Ad edictum praetoris libri
Ex libro XVII
Ulp. lib. XVII. ad Ed. Julian schreibt im achten Buche der Digesten: wenn ich auf fremdem Boden gebauet habe, den ich zwar im guten Glauben gekauft, aber zu einer Zeit gebauet habe, wo ich schon wusste, dass derselbe einem Andern gehöre, so fragt es sich, ob mir die Einrede nichts nützt; denn man könnte sagen, sie nütze [wenigstens] in Betreff eines befürchtet werdenden Schadens. Ich glaube aber, dass in diesem Fall die Einrede nichts helfe, denn man hätte nicht auf einen Boden, den man schon als fremden kannte, ein Gebäude setzen sollen. Das aber ist dem [Bauenden] zu gestatten, dass er, ohne dem Eigenthümer des Bodens zu schaden, das Gebäude, was er dahin gesetzt hat, wieder wegnehmen dürfe.
Ulp. lib. XVII. ad Ed. Baumeister, die mit eigenen Steinen [auf fremdem Boden] bauen, machen die Steine gleich zum Eigenthum derer, auf deren Boden sie bauen. 1Julian schreibt ganz richtig im zwölften Buche seiner Digesten, dass eine Frau, welche sich verbürgend ein Grundstück zum Pfande bestellt hat, dasselbe dennoch, wenn es auch vom Gläubiger verkauft worden, mit der dinglichen Klage wieder fordern könne,
Ulp. lib. XVII. ad Ed. Hat Jemand unter der Bedingung gekauft, dass, wenn ein Anderer bessere Bedingungen anböte, der Kauf aufgehoben sein solle, so kann er nach geschehenem Anerbieten der [bessern] Bedingung keine dingliche Klage erheben. Ist aber Jemandem ein Grundstück unter Vorbehalt wegen bessern Gebots bis auf einen bestimmten Tag zugesagt worden, so kann er, so lange noch nicht ein solches Gebot geschehen, die dingliche Klage anstellen, nachher nicht mehr. 1Wenn mir ein Sclav oder Familiensohn ein Grundstück verkauft und übergeben hat, der die freie Verwaltung seines Sondergutes hat, so kann ich die dingliche Klage anstellen. Dasselbe ist der Fall, wenn er mit dem Willen des Herrn mir eine Sache des Herrn übergibt; ebensowohl als, wenn ein Geschäftsführer mit dem Willen des Eigenthümers verkauft oder übergeben hat, er mir [dadurch] die dingliche Klage gewährt.
Idem lib. XVII. ad Ed. Bei der besondern Klage auf eine Sache wird der Besitzer nicht genöthigt, sich zu erklären, zum wievielsten Theile sie ihm gehöre; denn das ist Sache des Klägers, nicht des Beklagten. Dies findet auch bei der Publiciane Statt. 1Dem Erbpächter,
Ulp. lib. XVII. ad Ed. Eine Frau verschenkte ein Grundstück an einen Andern, als ihren Ehemann, in einem Briefe, und erpachtete dasselbe von ihm wieder; hier kann man sagen, dass jenem die dingliche Klage zustehe, als wenn er durch sie selbst, wie durch eine Pächterin den Besitz erlangt habe; es kam auch der Fall vor, dass sich der [Beschenkte] gerade auf dem Acker, der ihm geschenkt ward, befand, als er den Brief erhielt; dieser Umstand reichte zur Uebergabe des Besitzes hin, wenn auch keine Verpachtung Statt fand.
Ad Dig. 7,2,10Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. III, § 645, Note 4.Ulp. lib. XVII. ad Ed. Zuweilen wächst ein Theil des Niessbrauchs auch dem zu, der seinen Theil nicht [mehr] hat, sondern ihn [schon] verloren hat; denn wenn der Niessbrauch Zweien vermacht worden ist, und der Eine, nach Einleitung eines [desfalsigen] Rechtsstreites [gegen den falschen Beklagten] denselben [an den wahren Besitzer] verloren hat, und bald darauf der Mitvermächtnissinhaber, der in keinen Rechtsstreit verwickelt war, ebenfalls dessen verlustig wird, so erlangt jener, der gegen Jemanden, welcher sich muthwillig auf den Rechtsstreit einliess, Klage erhoben [und obgesiegt] hatte, nur den halben Theil, welchen er verloren hat vom [angenommenen]11Die Erklärung dieser schwierigen Stelle s. bei Glück IX. p. 293. Besitzer; denn der Theil des Vermächtnissinhabers wächst ihm selbst zu, nicht dem Eigenheitsherrn, indem der Anwachs des Niessbrauchs der Person verbleibt, wenn letzterer auch [ihrerseits] verloren gegangen ist.
