Ad edictum praetoris libri
Ex libro III
Ulp. lib. III. ad Edictum. Wenn Einer das, was des ununterbrochenen Rechtsprechens wegen, nicht aber besonderer Fälle halber, auf der weissen Tafel, oder auf Papier oder auf anderm Stoffe, öffentlich ausgestellt ist, mit bösem Vorsatze beschädigt hat, so ist gegen ihn eine Klage gestattet auf 50 Goldstücke, zu welcher Jeder aus dem Volke Erlaubniss hat. 1Auch Sclaven und Haussöhne sind in den Worten des Edicts enthalten, aber auch beide Geschlechter hat der Prätor umfasst. 2Wenn aber, während die öffentliche Ausstellung vor sich geht, oder vor derselben es [das öffentlich Ausgestellte] Jemand beschädigt hat, so werden zwar die Worte des Edicts nicht anwendbar sein; Pomponius jedoch sagt, dass die Bestimmung des Edicts auf diese Fälle auszudehnen sei. 3Bei Sclaven aber, wenn sie nicht von ihren Herren gerichtlichen Beistand erhalten, und denen, welche Mangel leiden, tritt Lebensstrafe [Folterung] ein. 4Des bösen Vorsatzes geschieht aber deshalb in den Worten des Edicts Erwähnung, weil, wenn Einer aus Unerfahrenheit, oder schuldloser Unvorsichtigkeit, oder auf eigenen Befehl des Prätors, oder durch Zufall es gethan, er nicht gestraft wird. 5Und gegen diesen Theil des Edicts handelt auch, wer es wegreisst, ohne es zu beschädigen; ebenfalls wer es mit eignen Händen thut, und wer es einem Andern aufträgt. Aber wenn Einer ohne bösen Vorsatz es that, ein Anderer es ihm aber mit bösem Vorsatz auftrug, so wird der, welcher es aufgetragen hat, bestraft werden: denn auch, wenn Mehrere gehandelt, entweder beschädigt oder es aufgetragen habe, werden Alle strafbar sein,
Ad Dig. 2,1,10ROHGE, Bd. 21 (1877), Nr. 31, S. 86: Rechtsweg gegen einen Beschluß der Gesellschafter über Ausschließung eines Socius.Ulp. lib. III. ad Edictum. Wer der Gerichstbarkeit vorsteht, darf weder für sich Recht sprechen, noch für seine Frau oder Kinder, noch für seine Freigelassenen oder die übrigen, die er bei sich hat.
Ulp. lib. III. ad Edictum. Dieser Theil des Edicts fasst die grösste Billigkeit in sich, und zwar ohne dass irgend Jemand sich mit Recht darüber beschweren kann. Denn wer wird es verwerfen, dass nach denselben Grundsätzen ihm Recht gesprochen werde, nach welchen er es Andern gesprochen oder hat sprechen lassen. 1Wer eine obrigkeitliche oder eine mit Imperium versehene Stelle bekleidet, wenn der gegen Einen etwas, was früher nicht Rechtens war, aufgebracht hat, so muss er selbst die Anwendung desselben Rechtes sich gefallen lassen, wenn ihn einst sein Gegner verklagt. Wenn Jemand bei dem, welcher eine obrigkeitliche und eine mit Imperium versehene Stelle bekleidet, einen neuen Rechtsgrundsatz durchgesetzt hat, gegen den wird nach demselben Grundsatze verfügt werden, wenn sein Gegner ihn nachher einst verklagen sollte, damit er nämlich das, was er in des Andern Person für billig gehalten hat, auch in der seinigen gelten lasse. 2Folgende Worte aber, was der aufgebracht hat, welcher der Gerichtsbarkeit vorsteht, verstehen wir von der Wirkung, nicht wörtlich. Und deshalb ist das Edict ohne Kraft, wenn er es zwar aufbringen wollte, aber daran gehindert worden ist, und die Verfügung keine Wirkung hatte; denn der Begriff aufgebracht hat deutet auf eine vollendete Sache und ein vollbrachtes Unrecht, nicht auf ein angefangenes. Und deshalb glauben wir, dass, wenn Jemand unter denen Recht gesprochen hat, unter welchen er Recht zu sprechen nicht befugt war, weil dies für ungültig gehalten wird, und kein Urtheil in der Wirklichkeit vorhanden ist, das Edict kraftlos sei: denn was hat der Versuch geschadet, wenn das Unrecht ohne Wirkung war?
