Responsorum libri
Ex libro IV
Paul. lib. IV. Resp. Wenn ein Haussohn in Abwesenheit des Vaters in einer Verschreibung versichert hat, dass er in dessen Auftrag Geld aufgenommen und an den Vater geschrieben hat, dass er dieses Geld in der Provinz auszahlen möchte, so muss der Vater, dafern er die Handlung seines Sohnes missbilligt, sofort seinen entgegengesetzten Willen kund geben.
Paul. lib. IV. Resp. Publia Mävia hat, als sie zu ihrem Ehemanne reiste, einen verschlossenen Kasten mit einem Kleide und Geräthschaften der Caja Seja anempfohlen, und derselben gesagt: wenn ich wohlbehalten oder gesund [zurück]gekommen sein werde, so wirst du sie mir zurückerstatten, sonst11Im Text steht certe; dafür ist wohl ohne Zweifel mit Haloander ceterum zu lesen. wenn mir irgendein menschlicher Unfall begegnet sein sollte, meinem Sohne, welchen ich von meinem ersten Ehemanne erhalten habe. Da sie ohne ein Testament verstorben ist, so verlange ich [zu wissen,] wem die anempfohlnen Sachen zurückerstattet werden müssen, dem Sohne, oder dem Ehemanne? Paulus hat zum Bescheid gegeben: dem Sohne. 1Lucius Titius hat so geschrieben: Ich habe die vorhin geschriebenen zehn tausend Denare Silbers übernommen und habe sie als Niedergelegtes bei mir, und ich werde Alles leisten, und gestehe es zu, und habe es versprochen, wie es oben geschrieben worden ist; und ich bin [mit dir] übereingekommen, dir als Zins für jede einzelne Mine [und] auf jeden einzelnen Monat je vier Obolen zu geben, bis zur Zurückgabe des ganzen Silbers. Ich frage, ob Zinsen gefordert werden können? Paulus hat zum Bescheid gegeben, dass der Contract, in Bezug auf welchen gefragt wird, die Grenze [eines Contracts über] niedergelegtes Geld überschreite; und darum können der Uebereinkunft gemäss auch Zinsen mit der Niederlegungsklage gefordert werden. 2Titius den Semproniern seinen Gruss. Ich habe von Euch ungefähr zehn Pfund Goldes, und zwei Schüsseln, einen versiegelten Sack, und davon schuldet Ihr mir zehn, welche ihr bei dem Titius niedergelegt habt; ingleichen zehn welche (ihr) dem Trophimas [schuldet,] ingleichen zehn und was darüber ist, aus der Rechnung eures Vaters22Aus dieser Stelle, die wohl etwas verdorben ist, scheint, wenn man sie mit dem folgenden Bescheid des Paulus zusammenhält, hervorzugehen, dass die hier aufgezählten Summen und Sachen, bei dem Titius, demselben, welcher dies an die Sempronier schreibt, niedergelegt waren, derselbe aber eine Gegenforderung von Zehn behauptete. Was das Wort: Trophimati anlangt, so haben es Einige für ein griechisches erklärt, so dass es bedeuten würde: für Nahrungsmittel, Cujacius dagegen und Andere halten es wohl richtiger für einen Eigennamen, zu welchem, da er im Dativ steht, aus dem Vorhergehenden am Passendsten: debetis ergänzt wird.. Ich frage, ob aus einer Schrift der Art irgend eine Verbindlichkeit entstanden sei, nämlich was das Geldverhältniss allein betrifft? [Paulus] hat zum Bescheid gegeben, dass aus dem Briefe, in Bezug auf welchen gefragt wird, zwar keine Verbindlichkeit entstanden zu sein scheine, man aber [aus demselben] den Beweis über die niedergelegten Sachen vollführen könne; ob aber auch der, welcher in demselben Brief geschrieben hat, dass ihm Zehn geschuldet würden, dies, was er geschrieben hat, beweisen könne, werde der Richter ermessen.