Ulp. lib. XVII. ad Ed. Ein Recht des Gebrauchs und der Benutzung zu haben, kann nur derjenige behaupten, wer den Niessbrauch hat; der Eigenthümer des Grundstücks kann es nicht, weil wer die Eigenheit hat, kein besonderes Niessbrauchsrecht hat. Denn er kann an seinem eigenen Landgute keine Dienstbarkeit haben, und es kann nur ein Jeder über sein eigenes Recht, nicht über das eines Dritten klagen. Wenn gleich nämlich dem Eigenthümer gegen den Niessbraucher22D. h. derjenige, welcher den Niessbrauch zu haben behauptet. die Negatorienklage33Negativa (toria) mit einem Worte zu übersetzen, dürfte, ohne dem Begriff zu nahe zu treten, nicht möglich sein. zusteht, so scheint er doch vielmehr wegen eines eigenen Rechts zu klagen, als wegen eines fremden, indem er behauptet, dass der Niessbraucher gegen seinen Willen kein Recht des Gebrauches habe, oder ihm ein Recht des Verbots zustehe. Sollte der Kläger nicht Eigenthümer der Eigenheit sein, wiewohl der Niessbraucher auch das Recht des Gebrauches nicht hat, so wird jener doch nach dem Rechtsgrundsatz obsiegen, wornach die Besitzer im Vortheil sind, wenn gleich sie kein Recht haben. 1Ob aber dem Niessbraucher nur gegen den Eigenthümer eine dingliche Klage zustehe, oder auch gegen jeden Besitzer, das ist die Frage. Julian schreibt im siebenten Buche der Digesten, dass ihm diese Klage gegen jeden Besitzer zukomme; denn auch wenn ein Niessbrauchs-Landgut ein Recht auf eine Dienstbarkeit hat, so kann der Niessbraucher zwar nicht Klage auf die Dienstbarkeit, wohl aber auf den Niessbrauch gegen den Eigenthümer des Nachbargrundstücks erheben. 2Wenn der Niessbrauch an einem Theile eines Landguts bestellt wird, so kann wegen desselben eine dingliche Klage angestellt werden, man mag den Niessbrauch selbst fordern, oder ihn einem Andern verweigern. 3Dass bei diesen wegen des Niessbrauchs stattfindenden Klagen, auch die Früchte in Betracht kommen, ist mehr als klar. 4Wenn sich der Niessbrauch nach Einleitung eines darüber erhobenen Rechtsstreits endigt, hört da eine weitere Verpflichtung zu den Nutzungen auf? Ich glaube ja; denn auch wenn der Niessbraucher gestorben ist, darf seinem Erben, wie Pomponius im 40. Buche schreibt, nur die Klage auf die bereits der Vergangenheit angehörigen Nutzungen ertheilt werden. 4aDem obsiegenden Niessbraucher muss aller Zubehör [mit] herausgegeben werden; ist daher der Niessbrauch an einem Sclaven vermacht worden, so muss der Besitzer Alles, was derselbe aus dem Vermögen des Niessbrauchers, oder durch seine Arbeit erworben hat, herausgeben. 5Aber auch wenn der Niessbrauch etwa durch Zeitablauf verloren gegangen ist, und ein Anderer, als der wirkliche Besitzer, sich muthwillig auf den Process eingelassen hat, so genügt es nicht, dass dieser den Niessbrauch [wenn er besiegt worden], wieder herstelle, sondern er muss auch für dessen Entwährung Bürgschaft bestellen. Denn wie, wenn der Besitzer den Sclaven, oder das Landgut verpfändet hat, und der [obsiegende Niessbraucher] von dem, welchem das Pfand bestellt worden ist, an der Ausübung seines Rechts behindert wird? Darum muss ihm Sicherheit bestellt werden. 6Sowie dem Niessbraucher, wenn er die Confessorienklage erhebt, die [ihm entzogenen] Nutzungen gewährt werden müssen, so muss dies auch an den Eigenheitsherrn, wenn er die Negatorienklage erhoben, geschehen. [Dies findet] jedoch nur allemal dann [Statt], wenn der Kläger nicht Besitzer ist, denn [jene Klagen] stehen auch dem Besitzer zu; befindet er sich im Besitz, so kann er Namens der Früchte nichts verlangen. Es kann mithin nur Pflicht des Richters sein, dem Niessbraucher die ungestörte Freiheit der Benutzung zu verschaffen, und den Eigenheitsherrn nicht beunruhigen zu lassen.
