Ad edictum praetoris libri
Ex libro LIII
Ad Dig. 8,2,9Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 465, Note 6a.Ulp. lib. LIII. ad Ed. Wider denjenigen, der durch Erhöhung seines Gebäudes das des Nachbars verfinstert, gegen welches keine Verpflichtung zu einer Dienstbarkeit vorhanden ist, findet keine Klage Statt.
Ulp. lib. LIII. ad Ed. Wenn Jemand durch langjährigen Gebrauch und langfortgesetzten Quasibesitz ein Recht der Wasserleitung erworben hat, so hat er nicht nöthig, das Recht darzuthun, vermöge dessen die Wasserleitung bestellt worden ist, wie z. B. in Folge eines Vermächtnisses, oder [der Erwerbung des Rechts] auf andere Weise, sondern er hat eine analoge Klage, wonach er darzuthun hat, dass er so viel Jahre lang weder gewaltsam, noch heimlich, noch bittweise den Gebrauch [der Dienstbarkeit] besessen habe. 1Es kann diese Klage nicht nur wider denjenigen angestellt werden, auf dessen Grund und Boden das Wasser entspringt, oder durch dessen Landgut es geleitet wird, sondern auch wider alle und jeden, der die Leitung des Wassers stört, nach Art der übrigen Dienstbarkeiten. Man kann sie also im Allgemeinen gegen Jeden, wer der Wasserleitung ein Hinderniss in den Weg legen will, zur Anwendung bringen.
Ulp. lib. LIII. ad Ed. Der Prätor sagt: „Für einen drohenden Schaden werde ich an Denjenigen Sicherheit zu leisten befehlen, und zwar, wenn dieselbe in eigenem Namen gestellt wird, durch ein blosses Verprechen, wenn in fremdem Namen, durch Bürgen, welcher geschworen, dass er sie nicht aus Chikane verlange, oder dass Derjenige, in dessen Namen er klagt, bis zu jener Zeit, die ich nach Untersuchung der Sache bestimmen werde, dieselbe fordern werde. Wenn ein Streit obwaltet, ob der Sicherheit Leistende Eigenthümer sei, oder nicht, so werde ich unter Bedingung Bürgschaft zu stellen befehlen. Wegen eines solchen Bauwerks, das an einem öffentlichen Fluss oder dessen Ufer unternommen wird, werde ich auf zehen Jahre Bürgschaft zu stellen befehlen. Wenn Einem auf diese Weise keine Bürgschaft geleistet wird, so werde ich ihn in den Mitbesitz der Sache, wegen welcher die Sicherheitsleistung verlangt wird, und wenn mir der Anspruch gerecht scheint, auch in den alleinigen Besitz derselben einweisen. Gegen Denjenigen, welcher weder Sicherheit leistet, noch den Mitbesitz, noch den alleinigen Besitz gestattet, werde ich eine Klage verleihen: dass er so viel gewährt, als er gewähren müsste, wenn für die Sache nach meinem Beschlusse, oder nach dem Beschlusse jener Obrigkeit, welcher desfalls die mir zuständige Gerichtsbarkeit übertragen ist, Sicherheit geleistet worden wäre. Wenn wegen jener Sache, in deren Mitbesitz ich einweisen werde, von dem Besitzer keine Bürgschaft für den drohenden Schaden gestellt wird, so werde ich Demjenigen, welchem keine Bürgschaft geleistet wird, den alleinigen Besitz einräumen.“ 1Dieses Edict sorgt für einen noch nicht geschehenen Schaden, während die übrigen Klagen den Ersatz von Beschädigungen, die bereits geschehen sind, bezwecken, wie bei der Klage aus dem Aquilischen Gesetze, und anderen. Ueber einen bereits geschehenen Schaden aber wird nichts im Edict verordnet. Denn da Thiere, welche einen Schaden angerichtet haben, uns keine weitere Verbindlichkeit aufzubürden pflegen, als11Unser Text hat hier einen Druckfehler, quum statt quam. A. d. R.. dass wir sie an Schadens Statt ausliefern, so dürfen uns leblose Gegenstände um so weniger eine weitere Verbindlichkeit aufbürden; zumal da lebende Wesen, welche Schaden veranlasst haben, selbst noch existiren, Häuser aber, wenn sie durch ihren Einsturz Schaden verursacht haben, zu sein aufhören. 2Daher entsteht die Frage, ob, wenn ein Haus vor der Sicherheitsleistung eingefallen ist, und der Eigenthümer die Trümmer nicht wegschaffen will, und sie aufgibt, eine Klage wider ihn Statt finde? Und da Julianus gefragt worden, „wenn vor der Sicherheitsleistung wegen drobenden Schadens ein schadhaftes Haus eingefallen sei, was Der thun müsste, auf dessen Haus die Trümmer gefallen seien, um Schadenersatz zu erhalten?“ so gab er zum Gutachten: wenn der Hauseigenthümer die Trümmer wegräumen wolle, so müsse man es ihm lediglich unter der Bedingung gestatten, dass er Alles, d. h. auch das, was unbrauchbar sei, wegschaffe: und derselbe sei nicht nur für den zukünftigen, sondern auch für den geschehenen Schaden Sicherheit zu leisten verbunden; wenn aber der Eigenthümer des eingefallenen Hauses nichts thue, so werde Demjenigen, auf dessen Haus die Trümmer gefallen sind, ein Interdict verliehen werden müssen, durch welches der Nachbar angehalten wird, entweder die Trümmer wegzuschaffen, oder das ganze Haus aufzugeben.
Ulp. lib. LIII. ad Ed. Ferner sagt Julianus, es lasse sich [ausnahmsweise] behaupten, dass [der Hauseigenthümer] auch ausserdem zur Sicherheitsleistung für den bereits geschehenen Schaden angehalten werden könne: denn was billig ist, so lange ein Haus noch unversehrt ist, das wird nicht unbillig auch nach dessen Einsturz geleistet werden. So lange aber das Haus noch unversehrt ist, wird Jeder gezwungen, entweder für den drohenden Schaden Sicherheit zu leisten, oder das Haus, dessen er sich nicht annimmt, aufzugeben. Wenn daher22Die Stellen von l. 6. bis hieher haben dem grossen Bynkershoek Gelegenheit zu Zweifeln gegeben (Obs. III. Cap. 9.), die sein Genie für unauflösliche Widersprüche hält, nemlich quando, cautione non interposita, de damno praeterito cavendum, oder quando hoc damnum sarciendum sit? — Es differiren ihm zufolge besonders l. 6. l. 7. §. 2. l. 8. u. l. 9. pr. Allerdings scheint auf den ersten Anblick hier gar kein Zusammenhang zu sein, allein ich halte es doch für nicht unmöglich ihn zu finden. Die l. 4. h. t. lehrt uns, dass, um Schadenersatz durch Ruin eines Gebäudes zu erhalten, cautio damni infecti durchaus nothwendig ist; ausserdem findet nur retentio der ruderum Statt. Die postulatio war hier so wichtig, dass, wenn der Magistratus, wo sie angebracht ward, nicht dafür sorgte, er sogar mittels einer subsidiarischen Klage haftete. Dies war die Regel. In l. 6. macht nun Gaj. eine Bemerkung, die der Uebergang zur fernern, genauern Untersuchung über die obgedachte Frage ist; l. 7. sagt zwar ganz unzweifelhaft, dass in dem Edicte blos von damnum infectum die Rede sei, indem die ruina aedium der Noxa analog zu beurtheilen sei; indessen liess eben dieser Umstand es fühlen, dass für bestimmte Fälle doch eine Ausnahme gemacht werden müsse. Des Julianus Meinung, die am weitläuftigsten ausgeführt ist, zeigt dies ganz deutlich, wenn man einige Ausdrücke richtig versteht; in l. 7. beantwortet er die Frage, welche ihm vorgelegt worden, mit Rücksicht auf die allgemeine Regel. Des Gaj. Meinung l. 8. sucht nun auf die Ausnahme aufmerksam zu machen, und steht allerdings etwas isolirt; das quod zu Anfang geht offenbar auf die in l. 7 gedachte cautio damni praeteriti. Wahrscheinlich fand sich keine bessere