Ad edictum praetoris libri
Ex libro XXVIII
Ulp. lib. XXVIII. ad Ed. Der Prätor sagt: Wenn Jemand Etwas wird sollen geliehen haben, so werde ich deshalb eine Klage geben. 1Die Auslegung dieses Edicts ist nicht schwierig; eins ist nur zu bemerken, dass der, welcher das Edict abgefasst hat, des Geliehenen Erwähnung gethan hat, da Pacuvius des Gebrauchens Erwähnung gethan hat. Zwischem dem Geliehenen aber und dem zum Gebrauch Gegebenen, sagt Labeo, sei ein so grosser Unterschied, wie gross er zwischen der Gattung und der Art [sei]; denn geliehen werde eine bewegliche Sache, nicht auch [eine Sache] des Erdbodens, zum Gebrauch werde auch [eine Sache] des Erdbodens gegeben. Aber, wie erhellt, nennt man eigentlich eine geliehene Sache auch die, welche zum Erdboden gehört, und das glaubt auch Cassius. Vivianus [geht noch] weiter [und] sagt, dass auch eine Wohnung geliehen werden könne. 2Unmündige sind auf die Leihklage nicht gehalten, weil auch ein Leih[contract] in der Person des Mündels ohne Ermächtigung des Vormunds nicht besteht, insoweit sogar, dass er, selbst wenn er, nachdem er mündig geworden ist, böse Absicht oder ein Verschulden auf sich geladen hat, auf diese Klage nicht gehalten ist, weil sie von Anfang an nicht bestanden hat.
Ulp. lib. XXVIII. ad Ed. Aber mir scheint, wenn der Mündel [aus dem Leihcontract] reicher geworden sein sollte, eine analoge Leihklage, dem Rescript des höchstseligen Pius gemäss, zu geben zu sein. 1Wenn die geliehene Sache zwar zurückgegeben, aber schlechter zurückgegeben sein sollte, so wird sie, weil schlechter geworden zurückgegeben wird, nicht zurückgegeben zu sein scheinen, wenn nicht das Interesse geleistet werden sollte; denn eigentlich sagt man, dass eine Sache nicht zurückgegeben sei, wenn sie schlechter zurückgegeben wird. 2Bei dieser Klage wird, so wie bei den übrigen Klagen guten Glaubens, auf gleiche Weise der Würderungseid geschworen werden, und es wird [bei der Bestimmung,] wieviel die Sache werth sei, auf die Zeit der Entscheidung der Sache geachtet, obwohl [bei Klagen] des strengen Rechts auf die Zeit des eingeleiteten Streites gesehen wird. 3Der Erbe desjenigen, welcher etwas geliehen erhielt, wird auf den Theil, auf welchen er Erbe ist, belangt, ausser wenn es ihm etwa möglich gewesen ist, die ganze Sache zurückzuerstatten, und er es nicht thun sollte; dann nämlich wird er aufs Ganze verurtheilt, gleich als ob dies mit dem Ermessen eines guten Richters übereinkomme. 4Wenn einem Haussohn oder Sclaven [Etwas] geliehen sein sollte, so wird nur wegen des Sonderguts zu klagen sein, gegen einen Haussohn selbst aber wird Jemand auch direct [klagen] können11S. oben Anm. 2.. Aber auch wenn [Jemand] einer Sclavin oder Haustochter [Etwas] geliehen haben sollte, wird nur wegen des Sonderguts zu klagen sein. 5Aber nicht nur aus dem Grunde der bösen Absicht dieser Personen soll der Vater oder Herr verurtheilt werden, sondern auch der Betrug, [aber] nur [dieser,] des Herrn oder Vaters selbst auch kommt [in den Bereich dieser Klage,] wie Julianus im elften Buche in Betreff der Pfandklage unterscheidet. 6Es kann das nicht geliehen werden, was durch den Gebrauch aufgerieben wird, wenn es nicht etwa Jemand zum Staat und zum Sehenlassen erhalten sollte.
Ulp. lib. XXVIII. ad Ed. Wenn man übereingekommen ist, dass das Geliehene an einem bestimmten Orte und zu einer [bestimmten] Zeit zurückgegeben werden solle, so liegt es in der Pflicht des Richters, dass er Rücksicht auf Ort und Zeit nehme. 1Wenn Jemand mit dieser Klage geklagt und die angebotene Werthschätzung des streitigen Gegenstandes angenommen haben sollte, so macht er die Sache [zum Eigenthum] des Anbietenden. 2Nun ist zu sehen, was in [den Bereich] der Leihklage komme, ob die böse Absicht, oder auch das Verschulden, oder aber auch alle Gefahr?22Utrum dolus an et culpa an vero et omne periculum? Unter dolus ist, im Gegensatz von culpa, sowohl böse Absicht, als grobes Verschulden (culpa lata), unter culpa aber geringeres Verschulden (culpa levis) zu verstehen. S. die Bem. zu L. 2. §. 1. D. de in lit. jur. 12. 3. Der Ausdruck omne periculum bedeutet den zufälligen Schaden, den man zu tragen hat. S. Hasse die Culpa des Röm. Rechts, S. 382., in welcher Schrift S. 277 ff. sich auch eine Erklärung der vorliegenden und anderer Stellen dieses Titels findet. Und bei Verträgen nun stehen wir33Praestamus. Mit diesem Worte wird das Vertreten des nachtheiligen Erfolgs des Zufalls (casus oder omne periculum) der bösen Absicht, des Verschuldens, also das Vergüten des dadurch entstandenen Schadens, oder das Ersetzen des Schadens bezeichnet. zuweilen für die böse Absicht allein, zuweilen auch für das Verschulden; für die böse Absicht bei der Niederlegung, denn weil kein Nutzen desjenigen dabei vorkommt, bei welchem niedergelegt wird, so steht man mit Recht blos für die böse Absicht, wenn nicht etwa auch ein Lohn hinzugekommen ist, dann nämlich wird, wie auch [von den Kaisern] constituirt worden ist, auch das Verschulden vertreten, oder wenn man darüber von Anfang an übereingekommen ist, dass derjenige, bei welchem niedergelegt wird, sowohl für das Verschulden, als auch für die Gefahr stehe. Aber wo der Nutzen Beider in Betracht kommt, wie bei dem Kauf, wie bei dem Vermiethen, wie bei der Mitgift, wie bei dem Pfand, wie bei der Gesellschaft, steht man sowohl für die böse Absicht, als für das Verschulden. 3Der Leih[contract] aber enthält gewöhnlich allein den Nutzen Desjenigen, welchem geliehen wird; und darum ist die Meinung des Quintus Mucius wahrer, der da glaubt, es sei sowohl für das Verschulden, als für die Beflissenheit44Et culpam et diligentiam. Dass unter culpa hier ein geringes Versehen zu verstehen sei, geht nach dem in der Anm. 26. Gesagten daraus hervor, dass dolus hier offenbar aus dem Vorhergehenden zu suppliren ist. Es haftet also der, welchem eine Sache geliehen ist, für böse Absicht, grobes und geringes Verschulden. S. auch L. 13. §. 1. des folg. Titels. Diligentia heisst die Fleissanwendung, wodurch ein geringes Verschulden verhütet wird. Sonach scheint also Ulpian durch die Ausdrücke et culpam et diligentiam Ein und Dasselbe zweimal gesagt zu haben. Man hat diese Stelle auf verschiedene Weise zu erklären versucht. Hasse namentlich a. a. O. S. 283 f. bezieht die culpa auch auf die Unterlassung einer Fleissanwendung, wie sie Jemand in seinen eigenen Angelegenheiten, die diligentia aber auf eine Fleissanwendung, wie sie jeder ordentliche Mensch anzuwenden pflegt; so dass also culpa, als die diligentia mit umfassend, Gattung, diligentia die Art anzeigen würde. zu stehen. Und wenn etwa eine geschätzte Sache gegeben sein sollte, so ist für alle Gefahr von demjenigen, welcher es auf sich genommen hat, dass er die Werthschätzung leisten wolle, zu stehen. 