Ulp. lib. XVII. ad Ed. Vermachte Dienste eines Sclaven gehen durch Standesrechtsveränderung nicht verloren.
Ulp. lib. XVII. ad Ed. Einer von mehreren Eigenthümern eines gemeinschaftlichen Gebäudes kann [demselben] keine Dienstbarkeit auferlegen.
Ulp. lib. XVII. ad Ed. Dass in Ansehung der Dienstbarkeiten etwas wider Jemandes Willen geschehe, müssen wir nicht blos von dem annehmen, der widerspricht, sondern auch von dem, der nicht einwilligt. Daher sagt Pomponius im 40. Buche, dass sowohl ein Kind als ein Rasender mit Recht als nichtwollend betrachtet werden könnten; denn dieser Ausdruck bezieht sich nicht auf die Thatsache, sondern auf das Rechtsverhältniss der Dienstbarkeit.
Ulp. lib. XVII. ad Ed. Es können auch Dienstbarkeiten also auferlegt werden, dass Ochsen, womit ein Landgut bestellt wird, auf dem Nachbaracker weiden dürfen; eine solche Dienstbarkeit kann, wie Neratius im zweiten Buche seiner Membranen schreibt, [allerdings] Statt finden. 1Derselbe schreibt auch, dass das Einbringen der Früchte in das Landhaus des Nachbars und deren Aufbewahren daselbst, so wie das Entnehmen von Weinpfählen von des Nachbars Grundstück [als Dienstbarkeit] bestellt werden könne. 2In demselben Buche sagt er, du könnest dem Nachbar, dessen Steinbrüche dicht an dein Landgut stossen, das Recht zugestehen, Erde, Gerölle und Felsstücke auf deinen Grund und Boden zu werfen, und darauf liegen zu lassen, Steine darauf fortzuwälzen, liegen zu lassen und von da wieder wegzuschaffen. 3Wer [das Recht] Wasser zu schöpfen hat, von dem nimmt man auch an, dass er einen Fusssteig zu diesem Ende habe; und wie Neratius im dritten Buche seiner Membranen sagt, so wird er beides haben, es mag ihm nun das Recht des Wasserschöpfens und des Zugangs zugestanden worden sein, oder blos des Wasserschöpfens, denn dann liege der Zugang [schon] darin [selbst], oder blos des Zugangs zum Quell und dann liege das Wasserschöpfen darin. Dies gilt vom Schöpfen aus einem Privatquell; zu einem öffentlichen Fluss, schreibt Neratius in demselben Buche, brauche [blos] ein Fusssteig verstattet zu werden; das Wasserschöpfen [zu erlauben], sei hier nicht nöthig, und wenn Jemand blos das Wasserschöpfen [in diesem Fall] zugestanden habe, so sei dies ungültig.
Ulp. lib. XVII. ad Ed. Deshalb findet, demselben zu Folge, auch eine Eigenthumsklage [wegen einer solchen Dienstbarkeit] Statt. 1Neratius sagt in den Büchern aus dem Plautius, das Wasserschöpfen, das Treiben des Viehes zur Tränke, und das Recht, Kreide zu brechen und Kalk zu löschen, könne auf einem fremden [Grundstück] nur dann Statt finden, wenn man ein benachbartes Landgut besitze; auch Proculus und Atilicinus sollen, wie er sagt, dieser Ansicht gewesen sein. Er sagt aber selbst, dass besonders die Dienstbarkeit des Kalklöschens und des Kreidebrechens nicht über den Bedarf des [berechtigten] Landgutes sich erstrecken dürfe;
Idem lib. XVII. ad Ed. Was das Wasserziehen oder Schöpfen mittelst eines Rades aus einem Flusse betrifft, oder wenn Jemand einem Röhrkasten eine Dienstbarkeit auferlegt, so haben zwar Manche gezweifelt, ob dies Dienstbarkeiten seien; in einem Rescript des Kaisers Antonin an den Tullian wird aber bemerkt, dass derjenige, wer dieses Recht besessen, wenn er es sich besonders ausgemacht, oder auf irgend eine andere gesetzmässige Weise erworben habe, dabei zu schützen sei, wenn gleich [dasselbe als] Dienstbarkeit nach den Rechtsbegriffen nicht Statt findet.
