Disputationum libri
Ex libro XIV
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Dig. 26,2,27Tryphoninus libro quarto decimo disputationum. Idem fiet, si intestatum decessisse patrem pupilli nomine defendatur falsumve testamentum nomine pupilli dicatur et si patruus exstet legitimus tutor futurus ab intestato, quia tutorem habenti tutor dari non potest. nam commodius ipse, qui scriptura continetur, a praetore dabitur, ut sine ullo litis praeiudicio iustus tutor auctor pupillo ad eam litem fiat. 1Cum autem ipse patruus, quem tutorem legitimum sibi dicebat pupillus esse, subiectum filium criminaretur et ad se legitimam hereditatem pertinere contenderet, alium tutorem petendum Iulianus respondit.
Tryphonin. lib. XIV. Disp. Dasselbe wird der Fall sein, wenn für den Mündel der Process geführt wird, der Vater sei ohne ein Testament verstorben, oder wenn man im Namen des Mündels behauptet, das Testament sei falsch, wenn auch gleich ein Vatersbruder vorhanden ist, der ohne [das Dasein des väterlichen] Testaments gesetzlicher Vormund sein würde; weil ja Niemandem, der schon einen Vormund hat, ein Vormund gegeben werden kann; denn viel passender wird der Prätor gerade den Vormund, der schon im Testament sich vorfindet, bestellen, damit ohne jede dem Rechtsstreite selbst vorangehende Entscheidung der rechtlich bestellte Vormund den Mündel in diesem Rechtsstreite vertrete. 1Wenn aber dieser Oheim (selbst), welchen der Mündel für seinen gesetzlichen Vormund erklärt, gegen den ihm untergebenen Unmündigen eine peinliche Klage erhöbe und behauptete, er sei gesetzlicher Erbe, so soll man, nach Julianus, einen anderen Vormund verlangen.
Dig. 26,3,8Tryphoninus libro quarto decimo disputationum. In confirmando tutore hoc praetor inquirere debet, an duraverit patris voluntas: quod in facili est, si proximo mortis tempore tutores non iure vel curatores scripserit pater. nam si ante annos, ut spatio medio potuerit facultatium dati non iure tutoris a patre fieri deminutio, vel morum ante celata vel ignorata emersit improbitas, aut inimicitiae cum patre exarserunt,
Tryphonin. lib. XIV. Disp. Bei der Bestätigung eines Vormundes muss der Prätor untersuchen, ob der Wille des Vaters fortbestand. Dies ist leicht, wenn der Vater kurz vor seinem Tode nicht auf die rechtliche Weise Tutoren und Curatoren bestellte. Denn geschah dies vor [vielen] Jahren, so dass in der Zwischenzeit das Vermögen des vom Vater nicht rechtlich gegebenen Vormundes sich hatte verringern können, oder es offenbarte sich sein des (Vormundes) früherhin verborgen und unerkannt gewesener schlechter Charakter, oder es entbrannten Feindschaften mit dem Vater,
Dig. 26,3,10Tryphoninus libro quarto decimo disputationum. utilitatem pupillorum praetor sequitur, non scripturam testamenti vel codicillorum. nam patris voluntatem praetor ita accipere debet, si non fuit ignarus scilicet eorum, quae ipsa praetor de tutore comperta habet. quid denique si postea de eo, quem pater testamento codicillisve non iure dedit, scripsit tutorem esse nolle? nempe non sequitur primam voluntatem praetor, a qua pater discessit.
Tryphonin. lib. XIV. Disp. so muss unter solchen Umständen der Prätor auf den Vortheil des Mündels, nicht auf die Schrift des Testamentes oder der Codicille sehen; denn der Prätor muss den Willen des Vaters so auffassen, [wie dieser sich etwa bestimmt haben würde,] wenn ihm die Lage der Dinge so, wie ihm nun (dem Prätor), wäre bekannt gewesen11Anders, als auf die geschehene Weise, vermöchte ich es nicht, den Sinn des Gesetzes in der Uebersetzung zu geben.. Wie steht es aber dann, wenn der Vater nachher schrieb, er wolle den nicht zum Vormunde haben, den er im Testamente oder in Codicillen nicht auf die rechtliche Weise gab? Natürlich wird hier der Prätor nicht die erste Willensäusserung, von welcher der Erblasser zurücktrat, befolgen.