Anknüpfung bei Zusammenstellung der Compilation. Nun tritt aber l. 9. Julian. wieder ein: Hoc amplius etc. Hiermit wird angezeigt, dass auch in besondern Fällen die cautio de damno praeterito verlangt werden könne, selbst wenn die damni infecti nicht gefordert worden sei (dies vor Augen habend, sagt Gaj. l. 6. nonnunquam!), und ein Beispiel von denique angebracht.In den fraglichen Stellen liegen nun also folgende Lehrsätze:1) Schadenersatz durch ruina aedium kann nur verlangt werden, wenn postulatio cautionis vorangegangen ist.2) Ausserdem steht die Ruina der Noxa insofern gleich, dass, wenn der Dominus die Rudera verlangt, er vollen Ersatz leisten muss; wenn er sie pro derelicto habet, aber gar nicht haftet.3) Das Edict selbst spricht zwar nur von damno infecto; natürlich; aber die Natur der Sache bringt es mit sich, bei dieser Gelegenheit auch das damnum praeteritum mit in Betrachtung zu ziehen.4) Der Grund dieser Bestimmungen ist, weil der negligens es sich zuzuschreiben hat, keine Caution gefodert zu haben; wenn Gründe, diese zu entschuldigen, vorhanden sind, lässt der Prätor, auch wenn die cautio de damno infecto nicht gefordert worden, volle Forderung des Schadenersatzes zu;5) will diese dominus aedium quae ruinam dederunt nicht leisten, so kann er nur zum völligen Weichen aus dem Hause genöthigt werden, zu weiter aber auch nichts; weil6) wenn res integra wäre, er zu nicht mehr würde gezwungen werden können.Die Schwierigkeit liegt also im Schluss der l. 7. (rudera) — aut tollere aut totas aedes pro derelicto habere und dem pr. der l. 9. — aedibus carere. In l. 7. kann ich jedoch den Ausdruck totas aedes nicht anders verstehen, als den Inbegriff der utilium und inutilium, wovon Gaj. l. 6. sagt omnia quae jaceant, mithin nur das Hinübergefallene. In l. 9. aber muss das ganze Gebäude verstanden werden, d. h. auch die stehen gebliebene Ruine und der Platz, in den immittirt wird, wie es re integra bei verweigerter Caution geschieht. Nun liesse sich zwar der Erklärung von totas aedes l. 15. §. 12. quib. ex causs. in possess. entgegenstellen, und erkenne ich dies recht wohl an; allein für die Erklärung spricht wiederum, dass, wenn vom Retentionsrecht an den Ruderibus die Rede ist, l. 6. u. 7. §. 2. pro derelicto habere brauchen und nicht carere, was l. 9. pr. gebraucht wird, und der eigentliche Ausdruck dafür ist, dass der Eigenthümer fürs erste den Mitbesitz gestatten und eventualiter ganz um sein Haus kommen soll. Es soll mir lieb sein, hierüber anders belehrt zu werden, aber ich weiss keinen andern Ausweg. Anm. d. Red. z. B., sagt er, Jemand wegen Kürze der Zeit, oder weil er in Staatsgeschäften abwesend war, nicht stipuliren konnte, so werde der Prätor billig dafür sorgen, dass der Eigenthümer des schadhaften Hauses entweder den Schaden ersetze, oder das Haus verlasse. Für die Meinung Julian’s spricht die Nützlichkeit [derselben]. 1Es fragt sich aber, ob in Betreff jener Gegenstände, welche durch die Gewalt eines Stromes herbeigeführt werden, ein Interdict gegeben werden könne? Trebatius berichtet, als die Tiber ausgetreten war und viele Sachen vieler Einwohner in fremde Gebäude hingeführt hatte, sei vom Prätor ein Interdict gegeben worden, dass die Eigenthümer an der Fortschaffung und Wegräumung des Ihrigen nicht gewaltsam gehindert werden sollten, wenn sie nur für den drohenden Schaden durch ein blosses Versprechen Sicherheit leisten würden. 2Auch Alfenus schreibt, wenn von Deinem Acker ein Stück auf meinen Acker gefallen ist, und Du solches in Anspruch nimmst, so finde gegen Dich eine Klage wegen des bereits geschehenen Schadens Statt. Dem schliesst sich auch Labeo an; denn der Ausspruch des Richters, bei welchem die herabgefallene Erde in Anspruch genommen wurde, fasste den Schaden, den ich zuvor erlitten, nicht in sich, und das Interdict dürfe bloss dazu verliehen werden, dass Alles, was herabgefallen, weggeschafft werde. Aber nur unter der Voraussetzung, sagt derselbe Alfenus, könne die übergefallene Erde eigentlich zurückgefordert werden, wenn solche mit meinem Erdreich sich nicht schon verbunden und vereinigt hat. Auch ein Baum, welcher auf meinen Acker geschoben worden und mit meinem Erdreich zusammengewachsen ist, kann von Dir nicht eigenthümlich zurückgefordert werden. — Aber auch ich werde gegen Dich keine Klage anstellen können, dass Dir kein Recht zustehe, Dein Stück Acker dergestalt [auf meinem Acker] zu haben, sobald es mit dem meinigen sich verbunden, weil es mein Eigenthum geworden ist. 3Neratius aber schreibt, wenn durch die Gewalt des Stroms ein Floss auf meinen Acker geführt worden sei, so könne Dir nur alsdann dessen Wegschaffung gestattet werden, wenn Du mir auch für den bereits geschehenen Schaden Sicherheit geleistet habest. 4Es wurde die Frage aufgeworfen, ob, wenn Grund und Boden Einem, was darauf gebauet worden, aber einem Andern gehöre, der Inhaber des letztern durch ein blosses Versprechen, oder durch Bürgschaft, Sicherheit wegen drohenden Schadens leisten müsse? Und Julianus schreibt, so oft das auf der Oberfläche errichtete Gebäude schadhaft sei, habe der Eigenthümer nicht nur wegen der Schadhaftigkeit des Grund und Bodens, sondern auch des Gebäudes, durch ein blosses Versprechen, oder Derjenige, welchem das Gebäude gehört, wegen beider durch Bürgschaft Sicherheit zu leisten: wenn Beide sich weigern, so müsse der Nachbar in den Mitbesitz eingewiesen werden. 5Celsus schreibt auch, wenn der Niessbrauch Deines Hauses der Titia gehört, so müsse entweder der Eigenthümer durch ein blosses Versprechen, oder Titia durch Bürgschaft Sicherheit für den drohenden Schaden leisten. Wenn Derjenige, dem die Sicherheit zu leisten gewesen, in den Mitbesitz gesetzt worden, so kann er der Titia den Niessbrauch versagen. Derselbe sagt, auch demjenigen Nutzniesser, der nichts ausbessern lässt, dürfe vom Eigenthümer der Niessbrauch entzogen werden; wenn daher der Nutzniesser für den drohenden Schaden keine Sicherheit leistet, und der Eigenthümer genöthigt ist, sie zu leisten, so darf ihm gleichfalls der Niessbrauch entzogen werden.
Ad Dig. 39,2,11Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 459, Note 3.Ulp. lib. LIII. ad Ed. Wofür sollen wir uns in Betreff des Pfandgläubigers entscheiden? Wird er, weil er sein Recht wahrt, durch ein blosses Versprechen, oder, weil er nicht Eigenthümer ist, durch Bürgschaft Sicherheit stellen müssen? Diese Frage ist von der entgegengesetzten Seite bei Marcellus abgehandelt, ob [nemlich] dem Pfandgläubiger Sicherheit für den drohenden Schaden geleistet werden müsse? Und Marcellus sagt, die Sicherheit, welche ihm bestellt werde, sei wirkungslos: und ein Gleiches sei hinsichtlich Desjenigen zu behaupten, der von einem Nichteigenthümer kauft, denn auch eine Stipulation in seiner Person sei ohne Erfolg: doch halte ich es für sehr billig, dass für diesen, d. h. den [Pfand] Gläubiger, durch eine Stipulation Vorsorge getroffen werde.
