Ad edictum praetoris libri
Ex libro XXIV
Ulp. lib. XXIV. ad Ed. Diese Klage ist eine sehr nothwendige, es geschieht ihrer Wirkung täglich Gebrauch und sie ist hauptsächlich wegen der Eigenthumsklagen eingeführt worden.
Ulp. lib. XXIV. ad Ed. Bei dieser Klage muss der Kläger alle Merkmale der Sache, um die es sich handelt, kennen, und deren Eigenschaften angeben11Ich begnüge mich, wegen der Erklärung der meisten Gesetze und vieler Ausdrücke in diesem Titel, im Allgemeinen auf Glücks Alles erschöpfenden Commentar zu verweisen.. 1Wer Klage auf Auslieferung erhebt, behauptet nicht durchaus, dass er Eigenthümer sei, noch braucht er den Beweis davon zu führen, indem vielerlei Gründe zur Erhebung dieser Klage vorhanden sind. 2Uebrigens ist bei dieser Klage zu bemerken, dass der ungehorsame Beklagte durch den Würderungseid des Klägers, während der Richter alsdann die Summe veranschlagt, verurtheilt werden könne. 3Diese Klage ist eine persönliche und kommt demjenigen zu, der irgend eine dingliche Klage zu erheben im Begriff steht, auch die Servianische Pfand- oder die hypothecarische Klage, die den Gläubigern zustehen. 4Auch dem, der auf den Niessbrauch klagen will, sagt Pomponius, stehe die Klage auf Auslieferung zu. 5Auch wer, um ein Interdict anzustellen, die Auslieferung einer Sache verlangt, wird Gehör erhalten. 6Ebenso kann ich bekanntlich auf Auslieferung klagen, wenn ich mir einen Sclaven, oder eine andere Sache, deren Wahl mir letztwillig hinterlassen worden ist, auswählen will, um von den ausgelieferten [Gegenständen] einen eigenthümlich zu verlangen. 7Wer die Noxalklage erheben will, dem ist die Klage auf Auslieferung von Nöthen; denn wie, wenn der Eigenthümer zwar die Vertheidigung übernehmen will, der Kläger aber, wenn [die Sclaven] nicht gegenwärtig sind, nicht bestimmen kann, [wer es gewesen sei], weil er den Sclaven entweder nicht kennt, oder den Namen nicht mehr weiss? Ist es hier nicht billig, dass ihm das ganze Gesinde vorgestellt werde, um den Sclaven herauszuerkennen, der den Schaden angerichtet hat? — Es muss dies daher nach Befinden geschehen, um denjenigen zu bezeichnen, wegen dessen Jemand, nach vorangegangener Aufzählung der Sclaven, Klage erheben will. 8Wenn ein Anderer als der Erbe verlangt, dass ihm ein Testament, oder Codicille, oder ein sonstiger Zubehör des Testaments vorgezeigt werde, so muss er sich dazu dieser Klage nicht bedienen, indem die zu diesem Ende ihm zustehenden Interdicte genügen; so auch Pomponius. 9Ad Dig. 10,4,3,9ROHGE, Bd. 11 (1874), Nr. 121, S. 395: Klage des Inhabers des Umlaufexemplars (Secunda) gegen den Verwahrer des Acceptexemplars (Prima) des Wechsels auf Herausgabe. Begründung der Klage.Es ist aber zu bemerken, dass nicht nur denen, die wir genannt haben, die Klage auf Auslieferung zuständig sei, sondern auch dem, der ein Interesse an der Auslieferung hat. Der Richter muss daher summarisch untersuchen, ob derselbe betheiligt sei, nicht ob ihm die Sache gehöre, und alsdann die Auslieferung entweder anbefehlen, oder nicht, wenn er nicht betheiligt ist. 10Ja, es sagt Julian, ich könne, selbst wenn mir die Eigenthumsklage [noch] nicht zustehe, doch einstweilen auf Auslieferung klagen, wenn mir an der Auslieferung liegt, z. B. wenn mir ein Sclav nach des Titius Auswahl vermacht worden ist; hier klage ich auf Auslieferung, weil mir an dieser gelegen ist, damit Titius wählen könne, und so werde ich denn die Eigenthumsklage erheben können, wiewohl ich den Ausgelieferten nicht wählen kann. 11Wenn wider mich Klage auf Auslieferung erhoben worden ist, so kann ich nicht selbst deshalb, dass ich auf Auslieferung belangt worden bin, auf Auslieferung Klage erheben, wiewohl mir insofern daran ein Interesse zuzustehen scheint, weil ich zur Herausgabe genöthigt werde. Dies reicht nämlich nicht hin [, die Klage zu begründen], denn sonst würde auch derjenige, welcher sich arglistig des Besitzes entledigt hat, auf Auslieferung klagen können, da er doch weder Eigenthumsklage noch Interdict anstellen kann, sowie der Dieb oder Räuber; dies ist keinen Falls zulässig. Neratius sagt vielmehr scharfsinnig so: es habe der Richter in der Klage auf Auslieferung darüber Untersuchung anzustellen, ob [der Kläger] eine rechtmässige und erweisliche Ursache zur Klage habe, deren wegen er die Auslieferung verlangt. 