Idem lib. XVII. ad Ed. In Ansehung der Dienstbarkeiten stehen uns dingliche Klagen zu, nach Art derjenigen, welche den Niessbrauch betreffen, [nämlich] die Confessorienklage und die Negatorienklage44Wegen Beibehaltung dieser Ausdrücke s. Anmerk. 48. zu Tit. VI. Buch VII.; die erstere dem, welcher behauptet, dass ihm eine Dienstbarkeit zustehe, die zweite dem Eigenthümer [des Grundstücks], welcher leugnet [, dass einem Andern an demselben eine Dienstbarkeit zustehe]. 1Diese dingliche Confessorienklage steht keinem Andern, als dem Eigenthümer eines Landgutes, zu; denn eine Dienstbarkeit kann kein Anderer in Anspruch nehmen, als derjenige, welcher das Eigenthum an einem benachbarten Landgute hat, von dem er behauptet, dass ihm eine Dienstbarkeit zustehe. 2Neratius lehrt ganz richtig, dass, wenn der Niessbrauch an einem in der Mitte [anderer Ackerstücke] belegenen Orte vermacht worden sei, auch ein Fusssteigsrecht über diejenigen Ländereien, wo derjenige, welcher einen Niessbrauch [in obiger Art] unter den Lebendigen bestellt hat, ihn bestimmen würde, insoweit es zum Benutzen nothwendig, dazu gehöre; denn es ist zu bemerken, dass ein Fusssteig, welcher dem Niessbraucher der Benutzung wegen gewährt wird, keine Dienstbarkeit ist, indem der Niessbraucher allein kein Recht auf eine Dienstbarkeit haben, wohl aber sich derselben, wenn das Landgut selbst dazu berechtigt ist, bedienen kann. 3Pomponius sagt, der Niessbraucher könne das Interdict wegen Fusssteiges anstellen, wenn er sich dessen im laufenden Jahre bedient hat; denn zuweilen handelt es sich um das Recht selbst, wie bei der Confessorienklage, zuweilen über eine blosse Thatsache, wie bei diesem Interdict; dies schreibt auch Julian im 48. Buche seiner Digesten. Für Julians Ansicht spricht auch das, was Labeo schreibt: dass, wenn der Testator, der den Niessbrauch vermacht hat, sich [schon des Fusssteiges] bedient habe, auch dem Niessbraucher ein analoges Interdict zu verstatten sei, in der Art, wie dem Erben oder Käufer diese Interdicte zustehen.
