Epistularum libri
Ex libro I
Procul. lib. I. Epist. Ein Wasser, das auf einem Landgute des Nachbars entsprang, pflegten Mehrere vermöge eines [ihnen zustehenden] Rechtes durch denselben Bach zu leiten, so dass jeder an dem für ihn bestimmten Tage es von der Quelle leitete, und zwar zu Anfang durch denselben gemeinschaftlichen Bach, nachher aber, wie sie auf einander folgten, jeder in seinem eigenen Bach, und einer hatte dies die zum Verlust einer Dienstbarkeit bestimmte Zeit hindurch unterlassen; hier hat derselbe, nach meinem Ermessen, das Recht der Wasserleitung verloren, und die übrigen, welche es ausgeübt haben, haben es [ihm dadurch] nicht miterhalten. Denn das Recht eines jeden von ihnen war ein eigenes, und konnte nicht durch einen Andern erhalten werden. Wenn hingegen einem Mehreren [gemeinschaftlich] gehörigen Landgute ein Recht zu einer Wasserleitung zustand, so kann dasselbe durch einen von allen Miteigenthümern zu jenem durch den Gebrauch erhalten werden. Ebenso wächst, wenn einer von Mehreren, denen die Dienstbarkeit der Wasserleitung zustand, und welche das Wasser durch einen und denselben Bach leiteten, dieses Recht durch Nichtgebrauch verlor, dadurch den übrigen, welche vom Bache Gebrauch gemacht haben, kein Recht weiter zu; und wenn [das Recht] durch Nichtgebrauch theilweise für den einen verloren gegangen ist, so ist dies ein Vortheil für denjenigen, durch dessen Landgut die Wasserleitung geht, denn er geniesst in Ansehung dieses Theils der Dienstbarkeit dann Befreiung.