Ulp. lib. LIII. ad Ed. Wenn Jemand in gutem Glauben von einem Nichteigenthümer gekauft hat, so ist zu untersuchen, ob er durch ein blosses Versprechen, und nicht auch durch Bürgschaft, Sicherheit zu leisten habe? Das Letztere wird von Einigen behauptet; es hat aber guten Grund, dass derselbe eher durch ein blosses Versprechen, als durch Bürgschaft Sicherheit stelle: denn er thut es in seinem Namen. 1Es mag der Eigenthümer der Sache, oder Derjenige, welcher ein Recht darauf hat, z. B. eine Dienstbarkeit, für einen drohenden Schaden Sicherheit leisten, so glaube ich, er müsse sie durch ein blosses Versprechen, nicht durch Bürgschaft bestellen, weil er es in seinem, nicht in fremdem Namen thut. 2Wenn zwischen meinem Hause und dem Deinigen ein anderes, nicht baufälliges steht, so ist die Frage zu untersuchen, ob Du allein mir Sicherheit leisten musst, oder auch Derjenige, dessen Haus nicht baufällig ist, ob Jener allein, oder Beide? Und es ist mit mehr Grund anzunehmen, dass Beide [zugleich] Sicherheit leisten müssen: weil der Fall sein kann, dass das baufällige Haus, indem es auf das nicht baufällige fällt, mir Schaden verursacht; obgleich sich einwenden liesse, dass es nicht von dem in gutem Stand befindlichen Hause herrühre, wenn ein anderes, auf dasselbe fallendes Haus Schaden veranlasst hat; wenn aber [der Eigenthümer des in der Mitte liegenden Hauses] sich keine Sicherheit verschafft hat, da er gekonnt hätte, so wird er mit Recht belangt werden. 3Wer Sicherheit für drohenden Schaden verlangt, muss zuvor den Eid vor Gefährde schwören. Wer also den Eid gegen Gefährde abgelegt hat, wird zur Stipulation zugelassen. Und es wird nicht untersucht werden, ob er ein Interesse habe, oder nicht; ob er ein Haus in der Nähe besitze, oder nicht? doch dies Alles muss der Gerichtsbarkeit des Prätors überlassen werden, wenn Sicherheit geleistet werden muss, wenn nicht. 4Uebrigens brauche ich weder Demjenigen, der auf meinem Eigenthum lustwandelt, noch Dem, welcher auf meinem Eigenthum badet, oder in meinem Laden einkehrt, Sicherheit zu bestellen. 5Ad Dig. 39,2,13,5Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 459, Note 6.Den Nachbarn, und ihren Miethleuten, und den Gattinnen der Miethleute, sagt Labeo, müsse allerdings Sicherheit geleistet werden. Eben so Denjenigen, welche sich bei ihnen aufhalten. 6Darüber ist man nicht einig, ob der Hauseigenthümer seinen Miethleuten Sicherheit leisten solle? Und Sabinus sagt, den Miethleuten brauche man nicht Sicherheit zu leisten; denn sie haben entweder von Anfang an ein schadhaftes Haus gemiethet, und müssen es sich selbst zuschreiben: oder das Haus ist erst später baufällig geworden, und dann können sie aus dem Pacht klagen: diese Meinung ist die richtigere. 7Wenn Jemand neben einem Grabmal gebaut, oder neben seinem Hause ein Grabmal hat errichten lassen, so braucht ihm in der Folge keine Sicherheit für drohenden Schaden geleistet zu werden: weil er eine unerlaubte Sache gestattet hat; anders verhält es sich aber, wenn ein Haus einem Grabmale Schaden droht, und Demjenigen, welchem das Recht des Grabmals gehört, nichts zur Last fällt; hier muss dem Letztern Sicherheit geleistet werden. 8Dass der Erbpächter und Nutzniesser sich mit Wirksamkeit Sicherheit bestellen lassen können, darüber ist man jetzt einig. 9Ad Dig. 39,2,13,9Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 459, Note 3.Demjenigen aber, welcher in gutem Glauben von einem Nichteigenthümer gekauft hat, steht, nach der Behauptung des Marcellus, die Stipulation wegen eines drohenden Schadens nicht zu33S. l. 11. in fin.. 10Julianus handelt davon, ob, wenn Jemand Einspruch gegen einen Neubau gethan habe, ihm demohngeachtet Sicherheit für drohenden Schaden geleistet werden müsse? Und er hält es für richtiger, dass die Sicherheit bestellt werden müsse. Denn auch Demjenigen, welcher Klage gestellt habe, dass sein Gegner das Recht nicht habe, höher zu bauen, müsse Sicherheit geleistet werden. Eben so, sagt Julianus, müsse Derjenige, gegen welchen das Interdict Was mit Gewalt oder heimlich angewandt werden könne, Sicherheit bestellen; weil [durch jene Rechtsmittel] weder für die Baufälligkeit des Hauses, noch die Schadhaftigkeit des Bauwerks Sicherheit gewährt sei. 11Wenn Jemand deshalb, weil ihm die Sicherheitsbestellung verweigert worden, in den Besitz des Hauses eingewiesen worden ist, und hierauf Derjenige, dessen Eigenthum das Haus gewesen, da derselbe ausserdem noch ein anderes Haus hatte, von dem in den Besitz Eingewiesenen verlangt, dass er ihm wegen dieses Hauses, in dessen Besitz er eingewiesen worden, Sicherheit leiste: so ist die Frage, ob derselbe zu hören sei? Und Julianus schreibt: fordert Derjenige, welcher ein baufälliges Haus geräumt hat, welches er, wenn es in gutem Stande gewesen wäre, behalten hätte, von Demjenigen, der das baufällige Haus zu besitzen begonnen hat, vielleicht unredlicher Weise Sicherheit? da er darum den Besitz verloren hat, weil er selbst keine Sicherheit bestellt hat? In der That, er fordert wegen eines Hauses, dessen er selbst wegen der Sicherheitsleistung sich entschlagen hat, diese nicht gar aufrichtig. Diese Meinung ist die richtige. 12Wenn Jemand, um zu stipuliren, den Eid vor Gefährde geschworen und nicht stipulirt hat, so ist die Frage, ob derselbe, wenn er später stipuliren will, den Eid [wiederholt] ablegen muss? Ich bin der Meinung, es müsse nochmal geschworen werden, weil es der Fall sein kann, dass derselbe entweder damals, oder jetzt aus Chikane handelt. 13Wenn ich für einen Andern Sicherheit für drohenden Schaden verlange, so muss ich schwören, dass Derjenige, für welchen ich Sicherheitsbestellung fordere, sie nicht aus Chikane begehren werde. 14Wenn ich aber für Einen Sicherheitsbestellung verlange, der, wenn er sie selbst begehrte, nicht zum Schwure angehalten würde, wie ein Freilasser oder einer der Eltern, so muss man annehmen, dass der Eid nicht Statt habe: denn, wo jener nicht schwören würde, braucht auch dessen Stellvertreter bei derselben Stipulation nicht zu schwören. 15In dieser Stipulation muss eine bestimmte Zeit festgesetzt sein, innerhalb welcher, wenn ein Schaden sich ereignet, die Sicherheitsbestellung zur Anwendung kommt: denn die Verbindlichkeit aus der Stipulation darf nicht ins Unendliche gehen. Der Prätor selbst wird also die Dauer der Stipulation bestimmen, mit Berücksichtigung der Veranlassung und Beschaffenheit des Schadens, der befürchtet wird.