12Ad Dig. 10,4,3,12ROHGE, Bd. 11 (1874), Nr. 121, S. 395: Klage des Inhabers des Umlaufexemplars (Secunda) gegen den Verwahrer des Acceptexemplars (Prima) des Wechsels auf Herausgabe. Begründung der Klage.Pomponius schreibt, es können auch Mehrere wegen desselben Sclaven auf Auslieferung klagen, z. B. wenn der Sclav dem Ersten eigenthümlich gehört, der Zweite den Niessbrauch daran hat, der Dritte den Besitz in Anspruch nimmt, und der Vierte ein Pfandrecht an ihm behauptet; allen diesen steht die Klage auf Auslieferung zu, weil allen an der Auslieferung des Sclaven gelegen ist. 13An demselben Orte schreibt er, der Richter würdige, vermöge ihm bei dieser Klage überlassenen Ermessens, auch die Einreden, welche der Besitzer vorschütze, und wenn nun eine auf der Stelle so klar sei, dass sie den Kläger sehr leicht abwehrt, so müsse der Besitzer losgesprochen, wenn aber unerweislich oder von der Art sei, dass sie eine weitere Erörterung erheische, dieselbe zur Hauptklage verwiesen werden, während die Auslieferung der Sache anbefohlen wird; über einige Einreden muss jedoch der Richter bei der Klage auf Auslieferung jeden Falls erkennen, z. B. über die des vertragsmässigen Uebereinkommens [, sich der beabsichtigtwerdenden Klage nicht bedienen zu wollen], die der Arglist22Nämlich welche der Kläger wider den Beklagten in Betreff der fraglichen Sache ausgeübt hat. Glück XI. p. 202., des Eides33Wenn der Beklagte schon vor Erhebung der Klage geschworen hat, dass die Sache dem Kläger nicht gehöre. Glück ebendas., der rechtlich entschiedenen Sache44Wenn er derselben Sache wegen früher schon einmal belangt, und die Sache durch Urtheil entschieden ist.. 14Zuweilen bewirkt der in Ansehung der Auslieferung vorherrschende Billigkeitsgrundsatz, dass, wiewohl nicht auf Auslieferung Klage erhoben werden kann, dennoch eine Klage auf das Geschehene zugelassen wird, wovon Julian handelt. Er führt nämlich den Fall an, dass ein meiner Ehefrau gehöriger Sclav meine Rechnungen geführt hat, welche du besitzest, und deren Auslieferung ich von dir verlange; wenn dieselben, sagt Julian, auf mein Papier geschrieben sind, so findet die Klage Statt, weil ich ihrer wegen dann auch die Eigenthumsklage erheben kann; denn wenn das Papier mein ist, so gehört mir auch, was darauf geschrieben worden ist; ist aber das Papier nicht mein, so kann ich, weil ich es nicht eigenthümlich wieder verlangen kann, auch nicht die Klage auf Auslieferung anstellen; darum steht mir die Klage auf das Geschehene zu. 15Es ist zu bemerken, dass diese Klage nicht nur wider den bürgerlichrechtlichen, sondern auch gegen den blos natürlichen Besitzer Statt finde. So z. B.55Denique s. Note 2) S. 351 d. B. nach Glück XI. p. 212. muss der Gläubiger, der eine Sache zum Pfande empfangen hat, auf Auslieferung haften.
Ulp. lib. XXIV. ad Ed. Celsus schreibt, wenn Jemand Waaren zu verfahren sich verdungen, und sie in einem Magazin niedergelegt hat, so kann wider den, der die Verdingung eingegangen ist, die Klage auf Auslieferung angestellt werden. Ebenso muss, wenn nach des Lohnfuhrmanns Tode ein Erbe desselben vorhanden ist, wider diesen geklagt werden. Ist kein Erbe da, so muss wider den Eigenthümer des Magazins Klage erhoben werden; denn wenn sie keiner besitzt, so ist offenbar der Magazineigenthümer entweder Besitzer, oder wenigstens derjenige, der sie ausliefern kann. In welcher Art aber, sagt er, besitzt derjenige, der den Transport in Verdingung genommen hat, etwa pfandweise66Quia pignus tenet. Cujaz Recitat. solemn. ad h. l. erklärt dies daraus, dass der Fuhrmann ein stillschweigendes Pfandrecht an den Waaren wegen seines Lohnes habe, was die von ihm angeführte l. 6. §. 2. qui pot. in pign. beweist, und wobei zu berücksichtigen ist, dass er nach der Vulgate wahrscheinlich pignori gelesen hat. Da nun diese Erklärung so ungezwungen und so einleuchtend ist, so ist es ebenfalls nur aus dem Note 34) angeführten Grunde zu erkklären, wenn Glück (XI. p. 218.) Pothiers Erklärung: si convenerit ut pro hac mercede merces essent pignori richtiger als die des Cujaz findet. Welches Wort im Gesetz lässt eine Convention ahnden? Wie kann man darauf verfallen, diese anzunehmen, wenn man l. 6. §. 2. qui potior. in pign. gelesen hat? — Anton Fabers Erklärung endlich macht der Cujazischen den Rang immer nocht nicht streitig; denn quia pignus tenet als quasi pignus zu verstehen, ist gar nicht nöthig; weil mann diese Worte auch recht gut und dem Cujaz gemäss, so geben kann: etwa weil er [nämlich sie, die Waaren] als Pfand besitzt? — Und dann ist das letztere nicht Frage, sondern Grund: mithin fällt die Cujazische und Fabersche Erklärung zusammen.? — Dieser Umstand beweist, dass auch diejenigen, welche die Fähigkeit zur Auslieferung besitzen, dazu verpflichtet seien. 