4[Wenn] aber durch Alter oder Krankheit sich Etwas ereignet hat, oder durch die Gewalt von Strassenräubern Etwas entrissen worden ist, oder etwas Aehnliches geschehen ist, so ist zu sagen, dass Nichts von dem demjenigen zuzurechnen sei, der geliehen erhalten hat, wenn nicht irgend ein Verschulden dabei vorkommen sollte. Deshalb wird er auch, wenn durch Feuersbrunst oder Einsturz irgend Etwas, oder irgend ein zufälliger Schaden sich ereignet hat, nicht gehalten sein, wenn er nicht etwa, da er die geliehenen Sachen retten konnte, die seinigen vorgezogen hat. 5Freilich auch für eine sorgfältige Bewahrung55Custodiam — diligentem. Custodia ist eine Unterart der Beflissenheit (diligentia) und besteht in dem Schutze einer körperlichen, namentlich beweglichen Sache gegen Beschädigung von aussen, besonders gegen Diebstahl, oder andere Arten des Verlustes. S. Hasse a. a. O. S. 290 f. und 370—378. der geliehenen Sache muss er stehen. 6Aber ob man auch für die Bewahrung eines geliehenen Menschen stehen müsse, ist bei den Alten66S. d. Bem. zu L. 1. §. 6. D. de postul. 3. 1. bezweifelt worden; denn zuweilen ist auch für die Bewahrung eines Menschen zu stehen, wenn ein gefesselter geliehen worden ist, oder [einer] von einem solchen Alter, dass er der Bewahrung bedarf. Sicher wird, wenn das beabsichtigt worden ist, dass der, welcher [um das Leihen des Menschen] gebeten hat, für die Bewahrung stehe, zu sagen sein, dass er dafür stehe77Diese Stelle scheint mit der vorhergehenden, nach welcher man stets für die Bewahrung einer geliehenen Sache stehen muss, im Widerspruch zu stehen. Hasse a. a. O. S. 438 nimmt an, dass im §. 6. eine engere Bedeutung von custodia anzunehmen und das Wort von einem Stellen unter besondere Obhut zu verstehen sei; diese liege nicht in dem allgemeinen Begriff der Bewahrung, sondern beruhe nur auf ausdrücklicher Verabredung oder besondern Umständen.. 7Aber zuweilen betrifft auch der durch den Tod [entstandene] Schaden denjenigen, welcher um das Geliehene gebeten hat; denn, wenn ich ein Pferd geliehen haben werde, damit du es auf ein Landhaus führen, du [aber] es in den Krieg geführt haben solltest, so wirst du auf die Leih[klage] gehalten sein. Dasselbe wird auch bei einem Menschen Statt finden, Freilich wenn ich es dir so geliehen habe, dass du es in den Krieg führen solltest, so wird es meine Gefahr sein; denn auch wenn ich dir einen Sclaven, welcher Decker ist, geliehen haben werde, und er vom Gerüst gefallen sein sollte, sagt Namusa, sei es meine Gefahr. Aber ich halte dies dann für wahr, wenn ich ihn dir geliehen habe, damit er auch auf dem Gerüst arbeiten sollte; sonst, wenn [ich ihn dir geliehen habe,] damit er auf der Erde die Arbeit thun sollte, du [aber] ihn auf das Gerüst gestellt hast, oder wenn es durch die Schuld des Gerüstes geschehen ist, das weniger genau, nicht von ihm selbst, verbunden worden ist, oder durch das Alter der Seile und Stangen, so behaupte ich, dass für die Gefahr, welche durch das Verschulden des um das Geliehene Bittenden sich ereignet hat, dieser selbst stehen müsse. Denn auch Mela hat geschrieben, dass, wenn ein Sclave, der einem Steinmetz geliehen sei, unter dem Gerüst umgekommen sein sollte, der [Stein-]Bearbeiter, welcher das Gerüst nachlässiger zusammen verbunden hat, auf die Leih[klage] gehalten sei. 8Ja sogar auch wer die geliehene Sache anders gebraucht, ist nicht blos auf die Leih-, sondern auch auf die Diebstahls[-Klage] gehalten, wie Julianus im elften Buch der Digesten geschrieben hat. Sonach sagt er, dass, wenn ich dir ein Buch geliehen haben werde, und du bewirkt haben solltest, dass darin dein Schuldner eine Handschrift zu [deiner] Sicherheit ausstellte, und ich dies ausgestrichen haben sollte, ich, wenn ich [das Buch] dir dazu geliehen haben werde, damit dir in demselben Sicherheit gegeben würde, dir auf die Gegenklage gehalten sei; wenn nicht, und du mich auch nicht benachrichtigt hast, dass daselbst eine Handschrift geschrieben stehe, so bist du mir, sagt er, auf die Leih[klage] auch gehalten. Ja, sagt er, sogar [auf die] Diebstahls[klage], weil du die geliehene Sache anders gebraucht hast, auf dieselbe Weise, wie der, welcher ein Pferd, sagt er, oder ein Kleid anders, als [wozu] es geliehen worden ist, gebraucht, [auf die] Diebstahls[klage] gehalten ist. 9Bis soweit aber muss man für die Beflissenheit bei der geliehenen Sache stehen, dass für sie auch bei der [Sache], welche [als Zubehör] der geliehenen Sache folgt, gestanden werden muss; z. B. ich habe dir eine Stute geliehen, welche ein Füllen begleitete; die Alten88S. d. Bem. zu L. 1. §. 6. D. de postul. 3. 1. haben zum Bescheid gegeben, dass du auch für die Bewahrung des Füllen stehen musst. 10Zuweilen freilich wird bei der geliehenen Sache der, welcher [darum] gebeten hat, blos für die böse Absicht stehen; z. B. wenn Jemand so [mit dem Verleiher] übereingekommen ist, oder wenn [letzterer] nur um seinetwillen verliehen hat, etwa seiner Braut oder Gattin, damit sie desto anständiger geschmückt zu ihm geführt würde, oder wenn ein Prätor, der Spiele gab, den Schauspielern geliehen hat, oder Jemand dem Prätor selbst aus freien Stücken geliehen hat. 11Nun ist zu untersuchen, in welchen Fällen die Leihklage Statt habe; und es ist bei den Alten8 über die Fälle dieser Art gezweifelt worden. 12Ich habe dir eine Sache gegeben, damit du sie deinem Gläubiger zum Pfand bestellen solltest, du hast sie bestellt, du lösest sie nicht wieder ein, um sie mir zurückzugeben; Labeo sagt, die Leihklage habe Statt; und ich glaube, dass dies wahr ist, wenn nicht ein Lohn eintrat, dann nämlich wird entweder aufs Geschehene, oder aus dem Mieth- und Vermieth-Contract zu klagen sein. Freilich wenn ich für dich die Sache mit deinem Willen zum Pfand bestellt haben werde, so wird die Auftragsklage Statt finden. Derselbe Labeo sagt richtig, wenn von mir ein Verschulden beim Einlösen fern sei, der Gläubiger aber das Pfand nicht zurückgeben wolle, so stehe dir nur dazu die Leih[klage] zu, dass ich dir die Klagen gegen denselben abtrete. Ein Verschulden scheint aber von mir fern zu sein, wenn ich das Geld entweder schon gezahlt habe oder zu zahlen bereit bin. Dass freilich die Kosten des Streits und das Uebrige derjenige auf sich nehme, welcher geliehen erhalten hat, ist billig. 