Disputationum libri
Ex libro VIII
Tryphon. lib. VIII. Disputat. Denn er wird nicht mehr vom Schuldner erlangen können, als die Schuldsumme [beträgt]. Aber wenn eine Stipulation wegen der Zinsen [eingegangen] worden war, und er etwa nach fünf Jahren, seitdem er den Preis für die [ihm als Pfand] verbindliche Sache erlangt hat, als Besiegter jenes [Geld] dem Käufer zurückerstattet hat, so kann er auch die Zinsen für die Zwischenzeit vom Schuldner fordern, weil es offenbar geworden ist, dass ihm Nichts gezahlt worden sei, damit [die Sache] ihm durch Entwährung nicht entzogen werden könne11Der in dieser Stelle enthaltene Fall ist folgender: der Gläubiger hatte die ihm verpfändete Sache verkauft, und dem Käufer auf den Fall, dass die Sache entwährt werden sollte, die Rückgabe des Kaufpreises mit Zinsen (s. v. Glück a. a. O. Th. 14. S. 141. Anm. 86.) versprochen. Die Sache wurde nun wirklich entwährt. Der Gläubiger ist befugt, auch die dem Käufer dem Versprechen gemäss geleisteten Zinsen von der Zeit des Verkaufs an bis zur Zeit der Entwährung vom Schuldner zurückzufordern, weil ihm nichts auf den Fall der Entwährung geleistet worden ist, und er doch in Folge derselben den für die verpfändete Sache erhaltenen Preis mit Zinsen hat herausgeben müssen, er also nur Nachtheil davon gehabt hat. Bei den Worten victus eam emtori restituit supplirt v. Glück a. a. O. S. 140. zu eam: duplam; da aber in dieser Stelle dupla nicht vorkommt, und eam nicht, wie es nach der grammatischen Construction geschehen müsste, auf das kurz vorhergehende res bezogen werden kann (man müsste denn rem restituere in einer ungewöhnlichen Bedeutung für: die Sache, d. h. den Werth derselben, ersetzen, nehmen), so ist wohl eam als ein ungenauer Ausdruck für id anzusehen und dazu etwa pecuniam pretii cum usuris zu suppliren. Jeden Falls ist dies der Sinn der Stelle.; aber wenn er das Einfache geleistet hat, so wird er mit der Einrede der bösen Absicht von der Forderung der Zinsen zurückzuweisen sein, weil er den Gebrauch des Geldes, in welchem der Preis bestand, welchen er vom Käufer erhalten hatte, gehabt hat.
Tryphonin. lib. VIII. Disputat. Wenn ein Sohn oder Sclav, unter dessen Namen lediglich auf Sondergut geklagt wurde, vor beendigtem Rechtsstreite gestorben ist, so muss das Sondergut berücksichtigt werden, was einer von ihnen hatte, als er starb. 1Aber von demjenigen, welcher in einem Testamente anbefiehlt, dass ein Sclav frei sein solle, und ihm das Sondergut vermacht, schreibt Julianus, werde angenommen, dass er das Sondergut derjenigen Zeit vermache, in welcher [ihm] die Freiheit zusteht; weshalb aller auf jede Weise vor angetretener Erbschaft gewonnene Zuwachs des Sonderguts dem Freigegebenen gehöre. 2Aber wenn Jemand einem Fremden das Sondergut eines Sclaven vermacht habe, so entstehe bei der Beurtheilung des Willens des Erblassers eine Frage, und es sei wahrscheinlicher, dass das vermacht sei, was zur Zeit des Todes im Sondergute war, so dass das, was aus Sondergutsgegenständen vor angetretener Erbschaft dazu gekommen, entrichtet werden müsse, wie die Leibesfrucht der Mägde und die Jungen des Wirthschaftsviehes; was aber dem Sclaven geschenkt worden, oder was er sich etwa durch seine Arbeit verdient hätte, das gehöre nicht dem Legatar.
Tryphonin. lib. VIII. Disp. Derjenige, wer dir oder dem Titius [etwas zu gewähren] versprochen hat, kann zwar das, was er dem Titius entrichtet hat, nicht zurückfodern, wohl aber kann er ein ihm gestelltes Unterpfand auch vor der Erfüllung des Versprochenen zurückfodern22Zum richtigen Verständniss s. Glück XIV. p. 42. n. 32..
