Ad Sabinum libri
Ex libro XXXII
Pompon. lib. XXXII. ad Sabin. Wenn ich beim Verkauf eines Theiles von einem Landgute im Contract ausgemacht habe, durch diesen Theil auf den von meinem Landgut übrigen eine Wasserleitung anlegen zu dürfen, und die gesetzliche [Verjährungs-]Zeit verflossen ist, bevor ich den Bach angelegt habe, so verliere ich von meinem Rechte nichts, weil noch keine Wasserleitung bestanden hat, sondern es bleibt mir das Recht unversehrt; hätte ich die Wasserleitung angelegt und mich deren nicht bedient, so würde ich es verlieren. 1Ad Dig. 8,6,19,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. III, § 643, Note 2.Wenn ich dir über mein Landgut einen Weg vermacht habe, und dir nach geschehenem Erbantritt meines Nachlasses das Vermächtniss die zum Verlust der Dienstbarkeit gesetzlich bestimmte Zeit hindurch unbekannt geblieben ist, so wirst du den Weg durch Nichtgebrauch einbüssen; wenn du aber binnen dieser Zeit und bevor du erfahren hast, dass dir die Dienstbarkeit vermacht worden sei, dein Landgut verkauft hast, so kommt der Weg an den Käufer, wenn er sich desselben binnen der übrigen Zeit bedient hat, weil er bereits dir zu gehören angefangen hat, so dass dir auch weiter kein Recht, das Vermächtniss auszuschlagen, zukommen kann, indem dir das Landgut nicht mehr gehört.
Pompon. lib. XXXII. ad Sabin. Wenn der Pächter von einem Landgute gegangen, ohne den Besitz verlassen zu wollen, und dahin zurückgekehrt ist, so nimmt man an, dass es der Verpächter [fort]besitze.
Pompon. lib. XXXII. ad Sabin. Wenn auch der Verkäufer eines Landgutes Jemandem aufgetragen, den Käufer in den ausschliesslichen Besitz einzuführen, so kann der Käufer dennoch, bevor dies geschehen, rechtlichermaassen nicht in den Besitz kommen. Ingleichen wird, wenn dies ein Freund des Verkäufers nach seinem Ableben, bevor er dies wusste, oder ohne dass seine Erben sich widersetzt hätten, gethan hat, der Besitz richtig übergeben sein. Hat er es aber gethan, als er schon wusste, dass er todt sei, oder dass die Erben dies nicht thun wollten, so wird das Gegentheil statthaben.
Pompon. lib. XXXII. ad Sabin. Wenn der Dieb die gestohlene Sache vom Eigenthümer gekauft und als übergebene gehabt hat, so hört er auf, dieselbe als gestohlene zu besitzen, und fängt an, sie als sein zu besitzen. 1Ad Dig. 41,3,32,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 177, Note 9.Wenn Jemand in dem Glauben steht, es sei ihm durch die Gesetze verboten, Das zu ersitzen, was er besitzt, so muss man dennoch als Regel annehmen, dass ihm, wenn er auch irre, die Ersitzung nicht laufe, entweder, weil er nicht im guten Glauben zu besitzen scheine, oder weil die Ersitzung dem rechtlich Irrenden nicht läuft. 2Ad Dig. 41,3,32,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 152, Note 12.Einen unbestimmten Theil kann Niemand besitzen; wenn sich daher Mehrere auf einem Landgute befinden, die nicht wissen, den wievielsten Theil jeder von ihnen besitzt, so schreibt Labeo, besitze keiner von ihnen, allein dies ist eine blosse Spitzfindigkeit11So ist die Stellung der mera subtilitas zu verstehen, s. Savigny a. a. O. S. 220. Anm. (4)..
Pompon. lib. XXXII. ad Sabin. Wer, während er als Erbe oder als Käufer ersass, bittweise [um den Besitz] ansuchte, kann nicht ersitzen; was ist nemlich für ein Unterschied, da Der in beiden Fällen aus dem frühern Grunde zu besitzen aufhört, wer Etwas bittweise haben will? — 1Ad Dig. 41,4,6,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 176, Note 3.Wenn ich von zehn Sclaven, die ich gekauft habe, einige für fremde halte, und weiss, welche es sind, so werde ich die übrigen ersitzen; weiss ich es aber nicht, welches die fremden sind, so kann ich keinen ersitzen. 2Wenn nach dem Tode Dessen, der einen Sclaven gekauft hatte, die an der Ersitzung noch fehlende Zeit abgelaufen ist, so wird der Sclave dem Erben doch gehörig, wenn der Erbe denselben auch gar nicht zu besitzen angefangen; es versteht sich dabei, dass ihn kein Anderer besessen habe.