1Julian sagt so: mittelst der Klage auf Auslieferung hafte jeder, wer sich zur Aufrechterhaltung von Vermächtnissen im Besitz befinde; ebenso derjenige, wer eine Sache wegen Niessbrauches inne habe, wiewohl auch er eigentlich nicht besitze. Daher behandelt Julian die Frage, inwiefern dieselben zur Auslieferung verbunden seien, und beantwortet sie dahin: der erstere insofern, dass der Kläger den Besitz [zwar] erlangt77S. Glück XI. p. 220. der Beklagte aber zur Erhaltung der Sache im Besitz bleibt; der Niessbraucher aber dergestalt, dass der Kläger den Besitz der Sache erlangt, der Beklagte aber den Niessbrauch übt. 2Gleichfalls, schreibt Julian, hafte der Käufer, der das, was [auf einem verkauften Grundstück] ausgegraben und umgehauen vorhanden ist88Ruta caesa, s. Glück II. p. 530. n. 100., nicht herausgibt, auf Auslieferung, insoweit ich den Streitgegenstand eidlich gewürdert habe; er fügt jedoch hinzu, es müsse sich der Käufer im Besitz befinden, oder sich arglistig des Besitzes entledigt haben. 3Ferner, schreibt Celsus, kannst du durch die Klage auf Auslieferung erlangen, den Dünger, den du auf meinen Hof hingeschafft hast, wieder hinwegnehmen zu dürfen, und zwar ganz und gar; anders [d. h. theilweise] kannst du es nicht. 4Auch wenn ein Floss durch Stromesgewalt auf eines Andern Acker fortgetrieben worden, kann derselbe mit der Klage auf Auslieferung, wie Neratius schreibt, belangt werden. Daher untersucht Neratius die Frage, ob dem Eigenthümer des Ackers nur wegen des künftigen, oder auch wegen des der Vergangenheit angehörigen Schadens Sicherheit bestellt werden müsse? Und bejahet die Verbindlichkeit zum Letztern. 5Auch wenn etwas von einem eingestürzten Gebäude auf deinen Hof, oder in deine Gebäude herabgefallen ist, haftest du auf Auslieferung, selbst wenn du es nicht besitzest. 6Auf der andern Seite haftet aber derjenige, dem die Fähigkeit zur Auslieferung ermangelt, auch wenn er besitzt, dennoch nicht auf Auslieferung; so z. B. haftet [der Herr], wenn ein Sclav flüchtig geworden, nur insoweit, dass er Sicherheit leistet, ihn stellen zu wollen, sobald er seiner wieder habhaft geworden sei; dasselbe gilt, auch wenn er nicht flüchtig ist, sondern du ihm gestattet hast, sich aufzuhalten wo er will; oder wenn er von dir auf Reisen geschickt worden ist, oder auf deinen Landgütern sich befindet, wirst du blos zu der [gedachten] Sicherheitsbestellung verpflichtet.
Ulp. lib. XXIV. ad Ed. Unter der Benennung Balken verstehen wir im Zwölftafelgesetz, wie Einige richtig meinen, jeden Stoff. 1Wenn du aber mein Rad an [deinem] Wagen befestigt hast, so haftest du auf Auslieferung. Dies sagt Pomponius, wiewohl du dann keinen bürgerlichrechtlichen Besitz hast. 2Dasselbe ist der Fall, wenn du ein mir gehöriges Brett an [d]einem Schrank oder Schiff, oder an einem Becher einen mir gehörigen Henkel befestigt, oder Figuren an einem Trinkgeschirr, oder Purpurfäden in ein Kleid eingewebt, oder einer Statue einen Arm angesetzt hat. 3Auch Stadtgemeinden können auf Auslieferung belangt werden, weil sie die Fähigkeit zur Herausgabe besitzen; denn sie können bekanntlich besitzen und ersitzen; dasselbe gilt von Innungen und anderen Gemeinheiten. 4Wenn Jemand zur Zeit der Einleitung des Verfahrens nicht im Besitz ist, nachher aber noch vor der Entscheidung in den Besitz gekommen ist, so muss er, wenn er nicht herausgibt, dazu verurtheilt werden. 5Wer zur Zeit der Einleitung des Verfahrens sich im Besitz befindet, nachher aber ohne böse Absicht um den Besitz gekommen ist, muss losgesprochen werden, wenn ihm nicht99Quamvis, s. Glück XI. p. 227., sagt Pomponius, das zum Vorwurf gereicht, dass er nicht gleich die Herausgabe bewirkt, sondern es auf die Klage hat ankommen lassen. 6Derselbe schreibt: wenn Jemand zur Zeit der Einleitung des Verfahrens sich im Besitz befunden, nachher zu besitzen aufgehört, und kurz darnach aus demselben oder einem andern Grunde wieder in den Besitz gekommen ist, so muss derselbe, wenn er nicht zur Herausgabe schreitet, verurtheilt werden. 7Ad Dig. 10,4,7,7ROHGE, Bd. 11 (1874), Nr. 121, S. 395: Klage des Inhabers des Umlaufexemplars (Secunda) gegen den Verwahrer des Acceptexemplars (Prima) des Wechsels auf Herausgabe. Begründung der Klage.Hierzu fügt Pomponius nicht übel hinzu, es müsse aber auch derjenige, der auf Auslieferung geklagt habe, zu beiden Zeitpuncten bei der Herausgabe der Sache betheiligt gewesen sein, d. h. sowohl zu der der Einleitung des Verfahrens, als der der Verurtheilung; dies ist des Labeo Ansicht auch.