Tryphonin. lib. VIII. Disp. Es wurde die Frage aufgestellt, ob, wenn Sejus, nachdem du zuerst [einem Schuldner ein Darlehn vorgeschossen und mit demselben] einen [Pfand]contract eingegangen, jedoch bevor du demselben ein zweites Darlehn vorgestreckt, dem nämlichen Schuldner funfzig[tausend Sestertien] geliehen, und der letztere dagegen ihm den Ueberschuss von dem dir verpfändeten Gegenstand [nach Abzug deiner Forderung] verpfändet, und darnach du demselben Schuldner etwa vierzig[tausend] vorgeschossen, um welche Summe ungefähr der Werth des Gegenstandes dein früheres Darlehn übersteigt, der [dieses letztere wirklich] übersteigende Betrag des Pfandes zunächst dem Sejus wegen seiner funfzig[tausend], oder dir wegen deiner vierzig[tausend] hafte — angenommen nämlich etwa, dass Sejus sich zur Berichtigung der von dir zuerst vorgeschossenen Summe bereit erklärt — ? Ich habe so geantwortet: es ist folgerichtig, dass Sejus in Betreff dessen vorangehe, um wieviel der Werth des Pfandes [die von dir zuerst dargeliehene Summe] übersteigt, und wenn er dem ersten Gläubiger diese erste Forderung sammt Zinsen davon anbietet, derselbe ihm in Beziehung auf diejenige Summe nachstehe, welche er demselben Schuldner nachher vorgeschossen hat.
Tryphonin. lib. VIII. Disp. Es ist ein kaiserliches von Papinianus abgefasstes Rescript vorhanden, wonach der Gläubiger vom Schuldner das Pfand kaufen darf, weil es in dessen Eigenthum verbleibt. 1Ad Dig. 20,5,12,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 422, Note 4.Wenn eine fremde Sache verpfändet und vom Gläubiger verkauft worden ist, so fragt es sich, ob der von demselben vereinnahmte Kaufpreis den Schuldner von der persönlichen Darlehnsklage befreiet? Dies würde in dem Fall zu bejahen sein, wenn der Verkauf unter der Bedingung geschehen ist, dass in Ansehung etwa geschehener Entwährung keine Verbindlichkeit übernommen werde, weil, sobald eine Verbindlichkeit des Schuldners, gleichviel ob aus einem Contract, oder aus irgend einem andern Grunde, vorhanden ist, der bei dieser Gelegenheit vereinnahmte Kaufpreis dem Schuldner mehr zum Nutzen gereicht, als dem Gläubiger zum Gewinn; der Schuldner wird also zwar in Ansehung des Gläubigers befreiet, allein rücksichtlich des Eigenthümers der Sache, wenn noch keine Entwährung des Pfandes geschehen ist, oder des Käufers, wenn eine solche Statt gefunden, haftet derselbe mittelst einer analogen Klage, um nicht aus dem Verlust eines Andern einen Gewinn zu ziehen. Denn so muss auch der Gläubiger, der etwa [die Zinsen seines Capitals] übersteigende Nutzungen [eines Pfandes] vom Besitzer erlangt hat, dieselben ganz auf den zu fordern habenden Hauptstamm abrechnen; und wenn der Gläubiger dem Eigenthümer die Sache, welche dem Schuldner nicht gehörte, in Folge einer Ungerechtigkeit des Richters, als wäre sie ihm verpfändet, entrissen hat, und Frage entsteht, ob dieselbe nach Bezahlung der Schuld an den Schuldner zurückgegeben werden müsse, so muss, wie unser Scävola lehrt, deren Rückgabe erfolgen. Hat er sie aber nicht dergestalt verkauft, dass ihm bestimmt und jeden Falls der Kaufpreis verbleibt, sondern er zur Herausgabe desselben verpflichtet ist, so kann er, meiner Ansicht nach, zwar einstweilen noch keine Anforderung an den Schuldner erheben, allein es bleibt dann die Befreiung obschwebend; wenn aber der Gläubiger dann, mit der Klage aus dem Kaufe belangt, dem Käufer Gewähr geleistet hat, so kann er wider den Schuldner seine Forderung geltend machen, weil sich dann ergibt, dass letzterer nicht befreiet worden sei.
Ad Dig. 20,6,13Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 129, Note 7.Tryphonin. lib. VIII. Disp. Wenn der Gläubiger dem Schuldner den Eid angetragen, und dieser ihn dahin geleistet hat, dass er zu nichts verpflichtet sei, so wird das Pfand gelöst, weil in Folge dessen die Sache so betrachtet wird, wie wenn er durch Erkenntniss freigesprochen worden wäre; denn es wird ja das Pfand auch dann befreiet, wenn der Schuldner vom Richter, wiewohl ungerechter Weise, freigesprochen worden ist.
Tryphonin. lib. VIII. Disp. Wenn sie aber, da sie einen Haussohn, der ihr Schuldner ist, heirathen wollte, nur die Klage wegen des Sonderguts [als Heirathsgut] versprochen hat, so wird das, was ihr aus diesem Grunde geschuldet wurde, nach der Zeit der Ehe beurtheilt. 1Wenn sie aber, da sie einen Anderen heirathen wollte, dem Haussohn, der ihr Schuldner ist, aufgegeben hat, von seinem Sondergut ein Heirathsgut zu versprechen, so wird auf die Zeit gesehen, wo das Heirathsgut versprochen worden ist, so dass soviel, [als damals vorhanden war,] als Betrag des Sonderguts annimmt.
Übersetzung nicht erfasst.