Ulp. lib. III. ad Edictum. Hat Jemand gegen den Andern einen dem Edicte nach unbilligen Rechtsgrundsatz gerichtlich durchgesetzt, so soll er die Anwendung desselben Grundsatzes gegen sich erst dann erleiden, wenn dieses aus seinem Antrage geflossen: aber wenn es ohne seinen Antrag gekommen, so wird er nicht bestraft. Aber auch, wenn er ihn gerichtlich durchgesetzt, sei es, dass er ihn wirklich angewendet oder durchgesetzt, um ihn anzuwenden, ob er ihn gleich nicht angewendet, so wird er nach diesem Edicte bestraft. 1Wenn mein Anwalt darauf angetragen, entsteht die Frage, wer denselben gegen sich anwenden lassen müsse? Und Pomponius glaubt, ich allein müsse es: allerdings, wenn ich ihm das besonders aufgetragen oder es genehmigt habe. Wenn indess ein Vormund oder Curator eines Wahnsinnigen oder eines jungen Menschen darauf angetragen, wird er allein nach diesem Edicte bestraft. Desgleichen gegen einen Anwalt ist dies zu beobachten, wenn er zum Anwalt seines eigenen Nutzens wegen bestellt worden. 2Diese Strafe wird gegen Jeden bestimmt, welcher dem Edicte verfällt, nicht allein auf dessen Antrag, der dadurch Nachtheil gehabt, sondern auf Jedes, der irgend einmal klagt. 3Wenn der, für den du dich verbürgt hast, es durchgesetzt, dass irgend ein Schuldner von ihm von einer Einrede gegen ihn Gebrauch mache, und du darauf in dem Geschäfte, in dem du dich verbürgt hast, dieselbe Exception brauchen wolltest, so darfst weder du, noch er dies durchsetzen, obgleich du dadurch bisweilen Schaden leiden solltest, im Fall der Schuldner nicht zahlen könnte. Aber wenn du dem Edicte verfallen bist, wird der Beklagte zwar die Einrede brauchen können; du aber wirst es nicht können; und dein Nachtheil wird sich nicht auf den, für welchen du dich verbürgt hast, erstrecken, und deshalb wirst du die Klage aus dem Mandat nicht gegen ihn haben. 4Wenn mein Sohn bei der Verwaltung eines obrigkeitlichen Amtes diesem Edicte verfiel, tritt dann die Wirkung des Edicts in den Klagen ein, die ich in der Person des Sohnes anstelle? Und ich glaube: nein, damit meine Umstände nicht verschlechtert werden. 5Betreffend das, was der Prätor sagt, er solle denselben Rechtsgrundsatz gegen sich gelten lassen, wird diese Strafe auch auf den Erben übergehen? Und Julian schreibt, dass nicht allein ihm das Klagrecht abgesprochen werde, sondern auch seinem Erben. 6Auch das schreibt derselbe nicht ohne Grund, dass er nicht allein in den Klagen die Strafen des Edicts leide, welche er damals hatte, als er dem Edicte verfiel, sondern auch dann, wenn ihm einige nachher erworben worden sind. 7In dieser Sache, glaubt Julian, könne man das einmal Gezahlte nicht zurückverlangen; denn es bleibe eine natürliche Verbindlichkeit zurück, welche das Zurückverlangen ausschliesst.