Ulp. lib. XXIV. ad Ed. Julian schreibt: wer einen Sclaven, den er besass, getödtet, oder dessen Besitz auf einen Andern übertragen, oder eine Sache dergestalt verdorben hat, dass sie gar nicht mehr als vorhanden betrachtet werden kann, der haftet auf Auslieferung, weil er sich des Besitzes arglistiger Weise entledigt hat. Wenn er daher Wein, Oel, oder etwas Anderes ausgegossen oder zerbrochen hat, so haftet er auf Auslieferung. 1Auf mein Landgut sind Früchte von deinem Baume gefallen; mein Vieh, das ich dahin getrieben, frisst sie weg; mit welcher Klage kann ich belangt werden? Pomponius antwortet: wenn ich das Vieh in der Absicht dahin getrieben, dass es sie wegfressen solle, so sei die Klage auf Auslieferung zuständig. Denn du wirst1010Ulpian wechselt hier wie öfters die Person. auch, wenn die Früchte noch vorhanden wären, und mir nicht gestatten wolltest, sie aufzulesen, auf Auslieferung haften, gleichwie derjenige, der mir zugehöriges auf seinen Acker fortgeschwemmtes Bauholz nicht hinfortschaffen lassen will. Uns gefällt hier des Pomponius Ansicht, es mögen die Früchte noch vorhanden, oder bereits verzehrt sein. Wenn sie aber noch vorhanden sind, so kann ich auch das Interdict wegen aufzulesender Früchte, wenn ich Sicherheit wegen drohenden Schadens gestellt habe, anstellen, um die Freiheit, allemal den dritten Tag die Früchte aufzulesen, zu erlangen. 2Wer es dahin gebracht hat, dass eine Sache an einen Andern gelangt ist, wird, vorausgesetzt, dass er es arglistiger Weise gethan, so angesehen, als habe er sich des Besitzes arglistiger Weise entledigt. 3Hat Jemand eine Sache im verschlechterten Zustande ausgeliefert, so haftet er, sagt Sabinus, ebenfalls auf Auslieferung. Dies gilt auch dann, wenn eine Sache arglistiger Weise in einen andern Körper verwandelt, z. B. aus einem Becher eine Masse geworden ist; denn wenn er dann auch die Masse ausliefert, so haftet er dennoch auf Auslieferung; denn durch die Verwandlung der Form verändert er gewissermaassen die Substanz der Sache selbst. 4Marcell schreibt: wenn dir zehn Münzen unter einer Bedingung vermacht worden sind, und mir der Niessbrauch an denselben zehn1111Ich halte das eorum der Vulgate für unerlässlich. unbedingt, und nachher der Erbe, während die Bedingung noch obschwebte, ohne Sicherheit zu fordern, dem Niessbraucher die zehn ausgezahlt hat, so haftet derselbe durch die Klage auf Auslieferung, als habe er sich arglistiger Weise des Besitzes entledigt; denn die Arglist liegt darin, dass er versäumte, vom Niessbraucher Sicherheit zu fordern, wodurch es dahin gekommen ist, dass dein Vermächtniss verloren ging, indem du die Münzen [nun] nicht [mehr] mit der Eigenthumsklage fordern kannst. Die Klage auf Auslieferung hat natürlich nur dann Statt, wenn die Bedingung des Vermächtnisses eingetreten ist. Doch kannst du dich durch die Stipulation der Vermächtnisse vorsehen, und wenn du dies gethan hast, so hast du die Klage auf Auslieferung nicht nöthig. Wenn er aber unbekannt mit dem dir zu leistenden Vermächtniss vom Niessbraucher keine Sicherheit gefordert hat, so, sagt Marcell, falle die Klage auf Auslieferung weg, weil dann keine Arglist im Spiel ist; doch, setzt er hinzu, sei dem Vermächtnissinhaber mit einer Klage auf das Geschehene wider den Nutzniesser zu Hülfe zu kommen. 5Ad Dig. 10,4,9,5ROHGE, Bd. 11 (1874), Nr. 121, S. 395: Klage des Inhabers des Umlaufexemplars (Secunda) gegen den Verwahrer des Acceptexemplars (Prima) des Wechsels auf Herausgabe. Begründung der Klage.In Beziehung auf diese Klage heisst ausliefern (exhibere): [eine Sache] in demselben Zustande darstellen, worin sie sich bei der Einlassung auf die Klage befand, um nach Vergegenwärtigung der Sache, [das Verfahren] mit der Klage, welche man beabsichtigt hat, während die gefordert werdende [Sache] in keiner Art verletzt sein darf, fortsetzen zu können1212Copiam rei habens possit exsequi actione, quam destinavit, in nullo casu, quam intendit, laesa. Es sind vielfache Versuche geschehen diese sehr schwere Stelle zu erklären; wegen der sehr abweichenden Lesarten und der Bemühungen der Kritik verweise ich auf Glück XI. p. 169. n. 12. Wenn unser Text hinter exsequi judicium eingeschoben wissen will, so muss er wenigstens dann vor actione ein Komma stellen; casu in caussa abzuändern halte ich kaum für zulässig, geschweige für annehmbar; denn was soll dann mit quam intendit werden? Dass quam nicht auf caussa gehen könne, ist klar; ich beziehe quam vielmehr auf rem, wodurch die Stelle sehr an Licht gewinnt; auf diese Annahme hat mich besonders das intendit geführt, es ist auch dann das laesa ganz einleuchtend zu erklären, während ich mir bei laesa actio nichts denken kann., obwohl nicht wegen Herausgabe, sondern wegen Auslieferung geklagt wird. 6Wenn er daher [den fraglichen Gegenstand] nach der Einleitung des Verfahrens zwar ausliefert, allein als ersessen, so wird die Auslieferung als gar nicht geschehen betrachtet, indem der Kläger seine Forderung verlieren würde; daher darf derselbe nicht freigesprochen werden, als wenn er sich bereit erklärt, sich dergestalt mit Zurückrechnung der Zeit1313Repetita die. Ueber diese ganze Stelle s. die citirten Stellen aus Cujaz, Noodt und Donell bei Glück XI. p. 173. auf die Klage einzulassen, dass die Nutzungen dem [Zwölftafel]gesetz gemäss veranschlagt werden. 7Weil dem Kläger bei dieser Klage auch aller Zubehör herausgegeben wird, so glaubte Sabinus, dass auch die Sclavenkinder herausgegeben werden müssen, es mag die Sclavin schon schwanger gewesen oder erst nachher geschwängert worden sein; diese Meinung billigt auch Pomponius. 8Sind übrigens Nutzungen durch nicht geschehene, oder verspätete Auslieferung verloren gegangen, so muss sie der Richter veranschlagen. Daher sagt Neratius, es werde der Vortheil des Klägers, und nicht der Werth der Sache veranschlagt; dieser Vortheil, setzt er hinzu, wird zuweilen geringer sein, als die Sache selbst.