Ulp. lib. LIII. ad Ed. Wenn der für die [Dauer der] Sicherheitsbestellung festgesetzte Termin zu Ende ist, so muss nach Ermessen des Prätors von Neuem Sicherheit geleistet werden. 1Wenn die Stipulation aber ohne Zeitbestimmung eingegangen worden ist, so wird, wenn anders sie der Uebereinkunft zufolge, es sei wann da wolle, in Wirkung getreten, aus der Stipulation geklagt werden können; ist aber aus Irrthum kein Termin bestimmt worden, so ist mit mehr Grund anzunehmen, dass nach Verlauf des Termins, auf dessen Dauer sonst die Sicherheit geleistet zu werden pflegt, bei dem Prätor die Befreiung von der Stipulation verlangt werden dürfe. 2Ferner sagt der Prätor: „Wegen eines solchen Bauwerks, das an einem öffentlichen Fluss oder dessen Ufer unternommen wird, werde ich auf zehen Jahre Bürgschaft zu stellen befehlen.“ Hier wird Bürgschaft erfordert, und für die [Dauer der] Stipulation ein Zeitpunkt zum Voraus festgesetzt: aus dem Grunde, weil etwas auf öffentlichem Eigenthume errichtet wird; wenn aber etwas auf fremdem Eigenthume errichtet wird, so legt der Prätor [nur]44D. h. ohne die Zeit zu bestimmen. A. d. R. Bürgschaft auf. 3Zu bemerken ist, dass [hier] nicht auch wegen Schadhaftigkeit des Platzes, sondern blos des Bauwerkes Sicherheit geleistet wird: während, wenn ein solches auf Privateigenthum errichtet wird, sowohl wegen Schadhaftigkeit des Platzes als auch des Werks, Sicherheit gestellt wird. Aber wenn es ein öffentlicher Platz ist, so war es nicht nothwendig, dass Derjenige, welcher daselbst ein Werk errichtete, für andere Schadhaftigkeit, als jene des Bauwerks, Bürgschaft für drohenden Schaden stellte. 4Wenn sich also innerhalb zehen Jahren ein Schaden ereignete, so ist er in der Stipulation begriffen. 5Die Worte des Prätors Wegen eines solchen Bauwerks sind so zu nehmen, wegen des Schadens, der aus dem Werke entstehen sollte. 6Wenn ein Bauwerk auf einer öffentlichen Strasse unternommen wird, so muss, weil solches auf fremdem Eigenthum geschieht, Bürgschaft gestellt werden. 7Der Prätor wird aber, nach Untersuchung der Sache, deren Dauer nach der Beschaffenheit des Werks bestimmen. 8Wenn aber Jemand eine öffentliche Strasse befestigt, oder etwas Anderes auf einer öffentlichen Strasse unternimmt, so wird die Sicherheitsbestellung Statt haben müssen, damit nicht Private dadurch Schaden leiden. 9Hinsichtlich der übrigen öffentlichen Plätze ist nichts Besonderes [im Edicte] verordnet: sondern, der allgemeinen Bestimmung zu Folge, wird wegen des drohenden Schadens Bürgschaft geleistet werden müssen, wie wenn auf fremdem Eigenthum etwas unternommen wird. 10Wenn ein öffentlicher Ort auf öffentliche Veranstaltung ausgebessert wird, so braucht, wie Labeo ganz richtig schreibt, und dieses Rechtens ist, keine Sicherheit für drohenden Schaden geleistet zu werden. Wenn durch die Schadhaftigkeit des Platzes oder Werks [ein Schaden] verursacht wird, so muss auf jeden Fall das Werk so angelegt werden, dass dasselbe den Nachbarn nicht schadet oder Nachtheil bringt. 11Wird keine Sicherheit gestellt, so erfolgt, diesem Edicte gemäss, durch den Prätor die Einweisung in den Mitbesitz desjenigen Theils, welcher baufallig zu sein scheint. 12Ob aber die Einweisung in den Besitz des ganzen Hauses Statt habe, ist die Frage. Es besteht eine Meinung des Sabinus, die Einweisung müsse in den Besitz des ganzen Hauses geschehen; denn sonst, sagt er, wird die Sache, wenn der Schaden von einem Gebäude zu besorgen wäre, kein Ende nehmen, und es zu nichts fruchten, in den Besitz einer Sache gesetzt zu werden, die man nicht besitzen, oder die Einem nichts nützen kann; und die Meinung des Sabinus ist die richtigere. 13Wenn aber ein Haus mehrere Abtheilungen hat, so ist die Frage, ob in den Besitz eines Theils, oder des ganzen Hauses die Einweisung erfolgen müsse? Wenn das Haus von so grossem Umfange sein sollte, dass zwischen dem schadhaften Theile, und jenem, welcher nicht schadhaft ist, ein Raum in der Mitte liegt, so muss man sagen, dass die Besitzeinweisung blos in jenen Theil geschehe. Wenn es aber durch den Zusammenhang der Gebäude ein vereinigtes Ganze bildet, [so geschieht die Einweisung] in das ganze Haus. Daher wird man auch bei Häusern von grösserem Umfange richtiger sagen, die Einweisung geschehe in jenen Theil des Hauses, welcher mit dem schadhaften Theile vereinigt ist. Wenn übrigens ein sehr kleiner Theil eines Hauses von sehr grossem Umfange schadhaft wäre, welchen Namen würde da die Behauptung verdienen, Derjenige, welchem wegen drohenden Schadens keine Sicherheit geleistet wird, müsse in den Besitz des ganzen Hauses gesetzt werden, da dieses von so sehr grossem Umfange sei? 14Ferner was werden wir in dem Falle sagen, wenn ein Nebengebäude des Hauses schadhaft ist; muss die Besitzeinweisung in das Nebengebäude, oder in das ganze Haus geschehen? Mit mehr Grund ist anzunehmen, dass die Besitzeinweisung nicht in das Haus, sondern in das Nebengebäude geschieht. 15Wenn Mehrere die Sicherheitsbestellung verlangen, so pflegen sie alle in den Mitbesitz eingewiesen zu werden. Dasselbe billigt Labeo auch in dem Falle, wenn Jemand schon in den Mitbesitz eingewiesen worden und ein Anderer die Einweisung begehrt, denn wir werden nicht auf die Reihenfolge sehen, sondern Beide werden den Besitz erhalten. Wenn der Erstere schon in den alleinigen Besitz eingewiesen worden, und ein Anderer Sicherheitsleistung wegen drohenden Schadens fordert, so wird alsdann der Letztere, wenn sie ihm von Ersterem verweigert wird, in den Mitbesitz gesetzt. 16Julianus schreibt, Derjenige, welcher wegen eines drohenden Schadens in den Mitbesitz eingewiesen worden, beginne die Eigenthumserwerbung durch Ersitzung nicht eher, als bis er vom Prätor durch einen zweiten Beschluss zum alleinigen Besitzer gemacht werde. 17Wenn noch ein Zweiter vor diesem Beschlusse in den Mitbesitz gesetzt worden, so werden Beide gleichmässig Eigenthümer, nemlich sobald sie in den alleinigen Besitz eingewiesen worden sind. Wenn aber Titius, nachdem Derjenige, welcher zuerst in den Mitbesitz eingewiesen ward, schon zum Eigenthümer geworden ist, Sicherheitsbestellung wegen drohenden Schadens für sich fordert: so wird dem Titius, falls der Erste die Sicherheitsbestellung verweigert, allein der Besitz zustehen. 18Wenn aber Mehrere in den Mitbesitz eingewiesen werden, so geschieht solches gleichmässig, nicht nach Verhältniss des Schadens, welcher einen Jeden derselben treffen würde; und mit Recht. Denn auch wenn Einer in den Mitbesitz eingewiesen wird, geschieht solches nicht nach dem Masse seines Schadens, sondern in das Ganze; wenn also Mehrere eingewiesen werden, so werden Alle, gleichsam als gemeinschaftlich in das Ganze Eingewiesene, durch das Zusammentreffen gleiche Theile haben. 19Wenn aber Einer der in den Mitbesitz Eingewiesenen Auslagen gemacht hat und hierauf in den alleinigen Besitz gesetzt wird, kann derselbe deren Ersatz verlangen, und mit welcher Klage? Man hat hier angenommen, dass er es mit der Gemeingutstheilungsklage erlangen könne. 20Wenn aber Jemand in den Mitbesitz, und noch nicht in den alleinigen Besitz eingesetzt worden ist, so ist die Frage, ob der Eigenthümer aus dem Besitz weichen müsse? Labeo sagt, er brauche nicht daraus zu weichen, so wenig dies geschehe, wenn Gläubiger oder Vermächtnissinhaber eingewiesen werden; und dies ist die richtige Ansicht. 21Der Prätor räumt aber, wenn er in den Mitbesitz gesetzt hat, nicht sogleich auch den alleinigen Besitz ein, sondern erst alsdann, wenn ihm der Anspruch gerecht erscheint. Es wird also eine Zwischenzeit verflossen sein, nach welcher entweder der Eigenthümer wegen seines langen Stillschweigens anzusehen ist, als habe er das Haus aufgegeben, oder während welcher Demjenigen, welcher in den Mitbesitz eingesetzt worden und eine Zeit lang darin sich befunden hat, Niemand Sicherheit leistet. 