Idem lib. III. ad Ed. Ad Dig. 5,1,2 pr.ROHGE, Bd. 10 (1874), S. 328: Voraussetzung der stillschweigenden Prorogation des Gerichtsstandes.Uebereinzustimmen scheinen aber diejenigen, welche wissen, dass sie dessen Gerichtsbarkeit nicht unterworfen seien und auf ihn übereinstimmen. Wenn sie aber [blos] in dem Glauben stehen, dass er die Gerichtsbarkeit habe, so erlangt er sie dadurch nicht, denn ein Irrthum der Streitenden enthält, wie auch Julian im ersten Buche seiner Digesten schreibt, keine Uebereinstimmung; oder wenn sie in dem Glauben standen, dass ein Anderer Prätor sei, als der es ist, so begründet der Irrthum eben so wenig die Gerichtsbarkeit oder wenn einer der Streitenden sich widersetzt und mit Gewalt von der Prätur gezwungen worden ist, [sich zu stellen,] so findet auch keine Gerichtsbarkeit Statt. 1Genügt es aber, wenn welche unter sich übereinkommen, oder ist auch die Einwilligung des Prätors selbst nöthig? — Das Julische Gesetz über die Gerichte sagt: dass zwischen den Parteien keine Uebereinkunft Statt findet; es reicht also die Uebereinstimmung ihrer unter sich hin. Wenn nun welche unter sich übereinstimmen, der Prätor aber von dieser Uebereinkunft nichts weiss und seine Gerichtsbarkeit für begründet hält, so ist die Frage, ob dem Gesetz Genüge geleistet worden sei? Ich glaube, dass es sich vertheidigen lässt, dass die Gerichtsbarkeit ihm zustehe. 2Auch wenn ein Richter auf eine [bestimmte] Zeit bestellt worden ist, kann, wenn alle Streitenden übereinkommen, die Zeit, binnen deren ihm den Streit zu schlichten anbefohlen worden, verlängert werden, dafern nicht die Verlängerung durch einen kaiserlichen Befehl besonders verboten worden ist. 3Den Gesandten wird wegen derjenigen Geschäfte, welche sie vor der Gesandschaft eingegangen, so wie denen, welche ein Zeugniss abzulegen aufberufen, oder, um etwas zu beurtheilen, vorgefordert, oder in eine Provinz bestimmt worden sind, das Recht der Berufung an den heimischen Richter gegeben11Wenn sie zu Rom, wo alle Römischen Bürger aus dem ganzen Staate einen gemeinschaftlichen Gerichtsstand haben, belangt werden.. Auch dem, der selbst appellirt hat, liegt die Nothwendigkeit nicht ob, während der Zeit der zu betreibenden Appellation zu Rom oder an einem andern Orte, wo dieselbe verhandelt wird, andern klagend gegen ihn Auftretenden zu antworten. Denn Celsus sagt, dass auch ihm die Berufung an den heimischen Richter zu gewähren sei, weil er wegen einer andern Angelegenheit gekommen ist; diese Meinung des Celsus ist wohlbegründet. Denn auch der Kaiser Pius verordnete an den Plotius Celsianus, dass derjenige, welcher, um Vormundschaftsrechnung abzulegen, aus seiner Heimath nach Rom berufen worden ist, einer andern Vormundschaft wegen, derenwegen er nicht berufen worden war, nicht genöthigt werden solle, sich auf einen Process einzulassen. Derselbe rescribirte an den Claudius Flavianus, dass ein Minderjähriger, welcher gegen den Asinianus, der eines andern Geschäfts wegen [nach Rom] gekommen war, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verlangt hatte, in Rom damit nicht gehört werden solle. 4Alle diese können sich aber an den heimischen Richter berufen, wenn sie das [betreffende] Geschäft nicht da eingegangen sind, wo sie belangt werden. Sind sie es aber daselbst eingegangen, so haben sie das Recht der Berufung nicht, ausgenommen die Gesandten, die, wenn sie auch das Geschäft daselbst, wenn nur vor ihrer Sendung, eingegangen sind, zu Rom sich zu stellen nicht gezwungen werden können, so lange sie sich der Gesandschaft wegen hier aufhalten; was auch Julian schreibt und der Kaiser Pius verordnet hat. Verweilen sie aber noch nach beendeter Gesandschaft, so verordnete der Kaiser Pius, sollen sie belangt werden können. 