Ulp. lib. XXIV. ad Ed. Auch wenn eine Erbschaft deswegen verloren gegangen, dass ein Sclav nicht ausgeliefert worden ist, ist es billig, dass der Richter den Schaden wegen der Erbschaft veranschlage. 1Lass sehen, an welchem Ort, und auf wessen Kosten der Gegenstand ausgeliefert werden muss; Labeo sagt, es müsse da geschehen, wo er sich befand, als die Einleitung des Verfahrens erfolgte, und er müsse auf Gefahr und Kosten des Klägers dahin gebracht oder geführt werden, wo geklagt worden ist. Atzung, Bekleidung und Curkosten für einen Sclaven müsse der Besitzer tragen. Meiner Ansicht nach muss aber in einigen Fällen dies der Kläger übernehmen, z. B. wenn sich der Sclav [an seinem Aufenthaltsort] durch seine Arbeit oder Kunst selbst zn ernähren1414Exhibere in dieser besondern Bedeutung s. Brisson. h. v. pflegte, und jetzt genöthigt wird, seine Arbeit liegen zu lassen. Es muss ferner, wenn der auszuliefernde [Sclav] bei den Gerichtsbedienten1515Officium, s. Brisson. auch l. 17. D. de in jus voc. in Verwahrung gegeben worden ist, derjenige die Atzungskosten übernehmen, der die Auslieferung verlangt hat, wenn der Besitzer nicht denselben zu ernähren pflegte; denn wenn er dies gethan, so kann er, so gut er ihn sonst ernährte, auch nun die Atzungskosten nicht verweigern. Zuweilen muss aber der Gegenstand dennoch daselbst [, wo geklagt wird,] auf Kosten [des Beklagten] ausgeliefert werden, z. B. wenn man den Fall annimmt, dass er absichtlich den Gegenstand an einen abgelegenen Ort hingeschafft habe, um die Auslieferung für den Kläger beschwerlicher zu machen; in diesem Fall muss er ihn auf seine Kosten und Gefahr an dem Orte stellen, wo geklagt wird, denn sonst würde er aus seiner List Vortheil ziehen. 2Wer wegen mehrerer Sachen belangt worden ist, und zur Zeit der Einleitung des Verfahrens alle besitzt, wiewohl er nachher, obschon ohne Arglist, einige davon verloren, muss verurtheilt werden, wenn er nicht diejenigen ausliefert, welche er [noch ausliefern] kann.
Ulp. lib. XXIV. ad Ed. Wider den Vermesser von Aeckern hat der Prätor eine Klage auf das Geschehene ertheilt, weil er uns nicht betrügen darf; denn wir sind dabei betheiligt, bei der Angabe1616Renunciatio, s. Calvin. Lex. Jurid. h. v. des Maasses nicht betrogen zu werden, wenn z. B. Streit über die Grenzen ist, oder der Käufer oder Verkäufer wissen will, wieviel Flächeninhalt der verkaufte Acker enthält. Er [der Prätor] hat diese Klage darum begründet, weil die Alten glaubten, dass mit einer solchen Person kein Miethsverhältniss Statt finde, sondern die Mühe mehr aus Gefälligkeit übernommen, und das, was ihr dafür gegeben werde, zur Erkenntlichkeit verabreicht und daher Ehrensold (honorarium) genannt werde; wenn aber die Klage aus dem Miethscontract erhoben worden ist, so muss sie abgewiesen werden. 1Diese Klage berücksichtigt blos die Arglist; denn man ist der Ansicht gewesen, dass der Feldmesser genügend verpflichtet sei, wenn die Arglist desselben allein zum Gegenstand seiner Verbindlichkeit werde, weil er nach dem bürgerlichen Rechte nicht verpflichtet ist; ist er daher unklug zu Werke gegangen, so muss es sich derjenige selbst zuschreiben, der ihn gebraucht hat; selbst wenn er nachlässig gewesen, ist er [vor Verantwortlichkeit] sicher; grobe Schuld steht der bösen Absicht aber gleich. Selbst wenn er einen Lohn1717Merces, wie dieses hier zu verstehen sei, s. Glück XI. p. 377. n. 67. empfangen hat, braucht er, den Worten des Edicts nach, nicht alle Schuld zu vertreten; denn der Prätor weiss recht gut, dass sie auch für Lohn arbeiten. 2Es haftet durch diese Klage derjenige, der das Maass angegeben hat; die Angabe gemacht zu haben, wird auch von dem angenommen, der sie durch einen Andern gemacht hat,