Dig. 26,7,55Idem libro quarto decimo disputationum. Tres tutores pupillo dati sunt, unus tutelam gessit et solvendo non est, secundus Titio gerendam mandavit et Titius quaedam administravit, tertius nihil omnino gessit: quaesitum est, quatenus quisque eorum teneatur. et tutorum quidem periculum commune est in administratione tutelae et in solidum universi tenentur. plane si pecunia numerata pupilli inter eos distributa est, non in maiorem summam quisque eorum quam accepit tenetur. 1Sed si ipsi tutores rem pupilli furati sunt, videamus, an ea actione, quae proponitur ex lege duodecim tabularum adversus tutorem in duplum, singuli in solidum teneantur et, quamvis unus duplum praestiterit, nihilo minus etiam alii teneantur: nam in aliis furibus eiusdem rei pluribus non est propterea ceteris poenae deprecatio, quod ab uno iam exacta est. sed tutores propter admissam administrationem non tam invito domino contrectare eam videntur quam perfide agere: nemo denique dicet unum tutorem et duplum hac actione praestare et quasi specie condictionis aut ipsam rem aut eius aestimationem. 2Non solum ergo gessisse tutelam is creditur, qui alii gerendam mandavit, sed et qui satis a contutore accepit rem salvam pupillo futuram eique permisit administrationem totius tutelae, nec potest se defendere constitutionibus, quae iubent ante conveniri eum qui gessit. 3Item in eo quod nemo gessit non utique eius periculum est, qui quaedam gessit, sed communiter omnium: exigi autem ab eo solo periculum ob alia quae non gessit non oportet, nisi si qua talia sunt, quae vel consummationem coeptorum ab eo desiderabant vel ita coniuncta fuerunt, ut separari non debuerunt. 4Quod autem dicitur desisse solvendo esse vel non esse contutores praestare debere, videamus, qualem intellectum habet, id est utrum sufficit nihil deminutum esse de facultatibus contutoris, ex quo tempore datus est, sed eandem faciem patrimonii permansisse, an, etsi nihil post accidit, quod palam faciat deminutionem patrimonii, debet tamen contutor inquirere fortunas contutoris. sed hoc et ex personae qualitate et ex temporis intercapedine, quo testamentum factum est, usque ad mortem patris aliam aestimationem accipere debet: nam aperte prodigo vel cuius bona venierunt (licet obreptum fuerit praetori, qui decreto eum dedit) permittere contutori administrationem non debet, et potuit aliquid pater eorum post testamentum factum accidens ignorasse aut, cum destinatum haberet mutare testamentum, id non fecisse.
Idem lib. XIV. Disp. Ad Dig. 26,7,55 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 443, Note 10.Ein Mündel hatte drei Vormünder. Der erste besorgte die Verwaltung, und ist unfähig zu zahlen. Der zweite übertrug die Verwaltung dem Titius, welcher auch Einzelnes besorgte, der dritte mischte sich gar nicht ein. Nun entstand die Frage, inwieweit jeder hafte? Hinsichtlich der Verwaltung der Vormundschaft ist die Verantwortlichkeit der Vormünder gemeinschaftlich, und alle haften für das Ganze. Würde aber das baare Geld des Mündels unter sie vertheilt, so haftet keiner von ihnen für eine grössere Summe, als er empfing. 1Haben die Vormünder an dem Vermögen des Mündels einen Diebstahl begangen, da wollen wir sehen, ob zu Folge der Klage des Zwölftafelgesetzes, welche gegen den Vormund auf das Doppelte gegeben wird, alle auf das Ganze, und ob, wenngleich einer das Doppelte geleistet hat, doch nichts desto weniger auch die übrigen haften. Wenn nämlich auch sonst Mehrere einen Diebstahl an ein und derselben Sache begehen, so können die Uebrigen deshalb, weil schon von einem die Strafe erhoben wurde, sich nicht gegen die Strafforderung [die nun auch noch an sie geschieht] vertheidigen, [die hier in Frage stehenden] Vormünder aber scheinen die ihnen zugewiesene Vormundschaft nicht sowohl gegen den Willen des Eigenthümers an sich zu nehmen, als treulos zu handeln. Endlich wird Niemand sagen, dass dieser Klage zufolge ein Vormund sowohl das Doppelte, als auch vermöge der Anstellung einer Condiction [gegen ihn] die Sache selbst, oder deren Werth leiste. 