Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Paul.quaest. VI
Quaestionum lib.Pauli Quaestionum libri

Quaestionum libri

Ex libro VI

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Dig. 1,1De iustitia et iure (Von der Gerechtigkeit und dem Recht.)Dig. 1,2De origine iuris et omnium magistratuum et successione prudentium (Von dem Ursprung des Rechts und aller Staatsbeamten, so wie der Folge der Rechtsgelehrten.)Dig. 1,3De legibus senatusque consultis et longa consuetudine (Von den Gesetzen, den Senatsbeschlüssen und dem Gewohnheitsrechte.)Dig. 1,4De constitutionibus principum (Von den Constitutionen der Kaiser.)Dig. 1,5De statu hominum (Vom Zustand der Menschen.)Dig. 1,6De his qui sui vel alieni iuris sunt (Von denen, die eigenen Rechtens, und denen, die fremdem Rechte unterworfen sind.)Dig. 1,7De adoptionibus et emancipationibus et aliis modis quibus potestas solvitur (Von der Annahme an Kindes Statt, der Entlassung aus der [väterlichen] Gewalt, und andern Arten deren Aufhebung.)Dig. 1,8De divisione rerum et qualitate (Von der Eintheilung der Sachen und deren Beschaffenheit.)Dig. 1,9De senatoribus (Von den Senatoren.)Dig. 1,10De officio consulis (Von der Amtspflicht des Consuls.)Dig. 1,11De officio praefecti praetorio (Von der Amtspflicht des Präfectus Prätorio.)Dig. 1,12De officio praefecti urbi (Von der Amtspflicht des Stadtvorstehers.)Dig. 1,13De officio quaestoris (Von der Amtspflicht des Quästors.)Dig. 1,14De officio praetorum (Von der Amtspflicht der Prätoren.)Dig. 1,15De officio praefecti vigilum (Von der Amtspflicht des Wachtvorstehers.)Dig. 1,16De officio proconsulis et legati (Von der Amtspflicht des Proconsul und des Legaten.)Dig. 1,17De officio praefecti Augustalis (Von der Amtspflicht des Kaiserlichen Präfecten.)Dig. 1,18De officio praesidis (Von der Amtspflicht des Präsidenten.)Dig. 1,19De officio procuratoris Caesaris vel rationalis (Von der Amtspflicht des Procurators des Kaisers oder Rentbeamten.)Dig. 1,20De officio iuridici (Von der Amtspflicht des Gerichtsverwalters.)Dig. 1,21De officio eius, cui mandata est iurisdictio (Von der Amtspflicht dessen, der mit der Gerichtsbarkeit beauftragt worden ist.)Dig. 1,22De officio adsessorum (Von der Amtspflicht der [Gerichts-] Beisitzer.)
Dig. 2,1De iurisdictione (Von der Gerichtsbarkeit.)Dig. 2,2Quod quisque iuris in alterum statuerit, ut ipse eodem iure utatur (Welche Rechtsgrundsätze Jemand gegen einen Andern aufgebracht hat, die sollen gegen ihn selbst in Anwendung gebracht werden dürfen.)Dig. 2,3Si quis ius dicenti non obtemperaverit (Wenn jemand dem, welcher Recht spricht, nicht gehorcht haben sollte.)Dig. 2,4De in ius vocando (Von der Berufung ins Gericht.)Dig. 2,5Si quis in ius vocatus non ierit sive quis eum vocaverit, quem ex edicto non debuerit (Wenn Jemand vor Gericht berufen worden und nicht gegangen ist, oder die dahin berufen worden sind, welche man dem Edicte nach nicht hätte berufen sollen.)Dig. 2,6In ius vocati ut eant aut satis vel cautum dent (Dass vor Gericht Berufene dahin gehen, oder Bürgen oder anders Sicherheit stellen.)Dig. 2,7Ne quis eum qui in ius vocabitur vi eximat (Dass Niemand den, welcher vor Gericht berufen wird, mit Gewalt entreisse.)Dig. 2,8Qui satisdare cogantur vel iurato promittant vel suae promissioni committantur (Von denen, welche gezwungen werden, Sicherheit zu stellen, oder ein eidliches Versprechen