22Wenn der Eigenthümer etwa in Angelegenheiten des Staats, oder aus einer andern rechtmässigen Ursache abwesend ist, oder in jenem Alter steht, dem der gesetzliche Schutz verliehen zu werden pflegt: so ist es billig, dass der Prätor nicht mit der Zuerkennung des alleinigen Besitzes eilt. Allein wenn er ihn auch zuerkannt hat, so ist doch kein Zweifel, dass derselbe die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ertheilen werde. 23Ist aber Jemand in den alleinigen Besitz eingesetzt, so wird der Eigenthümer aus dem Besitze gesetzt werden müssen. 24Wenn Solchen, die wegen drohenden Schadens Sicherheit hätten leisten können, [Dienstbarkeits] Rechte55Auf das Haus, welches Schaden droht. zustehen, so wird ihnen deren Geltendmachung wider Denjenigen, der in den alleinigen Besitz gesetzt worden, zu versagen sein; dieser Meinung schliesst sich auch Labeo an. 25Eben so fragt es sich bei dem Pfandgläubiger, ob ihm die Geltendmachung [seines] Pfandrechts gegen Denjenigen, welcher in den alleinigen Besitz gesetzt worden, versagt werden könne? Es ist mit mehr Grund anzunehmen, dass, wenn weder der Schuldner durch ein blosses Versprechen, noch der Gläubiger durch Bürgschaft Sicherheit geleistet hat, die Geltendmachung des Pfandrechts versagt werde. So schreibt Celsus mit Recht auch von dem Nutzniesser. 26Ad Dig. 39,2,15,26Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 459, Note 27.Wenn für ein im Zinsverbande stehendes Haus keine Sicherheit bestellt wird, so werden wir sagen, dass die Einweisung in den Mitbesitz, und nicht in den alleinigen Besitz Statt habe; denn [der Eingewiesene] kann durch den Besitz auch das Eigenthum nicht erwerben; sondern es hat [der Prätor] zu beschliessen, dass ihm dasselbe Recht zukommen solle, welches Demjenigen zustehen würde, der die Sicherheit verweigert hat: nach diesem Beschlusse wird er sich der Klage aus dem Zinscontract bedienen können66S. Unterholzner Verjährungslehre Thl. II. S. 251. Anm. 689. A. d. R.. 27Wenn aber bei einem im Zinsverbande stehenden Gute die Municipalbürger77Statt municipes liest man nach einer bekannten Conjectur [Alciat. Dispunct. III. 10.] mancipes [Unterholzner a. a. O. nimmt hiervon gar keine Notiz]. die Sicherheitsleistung verweigert haben, so gilt die Regel, dass durch ordentliche Ersitzung das Eigenthum erworben werde88S. Unterholzner a. a. O. Thl. I. S. 193. A. d. R.. 28Es wird die scharfsinnige Frage aufgeworfen, ob, wenn sich ein Schaden ereignet hat, während der Prätor über die Verleihung der Stipulation99D. h. ob das Gesuch um Sicherheitsbestellung durch Stipulation begründet sei, oder nicht. berathschlagt, dessen Ersatz verlangt werden könne? Die Besitzeinweisung wird zwar unterbleiben; jedoch muss der Prätor verordnen, dass auch für allen Schaden, der sich zugetragen, Sicherheit geleistet werde; oder, wenn er es für gut findet, eine analoge Klage zu gestatten, so mag er es beschliessen. 29Hat ein Mündel keinen Vormund, unter dessen Ermächtigung er Sicherheit leisten könnte, so wird die Einweisung in den Besitz Statt haben, als wenn er nicht vertreten würde. 30Ist Jemand wegen drohenden Schadens in den Mitbesitz eingewiesen worden, so halten Manche dafür, er müsse das Haus stützen und ausbessern lassen, auch für Verschuldung, wie der Pfandgläubiger haften; es ist aber ein Anderes Rechtens: denn da derselbe lediglich deshalb in den Mitbesitz gesetzt worden, um statt der Sicherheitsbestellung den Besitz zu haben, so kann ihm nichts zur Last gelegt werden, wenn er nicht ausgebessert hat. 31Wir wollen ferner untersuchen, ob, wenn Jemandem, nachdem er in den Mitbesitz eingewiesen worden, Sicherheitsleistung angeboten wird, er diesen nicht eher zu räumen brauche, als wenn ihm auch für jenen Schaden, der nach der Besitzeinweisung sich ereignet hat, Sicherheit geleistet wird? Diese Meinung hat mehr Vertheidiger; das Versprechen wird also zurückbezogen verstanden werden müssen: überdies wird ihm auch für die Kosten, wenn er deren gehabt hat, Sicherheit geleistet werden müssen. 32Auch die Frage wird aufgeworfen, von welchem Zeitpunkte an der Schaden berücksichtigt werde, ob von der Besitzantretung, oder von jener Zeit an, wo der Prätor die Einweisung zuerkannt hat? — Labeo sagt, vom Zeitpunkte der Zuerkennung an; Sabinus, von der Zeit der Besitzantretung an. Ich bin der Meinung, man müsse, nach den Umständen, bald diese bald jene Meinung anwenden: denn meisten Theils wird auch Derjenige in Schutz genommen, der, nachdem er in den Besitz eingewiesen worden, aus irgend einer Ursache solchen entweder gar nicht, oder später angetreten hat. 33Nachdem aber Jemand vom Prätor in den Besitz mit Eigenthumsrecht gesetzt worden, wird die Sicherheitsanbietung keineswegs Statt haben: so behauptet auch Labeo. Sonst, sagt er, wird die Sache kein Ende nehmen. Es ist dies auch die richtigste Meinung; ausgenommen dass Einige, entweder wegen ihres Alters, oder irgend einer andern rechtmässigen Ursache, in Schutz genommen werden. 34Wenn das Haus schon eingestürzt ist, so bleibt zu untersuchen, ob demohngeachtet Derjenige, welchem noch keine Sicherheitsleistung bestellt worden, in den Besitz der Ruinen oder des Bauplatzes eingesetzt werden müsse? Es ist mit mehr Grund anzunehmen, dass die Besitzeinweisung geschehen müsse; so behauptet auch Labeo: aber er setzt hinzu, wenn alsdann erst, nachdem der Prätor die Einweisung in den Besitz beschlossen hat, das Haus eingefallen ist; und ich halte Labeo’s Meinung für die richtige1010Denn es gilt hier, was l. 7. §. 2., l. 8. u. l. 9. pr. gesagt worden. A. d. R.. Wenn derselbe daher eine Ausbesserung vorgenommen, so wird man es gutheissen müssen, dass er den Besitz nicht eher zu räumen brauche, bis ihm Ersatz geleistet und für den schon geschehenen Schaden Sicherheit gestellt wird. Er kann aber auch durch eine Klage auf das Geschehene die gemachten Auslagen erstattet verlangen; jedoch nicht mehr, als die nach dem Ermessen eines rechtlichen Mannes zu billigenden. Gleiches gilt auch, wenn ein Anderer auf mein Geheiss oder Verlangen eine Verwendung ohne Arglist gemacht, und ich deshalb [ihm] zum Ersatz verurtheilt worden bin, oder ohne Arglist freiwillig Ersatz geleistet habe. 35Hat Jemand aus Furcht vor dem Einsturz den Besitz geräumt, in diesem Falle schreibt Labeo, es verbleibe ihm, wenn er anders solches gethan, weil er der Sache nicht abhelfen konnte, sein Recht eben so ungeschmälert, als ob er sich fortwährend im Besitze behauptet hätte; hat er aber, da er Abhilfe schaffen konnte, es vorgezogen, den Besitz aufzugeben, so sei er der vom Prätor ertheilten Rechtswohlthat verlustig; und wenn er hernach die Rechtshilfe für sich in Anspruch nehmen wolle, nicht mehr zu hören. Cassius hingegen behauptet, wenn er aus Furcht vor dem Einsturze sich entfernt habe, nicht in der Absicht, [den Besitz] des Hauses aufzugeben, so müsse er in den Besitz wiedereingesetzt werden1111Er corrigirt also insofern des Labeo Meinung, als er den Unterschied desselben in Bezug auf die Ausbesserung verwirft. A. d. R.; wer jedoch, schreibt er, in den Besitz eingewiesen worden, solchen nicht angetreten habe, sei der Rechtswohlthat des Prätors verlustig, wenn die Gebäude einstürzten; dies wird so zu verstehen sein, wenn er es vernachlässigt hat, den Besitz zu ergreifen, nicht wenn, während der Zeit er den Besitz ergreifen wollte, der Einsturz geschehen ist. 36Wenn Jemand, der vom Prätor nach diesem Edicte in den Mitbesitz eingewiesen wurde, nicht zugelassen worden ist, so wird er eine Klage auf das Geschehene anstellen können, dass ihm so viel geleistet werde, als ihm geleistet werden müsste, wenn Sicherheit wegen drohenden Schaden gestellt worden wäre; denn [diese] Klage erstreckt sich auf den Zeitpunkt, wo der Schaden geschieht.