2Man nimmt deshalb nicht nur von dem, welcher einem Andern die Verwaltung übertrug, an, er habe diese selbst besorgt, sondern auch von dem, welcher Sicherheitsleistung, das Mündelvermögen solle in gutem Zustande erhalten werden, von seinem Mitvormunde annahm, und diesem sodann die Verwaltung der ganzen Vormundschaft überliess. Auch kann sich ein solcher nicht durch die Verordnungen vertheidigen, welche befehlen, den, welcher verwaltete, zuerst zu belangen. 3Ebenso sind in Bezug [der Angelegenheiten], welche keiner [vollständig] besorgte, alle insgesammt, und nicht nur der, welcher Einzelnes davon besorgte, verantwortlich. Man darf aber diesem allein nicht auch die Verantwortlichkeit für andere Geschäfte, welche er nicht besorgte, auferlegen, wenn diese nicht etwa von der Art waren, dass sie entweder Vollendung des Begonnenen von ihm erheischten, oder in solchem Zusammenhange standen, dass sie keine Absonderung zuliessen. 4Nun wollen wir sehen, was darunter zu verstehen sei, wenn es heisst, aufgehört haben, zahlungsfähig zu sein, oder nicht mehr zahlungsfähig sein, [oder] die Mitvormünder müssen Zahlung leisten, d. i. [wir wollen sehen,] ob es genüge, dass Nichts von dem Vermögen des Mitvormundes von der Zeit an, wo er Vormund wurde, sich verminderte, sondern die Lage desselben unverändert blieb, oder ob der Mitvormund eine Untersuchung über die Vermögensumstände seines Amtsgenossen anstellen dürfe, wenn auch kein Unfall eine offenbare Verringerung derselben herbeiführte? Dies fordert ja nach der Beschaffenheit der Person und der Zwischenzeit von der Testamentserrichtung an bis zum Tode des Vaters eine verschiedene Beurtheilung; denn einem offenbaren Verschwender, oder einem, dessen Güter verkauft wurden, darf der Mitvormund, obgleich der Prätor, der hierin hintergangen wurde, diesen durch ein Decret [nach vorhergegangener Untersuchung] zum Vormund bestellte, doch nicht die Verwaltung überlassen. Es konnte ja auch der Vater derselben [Mündel] von Vorfällen, die nach der Testamentserrichtung eintraten, entweder keine Kenntniss haben, oder eine beabsichtigte Aenderung im Testamente nicht zu Stande gebracht haben.
Dig. 27,2,6Tryphoninus libro quarto decimo disputationum. Si absens sit tutor et alimenta pupillus desideret, si quidem neglegentia et nimia cessatio in administratione tutoris obiciatur, quae etiam ex hoc arguatur, quod per absentiam eius deserta derelictaque sunt pupilli negotia, evocatis adfinibus atque amicis tutoris praetor edicto proposito causa cognita etiam absente tutore vel removendum eum, qui dignus tali nota videbitur, decernet vel adiungendum curatorem: et ita qui datus erit, expediet alimenta pupillo. si vero necessaria absentia tutoris et inprovisa acciderit, forte quod subito ad cognitionem principalem profectus nec rei suae providere nec consulere pupillo potuerit et speratur redire et idoneus sit tutor nec expediat alium adiungi et pupillus alimenta de re sua postulet: recte constituetur ad hoc solum, ut ex re pupilli alimenta expediat.
Tryphonin. lib. XIV. Disp. Wenn der Vormund abwesend sein und der Mündel Unterhalt verlangen sollte, so wird, wenn eine Nachlässigkeit und allzu grosse Saumseligkeit in der Verwaltung des Vormunds [demselben] vorgeworfen werden sollte, — die auch daraus geschlossen werden mag, dass durch die Abwesenheit desselben die Geschäfte des Mündels liegen geblieben und verlassen sind, — der Prätor, nachdem die Verschwägerten und Freunde des Vormunds vorgefordert worden sind, ein Edict aufgestellt, [und] die Sache untersucht worden ist, auch in Abwesenheit des Vormunds entscheiden, dass entweder derselbe abzusetzen sei, wenn er eine solche Beschimpfung wird zu verdienen scheinen, oder [demselben] ein Curator beizugeben sei; und der, welcher so bestellt sein wird, wird für den Mündel den Unterhalt ausmitteln. Wenn aber eine nothwendige und unvorhergesehene Abwesenheit des Vormunds eingetreten sein sollte, — etwa weil er schleunig zu einer kaiserlichen Untersuchung abgereist, weder für seine eigenen Angelegenheiten Vorsorge treffen, noch für den Mündel sollte haben sorgen können, — und man hoffen sollte, dass er zurückkehre, und er ein sicherer Vormund sein, es auch für den Mündel nicht dienlich sein sollte, dass ein Anderer [dem Vormund] beigegeben werde, und der Mündel von seinem Vermögen Unterhalt fordern sollte, so wird [ein Anderer] mit Recht blos dazu bestellt werden, damit er aus dem Vermögen des Mündels den Unterhalt ausmittle.