leisten, oder auf ihr einfaches Versprechen entlassen werden.)Dig. 2,9Si ex noxali causa agatur, quemadmodum caveatur (Wie Sicherheit gestellt wird, wenn eine Noxalklage erhoben [oder: wegen Schädenansprüchen geklagt] wird.)Dig. 2,10De eo per quem factum erit quominus quis in iudicio sistat (Von dem, welcher daran Schuld ist, dass sich Jemand nicht vor Gericht stellt.)Dig. 2,11Si quis cautionibus in iudicio sistendi causa factis non obtemperaverit (Wenn Jemand dem geleisteten Versprechen, sich vor Gerichte zu stellen, nicht nachgekommen ist.)Dig. 2,12De feriis et dilationibus et diversis temporibus (Von den Gerichtsferien und Aufschubsgestattungen und der Berechnung verschiedener Zeiten.)Dig. 2,13De edendo (Vom Vorzeigen.)Dig. 2,14De pactis (Von Verträgen.)Dig. 2,15De transactionibus (Von Vergleichen.)
Dig. 26,1De tutelis (Von den Bevormundungen.)Dig. 26,2 (1,7 %)De testamentaria tutela (Von der testamentarischen Vormundschaft.)Dig. 26,3De confirmando tutore vel curatore (Von der Bestätigung des Tutor oder Curator.)Dig. 26,4De legitimis tutoribus (Von den gesetzlichen Vormündern.)Dig. 26,5De tutoribus et curatoribus datis ab his qui ius dandi habent, et qui et in quibus causis specialiter dari possunt (Von den durch eine competente Obrigkeit bestellten Vormündern; ferner welche zu solchen Vormündern bestellt, und aus welchen Gründen diese eigentlich bestellt werden können.)Dig. 26,6Qui petant tutores vel curatores et ubi petantur (Von denen, welche um Vormünder oder Curatoren nachsuchen müssen, und wo dies geschehen soll.)Dig. 26,7De administratione et periculo tutorum et curatorum qui gesserint vel non et de agentibus vel conveniendis uno vel pluribus (Von der Verwaltung und Verantwortlichkeit der Tutoren und Curatoren, welche die Vormundschaft führten oder auch nicht, und von dem Verhältnisse derselben als Kläger oder Beklagte entweder einzeln oder in Mehrzahl.)Dig. 26,8De auctoritate et consensu tutorum et curatorum (Von der Ermächtigung und der Zustimmung der Vormünder und Curatoren.)Dig. 26,9Quando ex facto tutoris vel curatoris minores agere vel conveniri possunt (Wann aus der Handlung des Vormundes oder Curators Minderjährige klagen oder verklagt werden können.)Dig. 26,10De suspectis tutoribus et curatoribus (Von verdächtigen Vormündern und Curatoren.)
Dig. 40,1De manumissionibus (Von den Freilassungen.)Dig. 40,2De manumissis vindicta (Von den durch den Stab freigelassenen [Sclaven].)Dig. 40,3De manumissionibus quae servis ad universitatem pertinentibus imponuntur (Von den Freilassungen, welche Sclaven ertheilt werden, welche einer Gemeinheit angehören.)Dig. 40,4De manumissis testamento (Von den durch ein Testament freigelassenen [Sclaven.])Dig. 40,5De fideicommissariis libertatibus (Von den fideicommissarischen Freiheiten.)Dig. 40,6De ademptione libertatis (Von der Zurücknahme der Freiheit.)Dig. 40,7De statuliberis (Von den Bedingtfreien.)Dig. 40,8Qui sine manumissione ad libertatem perveniunt (Welche [Sclaven] ohne Freilassung zur Freiheit gelangen.)Dig. 40,9Qui et a quibus manumissi liberi non fiunt et ad legem Aeliam Sentiam (Welche Sclaven durch die Freilassung wegen ihrer selbst, und wegen ihres Freilassers nicht frei werden, und zum Aelisch-Sentischen Gesetz.)Dig. 40,10De iure aureorum anulorum (Von dem Recht der goldenen Ringe.)Dig. 40,11De natalibus restituendis (Von der Zurückversetzung