Pompon. lib. XXXII. ad Sabin. Als Erbe kann von Niemandem aus dem Vermögen eines Lebenden etwas ersessen werden, wenn der Besitzer auch geglaubt hat, dass die Sache einem Verstorbenen gehört habe.
Pompon. lib. XXXIV. ad Sabin. Wenn der Vater der Tochter ein Geschenk gemacht hat, die sich in seiner Gewalt befindet, und sie enterbt hat, so wird sie, wenn der Erbe es genehmigt, von dem Tage an, die Schenkung ersitzen, wo der Erbe die Schenkung genehmigt hat.
Pompon. lib. XXXII. ad Sabin. Ad Dig. 41,7,5 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 176, Note 6.Wenn ich Das, was du als aufgegeben besassest, und von dem ich wusste, dass es sich in diesem Verhältniss befinde, von dir gekauft habe, so kann ich es bekanntlich ersitzen, und es steht mir nicht der Umstand entgegen, dass es nicht zu deinem Vermögen gehörig ist. Denn auch, wenn ich wissentlich eine dir von deiner Frau geschenkte Sache gekauft habe, gilt dasselbe, weil du es gleichsam mit Einwilligung und Gestattung des Eigenthümers thust. 1Dasjenige, was Jemand als aufgegeben betrachtet hat, wird sofort mein, sowie wenn Jemand Geld ausgeworfen, oder Vögel hat fortfliegen lassen, beides dennoch Dem gehörig wird, dem es der Zufall zuführt, wenn auch [des Eigenthümers] Wille nicht auf eine bestimmte Person gerichtet war; und es wird dabei, sobald eine Sache von Jemand als verlassen betrachtet wird, zugleich angenommen, dass es sein Wille gewesen, sie solle Jemandem zu Theil werden.
Pompon. lib. XXXII. ad Sabin. sobald Der, dem sie übergeben worden, glaubt, dass sie dem Todten gehört habe22In diesen beiden Stellen kann man doch wohl schwerlich den Zweifel finden, den Unterholzner Thl. I. S. 398. Anm. 401. zu beseitigen sucht? —.
Idem lib. XXXII. ad Sabin. Wenn du eine gestohlene Sclavin im guten Glauben gekauft, und deren bei dir empfangenes und geborenes Kind so besessen hast, dass du binnen der für die Ersitzung vorgeschriebenen Zeit erfuhrst, die Mutter sei gestohlen, so sagt Trebatius, es sei das dergestalt Besessene jeden Falls ersessen worden. Meiner Meinung nach muss so unterschieden werden, dass, wenn du binnen der bestimmten Zeit nicht erfahren hast, wem diese Sclavin gehöre, oder wenn du es gewusst, aber den Herrn nicht hast davon in Kenntniss setzen können, oder wenn du es auch gekonnt, und ihn benachrichtigt hast, du ersitzen werdest; wenn du es aber wissest, und könnest, und ihn doch nicht benachrichtigt hast, so ist es umgekehrt; denn dann wird von dir angenommen, dass du heimlich besessen habest, und man kann nicht dasselbe heimlich und als Sein zu gleicher Zeit besitzen33Ueber die Erläuterung dieser sehr bestrittenen Stelle s. Unterholzner Thl. I. S. 437 ff.. 1Wenn der Vater mit seinen Söhnen das Vermögen, was er besass, getheilt hat, und dieselben nach des Vaters Tode Dasjenige besitzen, wie sie sich unter einander geeinigt haben, dass die Theilung gültig sein solle, so wird für beide die Ersitzung in Ansehung derjenigen Gegenstände für sich gehen, welche als fremde unter des Vaters Nachlass befunden werden. 2Was nicht vermacht worden, jedoch vom Erben aus Versehen übergeben worden ist, das kann vom Vermächtnissinhaber als Sein ersessen werden, weil er es als sein besitzt.
Pompon. lib. XXXII. ad Sabin. Wenn ich zur Tageszeit oder zur Nachtzeit eine Wasserleitung habe, so kann ich dieselbe zu keiner andern Stunde leiten, als zu der, wo ich das Recht dazu habe.
Pompon. lib. XXXII. ad Sabin. Wenn ich Denjenigen an Kindes Statt angenommen habe, der bittweise nachgesucht hat, so werde ich auch bittweise besitzen.
Übersetzung nicht erfasst.