5Ebenso ist die Frage, ob, wenn sie ausserhalb ihrer Provinz, wiewohl nicht in Italien, ein Geschäft eingegangen sind, sie zu Rom belangt werden können? Marcell [sagt], dass sie sich ihres Vorrechtes, der Berufung an den heimischen Richter, blos in solchen Geschäften bedienen [dürfen], welche sie in ihrer Heimath, oder wenigstens innerhalb ihrer Provinz, eingegangen sind; dies ist richtig. Wenn sie aber selbst klagen, so müssen sie auch Jedem [, der gegen sie Klage erhebt,] Antwort stehen, jedoch nicht, wenn sie wegen Injurien, Diebstahls oder erst jetzt erlittenen Schadens klagen, denn sonst würden sie, wie auch Julian sehr treffend bemerkt, entweder ungestraft beschimpft, oder in Schaden gebracht werden, oder es würde in eines Jeden Gewalt stehen, dieselben, während sie deshalb ihre Ansprüche verfolgen, durch eine Klage wider sie einer [fremden] Gerichtsbarkeit zu unterwerfen. 6Wenn aber Zweifel entsteht, ob sich Jemand in dem Verhältniss befindet, dass er sich an den heimischen Richter berufen könne oder nicht, so muss dies der Prätor nach Erwägung der Sache entscheiden. Ergibt sich, dass er in einem solchen Verhältniss steht, wo er sich an den heimischen Richter berufen kann, so muss er nach Ermessen des Prätors Sicherheit leisten, sich an dem Tage, wo er es verspricht, [in seine Heimath] vor Gericht stellen zu wollen; ob aber durch ein blosses Versprechen22S. Glück Erl. d. Pandecten III. p. 462. n. 28., oder durch einen Bürgen, darüber ist Marcell ungewiss. Nach meiner Meinung durch ein blosses Versprechen; dies schreibt auch Mela, denn sonst würde er eher genöthigt sein, sich auf die Klage einzulassen, als Jemanden finden, der für ihn bürgte. 7Ueberall aber, wo die Mahnung aufgeschoben33Admonitio — interpellare, s. Hugo Donell. Commentar. L. XVII. C. 13. (T. XI. p. 155 der neuen Nürnberger Ausgabe.) wird, muss dies ohne Schaden durch Zeit[verlust] für die Gläubiger geschehen. 8Denen, welche eine ihnen vom Staat verliehene Gerichtsbarkeit haben, wird das Recht, Geldstrafen zu bestimmen, zugestanden; weiter Niemandem, es wäre ihm denn besonders nachgelassen worden.
Idem lib. III. ad Ed. Bei allen Noxalklagen, wo Wissenschaft des Herrn erfordert wird, ist diese so zu verstehen, dass er [die That] nicht verhindert hat, wiewohl er [sie] verhindern konnte. Denn es ist ein Unterschied, dem Sclaven die Veranlassung zum Verbrechen zu geben, und dasselbe geschehen lassen.
Ulp. lib. III. ad Ed. Wenn ein Mehreren gehöriger Sclav ohne Wissen eines Einzigen etwas verbrochen hat, so wird die Noxalklage wider jeden derselben ertheilt; wenn aber mit Vorwissen Aller, so haftet ein jeder, während die Auslieferung an Schädens Statt wegfällt, wie wenn Mehrere etwas verbrochen haben, und es wird der Eine dadurch nicht frei, dass der Andere belangt worden ist. Wenn aber der Eine davon weiss, und der Andere nicht, so kann der Erstere, ohne Rücksicht auf die Auslieferung an Schädens Statt, belangt werden, der Letztere aber nur mit Rücksicht auf Auslieferung an Schädens Statt. 1Der Unterschied dieser Klagen besteht aber nicht blos darin, dass derjenige, welcher davon weiss, auf das Ganze [des angerichteten Schadens] haftet, sondern auch darin, dass derjenige Herr, mit dessen Wissen es geschehen ist, [selbst dann] haftet, wenn er den Sclaven verkauft oder freigelassen hat, oder dieser selbst gestorben ist. Wenn der Herr aber selbst gestorben ist, so haftet sein Erbe nicht;
Idem lib. III. ad Ed. Die Noxalklage wird [wider mich] nur dann ertheilt, wenn der Sclav sich bei mir befindet; wenn er aber bei mir ist, so hafte ich auch dann, wenn er zu der Zeit, wo er die Uebelthat beging, nicht bei mir war, und mein Erbe haftet so lange der Schadensstifter lebt. 1Pomponius sagt, wenn der Käufer des Sclaven mit der Noxalklage in Anspruch genommen worden ist, so könne der Verkäufer, mit dessen Wissen [der Schaden angerichtet] worden ist, nicht weiter angegriffen werden.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.