Idem lib. XVII. ad Ed. Die Stelle [auf einem fremden Landgute, über welche der Fusssteig führt] ist nicht Eigenthum dessen, dem das Recht auf die Dienstbarkeit zusteht, sondern er hat [nur] das Recht, [darauf] zu gehen. 1Wer ein Fusssteigsrecht ohne Uebertrift, oder Uebertrift ohne Fusssteig hat, kann auch die Klage wegen der Dienstbarkeit anstellen. 2Bei Erhebung der Confessorienklage wegen einer Dienstbarkeit kommen auch die Nutzungen in Betracht. Doch fragt es sich, was als Nutzung einer Dienstbarkeit angesehen werden könne? — Als Nutzung, dient hier zur Antwort, ist nur dasjenige anzusehen, wieviel dem Kläger daran gelegen ist, in [der Ausübung] der Dienstbarkeit nicht gestört zu werden. Aber auch bei der Negatorienklage werden, wie Labeo sagt, die Nutzungen in Anschlag gebracht, insofern dem Kläger daran gelegen ist, dass sein Gegner sich des Fusssteiges über sein Landgut nicht bediene; diese Meinung billigt Pomponius auch. 3Ad Dig. 8,5,4,3Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 132, Note 4.Wenn ein Landgut, dem ein Recht auf einen Fusssteig zusteht, Mehreren gehört, so steht Jedem die Klage auf das Ganze [desselben] zu; dies lehrt Pomponius im 41. Buche; bei der Abschätzung kommt aber [nur] das in Betracht, inwiefern und um wieviel der Kläger [allein] betheiligt ist. Was daher das Recht selbst betrifft, so kann deshalb jeder Einzelne Klage erheben, und wenn er obsiegt, so nützt er dadurch auch den Andern mit; die Abschätzung [etwanigen Schadens] beschränkt sich aber nur auf das, womit er betheiligt ist; wenn gleich eine Dienstbarkeit durch einen [von mehreren Miteigenthümern eines Grundstücks für dasselbe] nicht erworben werden kann. 4Ad Dig. 8,5,4,4Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 132, Note 5.Wenn aber ein dienstbares Landgut Zweien gehört, so kann gegen jeden derselben also Klage erhoben werden, und es muss, wie Pomponius in demselben Buche schreibt, jeder, wer sich auf die Klage einlässt, das Ganze gewähren, weil die [Beschaffenheit der] Sache keine Theilung zulässt. 5Wenn mir Jemand wegen des Fusssteiges, der Uebertrift, oder des Weges [selbst] zwar keine Schwierigkeit macht, aber Ausbesserungen [derselben] oder dass etwas darauf hingeworfen werde, nicht leiden will, so, lehrt Pomponius in demselben Buche, kann ich mich auch der Confessorienklage bedienen; denn, auch wenn der Nachbar einen überhängenden Baum hat, wodurch der Gebrauch des Fahrweges oder Fusssteiges verhindert oder erschwert wird, so, bemerkt auch Marcell beim Julian, sei auf den Fusssteig oder den Fahrweg Klage zu erheben. Wegen der Ausbesserung des Fahrweges kann man auch das Interdict anstellen, welches wegen Ausbesserung des Fusssteiges und der Uebertrift Statt findet; nicht aber, wenn man [z. B.] mit Feldsteinen pflastern wollte, es sei denn, dass man besonders darüber übereingekommen wäre. 6Auch wegen des Wasserschöpfens stehen uns, weil es eine Dienstbarkeit ist, dingliche Klagen zu. 7Die Klage wegen Dienstbarkeiten steht dem Hauseigenthümer, welcher leugnet, dem Nachbar zu einer Dienstbarkeit verpflichtet zu sein, auch dann zu, wenn dessen Gebäude nicht ganz und gar frei von allen Dienstbarkeiten ist, sondern nur dem Beklagten zu keiner solchen verpflichtet ist. Zum Beispiel ich habe ein Gebäude, dem das Sejanische und Sempronianische benachbart sind, dem letztern bin ich zu einer Dienstbarkeit verpflichtet, und ich beabsichtige gegen den Eigenthümer des erstern, der mich höher zu bauen, hindert, Klage anzustellen, so erhebe ich die dingliche Klage. Denn wiewohl mein Gebäude [überhaupt] dienstbar ist, so ist es dies doch nicht in Ansehung des Beklagten. Ich bezwecke also damit, dass mir das Recht, höher zu bauen, wider den Willen des Beklagten zustehe; denn in Ansehung dessen ist mein Gebäude befreiet. 8Wenn Jemandem überhaupt höher zu bauen nicht gestattet ist, so kann mit Recht gegen denselben die Klage erhoben werden, dass er kein Recht dazu habe, [falls er es versuchen sollte]. Zu dieser Dienstbarkeit kann auch Jemand, dem entfernt liegende Gebäude gehören, berechtigt sein.