13Ad Dig. 13,6,5,13Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 375, Note 8.Wenn du mich gebeten haben solltest, dass ich dir einen Sclaven mit einer Schale99Servum — cum lance. Es war dies wohl eine Schale, wie sie beim Diskus gebraucht wurde. Die Basiliken sagen ausdrücklich: δοῦλον μετὰ δὶσκον.; leihen möchte, und der Sclav die Schale verloren haben sollte, so, sagt Cartilius, treffe dich die Gefahr, denn auch die Schale scheine geliehen zu sein; darum sei für das Verschulden auch in Bezug auf sie zu stehen. Freilich wenn der Sclav mit derselben geflohen sein sollte, so sei der, welcher geliehen erhalten hat, nicht gehalten, wenn er nicht [nach einer Verabredung] für das Verschulden bei der Flucht gestanden hat. 14Wenn du mich gebeten hättest, dass ich dir die Speisetafel zurecht machen und Silber als Speisegeschirr hergeben möchte, und ich es gethan haben werde; [und wenn] du dann gebeten hättest, dass ich dasselbe am folgenden Tage thun möchte, und ich, da ich das Silber nicht bequem nach Hause zurücktragen konnte, es daselbst zurückgelassen haben werde, und es untergegangen sein sollte, mit welcher Klage könnte wohl geklagt werden und wessen Gefahr wäre es? Labeo hat geschrieben, in Bezug auf die Gefahr sei es ein grosser Unterschied, ob ich einen Wächter bestellt habe oder nicht; wenn ich ihn bestellt habe, treffe mich die Gefahr, wo nicht, denjenigen, bei welchem es zurückgelassen worden ist. Ich glaube, dass zwar mit der Leih[klage] zu klagen sei, dass aber derjenige für die Bewahrung stehen müsse, bei welchem die Sachen zurückgelassen worden sind, wenn man nicht über etwas Anderes namentlich übereingekommen ist. 15Wenn Zweien zugleich ein Wagen geliehen oder vermiethet sei, so, hat Celsus der Sohn im sechsten Buche der Digesten geschrieben, könne man fragen, ob ein Jeder derselben aufs Ganze oder auf einen Theil gehalten sei? Und er sagt, es könne zwar Eigenthum und Besitz Zweien aufs Ganze nicht gehören, auch sei Keiner Eigenthümer eines Theils des Körpers, sondern Jeder habe das Eigenthum des ganzen Körpers zu einem Theil, so dass [der Körper selbst] ungetheilt sei1010Totius corporis pro indiviso pro parte dominium habere; die Sache ist also nicht wirklich in Theile zerlegt, sondern jeder ist Eigenthümer nach intellectuellen Antheilen (pro indiviso).. Der Gebrauch eines Bades aber, oder Säulenganges, oder Feldes gehöre einem Jeden aufs Ganze — denn ich gebrauche ja [darum] nicht weniger, weil auch ein Anderer gebrauchte, — aber bei einem geliehenen oder vermietheten Wagen habe ich in der That den Gebrauch auf einen Theil, weil ich nicht alle Plätze des Wagens einnehme; doch, sagt er, sei es wahrer, dass ich sowohl für böse Absicht, als für Verschulden, und für Beflissenheit, und für Bewahrung aufs Ganze stehen müsse. Darum werden sie gewissermaassen für zwei Schuldner gehalten, und wenn der Eine belangt, [das Schuldige] geleistet haben sollte, so wird er [dadurch] den Andern befreien, und Beiden steht die Diebstahls[klage] zu,
Ulp. lib. XXVIII. ad Ed. Daher fragt es sich, ob, wenn der Eine mit der Diebstahls[klage] geklagt haben sollte, er selbst allein mit der Leih[klage] belangt werden dürfe? Und Celsus sagt, wenn der Andere, welcher mit der Diebstahls[klage] nicht geklagt hat, belangt werden und bereit sein sollte, auf seine Gefahr den Andern zu belangen, welcher dadurch, dass er mit der Diebstahls[klage] klagte, Gewinn aus der geliehenen Sache gezogen hat, so müsse er gehört und freigesprochen werden. 1Ad Dig. 13,6,7,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 299, Note 8.Aber wenn der Verleiher gegen den Gesellschafter desselben die Klage aus dem Aquilischen Gesetz gehabt hat, so möchte er sie wohl abtreten müssen1111Videndum erit, ne cedere debeat. S. Anm. 14., wenn etwa der Andere einen Schaden verursacht hat, welchen zu vergüten dieser, welcher belangt wird, mit der Leihklage angetrieben wird; denn auch wenn der Verleiher gegen ihn selbst die Klage aus dem Aquilischen Gesetz gehabt hat, ist es ganz billig, dass er, wenn er mit der Leih[klage] klagt, die Klage [aus dem Aquilischen Gesetz] fahren lasse, wenn nicht etwa Jemand sagen sollte, dass er, wenn er aus dem Aquilischen Gesetz klagt, um so weniger erlangen würde, als er [jetzt] aus dem Grunde des Leihcontracts erlangt hat1212Es beruht dies auf dem Grundsatz des Römischen Rechts, dass derjenige, welchem in dem nämlichen Fall zwei oder mehrere Klagen so zustehen, dass er nur eine anstellen kann, doch nach Anstellung der weniger vortheilhaften mit der vortheilhafteren noch soviel nachfordern kann, als in ihr mehr enthalten ist. Hätte also im vorliegenden Fall der Verleiher aus dem Aquilischen geklagt, und so weniger erlangt, als er mit der Leihklage erlangt haben würde, so könnte er mit der letztern Klage das mit der erstern nicht Erlangte nachfordern.; was einen vernünftigen Grund zu haben scheint.
Ulp. lib. XXVIII. ad Ed. Wenn mir der Schuldner eine fremde Sache zum Pfande gegeben hat, oder böswillig in Bezug auf das Pfand verfahren sein sollte, so muss man sagen, dass die Gegenklage Statt finde. 1Aber nicht nur wegen Geldes, sondern auch wegen eines andern Grundes kann ein Pfand gegeben werden, wie wenn Jemand Einem ein Pfand gegeben haben sollte, damit er für ihn sich verbürge. 2Eigentlich nennen wir Pfand, was auf den Gläubiger übergeht, Hypothek, wenn es nicht, nicht einmal der Besitz auf den Gläubiger übergeht. 3Es muss alles Geld ganz gezahlt, oder deswegen Genüge geschehen sein, damit die Pfandklage entstehe. Genüge geschehen aber verstehen wir, [wenn es] auf die Weise [geschehen ist], auf welche der Gläubiger gewollt hat, obgleich nicht gezahlt worden ist; mag er nun gewollt haben, dass ihm durch andere Pfänder Sicherheit gegeben werde, damit er von diesem zurücktrete, oder durch Bürgen, oder durch Bestellung eines [andern] Schuldners, oder durch irgend einen Preis, oder durch blosse Uebereinkunft, so entsteht die Pfandklage. Und im Allgemeinen wird man sagen müssen, so oft der Gläubiger vom Pfande hat zurücktreten wollen, scheine ihm Genüge geschehen zu sein, wenn er sich so, wie er selbst gewollt hat, sichergestellt hat, wenn gleich er sich dabei hintergangen haben sollte1313Deceptus sit, d. h. wenn gleich er durch die Befriedigung, die nach seinem Willen der Schuldner ihm gegeben hat, weniger Sicherheit, als durch das frühere Pfand erhalten haben sollte. Decipi heisst hier sich selbst hintergehen. S. v. Glück a. a. O. S. 126 u. A. 69.. 4Auch derjenige, welcher eine fremde Sache zum Pfande gegeben hat, kann, nachdem das Geld bezahlt worden ist, mit der Pfand[klage] verfahren. 5Ad Dig. 13,7,9,5ROHGE, Bd. 5 (1872), S. 289: Voraussetzungen der Klage.ROHGE, Bd. 20 (1877), Nr. 3, S. 7: Verzug des Pfandnehmers in Rückgabe des Pfandes als Folge der Weigerung der Annahme der Pfandschuld.Wer vor der Zahlung mit der Pfand[klage] geklagt hat, muss, wenn gleich er nicht richtig geklagt hat, gleichwohl, wenn er das Geld vor Gericht anbieten sollte, die verpfändete Sache und sein Interesse erlangen.
