Ad edictum praetoris libri
Ex libro XX
Idem lib. XX. ad Ed. Die Gemeingutstheilungsklage findet auch in Betreff von Zinsäckern Statt. Es ist aber die Frage, ob ein Zinsacker stückweise vertheilt werden kann? Der Richter muss sich dieser Art von Vertheilung enthalten, denn die Zinsberichtigung wird dadurch verwirrt. 1Neratius schreibt, der Schiedsrichter könne, wenn er ein nicht zinsbares Landgut Zweien, nach besondern Stücken getheilt, zuerkannt habe, demselben eine Dienstbarkeit auferlegen, wie wenn es zwei Landgüter wären. 2Auch wer die Publiciane hat, kann die Gemeingutstheilungsklage erheben. 3Aus einigen Gründen findet zwar keine Eigenthumsklage Statt; wenn jedoch ein rechtmässiger Grund des Besitzes vorhanden ist, so ist die analoge Gemeingutsklage zuständig; z. B. wenn eine Sache auf den Grund einer entrichteten Nichtschuld besessen wird. 4Unter Räubern findet diese Klage aber nicht Statt, auch nicht unter denen, die bittweise besitzen, oder heimlich, weil dieser Besitz ein unrechtmässiger ist; der bittweise [Besitz] ist zwar ein rechtmässiger, allein er genügt zur Anstellung der Klage nicht. 5Julian schreibt: wenn der Eine als Besitzer auf Theilung anträgt, und der Andere behauptet, dass er sich gewaltsam in den Besitz gesetzt habe, so darf diese Klage nicht ertheilt werden, auch nicht nach Ablauf eines Jahres, weil wider den, welcher den Andern gewaltsam aus dem Besitz gesetzt hat, auch nach Jahresfrist noch das Interdict verstattet wird; behauptet er, fährt Julian fort, dass der Andere bittweise besitze, so findet die Klage ebensowenig Statt, weil auch wegen bittweisen Besitzes ein Interdict verstattet wird. Es fällt aber [endlich], sagt er, diese Klage auch dann weg, wenn behauptet wird, dass derjenige, welcher auf dieselbe anträgt, sich heimlich in den Besitz gesetzt habe; denn wegen heimlichen Besitzes finde ebenfalls ein Interdict Statt. 6Wenn Zwei eine Sache zum Pfande erhalten haben, so ist es die grösste Billigkeit, eine analoge Gemeingutstheilungsklage zu verstatten. 7Auch wenn zwischen Zweien wegen Niessbrauchs Streit herrscht, muss sie ertheilt werden. 8Desgleichen wenn Zwei vom Prätor in den Besitz von Vermächtnissen eingesetzt sind; denn dann ist eine rechtmässige Ursache des Besitzes wegen der Verwahrung [der in Besitz genommenen Sache] vorhanden. Mithin ist auch von zwei Leibesfrüchten dasselbe zu sagen; dies hat Grund. 9Ist aber Jemand wegen drohenden Schadens bereits auf Geheiss [des Prätors] in Besitz gesetzt, so findet diese analoge Klage nicht Statt, weil man dann die Eigenthumsklage erheben kann. 10Wenn wegen gemeinschaftlichen Niessbrauchs [von einem Landgute] Theilungsklage erhoben worden ist, so kann der Richter Amtswegen entweder die Einrichtung treffen, dass er jedem den Niessbrauch an bestimmten Stücken gestattet, oder einem von beiden, oder einer dritten Person ihn verpachtet, so dass sie die Pächte ohne allen Streit ziehen, oder wenn es bewegliche Sachen sind, auch auf die Weise, dass zwischen ihnen ein Abkommen getroffen und Sicherheit bestellt wird, den Niessbrauch einige Zeit hindurch zu ziehen, das heisst, dass er abwechselnd Einem um den Andern eine bestimmte Zeit hindurch zukommen solle. 11Diese Klage steht weder dem Pachter, noch dem, der etwas in Verwahrung empfangen hat, zu, wiewohl beide den natürlichen Besitz haben. 12Zwischen denen, die ein Pfand erhalten haben, muss eine Theilung in der Art Statt finden, dass jeder Antheil nicht zu seinem wahren Werthe, sondern nur auf so hoch veranschlagt wird, was dagegen verschuldet wird, und einem der Gläubiger also zwar das Pfand angewiesen, dem Schuldner jedoch die Freiheit nicht entzogen wird, sich zur Zahlung der Schuld zu erbieten und sein Pfand einzulösen. Dasselbe gilt auch, wenn der Besitzer des Pfandes dem, der die hypothecarische Klage erhoben, die Streitwürderung anbietet. 13Wenn ein Schuldner seinen Antheil an einem ihm mit einem Andern gemeinschaftlichen Grundstück verpfändet hat, und sein Gläubiger von dem Eigenthümer des andern Theils, oder von einem andern Gläubiger des andern Schuldners [zur Theilung] aufgefordert worden, denselben überboten [und sich dadurch Zuerkennung des Grundstücks verschafft] hat, und der Schuldner dessen, dem dasselbe zuerkannt worden, gegen Abtragung seiner eigenen Schuld seinen Antheil an dem Grundstück wieder verlangen will, so wird er, wie scharfsinnig bemerkt worden, nicht gehört werden, so lange er nicht auch den Theil anzunehmen sich bereit erklärt, den der Gläubiger durch das Zuerkennen erkauft hat. Denn ebenso wird, wenn du deinen Theil an einer [dir gemeinschaftlich mit einem Andern gehörigen] Sache verkauft hast, und vor der Uebergabe an den Käufer zur Theilung aufgefordert worden bist, und dir der andere Theil zuerkannt worden ist, ganz folgerichtig behauptet, dass die Kaufklage [wider dich] nicht angestellt werden könne, wenn [der Käufer] nicht die ganze Sache anzunehmen sich bereit erklärt, weil dieser Theil lediglich durch den andern an [dich] den Verkäufer gekommen ist. Ja es kann sogar der Käufer mit der Verkaufsklage belangt werden, das Ganze anzunehmen. Nur darauf ist zu achten, ob etwa ein Betrug des Verkäufers im Spiele ist. Gleichfalls wird aber der Verkäufer, wenn er nach dem Verkauf seines Antheils überboten worden ist, zur Erstattung des [bereits vereinnahmten] Preises aus dem Kauf haften. Ganz dasselbe gilt vom Auftrag und andern Klagen dieser Art.