in den Geburtsstand.)Dig. 40,12De liberali causa (Von dem Rechtsstreit über die Freiheit.)Dig. 40,13Quibus ad libertatem proclamare non licet (Welche nicht auf die Freiheit Anspruch machen dürfen.)Dig. 40,14Si ingenuus esse dicetur (Wenn behauptet werden wird, dass [ein Freigelassener] ein Freigeborner sei.)Dig. 40,15Ne de statu defunctorum post quinquennium quaeratur (Dass der Rechtszustand Verstorbener nach fünf Jahren nicht untersucht werden soll.)Dig. 40,16De collusione detegenda (Von der Entdeckung eines heimlichen Einverständnisses.)
Dig. 43,1De interdictis sive extraordinariis actionibus, quae pro his competunt (Von den Interdicten und ausserordentlichen Klagen, die an deren Statt zuständig sind.)Dig. 43,2Quorum bonorum (Welchen Nachlass.)Dig. 43,3Quod legatorum (Was von Vermächtnissen.)Dig. 43,4Ne vis fiat ei, qui in possessionem missus erit (Dass Dem keine Gewalt geschehe, der in den Besitz gesetzt sein wird.)Dig. 43,5De tabulis exhibendis (Von der Auslieferung der Testamente.)Dig. 43,6Ne quid in loco sacro fiat (Dass an einem heiligen Orte Etwas nicht geschehe.)Dig. 43,7De locis et itineribus publicis (Von öffentlichen Plätzen und Wegen.)Dig. 43,8Ne quid in loco publico vel itinere fiat (Dass an einem öffentlichen Platze oder Wege Etwas nicht geschehe.)Dig. 43,9De loco publico fruendo (Von dem Genuss eines öffentlichen Platzes.)Dig. 43,10De via publica et si quid in ea factum esse dicatur (Von öffentlichen Strassen und wenn etwas in demselben errichtet werden sein soll.)Dig. 43,11De via publica et itinere publico reficiendo (Von der Ausbesserung öffentlicher Strassen und Wege.)Dig. 43,12De fluminibus. ne quid in flumine publico ripave eius fiat, quo peius navigetur (Von den Flüssen, dass Etwas in einem öffentlichen Flusse oder an dessen Ufer nicht geschehe, wodurch die Schifffahrt beeinträchtigt wird.)Dig. 43,13Ne quid in flumine publico fiat, quo aliter aqua fluat, atque uti priore aestate fluxit (Dass in einem öffentlichen Fluss Etwas nicht geschehe, wodurch der Wasserfluss gegen den im vorhergehenden Sommer geändert wird.)Dig. 43,14Ut in flumine publico navigare liceat (Dass die Schifffahrt an einem öffentlichen Flusse gestattet sei.)Dig. 43,15De ripa munienda (Von der Befestigung des Ufers.)Dig. 43,16De vi et de vi armata (Von der Gewalt und der Gewalt mit Waffen.)Dig. 43,17Uti possidetis (Wie ihr besitzet.)Dig. 43,18De superficiebus (Von Erbpachtungen.)Dig. 43,19De itinere actuque privato (Von Privatwegen.)Dig. 43,20De aqua cottidiana et aestiva (Vom täglichen Wasser und dem Sommerwasser.)Dig. 43,21De rivis (Von den Kanälen.)Dig. 43,22De fonte (Von den Quellen.)Dig. 43,23De cloacis (Von den Kloaken.)Dig. 43,24Quod vi aut clam (Was gewaltsam oder heimlich.)Dig. 43,25De remissionibus (Von den Remissionen.)Dig. 43,26De precario (Vom bittweisen [Besitzverhältniss].)Dig. 43,27De arboribus caedendis (Vom Baumfällen.)Dig. 43,28De glande legenda (Vom Auflesen der Eicheln.)Dig. 43,29De homine libero exhibendo (Von der Auslieferung freier Menschen.)Dig. 43,30De liberis exhibendis, item ducendis (Von der Auslieferung der Kinder und deren Abführung.)Dig. 43,31Utrubi (Vom (Interdicte) Wo immer.)Dig. 43,32De migrando (Vom Ausziehen lassen.)Dig. 43,33De Salviano interdicto (Vom Salvianischen Interdict.)
Dig. 23,3,70Pau­lus li­bro sex­to quaes­tio­num. In amb­iguis pro do­ti­bus re­spon­de­re me­lius est.