Ulp. lib. XXVIII. ad Ed. Es scheint nicht gezahlt zu sein, wenn mit dem Schuldner wegen der Schuld selbst der Streit eingeleitet, oder wenn der Bürge belangt sein sollte. 1Eine erneuerte Schuldverbindlichkeit aber vernichtet das Pfand, wenn man nicht übereingekommen ist, dass das Pfand wiederholt werde. 2Wenn ich, gleich als ob ich dir Geld geben wollte, ein Pfand empfangen, und [das Geld] nicht gegeben haben werde, so werde ich auf die Pfandklage, auch wenn keine Zahlung erfolgt ist, gehalten sein. Und dasselbe [findet Statt,] wenn auch das Geld durch Acceptilation erlassen, oder die Bedingung weggefallen sein sollte, wegen welcher das Pfand contrahirt worden ist, oder wenn ein Pactum, welches man halten muss, über das Nichtfordern des Geldes eingegangen worden ist. 3Ad Dig. 13,7,11,3Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 289, Note 1.Wenn das Pfand nur für das Capital, oder für die Zinsen verbindlich ist, so hat, nachdem das, wegen dessen es verbindlich gemacht ist, gezahlt ist, die Pfand[klage] Statt. Mögen aber die Zinsen in eine Stipulation gebracht worden sein, oder nicht, so wird dennoch die Pfand[klage,] wenn nur das Pfand auch für sie verbindlich gemacht worden war, wegfallen, so lange Etwas von ihnen geschuldet wird. Ein anderes Verhältniss ist es bei denjenigen, welche Jemand über das erlaubte Maass hinaus versprochen hat, denn diese sind ganz und gar unerlaubt. 4Wenn Mehrere Erben des Gläubigers geworden sein sollten, und einem von diesen sein Theil sezahlt werden sollte, so darf den übrigen Erben des Gläubigers kein Unrecht zugefügt werden, sondern sie können das ganze Grundstück verkaufen, nachdem sie dem Schuldner das angeboten haben, was er ihrem Miterben gezahlt hat; und diese Meinung ist nicht ohne vernünftigen Grund. 5Ad Dig. 13,7,11,5Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 342, Note 42.Dass das Geld gezahlt worden, ist aber nicht blos anzunehmen, wenn es dem selbst, welchem die Sache verbindlich gemacht worden ist, sondern auch wenn es mit seinem Willen einem Andern gezahlt worden sein sollte, oder demjenigen, dessen Erbe er geworden ist, oder einem, dem Einfordern der Gelder vorgesetzten Sclaven. Daher wenn du ein Haus gemiethet und einen Theil desselben mir vermiethen haben solltest, und ich deinem Vermiether den Miethzins gezahlt haben werde, so werde ich gegen dich mit der Pfandklage verfahren können; denn Julianus schreibt, es könne Jenem [der Miethzins] gezahlt werden, und wenn ich einen Theil dir, einen Theil ihm gezahlt haben werde, so wird eben so viel zu sagen sein. Freilich werden meine eingeschafften und eingebrachten [Sachen] nur für die Summe gehalten sein, für welche ich das Zimmer gemiethet habe; denn es ist nicht glaublich, dass man darüber übereingekommen sei, dass mein unbedeutender Hausrath1414Frivola. S. Brisson s. h. v. u. Bynkershoek Observv. j. R. VI. c. 25. Nr. 6. Der Sinn des letzten Satzes dieses Paragraphs ist dieser: Es scheint ein stillschweigender Vertrag zwischen dem Eigenthümer des Hauses und dem Untermiethsmanne zu bestehen, in Folge dessen das Eingebrachte des letzteren dem ersteren selbst, nicht blos dem Untervermiether (coenacularius, Zimmermiether, d. h. hier dem, welcher aus der von ihm selbst gemietheten Wohnung wieder einzelne Zimmer vermiethete, s. Brisson s. h. v.) verpfändet sein sollen. S. die Scholien d. Basil. zu dieser Stelle, und Mühlenbruch Cession d. Forderungsr. S. 316 f. für den gesammten Miethzins des Einzelhauses gehalten seien. Es scheint aber stillschweigend auch mit dem Eigenthümer des Gebäudes die Uebereinkunft getroffen zu sein, dass nicht die Verabredung des Zimmermiethers dem Eigenthümer nütze, sondern seine eigene. 6Ad Dig. 13,7,11,6Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 73, Note 12.Durch eine freie Person aber wird uns die Pfandverbindlichkeit nicht erworben, so sogar, dass sie nicht einmal durch einen Geschäftsbesorger oder Vormund in der Regel erworben wird; und darum werden sie selbst mit der Pfandklage belangt werden. Aber es ändert dies auch nicht, was von unserm Kaiser1515Nach der in d. Bem. zu L. 33 §. 3 D. de proc. et def. 3. 3. befolgten Ansicht: Caracalla. Doch rührte die in der L. 1. C. de acquis. poss. 7. 32 enthaltene Constitution, welche Ulpianus hier wohl im Sinne hat, nicht blos von Caracalla, sondern zugleich auch vom Vater desselben, dem Sept. Severus, her, welchem allein sie im §. 5 I. per quas pers. nob. acq. 2. 9. zugeschrieben wird. Ulpianus dagegen bezeichnete nur den Urheber der Constitution, welcher zur Zeit der Abfassung seiner Bücher zum Edict noch lebte. constituirt worden ist, dass durch eine freie Person der Besitz erworben werden könne; denn das wird sich darauf beziehen, dass wir den Besitz des uns verbindlich gemachten Pfandes durch den Geschäftsbesorger oder Vormund ergreifen können; die Verbindlichkeit selbst aber wird uns eine freie Person nicht immer erwerben. 7Aber wenn mein Geschäftsbesorger oder Vormund eine Sache zum Pfande gegeben haben sollte, so wird er selbst mit der Pfandklage klagen können; was beim Geschäftsbesorger dann angeht, wenn es ihm aufgetragen worden sein sollte, [eine Sache] zum Pfande zu geben,
Ulp. lib. XXVIII. ad Ed. Der Gläubiger muss, wenn er das Pfand zurückgibt, wegen der bösen Absicht dem Schuldner durch ein Versprechen Sicherheit geben und wenn ein Grundstück verpfändet war, so ist auch wegen des Rechts desselben durch ein Versprechen Sicherheit zu geben, dass nicht etwa Dienstbarkeiten, dadurch dass der Gläubiger aufhörte, sie zu benutzen, verloren gegangen seien.
Ulpian. lib. XXVIII. ad Ed. Dass der Nutzen dieses Edicts offenbar ist, weiss Jedermann; denn da man oft, aus Bedürfniss der Schifffahrt, mit Schiffern Verträge schliesst, ohne zu wissen, in welchen Verhältnissen und wer sie seien, so war es billig, dass derjenige, der den Schiffer angestellt hat, gehalten wäre, so wie derjenige gehalten ist, der einen Factor in einem Kaufladen oder zu einem Geschäfte angestellt hat. Denn man ist noch mehr in der Nothwendigkeit, mit dem Schiffer zu contrahiren, als mit dem Factor; indem die Umstände [gewöhnlich] gestatten, die Verhältnisse des Factors zu untersuchen und dann mit ihm abzuschliessen; nicht so hingegen beim Schiffer, bei welchem bisweilen Ort und Zeit eine reifere Ueberlegung nicht zulassen. 1Unter dem Schiffer oder Capitain (magister navis) ist derjenige zu verstehen, dem die Sorge für das ganze Schiff anvertraut ist. 2Ist aber mit irgend einem aus dem Schiffsvolke contrahirt worden, so wird keine Klage gegen den Rheder gestattet, obwohl aus dem Vergehen eines Jeden von denen, die um der Schifffahrt willen auf dem Schiffe sind, eine Klage gegen den Rheder bewilligt wird; denn ein anderes Verhältniss findet bei Verträgen, ein anderes bei Vergehen Statt. Wer nämlich einen Schiffer anstellt, der gestattet, dass mit ihm contrahirt werde; wer Schiffsmannschaft gebraucht, der gestattet nicht, mit ihnen zu contrahiren, muss aber dafür sorgen, dass selbige nicht böswillig oder nachlässig handeln. 3Schiffer werden übrigens angestellt, Schiffe, es sei zur Güterfracht oder an Passagiere, zu verdingen, oder zum Einkaufe des Takelwerks; wenn aber einer auch zum Einkaufe und Verkaufe von Waaren an gestellt ist, so verpflichtet er auch in dieser Beziehung den Rheder. 4Von welchem Stande aber dieser Schiffer sei, ob frei, ob Sclav, und im letztern Fall ob des Rheders oder eines Andern, darauf kommt nichts an; ja auch nicht einmal darauf, wie alt er ist, indem derjenige, der ihn angestellt, sichs selbst zuzuschreiben hat1616Wenn er einen Unmündigen anstellt, an den er sich nicht halten kann, weil derselbe zwar ihn, aber nicht sich selbst gegen ihn, verbindlich machen konnte.. 