Ulp. lib. LIII. ad Ed. Wenn Jemand, welcher in den Besitz eingewiesen worden, von Einem, der in fremder Gewalt steht1212D. h. von einem Sclaven., an der Besitznahme verhindert wird, so glauben die Meisten, es stehe ihm deshalb eine Noxalklage zu. 1Wie nun, wenn der Geschäftsbesorger [die Besitznahme] verhindert hat, werden wir gegen ihn selbst, oder den Eigenthümer die Klage verleihen? Es ist richtiger, dass sie gegen ihn selbst zu verleihen sei. 2Aber auch bei dem Sachwalter der Municipalstädte, dem Vormunde und den Uebrigen, die für Andere auftreten, wird dasselbe behauptet werden müssen. 3Jene Klage auf das Geschehene wird als immerwährend ertheilt, und sowohl für den Erben, als wider den Erben, so wie wider und für die übrigen Nachfolger Statt finden. 4Der Richter, welcher über [die Stipulation wegen] drohenden Schadens erkennt, pflegt, wenn auch das Haus von Demjenigen, gegen welchen Klage erhoben wurde, veräussert worden ist, allen Schaden in Anschlag zu bringen, der sich nur immer vor dem Urtheilsspruch ereignet hat.
Ulp. lib. LIII. ad Ed. Wenn Jemandem das Regenwasser Schaden droht, so kann durch die Klage auf Abhaltung des Regenwassers die Abhaltung des Wassers bewirkt werden. Regenwasser nennen wir dasjenige, welches vom Himmel fällt und durch den Regen anschwellt: es mag nun, wie Tubero sagt, dieses vom Himmel kommende Wasser an sich Schaden bringen, oder in seiner Vereinigung mit anderem Wasser. 1Diese Klage aber hat bei noch nicht erfolgtem Schaden, jedoch nach bereits errichtetem Werke Statt: das heisst, wegen eines Werks, von welchem Schaden befürchtet wird; und greift so oft Platz, als ein durch Menschenhand errichtetes Werk einem Acker Schaden droht; das heisst, wenn Jemand mit Menschenhand bewirkt hat, dass das Wasser einen andern, als seinen natürlichen Lauf nimmt; wenn er es etwa durch Hinzuleitung [eines andern Wassers] grösser, oder reissender oder stärker gemacht, oder durch Einengen dessen Austritt bewirkt hat. Aber auf den Fall erstreckt sich die Klage nicht, wenn das Wasser durch seinen natürlichen Lauf Schaden anrichtet. 2Neratius schreibt, wenn Jemand ein Werk errichtet hat, um das Wasser entfernt zu halten, welches beim Austreten eines Sumpfes, so oft solcher durch das Regenwasser anwächst, auf seinem Acker abzufliessen pflegte, und das durch jenes Werk zurückgedrängte Wasser den Aeckern des Nachbars Schaden bringen würde; so kann derselbe mit der Klage auf Abhaltung des Regenwassers zum Niederreissen des Werks gezwungen werden. 3Wegen eines solchen Werks, welches zur Bebauung des Ackers mit dem Pfluge gemacht worden, stehe, sagt Quintus Mucius, diese Klage nicht zu. Trebatius hingegen nahm nicht Werke, die des Ackers wegen, sondern lediglich solche aus, welche des Fruchtbaues wegen mit dem Pfluge gemacht worden1313Es sind hier Furchen, Wasserlasse, Gräben u. s. w. zur Wässerung oder Austrocknung von Wiesen und Aeckern zu verstehen. A. d. R.. 4Aber auch Gräben, welche zur Austrocknung der Aecker gemacht worden, werden, sagt Mucius, zum Behufe der Bebauung des Landgutes angelegt; doch dürften sie nicht, um das Wasser abzuleiten, gezogen werden: denn ein Jeder müsse seinen Acker auf die Weise verbessern, dass er jenen des Nachbars [dadurch] nicht verschlechtere. 5Wenn aber Jemand auch ohne Wasser gräben pflügen und säen könne, so werde er verbindlich, wenn er dergleichen, obgleich zum Zwecke der Bebauung des Ackers angelegt habe; könnte er nicht anders säen, als nach Anlegung von Wassergräben, so werde er nicht verbindlich. Ofilius aber sagt, Gräben, welche zum Zwecke der Bebauung eines Ackers so geleitet seien, dass sie nach einer Seite gehen, sei man anzulegen berechtigt. 6Aber bei den Schülern1414Brisson. voce „Auditores.“ des Servius wird gesagt, wenn Jemand Weidengebüsche gepflanzt habe und deshalb das Wasser sich stauete, so könne die Klage auf Abhaltung des Regenwassers angestellt werden, im Fall dass jenes Wasser dem Nachbar Schaden verursachen würde. 7Labeo schreibt auch, auf alle jene Werke, die zur Erzielung von Getreidefrüchten und Baumfrüchten angelegt werden, erleide diese Klage keine Anwendung; und es mache keinen Unterschied, zum Anbaue welcher Früchte das Werk errichtet werde. 8Sabinus und Cassius sagen eben so, Gegenstand dieser Klage sei ein durch Menschenhand errichtetes Werk, wenn es nicht zur Bebauung eines Ackers angelegt werde. 9Jedoch wenn Jemand Wassergräben, die ἕλικες genannt werden, mache, so werde er mit der Klage auf Abhaltung des Regenwassers gehalten. 10Dieselben sagen, wenn das Wasser seinen natürlichen Abfluss habe, so finde die Klage auf Abhaltung des Regenwassers nicht Statt: wenn aber durch Anlage des Werks das Wasser entweder auf die höher liegende Seite zurückgedrängt, oder auf die niedriger liegende hingeleitet wird, so stehe die Klage auf Abhaltung des Regenwassers zu. 11Dieselben behaupten, Jedermann sei berechtigt, das Regenwasser auf seinem Eigenthum zurückzuhalten, oder, wenn dasselbe überströme, es von des Nachbars Grundstück auf das seinige hinzuleiten, wenn er nur kein Werk auf fremdem Eigenthum anlege: denn Niemandem ist verwehrt, sich selbst Nutzen zu schaffen, wenn ein Anderer dadurch keinen Schaden erleidet: und Niemand könne deshalb belangt werden. 12Auch schreibt Marcellus, gegen Denjenigen, welcher dadurch, dass er auf seinem Grund und Boden [einen Brunnen] grub, dem Nachbar die Quelle abgeschnitten, könne keine Klage angestellt werden; auch nicht die Klage wegen Arglist: in der That darf [diese Klage] nicht Statt finden, wenn er solches nicht in der Absicht gethan, dem Nachbar zu schaden, sondern nur um seinen Acker zu verbessern. 13Nicht minder ist zu merken, dass diese Klage sowohl dem höher Liegenden gegen den niedriger Liegenden zustehe, dass er das Wasser, welches einen natürlichen Abfluss habe, mittels Anlage eines Werks nicht hindere, durch seinen Acker abzufliessen: als auch dem niedriger Liegenden gegen den höher Liegenden, dass er ihm das Wasser auf keine andere Weise, als in seinem natürlichen Abflusse zusende. 14Dem ist noch beizufügen, dass diese Klage niemals zustehe, wenn die natürliche Lage des Platzes schadet: denn hier, könnte man richtiger sagen, schadet nicht das Wasser, sondern die natürliche Lage des Platzes. 15Ueberhaupt halte ich dafür, dass die Klage auf Abhaltung des Regenwassers lediglich alsdann Statt findet, wenn Regenwasser, oder solches Wasser, das durch den Regen wächst, nicht in seinem natürlichen Laufe Schaden drohet, sondern wegen Anlage eines Werks: sobald dasselbe nicht zur Bebauung des Ackers errichtet worden ist. 16Durch Regen wächst dasjenige Wasser, das seine Farbe ändert, oder anschwillt. 