Ulp. lib. XXIV. ad Ed. Wenn ich Zweien Auftrag ertheilt habe, und beide arglistig gehandelt haben, so kann gegen jeden Einzelnen auf das Ganze geklagt werden; wenn aber der Eine belangt worden ist, und Befriedigung gewährt hat, so muss die Klage wider den Andern abgeschlagen werden. 1Diese Klage steht demjenigen zu, der bei der Angabe des falschen Maasses betheiligt ist, d. h. entweder dem Käufer oder dem Verkäufer, dem die Angabe geschadet hat. 2Ad Dig. 11,6,3,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 470, Note 1.Pomponius schreibt jedoch wenn der Käufer dem Verkäufer wegen der Angabe mehr gezahlt hat, so könne wider den Feldmesser nicht geklagt werden, weil er die Condiction wegen des Mehrgegebenen anstellen könne; denn der Käufer sei dann weiter nicht betheiligt, wenn er die Condiction erheben könne, es müsste denn der Verkäufer nicht zahlungsfähig sein, dann haftet der Feldmesser. 3Hat hingegen der Verkäufer vom Feldmesser betrogen einen grössern Raum übergeben, so, sagt Pomponius folgerichtig, finde wider den Feldmesser keine Klage Statt, weil die Klage aus dem Verkauf wider den Käufer zuständig ist, es müsste denn auch hier der Käufer nicht zahlungsfähig sein. 4Ferner schreibt Pomponius, hafte der Feldmesser, wenn er, bei einer Klage zugezogen worden, mich bei der Angabe betrogen hat, sobald ich deshalb durch die Klage weniger erhalten habe. Wenn er aber vom Richter zugezogen eine [falsche] Angabe in böser Absicht wider mich gemacht hat, so spricht er sich nicht bestimmt aus, ob er haften müsse; doch findet er es zulässig. 5Diese Klage, schreibt Pomponius, sei dem Erben und ähnlichen Personen zu ertheilen, gegen den Erben und ähnliche Personen aber zu versagen. 6Wegen eines Sclaven, [der Feldmesser ist,] sagt er, finde mehr die Noxalklage als die wegen des Sonderguts Statt, wiewohl die bürgerlich rechtliche Klage wegen des letztern zuständig sei.
Ulp. lib. XXIV. ad Ed. Wenn der Feldmesser zwar kein falsches Maass angegeben, sondern die Angabe verzögert hat, und dadurch es dahin gekommen ist, dass der Verkäufer Schaden erlitten, und jener versprochen hat, das Maass bis zu einem bestimmten Tage anzugeben, so findet diese Klage nicht Statt; Pomponius sagt auch, dass nicht einmal eine analoge Klage verstattet werden dürfe; man wird daher zur Klage wegen Arglist seine Zuflucht nehmen müssen. 1Wenn, nachdem ein falsches Maass angegeben worden, der Käufer wider den Verkäufer schon aus dem Kaufcontract geklagt hat, so kann er doch noch wider den Feldmesser Klage erheben1818Wenn er nämlich vom Verkäufer keine Entschädigung erhalten hat.. Wenn er aber kein Interesse weiter hat, so darf der Feldmesser nicht verurtheilt werden. Wenn er aber nicht wegen des ganzen ihm fehlenden Raums wider den Verkäufer geklagt hat, sondern wegen eines kleinern, so, schreibt folgerichtig Pomponius, könne wegen des Ueberrests wider den Feldmesser Klage erhoben werden. 2Der Prätor hat diese Klage weiter ausgedehnt; denn dieselbe findet auch dann Statt, wenn Jemand der falschen Maassangabe irgend einer andern Sache beschuldigt wird. Daher wird derjenige, der in Betreff des Maasses eines Gebäudes einen Betrug verübt, oder dessen von Getreide, von Wein,
Ulp. lib. XXIV. ad Ed. oder dem irgend einer andern Sache, haften. 1Auch wenn ein Werkmeister einen Betrug verübt hat, findet diese Klage Statt. 2Nicht minder sagt Pomponius, komme diese Klage auch wider den zur Anwendung, der kein Feldmesser war, aber bei dem Messen betrüglich zu Werke gegangen ist. 3Hiernach muss die Klage also auch wider den Baumeister verstattet werden, der einen Betrug ausgeübt hat; denn der Kaiser Severus hat verordnet, dass die Klagen auch wider Baumeister and Lieferanten ertheilt werden sollen. 4Nach meiner Ansicht müssen dieselben auch wider den Calculator1919S. Glück XI. p. 385. n. 93a. Statt finden, der bei der Berechnung betrogen hat.