Ulp. lib. XVII. ad Ed. Wenn nun [der Eigenthümer des] in der Mitte [liegenden Gebäudes], seine Gebäude erhöhet, indem er zu keiner Dienstbarkeit verpflichtet war, so dass das meinige55Das ich und du steht in diesem Gesetz in Bezug auf das vorige im umgekehrten Verhältniss. als deine Hellung schmälernd nicht mehr betrachtet werden kann, so wirst du, wenn ich [dann höher] gebauet habe, vergebens verlangen, dass mir wider deinen Willen, so zu bauen, kein Recht zustehe; wenn aber der Nachbar sein [in der Mitte liegendes ] Gebäude innerhalb der gesetzlichen [Verjährungs-] Zeit wieder erniedrigt, so lebt für dich das Klagrecht wieder auf. 1Ad Dig. 8,5,6,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 163, Note 4; Bd. II, § 465, Note 18.Es ist aber zu bemerken, dass bei diesen Dienstbarkeiten der Besitzer des Rechts zugleich auch der Kläger ist; habe ich nun z. B. auf meinem Grund und Boden kein Gebäude erhöhet, so befindet sich mein Gegner im Besitz; denn wenn keine Neuerung geschehen ist, so besitzt jener und kann mich am [Höher]bauen sowohl durch eine bürgerlichrechtliche Klage, als durch das Interdict Was mit Gewalt oder heimlich hindern. Dasselbe ist der Fall, wenn die Verhinderung durch den Steinwurf66Eine altrömische symbolische Bezeichnung des Einspruchs. geschehen ist; wenn ich aber, während er es ruhig geduldet, gebauet habe, so werde ich dadurch zum Besitzer. 2Auch wegen einer zur Tragung der Last [eines Nachbarhauses] auferlegten Dienstbarkeit, steht uns eine Klage sowohl wegen Tragung der Last [selbst], als wegen der Wiederherstellung der Gebäude in der Maasse, wie es bei Auferlegung der Dienstbarkeit ausgemacht worden ist, zu. Gallus glaubt, es könne keine Dienstbarkeit in der Art auferlegt werden, dass Jemand dadurch zum Handeln genöthigt werde, sondern [nur], dass er mich am Handeln nicht hindern wolle; denn bei allen Dienstbarkeiten fallen die Ausbesserungen auf den, welcher die Dienstbarkeit für sich in Anspruch nimmt, nicht auf den Eigenthümer der dienstbaren Sache. Allein es überwog in Ansehung dieser Frage die Meinung des Servius, dass nämlich Jemand das Recht, den Gegner zur Ausbesserung der Wand, um die Last seines [Hauses] zu tragen, zu nöthigen, als ihm zuständig in Anspruch nehmen könne. Labeo setzt auch hinzu, dass ja nicht der Mensch selbst, sondern nur die Sache zu dieser Dienstbarkeit verpflichtet sei und es stehe ja dem erstern frei, die Sache in Stich zu lassen. 3Diese Klage ist nun mehr eine dingliche als eine persönliche, und steht ebenso, wie Forderungen wegen anderer Dienstbarkeiten Niemandem weiter zu, als dem Eigenthümer von Gebäuden und gegen den Eigenthümer [von solchen]. 4Ob, wenn ein Gebäude mehreren Eigenthümern gehört, jeder einzelne auf das Ganze [der Dienstbarkeit] Klage erheben könne, diese Frage behandelt Papinian im dritten Buche seiner Quästionen und entscheidet sie bejahend, so wie es in Ansehung aller andern Dienstbarkeiten, mit Ausnahme des Niessbrauchs, [geschehen könne]. Anders hingegen sei es, sagt er, wenn die die Last des Nachbarhauses tragenden Gebäude Mehrern gemeinschaftlich gehören. 5Die Art und Weise der Ausbesserung, welche diese Klage begreift, beschränkt sich darauf, wie sie bei Auferlegung der Dienstbarkeit bestimmt worden ist, also z. B. zur Ausbesserung mit Quadersteinen, oder Ziegeln, oder irgend einem andern Stoff der bei [der Bestellung] der Dienstbarkeit benannt worden ist. 6Auch die Nutzungen kommen bei dieser Klage in Betracht, das heisst derjenige Vortheil, welchen man haben würde, wenn der Nachbar die Last unseres Gebäudes tragen würde. 7Eine bessere Wand, als bei Bestellung der Dienstbarkeit ausgemacht worden ist, kann er zwar bauen, an dem Bau einer schlechtern aber wird er entweder durch diese Klage, oder durch die Anmeldung eines Neubaues verhindert.
