Responsorum libri
Ex libro V
Paul. lib. V. Resp. Ich frage, ob der für eine Pachtung gestellte Bürge auch für die Zinsen des nicht gezahlten Pachtzinses hafte, und ihm nicht die kaiserlichen Constitutionen zum Besten gereichen, wodurch verordnet wird, dass diejenigen, welche für Andere Geld zahlen, blos das Capital anzuerkennen brauchen? Paulus hat geantwortet: wenn sich der Bürge für den ganzen Umfang der Pachtung verpflichtet hat, so muss er so gut wie der Pächter selbst, die Zinsen für den von diesem zu entrichten verzögerten Pachtzins bezahlen; denn wenn auch die Zinsen bei Klagen guten Glaubens nicht sowohl aus der Verbindlichkeit selbst entspringen, als vom Richter von Amtswegen zuerkannt werden, so erscheint es doch, wenn sich der Bürge für den Gesammtumfang [der Pachtverbindlichkeiten] verpflichtet hat, billig, dass er auch die Beschwerdung wegen der Zinsen übernehmen müsse, gerade wie wenn er sich so verbürgt hätte: versprichst du auf so hoch, als jener dem guten Glauben zufolge verurtheilt werden muss, selbst bürgen zu wollen? oder so: willst du mich schadlos stellen? 1Zwischen dem Verpächter und dem Pächter eines Landgutes war ausgemacht worden, dass der Pächter Sejus innerhalb der Pachtzeit wider seinen Willen nicht aus dem Landgute vertrieben werden solle, und wenn er verdrängt würde, der Verpächter Titius an den Pächter Sejus zur Strafe zehn[tausend Sestertien] erlegen, oder der letztere an den erstern, wenn er binnen der Zeit der Pachtung ausscheiden wolle, ebenfalls zehn[tausend] entrichten solle, und stipulirten dies gegenseitig von einander; ich frage nun, ob, wenn der Pächter Sejus zwei Jahre hinter einander den Pachtzins rückständig geblieben ist, derselbe ohne Besorgniss vor der Strafe [aus der Pachtung] vertrieben werden könne? Paulus antwortet: obwohl bei der Stipulation wegen der Strafe über die Zahlung des Pachtzinses nichts erwähnt worden ist, so sei es doch wahrscheinlich, dass das Uebereinkommen in Betreff der binnen des bestimmten Zeitraums nicht geschehen sollenden Vertreibung des Pächters nur unter der Voraussetzung getroffen worden sei, dass der Pachtzins richtig abgetragen und die Bewirthschaftung so, wie es sich gebührt, betrieben werde; wenn daher derjenige, wer den Pachtzins nicht richtig abgetragen, auf die Strafe Anspruch machen will, so werde dem Verpächter die Einrede der Arglist von Nutzen sein. 2Paulus hat sich dahin ausgesprochen: ein Sclav, der um eine Taxe der Pächterin übergeben worden ist, geht auf die Gefahr der Pächterin, und darum muss der Taxwerth desselben, wenn er gestorben ist, von dem Erben der Pächterin vergütet werden.
Idem lib. V. Resp. Paulus ertheilte [auf geschehenes Befragen] die Antwort: es reiche zwar ein allgemeines Uebereinkommen zur Begründung eines Pfandrechts hin, allein dasjenige, was nicht zu dem Vermögen des Erblassers gehört hat, sondern nachher von seinem Erben aus einer andern Ursache erworben worden ist, kann der Gläubiger des Testators nicht in Anspruch nehmen. 1Wenn Sclaven verpfändet worden sind, so treten auch die von ihnen geborenen Kinder in dieses Rechtsverhältniss; wenn wir aber sagen, dass die Kinder haften, es mag nun ein besonderes Uebereinkommen deshalb getroffen worden sein oder nicht, so setzen wir natürlich dabei voraus, dass das Eigenthum an denselben auch dem Verpfänder oder dessen Erben zusteht; sind sie bei einem andern Herrn geboren worden, so werden sie nicht verpfändet sein. 2Ein zum Unterpfande bestelltes Haus ist abgebrannt, und Lucius Titius hat die leere Stelle gekauft und ein Haus darauf erbauet; es entstand nun Frage wegen des Pfandrechts; Paulus sprach sich dahin aus: die Verfolgung des Pfandes dauere fort, und darum sei anzunehmen, dass das Rechtsverhältniss des Grundes und Bodens auf das, was darauf erbauet worden, übergehe, d. h. mit der Pfandverbindlichkeit; Besitzer im guten Glauben können jedoch zur Herausgabe des Gebäudes an die Gläubiger nur unter der Bedingung genöthigt werden, dass ihnen die auf die Erbauung verwendeten Kosten auf so hoch, als die Sache werthvoller geworden, erstattet werden. 3Wenn der Sclav mit Vorwissen und Einwilligung des Herrn ein allgemeines Pfandrecht an dessen gesammtem Vermögen bestellt hat, so wird er selbst, der diese Sicherheit bestellt hat, nach Pfandrecht verpflichtet.