5Ad Dig. 14,1,1,5ROHGE, Bd. 6 (1872), S. 403: Recht des durch den Procuristen Betrogenen, die ganze Contractsobligation gegen den Geschäftsführer oder gegen den Principal geltend zu machen.Unter dem Schiffer versteht man nicht blos einen vom Rheder, sondern auch einen vom Schiffer Angestellten; so hat Julianus auf Anfragen begutachtet, da der Rheder nichts1717Davon, dass sein Schiffer seinen Posten einem Andern übertragen hatte. gewusst hatte. Wenn er übrigens es weiss und zulässt, dass derselbe auf dem Schiffe den Schifferposten versehe, so ist er anzusehen, als ob er ihn selbst angestellt hätte. Diese Meinung scheint mir beifallswerth, denn für alle Handlungen eines Schiffers1818Also auch für die von demselben vorgenommene Substitution und deren Folgen, die Handlungen des Substituten. muss derjenige haften, der ihn angestellt hat; sonst würden die [mit ihm] Contrahirenden getäuscht, und es ist dies, des Nutzens wegen, beim Schiffer eher zuzulassen, als beim Factor. Wie aber, wenn er ihn mit der Vorschrift angestellt hat, dass er keinen Andern bestellen dürfe? — so ist zu untersuchen, ob wir auch dann der Meinung des Julianus beistimmen mögen. Man nehme nämlich auch an, dass er namentlich verboten habe, sich nicht des Titius als Schiffers zu bedienen. Dennoch wird man sagen müssen, dass der Vortheil der Schiffenden so weit auszudehnen sei1919D. i. dass um dieses Vortheils willen auch den Handlungen eines solchen wider das ausdrückliche Verbot des Rheders substituirten Schiffers verbindliche Kraft für Jenen beizulegen sei.. 6Unter Schiff ist zu verstehen sowohl ein Seeschiff als ein Flussschiff, oder was auf einem See fährt, oder auch ein Floss. 7Der Prätor gibt jedoch nicht aus jedem Grunde eine Klage gegen den Rheder, sondern wegen einer solchen Sache, der er [der Schiffer] vorgesetzt ist; d. h. wenn er zu dieser Sache angestellt ist, z. B. wenn das Schiff zur Güterfracht verdungen worden, oder er Dinge, die auf der Fahrt dienlich sind, gekauft, oder der Ausbesserung des Schiffs wegen etwas contrahirt oder aufgewendet worden, oder die Mannschaft wegen ihrer Dienste Ansprüche macht. 8Wie, wenn er ein Darlehn aufnimmt, ist dies als dieser Angelegenheit wegen geschehen zu betrachten? Pegasus glaubt, wenn er zum Vortheil eines Geschäfts, dem er vorgesetzt ist, geborgt habe, so sei die Klage zu gestatten welche Meinung ich für richtig halte. Denn wie wenn er zur Ausrüstung und Einrichtung des Schiffs, oder zum Unterhalt der Schiffsmannschaft geborgt hat? 9Ad Dig. 14,1,1,9ROHGE, Bd. 6 (1872), S. 403: Recht des durch den Procuristen Betrogenen, die ganze Contractsobligation gegen den Geschäftsführer oder gegen den Principal geltend zu machen.Daher fragt Ofilius, wenn er das zu Ausbesserung des Schiffs aufgenommene Geld in seinen Nutzen verwende, ob dann gegen den Rheder die Klage zu gestatten sei? und sagt: wenn er es zu dem Behufe empfangen habe, um es auf das Schiff zu wenden und nachher sich anders besinne, so sei der Rheder verbindlich, da er sich selbst zuschreiben müsse, einen solchen Menschen angestellt zu haben. Wenn er aber von Anfang den Gläubiger zu hintergehen beabsichtigt und nicht ausdrücklich erwähnt hat, dass er zum Besten des Schiffes geborgt habe, finde das Gegentheil Statt; welchen Unterschied Pedius billigt. 10Aber auch wenn der Schiffer bei den Preisen der eingekauften Dinge Betrug gemacht hat, wird der Rheder und nicht der Gläubiger den Schaden zu tragen haben. 11Wenn er von einem Andern borgt und so den, der zu Ausbesserung des Schiffes dargeliehen hat, befriedigt, so glaube ich, dass auch Jenem die Klage zu bewilligen sei, gleich als ob er zum Besten des Schiffs vorgeschossen hätte. 12Ad Dig. 14,1,1,12ROHGE, Bd. 6 (1872), S. 85: Umfang der Ermächtigung des Inspectors einer Feuerversicherungsgesellschaft zur Feststellung des Schadens.Die Art der Anstellung also dient den Contrahenten als bestimmte Norm. Wenn daher der Rheder den Schiffer blos dazu beim Schiffe angestellt hat, um den Frachtlohn zu erheben, nicht um es zu verdingen, vielleicht, weil er es selbst verdungen hatte, so wird er nicht gehalten sein, wenn derselbe es verdingt; oder wenn blos zum Verdingen und nicht zum Eincassiren, so gilt [umgekehrt] dasselbe; oder wenn dazu, dass er es an Passagiere verdinge, nicht aber, dass er es zur Güterfracht hergebe, oder umgekehrt, so wird er, wenn er diese Grenzen überschreitet, den Rheder nicht verpflichten. Aber auch, wenn er angestellt ist, um es zur Fracht von gewissen Gütern zu verdingen, zum Beispiel Hülsenfrüchten, oder Hanf, und es zu Marmor oder andern Baustoffen verdingt, wird keine Verbindlichkeit anzunehmen sein; denn einige Schiffe sind Lastschiffe, andere aber, wie die Schiffer es nennen, ἐπιβατηγοὶ [bestimmt, Passagiere zu führen], und ich weiss, dass die Meisten vorschreiben, keine Passagiere einzunehmen, und in einer gewissen Gegend oder einem gewissen Meere Geschäfte zu machen; wie es Schiffe gibt, die von Cassiopa oder Dyrrachium nach Brundusium Passagiere überfahren und zur Güterfracht untüchtig sind. So sind auch einige in einem Strome tauglich, die nicht See halten können. 13Wenn mehrere Schiffer mit ungetheilten Geschäften angestellt sind, so verpflichtet den Rheder Alles, was mit Einem derselben gehandelt wird, wenn sie getheilte Geschäfte haben, zum Beispiel der Eine das Verdingen, der Andere das Eincassiren, so wird der Rheder so weit durch sie verpflichtet werden, als eines Jeden Geschäfte gehen. 14Auch wird, wenn er sie so angestellt hat, wie es meistens geschieht, dass Keiner ohne den Andern etwas thun solle, derjenige, der mit Einem contrahirt, es sich selbst zuzuschreiben haben2020Dass der Rheder ihm nicht verbindlich wird.. 15Rheder oder Schiffsherr2121Ersterer Ausdruck ist im Deutschen bei Seeschiffen, letzterer bei Flussschiffen gebräuchlich. (exercitor) heisst der, dem alle Nutzungen und Einkünfte gehören, er mag nun Eigenthümer des Schiffes sein, oder es von dem Eigenthümer im Ganzen gepachtet haben, es sei auf Zeit oder auf immer. 16Es kommt übrigens wenig darauf an, ob der Rheder eine Mannsperson ist oder ein Frauenzimmer, ein Hausvater, ein Haussohn oder ein Sclav; wenn aber ein Unmündiger Rheder ist, so wird die Autorität des Vormunds nöthig sein. 17Man hat übrigens die Wahl, ob man den Rheder, oder den Schiffer belangen will. 18Gegenseitig aber wird dem Rheder wider denjenigen, die mit dem Schiffer contrahirt haben, keine Klage versprochen2222Vom Prätor im Edict., weil er nicht dieselbe Hülfe bedurfte. Sondern er kann den Schiffer entweder, wenn er ihm um Lohn dient, mit der Miethklage, oder wenn unentgeltlich, mit der Auftragsklage belangen. Indess pflegen die Präfecten2323Der Stadt Rom., zu Beförderung der Getreidezufuhr, und die Statthalter in den Provinzen, den Rhedern auf den Grund der Verträge der Schiffer ausserordentlichen Beistand zu gewähren. 19Wenn der Rheder in der Gewalt eines Andern steht und mit dessen Willen die Rhederei treibt, so wird wegen dessen, was mit seinem Schiffer gehandelt worden, wider den, in dessen Gewalt der Rheder steht, die Klage gestattet. 20Obwohl aber wider den, in dessen Gewalt der Rheder steht, die Klage bewilligt wird, so wird sie doch nur dann zugelassen, wenn er mit dessen Willen das Rhedergeschäft treibt. Es können aber diejenigen, die die [väterliche oder Herren-]Gewalt über den Rheder haben, ihrer Einwilligung halber deswegen aufs Ganze belangt werden, weil die Rhederei mit den wichtigsten Angelegenheiten des Staats in Beziehung steht. Die Factoren hingegen sind nicht eben so nützlich; daher haben diejenigen, welche mit einem contrahirt haben, der mit Wissen seines Herrn mit Waaren, die zu seinem Sondergut gehören, handelt, sich mit dem Herrn nur zu theilen2424In das Sondergut des Sclaven. S. u. den vierten Titel dieses Buchs de tributoria actione.. Wenn aber blos mit Wissen, nicht auch mit Willen des Herrn mit dem Schiffer contrahirt worden ist, soll man da, als ob er es gewollt, aufs Ganze, oder nur nach Art der tributorischen eine Klage geben? In solchem Zweifel ist es besser, sich streng an die Worte des Edicts zu halten, und weder bei Schiffen dem Vater oder Herrn das blosse nackte Wissen zur Last zu legen, noch bei Sondergutswaaren selbst dem Willen die Wirkung der Verbindlichkeit zum Ganzen beizulegen. Und dies scheint auch Pomponius anzudeuten, indem er sagt, wenn Einer2525Ein Rheder., in Gewalt eines Andern stehend, mit dessen Willen handle, so werde dieser aufs Ganze verbindlich, wo nicht, nur nach dem Betrage des Sondergutes. 