Ulp. lib. XVII. ad Ed. In der Art, wie die Ausbesserung der Wand dem Nachbar [d. h. dem Eigenthümer des dienstbaren Gebäudes] obliegt, ist das Stützen der Gebäude des Nachbars, der zur Dienstbarkeit berechtigt ist, während die Wand ausgebessert wird, nicht als Pflicht des dienstbaren77Inferior und superior, der wörtliche, den Bauverhältnissen nach leicht erkennbare Sinn lässt sich nicht gut wörtlich geben. Nachbar[hauses] anzusehen; denn wenn der Berechtigte7 [sein eigenes Gebäude] nicht stützen will, so kann er es abtragen, und nach Wiederherstellung der Wand wieder aufbauen. Auch hier wird, wie bei allen andern Dienstbarkeiten, die Negatorienklage gegeben, dass du nämlich kein Recht habest, mich dazu zu zwingen. 1Wer mir eine Dienstbarkeit in der Art bewilligt hat, dass ich in seine Wand soll Balken einlegen, auf denselben z. B. einen Spatziergang anlegen und auf die Wand Säulen von Backsteinen, zur Tragung eines Daches über dem Spatziergang, setzen dürfen, gegen den steht mir die [Confessorien-] Klage zu. 2Diese Klagen sind aber insofern verschieden, als die erstere auch dazu angewendet werden kann, um den Nachbar zu nöthigen, die mir dienstbare88Meum, schon Accursius erklärt dies so. Wand auszubessern die letztere aber nur dazu, die Balken aufzunehmen; dies ist den Regeln der Dienstbarkeiten nicht zuwider. 3Ad Dig. 8,5,8,3Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 198, Note 16.Wenn aber darüber Frage entsteht, wer die Rolle des Besitzers99Possessor kann hier füglich in dieser Bedeutung beibehalten werden. und wer die des Klägers übernehmen solle, so merke man, dass, wenn die Balken schon eingelegt sind, derjenige, welcher die Zuständigkeit der Dienstbarkeit behauptet, die Stelle des Besitzers einnehme, wenn aber die Einlegung noch nicht Statt gefunden hat, der, welcher [das Recht dazu] leugnet. 4Wenn nun der, welcher die Zuständigkeit der Dienstbarbeit behauptet, obsiegt, so braucht ihm dieselbe nicht erst abgetreten zu werden, es mag nun richtig erkannt worden sein, weil er sie schon hat, oder unrichtig, weil die Dienstbarkeit durch das Urtheil nicht bestellt, sondern in ihrem Umfange erklärt werden soll. Hat er aber dieselbe durch Nichtgebrauch in Folge einer Arglist des Eigenthümers des [dienstbaren] Gebäudes nach der Einleitung des Verfahrens verloren, so muss sie ihm wiedergewährt werden, sowie man dies in Betreff des Eigenthums1010Domino. Hal. und die Vulg. haben dominio, was offenbar richtiger ist; Accurs. hat auch dominio gelesen. an einem Hause als gültig angenommen hat. 5Aristo antwortete dem Cerellius Vitalis, er glaube nicht, dass aus einem Käseladen Rauch in die oberen Gemächer rechtlicher Weise entlassen werden dürfe, wenn nicht deshalb1111S. Glück X. p. 69. n. 56. [der Eigenthümer der letztern] eine Dienstbarkeit zugestehe. Er sagt auch, aus einem obern [Gemach] dürfe in ein unteres weder Wasser noch sonst etwas Anderes herabgegossen werden; auf seinem eigenen Grund und Boden stehe zwar Jedem dies frei, insofern er nichts auf fremden Boden dringen lässt; Eindringen von Rauch und Wasser sei aber einerlei; es könne daher der obere [Bewohner] wider den untern Klage erheben, dass er dies zu thun kein Recht habe. Auch lehre, sagt er, Alfenus, man könne deshalb Klage erheben, dass Jemand kein Recht habe, auf seinem Grund und Boden Steine in der Art zu brechen, dass die Stücken davon auf unsern Grund und Boden fliegen. Aristo sagt also, dass demjenigen, welcher von den Minturnensern einen Käseladen gemiethet hat, vom obern [Bewohner] das Eindringenlassen des Rauches verboten werden könne, die Minturnenser ihm aber aus dem Pachtcontract deshalb verpflichtet seien, und es könne wider denselben, wenn er den Rauch eindringen lasse, in der Art geklagt werden, dass er kein Recht dazu habe; es wird mithin auch im umgekehrten Fall Klage erhoben werden können, dass ein Recht dazu vorhanden sei, ja, es scheint dies Aristo selbst zuzugeben. Es kann aber auch das Interdict Wie ihr besitzet angewendet werden, wenn Jemand verhindert wird, sein Eigenthum nach Belieben zu brauchen. 6Ad Dig. 8,5,8,6Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 198, Note 8.Im 41. Buche der Lectionen des Pomponius wird Zweifel deshalb erregt, ob Jemand wegen des Erlaubtseins oder Nichterlaubtseins, nicht dicken Rauch auf seinem Grund und Boden, etwa auf einem Heerde, zu machen, Klage erheben könne, und es entscheidet sich derselbe verneinend, so wenig als man deshalb Klage erheben könne, dass man ein Recht habe, auf seinem eigenen Boden Feuer anzumachen, sich zu setzen oder zu waschen. 7Im umgekehrten Fall1212Nämlich wenn Jemand etwas thut, was er der natürlichen Freiheit nach nicht darf. aber bejahet er es; denn so hat man [in einem vorgekommenen Fall,] als [eine gewisse] Quintilla Röhren zur Ableitung der Dämpfe aus dem Badehause in des Ursus Julius [Grundstück] angelegt hatte, sich dafür bestimmt, dass solche Dienstbarkeiten bestellt werden können.