Paul. lib. VI. Quaestion. In zweifelhaften Fällen ist es besser, für das Heirathsgut zu sprechen.

Dig. 24,1,55Pau­lus li­bro sex­to quaes­tio­num. Uxor ma­ri­to suo pe­cu­niam do­na­vit: ma­ri­tus ex pe­cu­nia si­bi do­na­ta aut mo­bi­lem aut so­li rem com­pa­ra­vit: sol­ven­do non est et res ex­tant: quae­ro, si mu­lier re­vo­cet do­na­tio­nem, an uti­li­ter con­dic­ti­cia ex­pe­ria­tur? vi­de­tur enim ma­ri­tus, quam­vis sol­ven­do non sit, ex do­na­tio­ne lo­cu­ple­tior ef­fec­tus, cum pe­cu­nia mu­lie­ris com­pa­ra­ta ex­stet. re­spon­di: lo­cu­ple­tio­rem es­se ex do­na­tio­ne ne­ga­ri non pot­est: non enim quae­ri­mus, quid de­duc­to ae­re alie­no li­be­rum ha­beat, sed quid ex re mu­lie­ris pos­si­deat. so­lo enim se­pa­ra­tur hic ab eo, cui res do­na­ta est, quod ibi res mu­lie­ris per­ma­net et vin­di­ca­ri11Die Großausgabe liest vin­di­ca­re statt vin­di­ca­ri. di­rec­to pot­est: et erit de­te­rior cau­sa vi­ri, si ei pe­cu­nia qua­te­nus res va­let, non ul­tra id ta­men quod do­na­tum est, con­di­ca­tur, quam si do­tis iu­di­cio con­ve­nia­tur. sed ni­hil pro­hi­bet et­iam in rem uti­lem mu­lie­ri in ip­sas res ac­com­mo­da­re.

Paul. lib. VI. Quaest. Eine Ehefrau hat ihrem Ehemanne Geld geschenkt, der Ehemann hat sich mit dem ihm geschenkten Gelde eine bewegliche oder dem Erdboden angehörige Sache angeschafft, er ist zahlungsunfähig, und die Sachen sind vorhanden; ich frage, ob die Frau, wenn sie die Schenkung widerrufe, wirksam mit der Condiction[sklage] verfahre? — es scheint nämlich der Ehemann, obwohl er zahlungsunfähig ist, durch die Schenkung reicher geworden zu sein, da die mit dem Geld der Frau angeschaffte Sache noch vorhanden ist. Ich habe das Gutachten ertheilt: dass er durch die Schenkung reicher sei, kann man nicht leugnen, denn wir fragen nicht, was er nach Abzug seiner Schulden frei habe, sondern was er aus dem Vermögen der Frau besitze; denn er unterscheidet sich von einem solchen [Ehemanne], welchem eine Sache geschenkt ist, blos dadurch, dass da die Sache Eigenthum der Frau bleibt, und direct vindicirt werden kann. Und es wird die Lage des Mannes schlechter sein, wenn man von ihm soviel Geld, als die Sache werth ist, jedoch nicht mehr, als das, was ihm geschenkt worden ist, condicirt, als wenn er mit der Heirathsgutsklage belangt wird11Weil er bei der actio dotis das sog. beneficium competentiae hat, nicht aber bei der condictio sine causa (welche seit der Oratio angestellt werden musste, weil nun die Schenkung ungültig war; früher, als die Schenkung noch verboten war, fand die condictio ex injusta causa Statt). S. v. Glück a. a. O. VIII. S. 186 ff. XXVI. S. 187 ff.. Aber es steht nichts im Wege, der Frau auch eine analoge dingliche Klage auf die Sachen selbst zu geben.