Ulp. lib. XXIV. ad Ed. Als sich zu den Zeiten der höchstseligen Brüder2020Des Marc. Aurelius Antoninus u. Lucius Verus. dies zugetragen hatte, dass zwar der Ehemann behauptete, seine Frau sei schwanger, die Ehefrau [aber] es leugnete, so haben sie, um Rath gefragt, an den Valerius Priscianus, den Stadtprätor, in folgenden Worten rescribirt: Rutilius Severus scheint etwas Neues zu verlangen, dass er [nämlich] seiner Ehefrau, welche sich von ihm geschieden hatte, und aussagt, dass sie nicht schwanger sei, einen Wächter bestellen könne; und darum wird sich Niemand wundern, wenn auch wir einen neuen Rath und [ein neues] Mittel an die Hand geben. Wenn er also bei derselben Forderung beharret, so ist es am passendsten, dass das Haus einer ganz ehrbaren Frau erwählt werde, damit Domitia in dasselbe komme, und dort sollen drei Hebammen, deren Kunst sowohl, als Redlichkeit bewährt ist und welche von dir dazu angenommen sein werden, sie besichtigen; und wenn entweder alle oder zwei ausgesagt haben werden, dass sie schwanger zu sein scheine, dann wird man suchen müssen, die Frau zu vermögen, dass sie ebenso einen Wächter zulasse, als wenn sie das selbst verlangt hätte. Wenn sie aber nicht niedergekommen sein wird, so möge der Ehemann wissen, dass [dies] seinen Ruf und seine Ehre betreffe, so dass man es nicht mit Unrecht so ansehen kann, als habe er dieses [Mittel] zu irgend einer Ehrenkränkung der Frau ergriffen. Wenn aber entweder alle oder mehrere ausgesagt haben werden, dass sie nicht schwanger sei, so wird kein Grund zum Bewachen vorhanden sein. 1Aus diesem Rescript erhellt ganz deutlich, dass die Senatsschlüsse über die Anerkennung der Kinder nicht Statt gehabt haben, wenn die Frau es verheimlichte oder auch leugnete, dass sie schwanger sei; und nicht mit Unrecht, denn die Leibesfrucht ist, ehe sie geboren wird, ein Theil der Mutter oder des Mutterleibes; freilich nachdem die Leibesfrucht von der Frau geboren ist, so kann nun der Ehemann in Folge seines Rechts durch ein Interdict ausserordentlich verlangen, dass entweder das Kind ihm herausgegeben werde, oder dass es ihm erlaubt werde, dasselbe wegzuführen. Daher kommt der Kaiser in einer nothwendigen Sache zu Hülfe. 2Diesem Rescript gemäss wird die Frau zum Prätor vorgefordert, und bei demselben gefragt werden können, ob sie sich für schwanger halte, und sie wird zum Antworten zu zwingen sein. 3Wie also, wenn sie nicht geantwortet haben, oder nicht zum Prätor kommen sollte, wenden wir dann die Strafe des Senatsschlusses an, nämlich [die], dass es dem Ehemanne frei stehe, [das Kind] nicht anzuerkennen. Aber man denke sich, der Ehemann sei damit nicht zufrieden, da er lieber Vater zu sein wünscht, als sein Kind entbehren will. Sie wird also durch die prätorischen Mittel zu zwingen sein, sowohl vor Gericht zu kommen, als auch, wenn sie gekommen ist, zu antworten, und es werden Pfänder von ihr weggenommen und verkauft werden müssen, wenn sie ungehorsam sein sollte, oder sie wird durch Geldstrafen angehalten werden müssen. 4Wie also, wenn sie auf Befragen geantwortet haben sollte, dass sie schwanger sei? Es wird die in den Senatsschlüssen2121Dies ist nur von dem Plancianischen Senatsschluss zu verstehen. S. v. Glück a. a. O. S. 308. Anm. 95. gegebene Vorschrift befolgt werden; wenn sie es aber geleugnet haben sollte, dann wird der Prätor diesem Rescript gemäss Hebammen zuziehen. 5Und es ist zu bemerken, dass es dem Ehemann oder der Frau nicht erlaubt wird, eine Hebamme zuzuziehen, sondern dass sie alle vom Prätor zuzuziehen sind. 6Desgleichen muss der Prätor das Haus einer ehrbaren Frau wählen, in welches die Frau kommen solle, damit sie besichtigt werden könne. 7Wie also, wenn sie nicht dulden sollte, dass sie besichtigt werde, oder nicht in das Haus kommen sollte? Die Gewalt des Prätors wird auf gleiche Weise eintreten. 8Wenn Alle oder mehrere ausgesagt haben sollten, das die Frau nicht schwanger sei, ob sie wohl aus diesem Grunde wegen Ehrenkränkungen verfahren kann? Und ich glaube mehr, dass sie wegen Ehrenkränkungen klagen könne, dann jedoch, wenn der Ehemann jenes [Verfahren] verlangt hat, um ihr eine Ehrenkränkung zuzufügen; sonst wenn er es nicht in der Absicht, ihr eine Ehrenkränkung zuzufügen, [gethan hat,] sondern weil er mit Grund geglaubt hat [dass sie schwanger sei], oder von dem allzuheftigen Wunsch, Kinder zu haben, dazu veranlasst worden ist oder sie selbst ihn dazu verleitet hatte, dass er es glaubte, weil sie das während der Ehe vorgab, so wird es ganz billig sein, dass dem Ehemanne verziehen werde. 9Man muss sich aber erinnern, dass in dem Rescript keine Zeit vorgeschrieben sei, obwohl in dem Senatsschluss über die Anerkennung der Kinder der Frau dreissig Tage vorgeschrieben werden. Wie also, werden wir sagen, dass es dem Ehemann immer erlaubt sei, die Ehefrau zum Prätor vorzufordern, oder aber schreiben wir auch ihm dreissig Tage vor? Und ich möchte glauben, dass der Prätor nach Untersuchung der Sache, den Ehemann auch nach dreissig Tagen hören müsse. 