Idem lib. IV. Resp. Wenn Calpurnius in Auftrag des Titius eine Summe Geldes, welche dieser zu fordern hatte, bei nicht vorhandener Absicht einer Schenkung33Die nämlich Titius dem Adstipulator Calpurnius hätte machen wollen. stipulirt hat, so kann er vom Erben des Titius mit der Auftragsklage auf Abtretung seiner Klagen belangt werden. Dasselbe gilt, wenn Calpurnius das Geld eingezogen hat44Vgl. Gajus Inst. III, 216.. 1Paulus hat begutachtet, ein Bürge, der von dem Gläubiger die demselben verpfändete Sache gekauft habe, müsse, wenn die ganze Schuld abgetragen worden, und er nun von den Erben des Schuldners mit der Auftragsklage belangt werde, zu Herausgabe der Sache mit allen Nutzungen angehalten werden; denn er sei nicht einem fremden Käufer gleich zu beurtheilen, da er bei jedem Contract mit Redlichkeit handeln müsse. 2Paulus hat begutachtet: wenn einem Auftrage eine Zeit beigefügt ist, binnen welcher denselben vollziehen zu wollen Lucius Titius schriftlich erklärt hat, so hindere dies nicht, ihn auch nach jener Zeit mit der Auftragsklage zu belangen. 3Paulus hat begutachtet, man könne sich nach Belieben an Einen aus mehreren Auftragsgebern (mandatores) wegen des Ganzen halten55Nicht so, bekanntlich, nach der epistola Divi Hadriani, unter mehreren fidejussores., wenn dies auch beim Auftrage nicht [ausdrücklich] gestattet worden sei; wenn aber eine Verurtheilung gegen zwei Personen gesprochen sei, so könnten und müssten sie des rechtskräftigen Urtheils wegen nothwendig ein Jeder auf die Hälfte in Anspruch genommen werden. 4Ein Gläubiger hat das Pfand verkauft; nun frage ich, ob, wenn dem Käufer der Besitz entwährt wird, der Gläubiger den Regress an den Bürgen (mandator) nehmen könne, und inwiefern es einen Unterschied mache, ob er als Gläubiger66Das heisst, ohne für Entwährung zu stehen. S. Cod. 8. unter mehreren fidejussores. verkauft, oder auf gewöhnliche Art77Durch die stipulatio evictionem non debere. [Gewährleistung] angelobt habe88An intersit, creditoris jure vendiderit, an communi jure promiserit. In unserer Ausgabe steht mit Sinn entstellender Interpunction: an intersit creditoris, jure v. etc.? Paulus hat geantwortet, wenn der Gläubiger aus dem Preise der Pfänder seine Forderung nicht erlangen könne, so sei der Bürge (mandator) nicht als entledigt anzusehen. Aus diesem Gutachten erhellet, dass die Sache zur Entledigung mitwirke, insofern der Gläubiger nicht der Entwährung halber verantwortlich sei. 5N. dem N. Gruss. Ich trage dir auf, meinem Schwager Bläsius Severus gegen das und das Pfand Achtzig zu leihen, für welche Summe und alles, was an Zinsen hinzukommen wird, ich als Auftragsgeber dich so lange, als Bläsius Severus leben wird, schadlos halten werde. Nachher hat dieser Auftragsgeber auf vielmaliges Angehen nicht geantwortet; und nun frage ich, ob er durch den Tod des Schuldners entledigt sei? Paulus hat geantwortet, die Verbindlichkeit aus dem Auftrage dauere fort, wenn gleich beim Auftrage hinzugefügt worden: ich werde dich als Auftragsgeber so lange, als Bläsius Severus lebt, schadlos halten. 6Paulus hat begutachtet, es sei dem Inhalte des Auftrags nicht Genüge geleistet, wenn, da beim Auftrage vorgeschrieben worden, hinreichende Sicherheit vom Schuldner zu verlangen, weder ein Bürge, noch Pfänder erlangt worden.