Dig. 24,3,45Idem li­bro sex­to quaes­tio­num. Gaius Se­ius avus ma­ter­nus Se­iae nep­ti, quae erat in pa­tris po­tes­ta­te, cer­tam pe­cu­niae quan­ti­ta­tem do­tis no­mi­ne Lu­cio Ti­tio ma­ri­to de­dit et in­stru­men­to do­ta­li hu­ius­mo­di pac­tum et sti­pu­la­tio­nem com­ple­xus est: ‘si in­ter Lu­cium Ti­tium ma­ri­tum et Se­iam di­vor­tium si­ne cul­pa mu­lie­ris fac­tum es­set, dos om­nis Se­iae uxo­ri vel Gaio Se­io avo ma­ter­no red­de­re­tur re­sti­tue­re­tur­que’. quae­ro, cum Se­ius avus ma­ter­nus sta­tim vi­ta de­func­tus sit et Se­ia post­ea si­ne cul­pa sua di­vor­te­rit vi­vo pa­tre suo, in cu­ius po­tes­ta­te est, an et cui ac­tio ex hoc pac­to et sti­pu­la­tio­ne com­pe­tat et utrum he­redi avi ma­ter­ni ex sti­pu­la­tu an nep­ti. re­spon­di in per­so­na qui­dem nep­tis vi­de­ri in­uti­li­ter sti­pu­la­tio­nem es­se con­cep­tam, quon­iam avus ma­ter­nus ei sti­pu­la­tus pro­po­ni­tur: quod cum ita est, he­redi sti­pu­la­to­ris, quan­do­que di­vor­te­rit mu­lier, ac­tio com­pe­te­re vi­de­tur. sed di­cen­dum est Se­iae pos­se do­tem sol­vi (quam­vis ac­tio ei di­rec­to non com­pe­tat), ac si si­bi aut il­li da­ri avus sti­pu­la­tus es­set. sed per­mit­ten­dum est nep­ti ex hac avi­ta con­ven­tio­ne, ne com­mo­do do­tis de­fru­de­tur, uti­lem ac­tio­nem: fa­vo­re enim nup­tia­rum et ma­xi­me prop­ter af­fec­tio­nem per­so­na­rum ad hoc de­cur­ren­dum est.