Ulp. lib. XX. ad Ed. Es erhellt also, dass Derjenige, wer das Herbeischaffen von Sachen dieser Art nicht leiden will, der Ausbesserung selbst Gewalt anthue. 1Hätte freilich Jemand die nothwendigen Sachen auf einem andern Theile des Ackers ohne Schaden des Eigenthümers des Landgutes herbeischaffen können, es aber absichtlich wo anders gethan, so hat man mit Recht angenommen, dass ihm ungestraft Gewalt entgegengesetzt werden dürfe. 2Es ist kein Zweifel daran, dass dieses Interdict nicht nur [dem Besitzer] selbst, sondern auch seinen Rechtsnachfolgern ertheilt werden müsse. Ebenso dem Käufer und wider den Käufer. 3Wenn Jemand zwar keine rechtlichermaassen auferlegte Dienstbarkeit hat, wohl aber die Prärogative gleichsam eines langen Besitzes dadurch, dass er lange von der Dienstbarkeit Gebrauch gemacht hat, so kann er sich dieses Interdicts bedienen. 4Wer von diesem Interdicte Gebrauch machen will, muss dem Gegner wegen etwanigen Schadens durch den Bau Sicherheit bestellen.
Ad Dig. 45,1,60Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 258, Note 7.Ulp. lib. XX. ad Ed. Ebendasselbe wird stattfinden, wenn Jemand stipulirt hat, dass ihm eine bestimmte Quantität Oel zu Capua gewährt werden solle. Denn die Werthsbestimmung erfolgt nach der Zeit, wo es gefodert werden kann: gefodert aber kann es werden, sobald es an diesen Ort gelangen kann11Wenn ein Liefrungsort bestimmt ist, so liegt darin die stillschweigende Uebereinkunft der Parteien, das die Sache in der Zeit geliefert werden soll, da es möglich sein wird, sie an den bestimmten Ort hinzubringen. Glück XIII. S. 287..
Idem lib. XX. ad Edict. Ad Dig. 45,1,72 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 253, Note 8; Bd. II, § 299, Note 7.Stipulationen über solche Gegenstände, welche keine Theilung zulassen, werden auch nicht getheilt. Z. B. Stipulationen eines Fahrwegs, eines Fusssteigs, einer Trift, einer Wasserleitung und der übrigen Dienstbarkeiten. Und ebenso verhält es sich nach meiner Ansicht, wenn sich Jemand stipulirt hat, dass Etwas gethan werden solle, z. B. ein Landgut zu übergeben, einen Graben zu graben, ein Gebäude zu bauen, oder Dienste zu leisten, oder Etwas dem Aehnliches, denn die Theilung dieser Gegenstände vernichtet die Stipulation. Celsus berichtet jedoch im achtunddreissigsten Buche der Digesten, Tubero habe angenommen, dass überall, wo wir stipuliren, dass Etwas geschehen solle, das Interesse gewährt22Pecuniam seu id, quod inter est, dari oportere. Donell. werden müsse, wenn es nicht geschehen wird, und dass also in dieser Art eine Stipulation allerdings eine Theilung zulasse; hiernach, sagt Celsus, könne entschieden werden, dass nach richtiger Würderung der Handlung die Klage zu gestatten sei. 1Wenn Jemand so stipulirt hat: wenn vor den ersten Kalenden des Märzes das Werk nicht vollendet sein wird, gelobst du dann so viel Geld zu geben, als das Werk werth sein wird? so tritt der Termin des Versprechens nicht von der Zeit an ein, wo das Werk verdungen worden ist, sondern nach den Kalenden des Märzes, weil der durch das Versprechen Verpflichtete nicht vor den Kalenden des Märzes belangt werden konnte. 2Wenn jedoch Jemand stipulirt hat, dass ein Gebäude gestützt werden soll, so braucht man nicht solange zu warten, bis das Gebäude zusammenstürzt, sodass von da an erst geklagt werden könnte — oder wenn angelobt worden, ein Gebäude zu bauen, dass soviel Zeit verläuft, als zur Erbauung des Gebäudes nothwendig ist: sondern es kann dann geklagt werden, und der Verfalltag der Verbindlichkeit tritt da ein, wo ein Verzug in dem Unternehmen der Erbauung des Gebäudes begonnen hat.