17Ad Dig. 39,3,1,17Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 169, Note 11.Wohl zu merken, dass diese Klage nicht anders Statt findet, als wenn Regenwasser einem Acker Schaden bringt. Wenn es übrigens einem Gebäude oder Wohnhause schadet, findet jene Klage nicht Statt: doch wird man mit der Klage auftreten können, dass [der Nachbar] das Recht nicht habe, Einem die Wassertraufe oder den Abfluss zuzusenden. Deshalb sagen auch Labeo und Cascellius, die Klage auf Abhaltung des Regenwassers sei eine besondere, die Klage wegen Abfluss und Wassertraufe eine allgemeine: und man dürfe sie überall anstellen. Demnach wird das Wasser, welches einem Acker schadet, durch die Klage auf Abhaltung des Regenwassers abgehalten werden. 18Auch darnach hat man nicht zu fragen, wo das Wasser entspringt: denn auch wenn es auf einem öffentlichen, oder den Göttern geweihten Platze entspringt und durch das Landgut des Nachbars seinen Lauf nimmt, wird derselbe nach Labeo’s Behauptung mit der Klage auf Abhaltung des Regenwassers belangt, wenn er es durch Anlage eines Werks auf mein Landgut hinleitet. 19Cassius schreibt auch, wenn das Wasser von einem Wohnhause in der Stadt einem Acker oder einem Wohnhause auf dem Lande schade, müsse man Klage wegen Abfluss und Wassertraufe anstellen. 20Bei Labeo aber finde ich vorgetragen, wenn das von einem Acker abfliessende Wasser einem Platze schadet, der innerhalb der Vorstadt1515Nach der Lesart: „qui est intra continentia aedificia.“ Brisson. voce: „Continentia Aedificia.“ Will man hingegen „qui est intra continentia, hoc est, aedificio“ lesen, so wäre in diesem Paragraphen von solchen Plätzen die Rede, welche innerhalb der Gebäude liegen, also von den Hofräumen. liegt, so könne ich nicht mit der Klage auf Abhaltung des Regenwassers belangt werden. Wenn es aber aus der Vorstadt hervor und auf meinen Acker abfliesse, so habe die Klage auf Abhaltung des Regenwassers Statt. 21Wie aber ein Werk, welches so angelegt ist, dass mir das Regenwasser Schaden bringt, in diese Klage fällt; so fragt es sich im entgegengesetzten Falle, ob die Klage auf Abhaltung des Regenwassers angestellt werden könne, wenn der Nachbar ein Werk angelegt habe, damit das Wasser, welches sonst durch seinen Abfluss meinem Acker Nutzen gebracht hatte, diesem nicht mehr nützlich sei? Ofilius und Labeo sind der Meinung, man könne nicht klagen, wenn ich gleich ein Interesse dabei habe, dass mir das Wasser zufliesse; denn diese Klage finde Statt, wenn Regenwasser Schaden drohe, nicht wenn es keinen Nutzen gewähre. 22Ad Dig. 39,3,1,22Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 473, Note 7.Aber auch, wenn der Nachbar ein Werk niederreisst und hierdurch das Wasser in seinem natürlichen Abflusse auf den niedriger liegenden Acker schadet, glaubt Labeo, könne nicht die Klage auf Abhaltung des Regenwassers angestellt werden; denn es sei allzeit eine Dienstbarkeit der niedriger liegenden Grundstücke, dass sie das im natürlichen Laufe abfliessende Wasser aufnähmen. Allerdings aber, gesteht auch Labeo zu, könne die Klage auf Abhaltung des Regenwassers angestellt werden, wenn durch die Niederreissung jenes Werks das Wasser reissender hervorströme, oder sich ansammle. 23Ad Dig. 39,3,1,23Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 473, Note 7.Es sind auch, sagt derselbe, für die Lage der Aecker gewisse Gesetze gegeben: so dass bei den Aeckern, wo grosse Wasserfluthen wären, mir z. B. erlaubt sei, auf deinem Acker Dämme oder Gräben zu haben: wenn jedoch für den Acker eine solche Vorschrift nicht ertheilt worden sei, so sei die natürliche Lage des Ackers zu beachten, und immer der niedriger liegende dem höher liegenden dienstbar: diesen Nachtheil müsse, der Natur der Sache nach, der niedriger liegende Acker von dem höher liegenden ertragen und ihn mit einem anderen Vortheile ausgleichen; denn so gut ihm die ganze Fettigkeit des Bodens zufliesse, so gehe ihm auch der Nachtheil des Wassers zu: wenn jedoch für den Acker eine ausdrückliche Vorschrift fehle, so trete das Herkommen an deren Stelle: denn allerdings befolgen wir dies auch bei Dienstbarkeiten, dass, wo keine Dienstbarkeit bestellt worden ist, Derjenige, welcher sich der Dienstbarkeit lange, weder mit Gewalt, noch heimlich, noch bittweise bedient hat, dafür angesehen wird, als habe er eine durch lange Gewohnheit begründete, oder eine rechtlich bestellte Dienstbarkeit. Wir können also den Nachbar nicht zwingen, Dämme zu errichten, aber wir dürfen sie auf dessen Acker errichten, und dieses wird eine Quasidienstbarkeit sein, wofür wir eine analoge Klage oder Interdict haben.
Ulp. lib. LIII. ad Ed. Bei Trebatius ist der Fall aufgestellt, Jemand, auf dessen Grundstück Wasser entspringt, habe an der Quelle eine Walkerei errichtet, und aus dieser das Wasser auf das Grundstück des Nachbars abfliessen zu lassen begonnen; er sagt nun, dieser könne nicht mit der Klage auf Abhaltung des Regenwassers belangt werden; wenn er jedoch das Wasser zusammenleitet, oder Unrath in dasselbe einfliessen lässt, so erachten die Meisten dafür, es könne ihm verwehrt werden. 1Derselbe Trebatius meint, Derjenige, welchem abfliessende warme Bäder Schaden drohen, könne wider seinen Nachbar die Klage auf Abhaltung des Regenwassers anstellen: dies ist unrichtig; denn warmes Wasser ist kein Regenwasser. 2Wenn der Nachbar, welcher sein Feld zur bestimmten Zeit zu wässern pflegte, eine Wiese daselbst angelegt, und durch beständiges Wässern seinem Nachbar Schaden zuzufügen begonnen hat, so sei derselbe, sagt Ofilius, weder mit der Klage wegen drohenden Schadens, noch mit der Klage auf Abhaltung des Regenwassers zu belangen; es sei denn, dass der Platz geebnet worden, und dadurch das Wasser einen rascheren Lauf zu dem Nachbar hin genommen hat. 3Es ist angenommen, dass mit der Klage auf Abhaltung des Regenwassers blos Derjenige belangt werden kann, welcher ein Werk auf seinem Eigenthum errichtet: und dies ist Rechtens. Errichtet daher Jemand auf öffentlichem Eigenthum ein Werk, so hat diese Klage nicht Statt: und Derjenige, der sich keine Sicherheit wegen drohenden Schadens hat leisten lassen, muss es sich selbst zuschreiben; ist jedoch ein Werk auf Privateigenthum errichtet und auf öffentliches Eigenthum ausgedehnt worden, so könne, sagt Labeo, wegen des Ganzen die Klage auf Abhaltung des Regenwassers angestellt werden. 4Ad Dig. 39,3,3,4Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 473, Note 17.Der Nutzniesser kann weder selbst die Klage auf Abhaltung des Regenwassers anstellen, noch kann sie gegen ihn angestellt werden.