Ad Dig. 24,3,45Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 316, Note 6.Idem lib. VI. Quaest. Cajus Sejus, der mütterliche Grossvater hat für die Seja, seine Enkelin, welche sich in der Gewalt ihres Vaters befand, einen bestimmten Geldbetrag als Heirathsgut dem Lucius Titius, ihrem Ehemanne, gegeben, und hat in die Urkunde über das Heirathsgut ein Pactum und eine Stipulation des Inhalts aufgenommen, [dass,] wenn zwischen dem Lucius Titius, dem Ehemanne, und der Seja eine Scheidung ohne Schuld der Frau erfolgt wäre, das ganze Heirathsgut der Seja, der Ehefrau, oder dem Cajus Sejus, dem mütterlichen Grossvater zurückgegeben und ausgeantwortet werden sollte. Da Sejus, der mütterliche Grossvater, sogleich verstorben ist, und Seja sich nachher ohne ihre Schuld beim Leben ihres Vaters, in dessen Gewalt sie steht, geschieden hat, so frage ich, ob und wem die Klage aus diesem Pactum und der Stipulation zustehe, und ob dem Erben des mütterlichen Grossvaters aus der Stipulation, oder der Enkelin? Ich habe das Gutachten ertheilt, in Betreff der Person der Enkelin scheine zwar die Stipulation unwirksam abgefasst zu sein, weil angeführt wird, dass der mitterliche Grossvater für sie stipulirt habe; und weil dies so ist, so scheint dem Erben des Stipulators, wenn sich die Frau einst geschieden haben wird, die Klage zuzustehen. Aber man muss sagen, dass der Seja das Heirathsgut gezahlt werden könne, — obwohl ihr die Klage direct nicht zusteht, — gleich als wenn der Grossvater stipulirt hätte, dass entweder ihm oder ihr [das Heirathsgut] gegeben werden solle22Sie wird hiernach als eine adjecta solutionis gratia angesehen, und daraus folgt, dass sie zwar keine Klage hat, ihr aber das Schuldige gezahlt werden kann. S. §. 4. I. de inutil. stip. 3. 19. (20.) und v. Glück a. a. O. S. 191.. Aber es ist der Enkelin zu erlauben, aus dieser grossväterlichen Uebereinkunft eine analoge Klage zu haben, damit sie nicht um den Vortheil des Heirathsguts betrogen werde; man muss nämlich wegen der Begünstigung der Ehe und vorzüglich wegen der Zuneigung der Personen zu diesem [Auskunftsmittel] greifen.

Dig. 25,2,18Pau­lus li­bro sex­to quaes­tio­num. sed et do­mi­no con­dic­tio com­pe­tet. sed al­ter­utri age­re per­mit­ten­dum est.

Paul. lib. VI. Quaest. Aber auch dem Eigenthümer33Der zum Pfand gegebenen Sachen. wird die Condiction [gegen die Frau] zustehen, aber es ist nur Einem von Beiden zu erlauben, dass er klage.

Dig. 25,2,28Pau­lus li­bro sex­to quaes­tio­num. Si uxor rem vi­ri ei, cui eam vir com­mo­da­ve­rit, sub­ri­pue­rit is­que con­ven­tus sit, ha­be­bit fur­ti ac­tio­nem, quam­vis vir ha­be­re non pos­sit.

Paul. lib. VI. Quaest. Wenn eine Ehefrau eine Sache des Mannes dem, welchem sie der Mann geliehen hatte, weggenommen haben, und derselbe belangt sein wird, so wird er die Diebstahlsklage haben, obwohl sie der Mann nicht haben kann.

Dig. 26,2,30Pau­lus li­bro sex­to quaes­tio­num. Duo sunt Ti­tii, pa­ter et fi­lius: da­tus est tu­tor Ti­tius nec ap­pa­ret, de quo sen­sit tes­ta­tor: quae­ro, quid sit iu­ris. re­spon­dit: is da­tus est, quem da­re se tes­ta­tor sen­sit: si id non ap­pa­ret, non ius de­fi­cit, sed pro­ba­tio, igi­tur ne­uter est tu­tor.

Paul. lib. VI. Quaest. Es gibt zwei Titius, Vater und Sohn. Ein Titius wurde zum Vormunde bestellt, aber es ist nicht deutlich, welchen der Erblasser im Sinne hatte. Nun frage ich, was ist hier Rechtens? Antwort: der ist bestellt, welchen der Erblasser zu bestellen im Sinne hatte. Ist aber dies nicht deutlich, so liegt der Fehler nicht am Rechte, sondern am Mangel der Beweisführung. Deswegen ist keiner von Beiden Vormund.

