Quaestionum libri
Ex libro XVI
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Dig. 18,4,21Paulus libro sexto decimo quaestionum. Venditor ex hereditate interposita stipulatione rem hereditariam persecutus alii vendidit: quaeritur, quid ex stipulatione praestare debeat: nam bis utique non committitur stipulatio, ut et rem et pretium debeat. et quidem si, posteaquam rem vendidit heres, intercessit stipulatio, credimus pretium in stipulationem venisse: quod si antecessit stipulatio, deinde rem nactus est, tunc rem debebit. si ergo hominem vendiderit et is decesserit, an pretium eiusdem debeat? non enim deberet Stichi promissor, si eum vendidisset, mortuo eo, si nulla mora processisset. sed ubi hereditatem vendidi et postea rem ex ea vendidi, potest videri, ut negotium eius agam quam hereditatis. sed hoc in re singulari non potest credi: nam si eundem hominem tibi vendidero et necdum tradito eo alii quoque vendidero pretiumque accepero, mortuo eo videamus ne nihil tibi debeam ex empto, quoniam moram in tradendo non feci (pretium enim hominis venditi non ex re, sed propter negotiationem percipitur) et sic sit, quasi alii non vendidissem: tibi enim rem debebam, non actionem. at cum hereditas venit, tacite hoc agi videtur, ut, si quid tamquam heres feci, id praestem emptori, quasi illius negotium agam: quemadmodum fundi venditor fructus praestet bonae fidei ratione, quamvis, si neglexisset ut alienum, nihil ei imputare possit, nisi si culpa eius argueretur. quid si rem quam vendidi alio possidente petii et litis aestimationem accepi, utrum pretium illi debeo an rem? utique rem, non enim actiones ei, sed rem praestare debeo: et si vi deiectus vel propter furti actionem duplum abstulero, nihil hoc ad emptorem pertinebit. nam si sine culpa desiit detinere venditor, actiones suas praestare debebit, non rem, et sic aestimationem quoque: nam et aream tradere debet exusto aedificio.
Ad Dig. 18,4,21Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 390, Note 17; Bd. II, § 422, Note 8; Bd. III, § 621, Note 13.Paul. lib. XVI. Quaest. Ein Erbschaftsverkäufer verkaufte, während eine Stipulation in Betreff derselben11Ex hereditate ist nach Glück XVI. p. 334. n. 96 zu construiren. Die fragliche Stipulation erklärt die Glosse dahin: das, was er, der Verkäufer, noch an Erbschaftssachen erhalten werde, dem Käufer aushändigen zu wollen. in Mitte lag, eine zur Erbschaft gehörige Sache, die in seine Hände gelangt war, an einen Dritten. Es fragt sich, zu welchen Leistungen er in Folge der Stipulation verpflichtet sei; denn eine zweifache Verbindlichkeit, so dass er die Sache und deren Kaufpreis zu entrichten hätte, kann gewiss nicht durch die Stipulation verwirkt werden. Ist nun, erst nach bewerkstelligtem Verkaufe der Sache, die Stipulation erfolgt, so gilt, nach unserer Meinung, der Kaufpreis als Gegenstand der Stipulation; ist die Stipulation vorangegangen, und der Verkäufer später zum Besitze der Sache gelangt, so bildet die Sache den Gegenstand der Verpflichtung. Wenn er demnach einen Sclaven verkauft hat, und derselbe gestorben ist, muss er da dessen Kaufpreis entrichten? Denn, wenn Jemand den Stichus versprochen und ihn verkauft hätte, so würde er, falls derselbe gestorben und kein Verzug vorgefallen ist, keine Verbindlichkeit der Art haben. Aber wenn ich eine Erbschaft, und hernach nochmals einen Gegenstand davon verkauft habe, so kann dies so angesehen werden, dass ich vielmehr ein Geschäft für den Käufer als für die Erbschaft führe22So nach Cujaz, s. Glück XVI. 335. n. 98. A. d. R.. Dies lässt sich jedoch bei einer einzelnen Sache33D. h. bei einem über eine einzelne Sache abgeschlossenen simpeln Kauf, wenn von dem einer Erbschaft gar nicht die Rede ist. A. d. R. nicht annehmen; denn wenn ich dir einen Sclaven verkauft habe, vor dessen Uebergabe ihn aber auch an einen Dritten verkaufe und den Kaufschilling empfange, der Sclav aber stirbt, so ist es einleuchtend, dass ich aus dem Kaufe keine Verbindlichkeit gegen dich habe, weil ich keinen Verzug hinsichtlich der Uebergabe mir zu Schulden kommen liess: der Preis