Ulp. lib. XVII. ad Ed. Julianus und Marcellus glauben, dass ein Haussohn richtig mit der Niederlegung[sklage] klagen könne.
Ulp. lib. XVII. ad Ed. Marcellus schreibt im siebenten Buche der Digesta, dass auch der [Ehemann] [Etwas] wegnehmen [könne, jedoch] ohne Schaden für die Frau, und [er könne das] ohne Furcht vor dem Senatsschluss, welcher gegen die, welche des Handels wegen wegnehmen, gerichtet ist1313Diese Stelle, welche fast mit den nämlichen Worten, nur in anderer Beziehung in der L. 43. §. 1. D. de leg. I. wiederkehrt, ist nach Cujac. Observ. V. c. 26. so zu erklären: Ein Ehemann hatte in der Absicht einer Schenkung auf dem Grundstück seiner Frau Etwas gebaut [oder in das Gebäude der Frau Etwas hineingebaut]. Er wollte die Schenkung widerrufen. Es fragte sich, ob er das Gebäude wegnehmen dürfte? Man konnte daran zweifeln, weil ein Senatsschluss (nach Cujas der in d. L. 41. §. 1. D. eod. erwähnte, unter den Consuln Aviola und Pansa unter Hadrian gemachte) die Hinwegnahme von Gebäuden [oder vielmehr dessen, was mit Gebäuden verbunden war] verboten hatte. Marcellus entscheidet die Frage bejahend, weil sich der Senatsschluss nur auf solche beziehe, welche Etwas hinwegnähmen, um damit Handel zu treiben. S. auch L. 63. h. t..
Ulp. lib. XVII. ad Ed. Wenn eine Sache auf den Todesfall geschenkt worden und der Schenker genesen ist, so bleibt zu untersuchen, ob derselbe die Eigenthumsklage habe. Wenn nun Jemand in der Art geschenkt hat, dass, wenn sich sein Tod ereignete, alsdann der Beschenkte die Sache haben solle, so wird ohne Zweifel der Schenker sie eigenthümlich zurückfordern können: ist er aber gestorben, alsdann der Beschenkte. Wenn aber auf diese Weise geschenkt worden, dass er jetzt schon die Sache haben, solche jedoch zurückgeben solle, wenn der Schenker wieder genesen, oder aus der Schlacht, oder von einer Reise zurückgekehrt ist, so lässt sich vertheidigen, dass der Schenker die Eigenthumsklage habe, nachdem eine dieser Bedingungen eingetreten, in der Zwischenzeit hingegen habe sie der Beschenkte. Aber auch wenn der Beschenkte zuvor vom Tode überfallen worden, wird man dem Schenker die Eigenthumsklage ertheilen.
Ulp. lib. XVII. ad Ed. Einem Gläubiger, der zu Ausbesserung von Gebäuden Vorschuss gemacht hat, wird bei der Einklagung desselben ein Vorrecht zugestanden.
Ad Dig. 44,7,60Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 326, Note 9.Ulp. lib. XVII. ad Ed. Von Strafklagen, welche dieselbe Summe zum Gegenstande haben, hebt niemals eine die andere auf.
Übersetzung nicht erfasst.