Dig. 27,1,31Pau­lus li­bro sex­to quaes­tio­num. Si is, qui tres tu­te­las ad­mi­nis­tra­bat, duo­bus pu­pil­lis di­ver­sis de­cre­tis da­tus est qui po­tuit ex­cu­sa­ri, et prius­quam cau­sas ex­cu­sa­tio­nis al­le­ga­ret, unus ex pu­pil­lis, quo­rum iam tu­te­lam ad­mi­nis­tra­bat, de­ces­sit, ubi de­siit ei com­pe­te­re ex­cu­sa­tio, sta­tim te­nuit eum prius de­cre­tum, qua­si in lo­co ter­tiae tu­te­lae quar­ta sub­ro­gan­da: nam ip­so iu­re tu­tor est et an­te­quam ex­cu­se­tur. po­tuit er­go tu­te­la eius, qui nunc quar­to lo­co in­ve­ni­tur, ex­cu­sa­ri: sed cum non sit ex­cu­sa­tus, ne­ces­sa­rio sub­eun­dum est onus il­lius quo­que tu­te­lae. nec me mo­vet, quod di­cat ali­quis hoc ne ex­igi, an ad­mi­nis­tre­tur tu­te­la: hoc enim eo per­ti­net, ne sit fi­ni­ta ad­mi­nis­tra­tio: ce­te­rum si pe­ri­cu­lum sus­ti­neat ces­sa­tio­nis, pu­to ei im­pu­tan­dam eam quo­que tu­te­lam. 1Idem eve­ni­re pot­est, si duo­bus tes­ta­men­tis, cum ha­be­ret tres tu­te­las, tu­tor da­tus est: ubi non aper­ta­rum ta­bu­la­rum tem­pus in­spi­ci de­be­bit, si quae­ra­tur, quae prior de­la­ta sit tu­te­la, sed ad­itae he­redi­ta­tis vel con­di­cio­nis ex­is­ten­tis. 2Il­la quo­que erit dif­fe­ren­tia tu­te­la­rum, de qui­bus di­xi­mus, si ter­tia et quar­ta sit de­la­ta, li­cet in quar­tam prius de­ten­tus sit, quod hu­ius, id est quar­tae, ex quo ius­sus est ad­mi­nis­tra­re, il­lius ex quo da­tus est pe­ri­cu­lum sus­ti­net. 3Eum, qui pu­pil­lum bo­nis pa­ter­nis abs­ti­nue­rat, de­ti­nen­dum in quar­ta tu­te­la ex­is­ti­ma­vi qua­si de­po­si­ta il­la. 4Ce­te­rum pu­ta­rem rec­te fac­tu­rum prae­to­rem, si et­iam unam tu­te­lam suf­fi­ce­re cre­di­de­rit, si tam dif­fu­sa et neg­otio­sa sit, ut pro plu­ri­bus ce­dat. ne­que igi­tur fra­tres con­sor­tes plu­rium lo­co ha­ben­di sunt, ne­que non fra­tres, si idem pa­tri­mo­nium ha­bent et ra­tio ad­mi­nis­tra­tio­nis pa­ri­ter red­den­da sit. et ex di­ver­so fra­tres di­vi­so pa­tri­mo­nio duae tu­te­lae sunt: non enim, ut di­xi, nu­me­rus pu­pil­lo­rum, sed dif­fi­cul­tas ra­tio­num con­fi­cien­da­rum et red­den­da­rum con­si­de­ran­da est.