des verkauften Sclaven wird nämlich nicht von dem Gegenstande selbst, sondern [unmittelbar] aus dem Handel erzielt, und es gilt deshalb ein Gleiches, als ob ich an den Dritten überhaupt gar nicht verkauft hätte; denn der Gegenstand meiner Verbindlichkeit gegen dich war eine Sache, nicht eine Klage. Wird hingegen eine Erbschaft verkauft, so scheint eine stillschweigende Uebereinkunft getroffen worden zu sein, dass ich für alle Handlungen, die ich als Erbe unternommen habe, dem Käufer hafte, als ob ich sein Geschäftsführer gewesen; gleichwie der Verkäufer eines Landgutes vermöge des guten Glaubens die Nutzungen erstatten muss, obgleich demselben, wenn er dasselbe wie ein ihm fremdes vernachlässigt hätte, nichts zur Last gelegt werden könnte, wenn sich nicht eine Verschuldung von seiner Seite ergibt44Ueber das tertium comparationis s. Glück a. a. O. p. 334.. Wenn ich [endlich] eine Sache, die ich verkauft, von einem dritten Besitzer eingeklagt und die Streitwürderung erhalten habe, habe ich da dem Käufer den Kaufpreis, oder die Sache zu entrichten? Offenbar die Sache; denn der Gegenstand meiner Verbindlichkeit besteht nicht in der Abtretung von Klagen, sondern der Sache. Bin ich gewaltsam des Besitzes entsetzt worden, oder habe ich mit der Diebstahlsklage das Doppelte zuerkannt erhalten, so gebührt davon nichts dem Käufer: denn hat der Verkäufer ohne sein Verschulden den Besitz verloren, so braucht er blos sein Klagerecht abzutreten, nicht die Sache zu verschaffen, und eben so wenig deren Streitwürderung; so braucht er auch blos den Grund und Boden zu übergeben, wenn das Gebäude abgebrannt ist.
Dig. 21,2,71Idem libro sexto decimo quaestionum. Pater filiae nomine fundum in dotem dedit: evicto eo an ex empto vel duplae stipulatio committatur, quasi pater damnum patiatur, non immerito dubitatur: non enim sicut mulieris dos est, ita patris esse dici potest nec conferre fratribus cogitur dotem a se profectam manente matrimonio. sed videamus, ne probabilius dicatur committi hoc quoque casu stipulationem: interest enim patris filiam dotatam habere et spem quandoque recipiendae dotis, utique si in potestate sit. quod si emancipata est, vix poterit defendi statim committi stipulationem, cum uno casu ad eum dos regredi possit. numquid ergo tunc demum agere possit, cum mortua in matrimonio filia potuit dotem repetere, si evictus fundus non esset? an et hoc casu interest patris dotatam filiam habere, ut statim convenire promissorem possit? quod magis paterna affectio inducit.
Idem lib. XVI. Quaest. Ein Vater hat für seine Tochter ein Grundstück zur Mitgift gegeben; wenn dasselbe entwährt worden ist, so zweifelt man nicht mit Unrecht, ob [die Klage] aus dem Kaufe [zustehe,] oder die Stipulation des Doppelten verfalle, gleich als ob der Vater Schaden leide. Man kann nämlich nicht ebenso, wie die Mitgift der Frau gehört, auch sagen, dass sie dem Vater gehöre; auch wird er nicht gezwungen, eine von ihm gekommene Mitgift, so lange die Ehe besteht, seinen Brüdern55Bei der Beerbung ihres Vaters in die Erbschaft. einzuwerfen. Doch möchte man wohl mit mehr Wahrscheinlichkeit sagen, dass auch in diesem Falle die Stipulation verfalle; denn es liegt dem Vater daran, eine ausgestattete Tochter und die Hoffnung zu haben, einst die Mitgift wieder zu erhalten, jeden Falls, wenn [die Tochter] sich in seiner Gewalt befindet. Wenn sie aber aus der väterlichen Gewalt entlassen ist, so wird man es kaum vertheidigen können, dass die Stipulation sogleich verfalle, da die Mitgift [dann nur] in einem einzigen Fall an ihn zurückkehren kann66Dann nämlich, wenn die Ehe durch den Tod der Tochter getrennt wird. S. L. 6. pr. D. de jure dot. 23. 3. L. 10. pr. D. sol. matr. 24. 3.. Kann er also etwa dann erst klagen, wenn er nach dem während der Ehe erfolgten Tode der Tochter die Mitgift hätte zurückfordern können, wenn das Grundstück nicht entwährt worden wäre? Oder liegt auch in diesem Fall dem Vater daran, eine ausgestattete Tochter zu haben, so dass er den Versprecher sogleich belangen kann? Und dies bringt die väterliche Zuneigung mehr mit sich.