. not. 142. u. 143. Andere Versuche der Vereinigung dieser Stelle mit fr. 63. §. 1. pro socio (XVII, 1.) s. im Archiv f. d. civil. Praxis. Th. II. S. 246 u. 343. Aeltere sind angeführt bei Thibaut Pandectenrecht §. 107. not. 1. und in meiner Schrift: Die Lehre von der Erwerbsgesellschaft. §. 89. S. 128. unter dem Gesellschafter einen Genossen für das ganze Vermögen verstehen. So auch die Eltern88Parens, im Singular, bezeichnet sowohl den Vater als die Mutter und die Grosseltern.,
Ulp. lib. LXIII. ad Ed. Es ist die Frage aufgeworfen worden: ob der Anspruch wegen besorgten Begräbnisses nur dann bevorzugt sei, wenn der Gantmann selbst begraben worden ist, oder auch wenn angeführt wird, dass ein Anderer begraben worden sei? Und es ist bestehenden Rechtens, dass, wer auch immer begraben worden sei, das heisst, es mag nun Der, über dessen Vermögen verhandelt wird, selbst begraben worden, oder er mag etwas schuldig gewesen sein, zu dessen Erstattung er, wenn er lebte, mit der Begräbnissklage anzuhalten wäre, das Vorzugsrecht statthabe. Wenig kommt dabei darauf an, mit welcher Klage solcher Aufwand zurückgefordert werde, ob mit der Begräbniss- oder Erbtheilungsklage, oder was sonst für einer, wenn nur der Aufwand eines Begräbnisses wegen gemacht worden ist. Welch einer Klage also Jemand wegen Begräbnissaufwandes sich bedienen mag, so steht ihm doch auch die Begräbnissklage zu, Daher, wenn über die Begräbnisskosten ein Angelöbniss [Stipulation] geschehen ist, muss man sagen, dass das Vorzugsrecht eintrete, er müsste denn Jemand deshalb stipulirt haben, um das Vorzugsrecht aufzugeben. 1Wenn eine Braut ihre Aussteuer [schon] gegeben hat, und nun die Heirath rückgängig geworden ist, so ist es, wenn gleich sie die Condiction99Sine causa, nicht die rei uxoriae actio. [persönliche Klage] wegen der Aussteuer anstellt, doch billig, ihr das Vorzugsrecht einzuräumen, ungeachtet keine Ehe geschlossen worden ist. Dasselbe halte ich für richtig, wenn ein Mädchen unter zwölf Jahren als Ehefrau heimgeführt1010Deductio in domum war zwar nicht das Wesen, aber doch das sichere Zeichen der geschlossenen Ehe, insofern eine solche zwischen dem heimführenden und der heimgeführten überhaupt stattfinden konnte. fr. 15. de cond. et demonstrat. 35. 1. worden ist, wenngleich sie noch nicht Ehefrau ist;
Ulp. lib. LXIII. ad Ed. und aus diesen Gründen geben wir dem Weibe das Vorzugsrecht1111Fr. de j. d. 23. 3.. 1Wenn Jemand, ohne Vormund zu sein, als Vormund Geschäfte besorgt hat, so ist klar, dass das Vorzugsrecht1212Des Pupillen an seinem Vermögen. Zimmern G. d. R. R. Th. II. S. 263. statthabe; es kommt auch nichts darauf an, ob Der, welcher die Besorgung geführt hat, selbst schuldet, oder sein Erbe oder andere Nachfolger desselben. Dagegen steht nur dem Mündel selbst, nicht seinen Nachfolgern das Vorzugsrecht zu. Sehr billig ist es aber, dass auch den Uebrigen, welchen als Untüchtigen oder Verschwendern Pfleger gesetzt werden,
Ulp. lib. LXIII. ad Ed. dasselbe Vorzugsrecht zu statten komme. 1Wenn aber ein Gütervertreter zu dem Vermögen eines Abwesenden, oder von den Feinden Gefangenen, oder während die eingesetzten Erben wegen des Erbschaftsantritts überlegen1313Vergl. fr. 8. quib. ex caus. in poss. 42. 4., gesetzt ist, so gebührt sichs nicht, den Vorzug zu bewilligen; denn ein solcher steht nicht in den nemlichen Verhältnissen.
Ulp. lib. LXIII. ad Ed. Wenn der Leibesfrucht ein Pfleger bestellt ist, aber kein Kind zur Welt kommt, so fällt das Vorzugsrecht weg. 1Kaiser Marcus hat folgendes Edict erlassen: Ein Gläubiger, der zu Herstellung von Gebäuden vorgeschossen hat, soll wegen des vorgeschossenen Geldes ein Vorzugsrecht beim Zurückfordern haben. Dies geht auch Denjenigen an, der in Auftrag des Bauherrn den Bauunternehmer mit Geld unterstützt hat. 2Ad Dig. 42,5,24,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 271, Note 22; Bd. II, § 379, Note 6.Wenn zu dem Vermögen eines öffentlichen Wechslers1414Mensularius, ein vom Staate anerkannter Inhaber einer Wechselbank. Sigonius de ant. jure civium Rom. II., 11. p. 323 sq. die Gant eröffnet wird, so sind, nach den [gesetzlichen] Vorzugsrechten, die Ansprüche Derer für bevorzugt angenommen, die bei der Wechselbank, im Vertrauen auf den öffentlichen Credit, Geld niedergelegt haben. Wer aber nach Niederlegung solchen Geldes von den Wechslern Zinsen genommen hat, geniesst vor den andern Gläubigern kein Vorrecht, und dies billig; denn etwas anderes ist Leihen, etwas anderes Niederlegen1515Vergl. fr. 7. §. 2. 3. fr. 8. depositi. 16. 3.. Ist jedoch das Geld vorhanden, so kann es meiner Meinung nach gegen die Depositare vindicirt werden, und der Vindicirende geht den [gesetzlichen] Bevorzugten vor. 3Diejenigen Gläubiger haben ein Vorrecht, deren Geld an bevorzugte Gläubiger gekommen ist. Wann aber nehmen wir Letzteres an? etwa [nur] wenn es von den Nachstehenden unmittelbar den Bevorzugten übergeben worden, oder auch, wenn dies vermittels des Schuldners geschehen ist, nemlich wenn es erst dem Schuldner gezahlt und sein Eigenthum geworden, dann aber einem bevorzugten Gläubiger bezahlt ist? Man kann, nach milderer Ansicht, dieses annehmen, wenn solches nur nicht erst nach Verfluss eines Zeitraums geschehen ist.
Übersetzung nicht erfasst.