21Unter denen, die in Gewalt stehen, sind Personen beiderlei Geschlechts gemeint, Söhne und Töchter, Sclaven und Sclavinnen. 22Wenn aber ein zum Sondergut gehöriger Sclav mit Willen des Haussohns, zu dessen Sondergut er gehört, oder eines Sclaven, als dessen Stellvertreter den Rheder macht, so ist der Vater oder Herr, der seinen Willen dazu nicht gegeben hat, nur so weit das Sondergut reicht, der Sohn selbst aber aufs Ganze verbindlich. Indess wenn dieselben dies mit Willen des Herrn oder Vaters thun, so wird dieser aufs Ganze gehalten, und ausserdem auch der Sohn, wenn er ebenfalls seinen Willen dazu gegeben, fürs Ganze verbindlich sein. 23Obwohl aber der Prätor die Klage nur für den Fall verspricht, wenn mit dem Schiffer gehandelt worden, so ist doch, wie auch Julianus schreibt, auch wenn mit dem Rheder selbst contrahirt worden ist, dessen Vater oder Herr fürs Ganze verpflichtet. 24Diese Klage wird gegen den Rheder von wegen des Schiffers gegeben, und daher kann, wenn einer von beiden schon belangt worden, der andere nicht verklagt werden; wenn aber etwas bezahlt worden ist, und zwar vom Schiffer, so vermindert sich die Verbindlichkeit von selbst; wenn es aber auch vom Rheder geschieht, er mag nun in eignem Namen, nämlich seiner prätorischen Verbindlichkeit wegen, oder im Namen des Schiffers zahlen, so wird die Verbindlichkeit vermindert, weil auch ein Anderer mich befreit, indem er für mich bezahlt. 25Ad Dig. 14,1,1,25Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 407, Note 7.Wenn Mehrere Rheder Eines Schiffes sind, so kann gegen Jeden derselben aufs Ganze geklagt werden;
Ulp. lib. XXVIII. ad Ed. Dem Prätor hat billig geschienen, dass, sowie Einem aus den Handlungen seines Factors Vortheil erwächst, man auch aus den Contracten eines solchen verbindlich werde und belangt werden könne. Aber in Beziehung auf den, der einen Factor angestellt hat, thut er nicht dasselbe, dass jener klagen könne; sondern wenn er seinen eigenen Sclaven zum Factor gehabt hat, so ist er vermöge der ihm selbst erworbenen Klagen gesichert; wenn aber einen fremden Sclaven, oder einen freien Menschen, so wird er keine Klage haben, jedoch den Factor selbst oder dessen Herrn mit der Auftrags- oder Geschäftsführungsklage belangen können. Marcellus aber sagt, es müsse dem, der den Factor angestellt hat, eine Klage gegen die, welche mit demselben contrahirt haben, gegeben werden;
Ulp. lib. XXVIII. ad Ed. Institor ist deshalb genannt worden, weil er die Verwaltung des Geschäfts anwesend führt (instat), und es macht nicht viel Unterschied, ob er einem Kaufladen oder was immer sonst für einem Geschäft vorgesetzt ist;
Ulp. lib. XXVIII. ad Ed. Es mag also Einer einem Geschäfte vorgesetzt sein, welchem er wolle, so wird er mit Recht Factor (institor) genannt werden können. 1Denn auch Servius sagt im ersten Buche an den Brutus, wenn man mit dem Vorsteher eines Miethhauses etwas gehandelt habe, oder mit Einem, den Jemand über einen Bau gesetzt hat, oder über den Ankauf von Getreide, so sei dieser aufs Ganze gehalten. 2Auch Labeo schreibt, wenn Jemand Einen zum Geldausleihen, zum Feldbau, zum Grosshandel oder zu Accordunternehmungen anstellt, sei er aufs Ganze gehalten. 3Aber auch wenn Jemand einen Sclaven einer Wechselbank vorsetzt, wird er seinetwegen verbindlich sein. 4Auch diejenigen — dies ist angenommen — sind Factore zu nennen, welchen die Kleider- oder Leinwandhändler Gewänder zum Herumtragen und Verkaufen geben, und die gewöhnlich Herumträger, Hausirer (circitores) genannt werden. 5Aber auch die Maulthiertreiber kann man richtig Factore nennen. 6So sind auch ein Vorsteher von Walkern, oder von Flickschneidern, und der Aufseher eines Miethstalles wie Factore zu beurtheilen. 7Aber auch wenn der Inhaber eines Kaufladens seinen Sclaven auf Reisen schickt, um Waaren einzukaufen und ihm zu senden, so ist dieser, schreibt Labeo, als Factor anzusehen. 8Ad Dig. 14,3,5,8Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 482, Note 15.Derselbe sagt, wenn ein Leichenbesorger (welche Leute man griechisch νεκροθάπτας, Begraber der Todten, nennt) einen Sclaven zum Leichenwäscher hält, und dieser den Todten beraubt, so sei gegen ihn eine Klage nach dem Beispiel der Factorklage (quasi institoria) zu geben, obgleich auch die Diebstahls- und die Injurienklage Statt habe. 9Derselbe Labeo sagt: wenn ein Bäcker seinen Sclaven gewöhnlich an einen gewissen Ort geschickt hat, um Brod zu verkaufen, und dieser, nachdem er das Geld baar vorausbekommen hat, damit er das Brod dann täglich liefern sollte, zahlungsunfähig wird, so ist nicht daran zu zweifeln, dass der Bäcker verbindlich ist, dafern er gestattet hat, dass das Geld ihm so gegeben werde. 10Ad Dig. 14,3,5,10Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 482, Note 15.Aber auch wenn ein Walker, verreisend, [einen seiner Lehrlinge] ersucht hat, über die [andern] Lehrlinge, denen er seine Werkstatt eingerichtet übergeben hat, Aufsicht zu führen, und nach der Abreise jener Lehrling Gewänder übernommen hat, und entwichen ist, so ist der Walker nicht verbindlich, wenn Jener als Beauftragter zurückgelassen ward; wenn aber als Factor, so ist er verbindlich. Freilich wenn er mir bestätigt hat, dass ich seinen Arbeitern trauen dürfe, so wird er zwar nicht mit der Factorklage, aber mit der Miethklage zu belangen sein. 11Jedoch verpflichtet nicht Alles, was mit einem Factor gehandelt wird, den, welcher ihn angestellt hat; sondern [nur] dann, wenn in Beziehung auf das, wozu er angestellt ist, contrahirt worden ist, das heisst nur dazu, weshalb er ihn angestellt hat. 12Wenn ich also zum Verkauf von Waaren Einen angestellt habe, so werde ich seinetwegen mit der Kaufklage belangbar sein. So auch, wenn ich ihn etwa zum Einkauf angestellt habe, kann ich blos mit der Verkaufsklage belangt werden. Hingegen wird man weder wenn man zum Einkaufen Einen angestellt hat, und dieser verkauft, noch wenn zum Verkaufen, und derselbe einkauft, verbindlich sein; dies billigt Cassius. 13Wenn aber Jemand einem Factor, der zum Einkauf von Waaren angestellt ist, Geld vorschiesst, so findet die Factorklage Statt. Eben so, wenn dies zu Bezahlung des Miethzinses für den Laden geschehen ist; was ich insoweit für richtig halte, als nicht das Borgen ihm untersagt worden ist. 14Wenn demjenigen, den ich zum Verkaufe oder Einkaufe von Oel angestellt habe, Oel geliehen worden ist, so wird die Factorklage für statthaft zu erachten sein. 15So auch wenn der Factor beim Oelverkauf einen Ring statt Angelds empfangen hat, und nicht zurückgibt: wird der Herr mit der Factorklage zu belangen sein; denn es ist desjenigen Geschäfts wegen, zu dem er angestellt ist, contrahirt worden; es wäre denn ihm aufgetragen worden, für baares Geld zu verkaufen. Daher wird die Factorklage auch Statt haben, wenn der Factor etwa des Kaufpreises wegen ein Pfand genommen hat. 16Auch einem Bürgen, der für einen Factor eingetreten ist, steht die Factorklage zu; denn es ist dies eine Folge jenes Geschäfts. 17Wenn ein Factor von Jemand bestellt worden, aber derjenige, der ihn bestellt hat, verstorben ist, und Einer sein Erbe worden ist, der nun sich desselben Factors bedient, so wird er ohne Zweifel gehalten sein; nicht minder ist es billig, dass, wenn vor dem Antritt der Erbschaft mit ihm contrahirt worden, dem, der dies nicht gewusst, die Factorklage gegeben werde. 18Ad Dig. 14,3,5,18Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 73, Note 13a.Aber auch wenn mein Bevollmächtigter, mein Curator, mein Vormund einen Factor bestellt hat, wird zu behaupten sein, dass die Factorklage gegeben werden müsse, als ob ich ihn selbst bestellt hätte.