Idem lib. IV. Resp. Lucius Titius, der seiner Frau, der Caja Seja, gegen Pfand oder Hypothek an Grundstücken etwas verschuldete, gab dieselben Grundstücke zusammen mit seiner Frau, der Seja, für ihre beiderseitige Tochter Septicia deren künftigen Ehemann, dem Sempronius, zur Mitgift; 1nachdem hierauf Lucius Titius mit Tode abgegangen war, entsagte sich seine Tochter Septicia der väterlichen Erbschaft; kann die Mutter derselben nun ihre Hypothek ausklagen? Paulus sprach sich dahin aus: es sei zwar anzunehmen, als habe Caja Seja sich ihres Unterpfandsrechtes an denjenigen Grundstücken, zu deren Bestellung von Seiten ihres Ehemannes zur Mitgift ihrer gemeinschaftlichen Tochter sie ihre Einwilligung ertheilt, begeben, allein die persönliche Verbindlichkeit habe fortgedauert; die Klage wider die Tochter, die sich der väterlichen Erbschaft entsagt habe, sei jedoch nicht zu verstatten.
Idem lib. IV. Resp. Seja hat ein Gelddarlehen von Septicius erhalten; wegen der Zinsen ist man darüber übereingekommen: [dass,] wenn die oben geschriebenen Zinsen zu einem jeden bestimmten Termine, oder nach drei Monaten nicht gezahlt würden, Seja dann auf höhere Zinsen gehalten sein und diese Bedingung ferner bei jedem einzelnen Zahlungstermine, wenn die Zinsen unter der angegebenen Bedingung nicht gezahlt würden, beobachtet werden sollte, bis die ganze geschuldete Summe auf diese Weise gezahlt würde; ich frage, ob diese Worte: und diese Bedingung ferner bei jedem einzelnen Zahlungstermine, wenn die Zinsen unter der angegebenen Bedingung nicht gezahlt würden, beobachtet werden sollte, sich darauf beziehen, dass, obwohl etwa die erste Stipulation verfallen sei, [Seja] doch nicht auf einen grösseren Betrag an Zinsen belangt werden könne, als wegen jenes Postens, welcher den festgesetzten Termin überschritten hat99D. h. ob sie, wenn sie zwar am ersten Termin die Zinsen nicht gezahlt, ihn also überschritten habe, die folgenden Termine aber innegehalten habe, blos wegen jenes Termins oder auch wegen der folgenden höhere Zinsen zahlen müsse?? Paulus hat zum Bescheid gegeben, dass jene Stipulation, welche wegen der Leistung höherer Zinsen beigefügt worden ist, mehrere Bedingungen enthalte, das heisst, so dass bei jedem einzelnen Zahlungstermine auf die Bedingung, ob die geringeren Zinsen zu ihrer Zeit nicht gezahlt wären, gesehen werden müsste; und darum könne die Strafe der folgenden Zahlungstermine vermieden werden.
Übersetzung nicht erfasst.
Paul. lib. IV. Resp. Dem Lucius Titius wurde auf den Grund einer rechtlichen Verurtheilung eine Summe Geld geschuldet; [der Gläubiger] creditirte demselben Schuldner noch eine Summe, allein bei [Ausstellung] der Urkunde für die creditirte Summe bemerkte er nicht, [dass er] ausserdem die auf den Grund der Verurtheilung verschuldet werdende Summe [zu fodern habe]. Ich frage, ob dem Lucius Titius beide Foderungen unversehrt verbleiben? Paulus sagte, es sei kein Grund vorhanden, warum dies nicht der Fall sein solle.
Idem lib. IV. Respons. Paulus hat das Gutachten ertheilt, ein Bürge, auf welchem die von seinen Mitbürgen gegebenen Pfänder übertragen worden sind, scheine nicht als Käufer [derselben] an die Stelle [des Gläubigers] getreten zu sein, sondern als ein solcher, welcher Pfänder erhalten hat, und darum müsse Rücksicht auf die Früchte und Zinsen genommen werden.
Paul. lib. IV. Respons. [Paulus] hat das Gutachten ertheilt, dass der Gläubiger1010Ueber den Vorzug der hier befolgten Lesart (Vulg., Haloand., Basil.), creditorem, vor der Florent., debitorem s. v. Glück XII. S. 66. u. die bei Schulting u. Smallenburg l. l. p. 126. angeführten Schriftsteller. nicht zu zwingen sei, die Gelder in einer anderen Münzsorte anzunehmen, wenn er dadurch irgend einen Schaden leiden würde.