Paul. lib. VI. Quaest. Wenn der, welcher drei Vormundschaften verwaltete, zwei Mündeln durch verschiedene Decrete [zum Vormunde] gegeben worden ist, und er sich [deshalb] hätte entschuldigen können, aber (et) bevor er die Entschuldigungsgründe anführte, einer von den Mündeln, deren Vormundschaft er schon verwaltete, gestorben ist, so hat ihn von da an, wo ihm die Entschuldigung zuzustehen aufgehört hat, sogleich das erste Decret verbindlich gemacht, gleich als ob an die Stelle der dritten Vormundschaft die vierte zu setzen sei; denn er ist von Rechts wegen Vormund, auch ehe er sich entschuldigt. Er hätte sich also gegen die Vormundschaft über den, welcher sich nun an der vierten Stelle befindet, entschuldigen können, aber da er sich nicht entschuldigt hat, so ist nothwendiger Weise die Last auch jener Vormundschaft zu übernehmen. Auch macht mich das nicht wankend44Dieser Einwurf hat die Frage zum Gegenstand, ob der Vormund sich gegen die fünfte Vormundschaft entschuldigen könne, da er ja die vierte noch nicht verwalte. Paulus bejaht es; weil die Bestimmung, dass der, welcher eine Vormundschaft nicht verwalte, nicht derselben entschuldigen könne, von einer beendigten Vormundschaft zu verstehen sei, und er doch für den Fall eines Versäumnisses die Gefahr der vierten schon trage. S. v. Glück XXXII. S. 11. f., dass vielleicht Jemand sagt, ob das nicht erfordert werde, dass die Vormundschaft verwaltet werde. Denn das bezieht sich darauf, dass die Verwaltung nicht geendigt ist; sonst, wenn er die Gefahr der Versäumung trägt, so glaube ich, ist ihm auch diese Vormundschaft einzurechnen. 1Dasselbe kann sich zutragen, wenn [Jemand], da er drei Vormundschaften hatte, in zwei Testamenten zum Vormunde bestellt worden ist; wo man, wenn gefragt werden sollte, welche Vormundschaft zuerst angetragen sei, nicht auf die Zeit der Eröffnung des Testaments, sondern auf die der Antretung der Erbschaft, oder des Eintritts der Bedingung, wird sehen müssen. 2Auch der Unterschied wird unter den Vormundschaften, von denen wir gesprochen haben, eintreten, falls [nämlich] eine dritte und vierte angetragen worden ist, wenngleich er zuerst wegen der vierten die Auflage, sie zu übernehmen, erhalten hat55Licet in quarta (st. quartam mit Haloander und And. auch Beck, s. Brencmann im Gött. C. J.) prius detentus sit. Vgl. v. Glück a. a. O. S. 16. f., dass er die Gefahr dieser, das heisst, der vierten von da an, wo ihm befohlen ward, sie zu verwalten, jener von da an trägt, wo er bestellt worden ist. 3Ich bin der Meinung gewesen, dass der, welcher einen [seiner drei] Mündel von dem väterlichen Nachlasse losgesagt hat, wegen einer vierten Vormundschaft Auflage erhalten müsse, gleich als ob jene niedergelegt worden wäre. 4Uebrigens möchte ich glauben, dass der Prätor recht handeln würde, wenn er auch eine einzige Vormundschaft für hinreichend halten sollte, wenn sie so ausgebreitet und geschäftsreich ist, dass sie für mehrere gelten kann. Es sind also Brüder, welche ein ungetheiltes Vermögen besitzen66Consortes, s. Cujac. Observatt. V. c. 10., nicht für mehrere zu halten, und ebenso Brüder, wenn sie ein und dasselbe Vermögen haben, und die Rechnung über die Verwaltung zusammen abzulegen ist. Und umgekehrt sind, wenn zwei Brüder ein getheiltes Vermögen haben, zwei Vormundschaften vorhanden; denn es ist, wie ich gesagt habe, nicht auf die Zahl der Mündel, sondern auf die Schwierigkeit der Verfertigung und Ablegung der Rechnungen zu sehen.

Dig. 50,17,85Idem li­bro sex­to quaes­tio­num. In amb­iguis pro do­ti­bus re­spon­de­re me­lius est. 1Non est no­vum, ut quae se­mel uti­li­ter con­sti­tu­ta sunt, du­rent, li­cet il­le ca­sus ex­sti­te­rit, a quo in­itium ca­pe­re non po­tue­runt. 2Quo­tiens ae­qui­ta­tem de­si­de­rii na­tu­ra­lis ra­tio aut du­bi­ta­tio iu­ris mo­ra­tur, ius­tis de­cre­tis res tem­pe­ran­da est.

Übersetzung nicht erfasst.