Ulp. lib. LIII. ad Ed. Obgleich aber die Klage auf Abhaltung des Regenwassers nur wider den Eigenthümer des Werks geht, so ist, schreibt Labeo, im Falle Jemand ein Grabmal gebaut habe und hierdurch das Wasser Schaden drohe, dennoch mit mehr Grund anzunehmen, dass derselbe mit der Klage auf Abhaltung des Regenwassers belangt werden könne, wenn er gleich dadurch, dass der Ort ein Begräbnissplatz geworden, aufgehört habe, Eigenthümer des Werks zu sein: denn er war der Eigenthümer zur Zeit, als er das Werk errichtete; und wenn er, durch Befehl des Richters genöthigt, das Werk in den früheren Stand wiederhergestellt, so finde die Klage wegen Verletzung eines Grabmals nicht Statt. 1Julianus schreibt auch, wenn, nach Anstellung der Klage auf Abhaltung des Regenwassers, Derjenige, gegen welchen wegen bereits erfolgten Schadens und Niederreissung des Werks geklagt worden, das Landgut veräussert habe, so müsse der Richter die nemliche Entscheidung geben, wie wenn keine Veräusserung Statt gefunden hätte: denn obgleich das Landgut veräussert worden sei, so bleibe demohngeachtet die Klage dieselbe, und es komme auch jener Schaden dabei in Betracht, der sich nach der Veräusserung zuträgt. 2Derselbe Julianus schreibt, die Klage auf Abhaltung des Regenwassers gehe lediglich wider den Eigenthümer. Wenn deshalb ein Pächter, ohne Willen des Eigenthümers, ein Werk errichtet habe, so habe der Eigenthümer des Landguts nichts weiter zu thun, als die Wiederherstellung des vorigen Zustandes zu gestatten; der Pächter aber könne mit dem Interdict Was mit Gewalt oder heimlich gezwungen werden, die Kosten zur Niederreissung des Werks und den Schaden, wenn einer dadurch veranlasst worden ist, zu erstatten; wenn jedoch der Eigenthümer Sicherheit wegen drohenden Schadens von Demjenigen verlange, von dessen Grundstück ihm Schaden droht, so wird es ganz billig sein, dass ihm Sicherheit geleistet werden müsse. 3Auf gleiche Weise wird, wenn nicht ich, sondern mein Geschäftsbesorger ein solches Werk errichtet hat, dass das Regenwasser dem Nachbar Schaden droht, gegen mich die Klage in dem natürlichen Masse, wie wider den Pächter zustehen; der Geschäftsbesorger selbst aber wird mit dem Interdicte Was mit Gewalt oder heimlich belangt werden können, und zwar Julian’s Meinung zufolge, auch nach Niederreissung des Werks.
Ulp. lib. LIII. ad Ed. Wenn der dritte Nachbar ein Werk errichtet hat, wodurch das, durch das Landgut meines ersten Nachbars abfliessende Wasser mir Schaden droht, so könne ich, sagt Sabinus, entweder gegen den Ersten, oder gegen den Dritten, mit Uebergehung des Ersten, Klage anstellen: diese Meinung ist richtig. 1Wenn das von einem Mehreren gemeinschaftlich gehörenden Landgute abfliessende Wasser schadet, oder das einem Mehreren gemeinschaftlich gehörenden Landgute [zufliessende Wasser] Schaden bringt, so war man der Meinung, und ist auch Rechtens, dass, wenn das Landgut Mehreren gemeinschaftlich gehört, Jeder derselben für seinen Antheil klagen mag und seinen Antheil zuerkannt erhält; oder wenn gegen mehrere Miteigenthümer Klage geführt wird, Jeder derselben auf seinen Antheil belangt und in seinen Antheil verurtheilt wird. 2Daran schliesst sich die Frage: Wenn das Wasser von Deinem Acker fliesst und einem Acker Schaden bringt, der mir und Dir gemeinschaftlich gehört, kann ich die Klage auf Abhaltung des Regenwassers anstellen? Ich sollte glauben, dass sie Statt finde; jedoch in der Art, dass die Hälfte des Schadens erstattet werde. 3Auch im umgekehrten Falle, wenn der Acker unser gemeinschaftliches Eigenthum ist, von welchem das Wasser einem Acker, der [einem von uns] allein gehört, Schaden bringt, wird man mit der Klage auf Abhaltung des Regenwassers Schadenersatz erlangen können, jedoch nur die Hälfte. 4Wenn Jemand, bevor er die Klage auf Abhaltung des Regenwassers angestellt, das Eigenthum des Landgutes auf einen Andern übertragen hat, so verliert er die Klage auf Abhaltung des Regenwassers, und sie wird auf Denjenigen übergehen, dessen Eigenthum der Acker geworden; denn da dieselbe den künftigen Schaden umfasst, so wird sie Dem zustehen, welcher [nun] Eigenthümer ist: obgleich das Werk vom Nachbar zu einer Zeit errichtet worden, als das Eigenthum einem Andern gehörte. 5Man darf nicht ausser Acht lassen, dass die Klage auf Abhaltung des Regenwassers keine dingliche, sondern eine persönliche Klage ist. 6Die Pflicht des Richters aber wird diese sein: dass er, wenn ein Werk vom Nachbar errichtet worden, es ihm wieder niederzureissen und den Schaden zu ersetzen befiehlt, im Falle ein solcher sich nach der Einlassung auf das Verfahren ereignet hat: hat sich der Schaden vor der Einlassung auf das Verfahren zugetragen, so wird derselbe blos das Werk wieder niederreissen müssen, den Schaden braucht er nicht zu erstatten. 7Celsus schreibt, wenn ich selbst ein Werk errichtet habe, wodurch Dir das Regenwasser Schaden bringt, so kann ich gezwungen werden, es auf meine Kosten niederreissen zu lassen: hat es ein Andrer, der mich nichts angeht, errichtet, so genüge es, dass ich Dir die Niederreissung gestatte. Wenn es aber ein Sclave, oder Jemand, den ich beerbt habe, errichtet hat, so darf ich zwar den Sclaven für den Schaden ausliefern, was aber Den betrifft, dessen Erbe ich bin, so ist es eben so, als wenn ich es selbst gethan hätte. 8Die Schätzung aber wird der Richter nach dem wahren Werthe der Sache anstellen, d. h. des Schadens, der sich als entstanden ergiebt.
Ulp. lib. LIII. ad Ed. Bei der Einräumung des Rechts der Wasserleitung wird nicht nur die Einwilligung Derjenigen erfordert, auf deren Grund und Boden das Wasser entspringt, sondern auch Derer, welchen die Benutzung dieses Wassers zukommt, d. h. Derjenigen, welchen die Dienstbarkeit der Wasserleitung1616Servitus aquae, oder jus aquae = aquae ducendae jus. zustand: und nicht ohne Grund; denn da ihr Recht geschmälert wird, so ist es folgerecht, ihre Einwilligung einzuholen. Ueberhaupt es mag Jemand auf den Platz selbst, wo das Wasser entspringt, oder auf die darauf haftenden Rechte, oder auf das Wasser selbst einen Anspruch haben, so muss auf dessen Zustimmung Rücksicht genommen werden.
Ulp. lib. LIII. ad Ed. Wenn aber der Eigenthümer des Platzes, von welchem das Wasser bezogen wird, mehrere sind, so unterliegt es keinem Zweifel, dass die Zustimmung Aller erforderlich sei: denn es schien unbillig, dass die Zustimmung Eines Miteigenthümers, der vielleicht einen unbedeutenden Antheil besitzt, den andern Theilhabern Eintrag thun solle. 1Ob aber die Zustimmung nachträglich erfolgen könne? ist die Frage. Man hält dafür, es mache keinen Unterschied, ob die Zustimmung vor Errichtung der Wasserleitung, oder nach derselben erfolgt sei: weil der Prätor auch die später ertheilte Zustimmung schützen muss. 2Wenn ein Fluss schiffbar ist, so dürfe, sagt Labeo, der Prätor keine Wasserleitung aus demselben gestatten, welche den Fluss weniger schiffbar macht. Dasselbe gilt, wenn durch diesen Fluss ein anderer schiffbar wird.
Übersetzung nicht erfasst.