10Ueber die Besichtigung des Mutterleibes und die Bewachung der Leibesfrucht spricht der Prätor so: Wenn eine Frau nach dem Tode des Ehemannes behaupten wird, dass sie schwanger sei, so möge sie dafür sorgen, dass es denen, welche diese Sache angehen wird, oder dem Geschäftsbesorger derselben, zweimal im Monate angezeigt werde, damit sie, wenn sie wollen, Frauen schicken, welche den Mutterleib besichtigen. Es sollen aber nur fünf freie Frauen geschickt werden und diese alle zugleich besichtigen, jedoch soll keine von ihnen, während sie besichtigt, wider den Willen der Frau ihren Leib berühren. Die Frau soll in dem Hause einer sehr ehrbaren Frau gebären, welche ich bestimmen werde. Die Frau soll dreissig Tage vor der Zeit, wo sie glaubt, dass sie gebären werde, es denen, welche diese Sache angeht, oder den Geschäftsbesorgern derselben anzeigen, damit sie, wenn sie wollen, [Männer] schicken, welche die Leibesfrucht bewachen sollen. In dem Zimmer, in welchem die Frau gebären wird, sollen nicht mehr Zugänge, als einer, sein; wenn mehr sein werden, so sollen sie von beiden Seiten mit Bretern versperrt werden. Vor dem Eingange dieses Zimmers sollen drei freie Männer und drei freie Frauen mit zwei Soldaten2222Cum binis comitibus, s. Basil. XXXI. tit. 7. 1. Tom. IV. p. 755. Wache halten. So oft die Frau in dieses Zimmer, oder in ein anderes, oder in ein Bad gehen wird, so mögen die Wächter, wenn sie wollen, dasselbe vorher untersuchen, und die, welche hineingehen werden, durchsuchen; die Wächter, welche vor das Zimmer gestellt sein werden, mögen, wenn sie wollen, alle, welche in das Zimmer oder Haus hineingehen werden, durchsuchen. Die Frau soll, wenn sie zu kreissen anfängt, denen, welche diese Sache angeht, oder den Geschäftsbesorgern derselben, es anzeigen, damit sie [Frauen] schicken, in deren Gegenwart sie gebäre. Es sollen nur fünf freie Frauen geschickt werden, so dass ausser den zwei Hebammen in jenem Zimmer nicht mehr, als zehn freie Weiber, und sechs Sclavinnen sein sollen. Die, welche darin sein werden, sollen alle in jenem Zimmer durchsucht werden, damit nicht eine schwanger sei. Drei Lichter, und nicht weniger, sollen da sein, nämlich weil die Dunkelheit zum Unterschieben passender ist. [Das Kind,] welches geboren sein wird, soll denen, welche diese Sache angeht, oder den Geschäftsbesorgern derselben gezeigt werden, wenn sie es sehen wollen. Es soll bei dem erzogen werden, den der Vater dazu angeordnet haben wird. Wenn aber der Vater nichts angeordnet haben wird, oder der, bei dem er es wird haben erzogen wissen wollen, diese Sorge nicht übernehmen will, so werde ich nach Untersuchung der Sache bestimmen, bei wem es erzogen werden soll. Der, bei dem es erzogen werden wird, soll es, bis es drei Monate alt ist, zweimal im Monate, von dieser Zeit an bis es sechs Monate alt ist, einmal im Monate, von sechs Monaten an bis es ein Jahr alt ist, einen Monat um den anderen, von einem Jahre an bis es reden kann, einmal in sechs Monaten, wo er will, vorzeigen. Wenn man es Jemandem nicht erlaubt haben wird, den Mutterleib zu besichtigen, oder zu bewachen, oder bei der Geburt zugegen zu sein, oder wenn Etwas gethan sein wird, damit das [Alles] so, wie es oben vorgeschrieben worden ist, nicht geschehe, so werde ich dem [Kinde], welches geboren sein wird, nach Untersuchung der Sache den Besitz nicht geben. Oder wenn man es nicht erlaubt haben wird, das [Kind], welches geboren sein wird, wie es oben verordnet worden ist, zu sehen, so werde ich die Klagen, welche ich denen, welchen aus meinem Edict der Nachlassbesitz gegeben worden ist, schlechterdings zu geben verspreche, demselben, wenn mir ein gerechter Grund wird vorhanden zu sein scheinen, nicht geben. 11Obwohl das Edict des Prätor ganz deutlich ist, so ist doch die Erklärung desselben nicht zu vernachlässigen. 12Es muss also die Frau Anzeige machen, nämlich denen, welchen daran liegt, dass das Kind nicht geboren werde, indem sie [dann] entweder die ganze Erbschaft, oder einen Theil derselben haben werden, sei es ohne Testament, oder aus einem Testament. 13Aber Aristo schreibt, dass auch wenn ein Sclav [auf den Fall zum Erben] eingesetzt worden sei, wenn kein [Kind] geboren sei, auch diesem Sclaven, obwohl nicht Alles, doch Einiges in Betreff der Bewachung der Leibesfrucht nach dem Ermessen des Prätors zu gestatten sei. Und diese Meinung halte ich für wahr, denn es bringt es das öffentliche Interesse mit sich, dass die Kinder nicht untergeschoben werden, damit die Würde der Stände und Familien gesichert sei; und darum muss auch jener Sclav, da er die Hoffnung auf die Erbfolge hat, sie möge beschaffen sein, wie sie wolle, gehört werden, indem er sowohl eine öffentliche, als seine eigene Angelegenheit führt. 14Es muss aber denen Anzeige gemacht werden, welche die nächste Hoffnung zur Erbfolge haben, z. B. dem im ersten Grade eingesetzten Erben, nicht auch dem substituirten, und wenn der Hausvater ohne Testament [gestorben] sein sollte, denen, welche [bei der Erbfolge] ohne Testament die erste Stelle behaupten; wenn aber Mehrere zugleich erben werden, so ist Allen Anzeige zu machen. 15Wenn aber der Prätor sagt, dass er nach Untersuchung der Sache den Besitz nicht geben, oder die Klagen versagen werde, so bezieht sich das darauf2323D. h. so ist das so zu verstehen., dass, wenn aus Einfalt Etwas von dem, was der Prätor hat beobachtet wissen wollen, unterlassen sein wird, dies dem Kinde nicht schade. Denn wie sollte man das nennen, wenn man dem Kinde den Nachlassbesitz versagen wollte, wenn Etwas von dem, was der Prätor nur nebenbei zu beobachten verordnet hat, nicht geschehen wäre? Es ist aber auf die Sitte der Gegend zu sehen, und es muss dieser gemäss sowohl der Mutterleib, als die Leibesfrucht, als auch das Kind, beobachtet werden.
Übersetzung nicht erfasst.