Idem lib. V. Resp. Als Titius im Begriff stand, vom Mävius ein Darlehn aufzunehmen, bestellte er demselben Sicherheit, und bestimmte ihm einige Sachen als Unterpfand zu übergeben; nachher, als er einige davon verkauft hatte, empfing er die Zahlung; es entstand nun die Frage, ob die früher verkauften Sachen dem Gläubiger auch hafteten? — Die Antwort lautete dahin, dass, wenn es in der Gewalt des Schuldners gestanden habe, nach Bestellung der Sicherheit das Geld [noch] anzunehmen oder nicht, die Pfandverbindlichkeit [erst] von dem Augenblick an eingegangen zu betrachten sei, wo das Geld gezahlt worden ist, und mithin darauf Rücksicht zu nehmen sei, welche Sachen der Schuldner zur Zeit der Zahlung des Geldes besessen habe.
Idem lib. V. Resp. Paulus sagt in einem Gutachten: dadurch, dass Sempronius, der ältere Gläubiger, wenn der Schuldner dieselbe Sache einem dritten Gläubiger verpfänden will, seine Einwilligung dazu ertheilt, wird angenommen, als habe er sich seines Pfandrechtes begeben, allein an seine Stelle trete der dritte nicht, und mithin verbessere sich dadurch die Lage des mittlern Gläubigers. Derselbe Fall ist auch dann vorhanden, wenn eine Stadtgemeinde ein Darlehn als dritter Gläubiger vorgeschossen hat. 1Wer eine Sache auf den Grund eines Pfandrechts verfolgt, den kann der Beklagte von dem Angriff der Hypothek in der Regel dadurch abhalten, wenn ihm der Besitzer, es sei dies, wer da wolle, Zahlung anbietet; denn sobald das Recht des Klägers durch Auflösung des Pfandes abgewendet wird, braucht das Recht des Besitzers gar nicht in Betracht gezogen zu werden.
Idem lib. V. Resp. Ich frage, ob ein Sclav, wenn er bei dem Käufer geflohen ist, und man ausgesprochen haben wird, dass er sich in einem zur Nöthigung zur Zurücknahme [geeigneten] Zustande befinde, nicht eher dem Verkäufer ausgeantwortet zu werden brauche, als bis er den Werth der von dem Sclaven fortgetragenen Sachen geleistet haben wird. Paulus hat zum Bescheid gegeben, dass der Verkäufer zu zwingen sei, nicht nur den Preis des Sclaven zurückzuerstatten, sondern auch den Werth der fortgetragenen Sachen, ausser wenn er bereit sei, für dieselben den Sclaven als Schadensersatz zu überlassen. 1Ingleichen frage ich, ob der Sclav, wenn [der Verkäufer] etwa den Werth und die Preise der Sachen nicht zurückerstatten will, zurückzubehalten sei, und eine Klage wegen des Sonderguts oder11Die Worte: de peculio vel hält Cujac. l. l. wohl mit Recht für einen unechten Zusatz, da vom Sondergut hier gar nicht die Rede ist. wegen des Preises des auf Nöthigung zurückgenommenen Sclaven aus der Stipulation des Doppelten zu geben sei. Paulus hat zum Bescheid gegeben, wegen der Zurückforderung des Preises des Sclaven stehe eine Klage auch aus der Stipulation des Doppelten zu. Wegen der diebischer Weise fortgetragenen Sachen ist schon Bescheid gegeben worden. 2Ich habe einen Sclaven unter der Stipulation des Doppelten22So erklärt Accursius die Worte: Servum dupla emi. Vgl. übrigens die Anm. 29. gekauft, und der hat Sachen weggenommen und ist damit geflohen, bald darauf als er gefunden und in Gegenwart achtbarer Männer gefragt worden ist: ob er auch im Hause des Verkäufers geflohen wäre? hat er geantwortet: ja; ich frage, ob man bei der Antwort des Sclaven stehen bleiben müsse? Paulus hat zum Bescheid gegeben: wenn auch andere Anzeigen einer früher vorgekommenen Flucht nicht fehlen, dann muss man auch der Antwort des Sclaven glauben.
Ad Dig. 46,2,30Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 233b, Note 2.Idem lib. V. Respons. Paulus hat das Gutachten ertheilt: wenn der Gläubiger vom Sempronius in der Absicht, zu noviren, Etwas stipulirt hätte, so dass man von der ersten Verbindlichkeit ganz und gar zurücktrat, so könnten von dem zweiten Schuldner dieselben Sachen ohne die Einwilligung des ersten Schuldners nicht wieder in die Verbindlichkeit gebracht werden.