Ulp. lib. XXVIII. ad Ed. Aber auch wenn Jemand, der mein Geschäft2626Ohne Auftrag. führte, denselben angestellt hat, und ich es genehmigt habe, wird dasselbe zu behaupten sein. 1Wenig aber kommt darauf an, wer der Factor sei, Mann oder Weib, Freier oder Sclav, und [im letztern Falle] mein eigener oder ein fremder; so auch wer ihn bestellt hat; denn auch wenn ein Weib ihn bestellt hat, wird, nach dem Beispiel der Rhederklage, die Factorklage Statt haben, und wenn ein Weib angestellt ist, wird sie auch selbst gehalten sein. Aber auch wenn eine Haustochter, oder eine Sclavin angestellt worden ist, hat die Factorklage Statt. 2Ein unmündiger Factor verpflichtet den, der ihn bestellt hat, so dass er mit der Factorklage zu belangen ist; weil dieser, der ihn angestellt hat, sich es selbst zuzuschreiben hat2727S. oben Anm. 1.;
Ulp. lib. XXVIII. ad Ed. Wenn hingegen ein Mündel selbst einen Factor anstellt, so wird er, wenn dies unter Autorität des Vormunds geschehen ist, verbindlich, widrigen Falls nicht;
Ulp. lib. XXVIII. ad Ed. Wenn aber der Unmündige Erbe dessen wird, der den Factor angestellt hat, so wird es höchst gerecht sein, den Unmündigen verbindlich zu achten, so lange, als derselbe angestellt bleibt; denn die Vormünder hätten ihn entlassen sollen, wenn sie seine Dienste nicht brauchen wollten. 1Aber auch wenn der, welcher einen Factor angestellt hat, jünger als fünfundzwanzig Jahre ist, so wird er sich mit dem Vorwande des Alters2828Mit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. nicht ohne vorgängige Untersuchung der Sache helfen können. 2Ad Dig. 14,3,11,2ROHGE, Bd. 10 (1874), S. 381: Wirkung des theilweisen Widerrufs bez. der Einschränkung einer bisher unbeschränkten Vollmacht auf den Verkehr mit dritten Contrahenten.Wenn öffentlich angeschlagen worden ist, dass mit Einem [Diener] nicht contrahirt werden solle, so wird derselbe nicht als Vorgesetzter des Geschäfts angesehen; denn es gibt keine Pflicht, das Contrahiren mit einem Factor zu gestatten; wer aber nicht will, dass es geschehe, der möge es verbieten; ansserdem wird der, der ihn angestellt hat, vermöge der Anstellung selbst verbindlich sein. 3Oeffentlich anschlagen ist so zu verstehen: mit deutlichen Buchstaben geschrieben, an einem Orte, wo es vom Boden aus gut gelesen werden kann, nämlich vor dem Laden, oder dem Orte, wo das Geschäft betrieben wird, nicht an einem abgelegenen, sondern an einem leicht sichtbaren Platze. Ob mit griechischer oder mit lateinischer Schrift? Ich glaube, nach dem Gebrauche des Ortes, damit Niemand die Unkunde der Schrift vorschützen könne. Indess wenn Jemand sagte, er verstehe die Schrift nicht, oder er habe nicht auf das geachtet, was angeschlagen gewesen, da doch Viele es gelesen, und es öffentlich angeschlagen war, so würde er nicht gehört werden. 4Ad Dig. 14,3,11,4ROHGE, Bd. 6 (1872), S. 85: Umfang der Ermächtigung des Inspectors einer Feuerversicherungsgesellschaft zur Feststellung des Schadens.ROHGE, Bd. 6 (1872), S. 403: Recht des durch den Procuristen Betrogenen, die ganze Contractsobligation gegen den Geschäftsführer oder gegen den Principal geltend zu machen.Es muss aber selbiges fortwährend angeschlagen sein. Wenn nun während einer Zeit, wo es nicht angeschlagen, oder nachdem der Anschlag unleserlich worden war, contrahirt worden ist, so wird die Factorklage Statt finden. Daher, wenn der Herr der Waaren es angeschlagen, ein Anderer aber es abgerissen hat, oder durch die Länge der Zeit, durch Regen, oder dergleichen geschehen ist, dass es nicht mehr da stand, oder nicht sichtbar war, so ist zu sagen, dass der, der es angeschlagen hat, verpflichtet sei. Auch wenn der Factor selbst, um mich zu täuschen, es abgerissen hat, so wird seine Arglist dem, der es angeschlagen, zum Schaden gereichen, es müsste denn der, der mit ihm contrahirt hat, an dem Betruge Theil genommen haben. 5Die Bedingungen der Anstellung müssen jedoch beobachtet werden; denn wie, wenn der Herr gewollt hat, dass [nur] auf eine gewisse Art, oder mit Zuziehung einer gewissen Person, oder gegen Unterpfand, oder nur über eine gewisse Sache mit ihm contrahirt werde? Es wird höchst billig sein, sich innerhalb dessen zu halten, wozu er angestellt ist. So auch wenn Einer mehrere Factore hatte und entweder nur mit allen zusammen, oder nur mit Einem allein contrahiren lassen wollte, — aber auch wenn er Jemanden gewarnt hat, dass er nicht mit ihm contrahiren solle, kann die Factorklage wider ihn nicht Statt finden; denn man kann auch einer bestimmten Person das Contrahiren mit dem Factor untersagen, oder einer gewissen Classe von Menschen, oder von Kaufleuten, oder [nur] gewissen Menschen es gestatten. Wenn er aber, beständig ändernd, bald mit Diesem, bald mit Jenem zu contrahiren verboten hat, so ist Allen die Klage gegen ihn zu geben; denn die Contrahenten sollen nicht getäuscht werden. 6Hat er hingegen gänzlich untersagt, mit ihm zu contrahiren, so wird er nicht als Vorgesetzter des Geschäfts betrachtet, da er mehr als Aufseher, denn als Factor dient. Ein solcher wird also keine Waare, auch nicht eine Kleinigkeit aus dem Laden verkaufen können. 7Wenn die Factorklage statthafter Weise angestellt worden ist, so fällt die Zulässigkeit der tributorischen Klage von selbst weg; denn diese kann bei einem Handel des Herrn nicht Statt finden; nur wenn er nicht Factor über den Handel des Herrn gewesen ist, bleibt die tributorische Klage übrig. 8Wenn ich von deinem Sclaven die Dienste seines Stellvertreters [Unterknechts] miethe, und diesen als Factor bei meinem Handel anstelle, darauf dieser dir Waare verkauft, so ist dies ein [gültiger] Kauf; denn wenn der Herr vom Sclaven kauft, gilt der Kauf, obwohl der Herr nicht verpflichtet wird; so dass der Herr sogar als Käufer besitzen und ersitzen kann.
Ulp. lib. XXVIII. ad Ed. Jemand hatte zu Arelate seinen Sclaven einem Oelhandel vorgesetzt, und eben denselben zugleich der Aufnahme von Darlehnen; dieser hatte Geld aufgenommen, der Gläubiger, in der Meinung, er habe zum Handel geborgt, stellte die darnach angemessene Klage an, konnte aber nicht beweisen, dass Jener zum Handel geborgt habe. Obgleich nun die Klage hiermit verbraucht ist, und er nicht noch einmal deshalb wird klagen können, weil Jener auch zum Gelderborgen angestellt gewesen, so sagt doch Julianus, es stehe ihm eine abgeleitete (utilis) Klage zu. 1Es ist aber wohl zu merken, dass der Herr nur dann mit der Factorklage belangt werden kann, wenn nicht Jemand diese Verbindlichkeit geneuert hat, indem er sich entweder vom Factor, oder von einem Andern, in der Absicht, eine solche Neuerung vorzunehmen, [novandi animo] stipulirt hat. 2Ad Dig. 14,3,13,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 407, Note 7; Bd. II, § 482, Note 16.Wenn Zwei oder Mehrere einen Kaufladen halten, und einen Sclaven, den sie zu ungleichen Theilen besassen, als Factor dabei anstellen, so wirft Julianus die Frage auf, ob sie nach ihren Eigenthumsantheilen, oder nach gleichen Theilen, oder nach ihren Antheilen am Handel, oder Beide für Einen und Einer für Beide verbindlich seien. Und er sagt, es sei das Richtigste dieses, dass sie, nach dem Beispiel der Schiffsrheder- und der Sondergutsklage, ein Jeder aufs Ganze belangt werden können; und was derjenige, der verklagt worden ist, geleistet hat, deshalb wird er durch die Gesellschaftsklage oder die Theilungsklage sich erholen können; welcher Meinung ich auch oben beigestimmt habe.
Ulp. lib. XXVIII. ad Ed. Endlich ist zu wissen, dass diese Klagen, unverjährbar, sowohl gegen die Erben, als den Erben gegeben werden.
Idem lib. XXVIII. ad Ed. Was auf einen Termin geschuldet wird, wird nicht aufgerechnet werden, ehe der Termin gekommen ist, obgleich es gegeben werden muss. 1Wenn der Richter keine Rücksicht auf die Aufrechnung genommen haben sollte, so bleibt die Forderung unversehrt; denn es kann ja nicht die Einrede der entschiedenen Sache entgegengestellt werden. Etwas Anderes werde ich sagen, wenn er die Aufrechnung, gleich als ob die Schuld nicht vorhanden wäre, verworfen hat; dann nämlich wird mir die Einrede der entschiedenen Sache schaden.
Ad Dig. 17,2,43ROHGE, Bd. 14 (1875), Nr. 78, S. 237: Theilungsklage. Gelegenheitsgesellschaft.Idem lib. XXVIII. ad Ed. Wenn die Gemeinschaftstheilungsklage angestellt worden ist, so wird dadurch die Genossenklage nicht [unbedingt] ausgeschlossen, weil letztere auch auf die Aussenstände geht und auf Adjudication nicht gerichtet werden kann; wenn aber nachher die Genossenklage erhoben wird, so erlangt man durch dieselbe um soviel weniger, als man durch die erste Klage erlangt hat.
Ulp. lib. XXVIII. ad Ed. Wenn ich dir eine Wohnung vermiethet habe, und kurz darnach den Pachtzins erlasse, so kann [den Umständen nach dennoch] Klage aus dem Pacht und dem Verpacht erhoben werden.
Ulp. lib. XXVIII. ad Ed. Kann ich, wenn ich dir eine Wohnung unentgeldlich eingeräumt habe, die Leihklage erheben? — Vivianus sagt ja, aber es ist sicherer, aus unbestimmten Worten zu klagen. 1Wenn ich dir Perlen zum Vertrödeln übergeben habe, mit der Bedingung, sie mir entweder selbst, oder den Kaufpreis zurückzugeben und dieselben vor dem Verkaufe verloren gegangen sind, wen trifft da der Schade? Labeo sagt, womit auch Pomponius übereinstimmt, dass, wenn ich als Verkäufer dich darum ersucht habe, der Schaden mich treffe, wenn du aber mich, dich; wenn keiner von beiden den andern [darum ersucht], sondern wir blos beiderseits eingewilligt haben, so müssest du blos Arglist und Verschuldung vertreten. Eine Klage aus bestimmten Worten findet hier aber allerdings Statt. 2Papinianus schreibt im achten Buche seiner Quästionen: wenn ich dir eine Sache zur Ansicht gegeben habe, und du angibst, du habest sie verloren, so steht mir die Klage aus bestimmten Worten nur dann zu, wenn ich nicht weiss, wo sie sich befindet; denn weiss ich es gewiss, dass sie in deinen Händen sei, so kann ich die Diebstahlsklage erheben, oder die Condiction, oder auf Auslieferung klagen. Hiernach muss mir, wenn ich Jemandem etwas entweder sein oder unserer beider wegen zum Besehen gegeben habe, des Nutzens wegen sowohl Arglist als Verschuldung vertreten werden, Zufall aber nicht; gab ich es dir aber blos meinetwegen, so braucht blos Arglist [vertreten zu werden], weil dies der Niederlegung nahe steht. 3Wenn wir, ich und mein Nachbar, die wir jeder einen Ochsen besitzen, übereingekommen sind, dass wir uns die Ochsen abwechselnd auf zehn Tage leihen wollten, um unsere Feldarbeit damit zu bestellen, und der Ochs des Einen beim Andern gefallen ist, so findet die Leihklage nicht Statt, weil das Leihen nicht umsonst geschah; aus bestimmten Worten kann aber Klage erhoben werden. 4Wenn ich dich, nachdem du mir Kleider zum Verkauf angeboten, ersucht habe, sie bei mir zu lassen, um sie Jemandem zu zeigen, der es besser versteht, als ich, und dieselben kurz darnach durch Feuer, oder ein anderes unabwendbares Naturereigniss verloren gegangen sind, so brauche ich den Schaden keineswegs zu vertreten; doch erhellt hieraus, dass ich die Verwahrung jeden Falls übernehmen müsse. 5Wenn Jemand einer eingegangenen Wette wegen Ringe erhalten hat, und sie dem Sieger nicht zurückgibt, so findet wider ihn die Klage aus bestimmten Worten Statt. Denn des Sabinus Ansicht, dass aus diesem Grunde Klage und Condiction wegen Diebstahls erhoben werden könne, kann man nicht billigen, wie sollte nämlich der Sieger wegen einer Sache, deren Besitz er so wenig, wie das Eigenthum an derselben gehabt hat, die Diebstahlsklage erheben können? Wenn freilich der Gegenstand der Wette ein unanständiger war, so steht ihm blos die Rückforderung seines Ringes zu.
Ulp. lib. XXVIII. ad Ed. Auch bei der Stipulation und der Klage aus einem Testament kann, wenn die Sache, welche geschuldet wurde, übergeben worden ist, doch noch, solange Etwas an dem Rechte der Sache fehlt, die Sache selbst gefordert werden; z. B. ich kann ein Grundstück fordern, wenn gleich es mir übergeben worden ist, wenn noch irgend ein Recht, wegen dessen man Sicherheitsleistung verlangen kann, übrig sein wird.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.