Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Paul.quaest. XV
Quaestionum lib.Pauli Quaestionum libri

Quaestionum libri

Ex libro XV

1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
Dig. 1,1De iustitia et iure (Von der Gerechtigkeit und dem Recht.)Dig. 1,2De origine iuris et omnium magistratuum et successione prudentium (Von dem Ursprung des Rechts und aller Staatsbeamten, so wie der Folge der Rechtsgelehrten.)Dig. 1,3De legibus senatusque consultis et longa consuetudine (Von den Gesetzen, den Senatsbeschlüssen und dem Gewohnheitsrechte.)Dig. 1,4De constitutionibus principum (Von den Constitutionen der Kaiser.)Dig. 1,5De statu hominum (Vom Zustand der Menschen.)Dig. 1,6De his qui sui vel alieni iuris sunt (Von denen, die eigenen Rechtens, und denen, die fremdem Rechte unterworfen sind.)Dig. 1,7De adoptionibus et emancipationibus et aliis modis quibus potestas solvitur (Von der Annahme an Kindes Statt, der Entlassung aus der [väterlichen] Gewalt, und andern Arten deren Aufhebung.)Dig. 1,8De divisione rerum et qualitate (Von der Eintheilung der Sachen und deren Beschaffenheit.)Dig. 1,9De senatoribus (Von den Senatoren.)Dig. 1,10De officio consulis (Von der Amtspflicht des Consuls.)Dig. 1,11De officio praefecti praetorio (Von der Amtspflicht des Präfectus Prätorio.)Dig. 1,12De officio praefecti urbi (Von der Amtspflicht des Stadtvorstehers.)Dig. 1,13De officio quaestoris (Von der Amtspflicht des Quästors.)Dig. 1,14De officio praetorum (Von der Amtspflicht der Prätoren.)Dig. 1,15De officio praefecti vigilum (Von der Amtspflicht des Wachtvorstehers.)Dig. 1,16De officio proconsulis et legati (Von der Amtspflicht des Proconsul und des Legaten.)Dig. 1,17De officio praefecti Augustalis (Von der Amtspflicht des Kaiserlichen Präfecten.)Dig. 1,18De officio praesidis (Von der Amtspflicht des Präsidenten.)Dig. 1,19De officio procuratoris Caesaris vel rationalis (Von der Amtspflicht des Procurators des Kaisers oder Rentbeamten.)Dig. 1,20De officio iuridici (Von der Amtspflicht des Gerichtsverwalters.)Dig. 1,21De officio eius, cui mandata est iurisdictio (Von der Amtspflicht dessen, der mit der Gerichtsbarkeit beauftragt worden ist.)Dig. 1,22De officio adsessorum (Von der Amtspflicht der [Gerichts-] Beisitzer.)
Dig. 2,1De iurisdictione (Von der Gerichtsbarkeit.)Dig. 2,2Quod quisque iuris in alterum statuerit, ut ipse eodem iure utatur (Welche Rechtsgrundsätze Jemand gegen einen Andern aufgebracht hat, die sollen gegen ihn selbst in Anwendung gebracht werden dürfen.)Dig. 2,3Si quis ius dicenti non obtemperaverit (Wenn jemand dem, welcher Recht spricht, nicht gehorcht haben sollte.)Dig. 2,4De in ius vocando (Von der Berufung ins Gericht.)Dig. 2,5Si quis in ius vocatus non ierit sive quis eum vocaverit, quem ex edicto non debuerit (Wenn Jemand vor Gericht berufen worden und nicht gegangen ist, oder die dahin berufen worden sind, welche man dem Edicte nach nicht hätte berufen sollen.)Dig. 2,6In ius vocati ut eant aut satis vel cautum dent (Dass vor Gericht Berufene dahin gehen, oder Bürgen oder anders Sicherheit stellen.)Dig. 2,7Ne quis eum qui in ius vocabitur vi eximat (Dass Niemand den, welcher vor Gericht berufen wird, mit Gewalt entreisse.)Dig. 2,8Qui satisdare cogantur vel iurato promittant vel suae promissioni committantur (Von denen, welche gezwungen werden, Sicherheit zu stellen, oder ein eidliches Versprechen leisten, oder auf ihr einfaches Versprechen entlassen werden.)Dig. 2,9Si ex noxali causa agatur, quemadmodum caveatur (Wie Sicherheit gestellt wird, wenn eine Noxalklage erhoben [oder: wegen Schädenansprüchen geklagt] wird.)Dig. 2,10De eo per quem factum erit quominus quis in iudicio sistat (Von dem, welcher daran Schuld ist, dass sich Jemand nicht vor Gericht stellt.)Dig. 2,11Si quis cautionibus in iudicio sistendi causa factis non obtemperaverit (Wenn Jemand dem geleisteten Versprechen, sich vor Gerichte zu stellen, nicht nachgekommen ist.)Dig. 2,12De feriis et dilationibus et diversis temporibus (Von den Gerichtsferien und Aufschubsgestattungen und der Berechnung verschiedener Zeiten.)Dig. 2,13De edendo (Vom Vorzeigen.)Dig. 2,14De pactis (Von Verträgen.)Dig. 2,15De transactionibus (Von Vergleichen.)
Dig. 40,1De manumissionibus (Von den Freilassungen.)Dig. 40,2De manumissis vindicta (Von den durch den Stab freigelassenen [Sclaven].)Dig. 40,3De manumissionibus quae servis ad universitatem pertinentibus imponuntur (Von den Freilassungen, welche Sclaven ertheilt werden, welche einer Gemeinheit angehören.)Dig. 40,4De manumissis testamento (Von den durch ein Testament freigelassenen [Sclaven.])Dig. 40,5De fideicommissariis libertatibus (Von den fideicommissarischen Freiheiten.)Dig. 40,6De ademptione libertatis (Von der Zurücknahme der Freiheit.)Dig. 40,7De statuliberis (Von den Bedingtfreien.)Dig. 40,8Qui sine manumissione ad libertatem perveniunt (Welche [Sclaven] ohne Freilassung zur Freiheit gelangen.)Dig. 40,9Qui et a quibus manumissi liberi non fiunt et ad legem Aeliam Sentiam (Welche Sclaven durch die Freilassung wegen ihrer selbst, und wegen ihres Freilassers nicht frei werden, und zum Aelisch-Sentischen Gesetz.)Dig. 40,10De iure aureorum anulorum (Von dem Recht der goldenen Ringe.)Dig. 40,11De natalibus restituendis (Von der Zurückversetzung in den Geburtsstand.)Dig. 40,12De liberali causa (Von dem Rechtsstreit über die Freiheit.)Dig. 40,13Quibus ad libertatem proclamare non licet (Welche nicht auf die Freiheit Anspruch machen dürfen.)Dig. 40,14Si ingenuus esse dicetur (Wenn behauptet werden wird, dass [ein Freigelassener] ein Freigeborner sei.)Dig. 40,15Ne de statu defunctorum post quinquennium quaeratur (Dass der Rechtszustand Verstorbener nach fünf Jahren nicht untersucht werden soll.)Dig. 40,16De collusione detegenda (Von der Entdeckung eines heimlichen Einverständnisses.)
Dig. 43,1De interdictis sive extraordinariis actionibus, quae pro his competunt (Von den Interdicten und ausserordentlichen Klagen, die an deren Statt zuständig sind.)Dig. 43,2Quorum bonorum (Welchen Nachlass.)Dig. 43,3Quod legatorum (Was von Vermächtnissen.)Dig. 43,4Ne vis fiat ei, qui in possessionem missus erit (Dass Dem keine Gewalt geschehe, der in den Besitz gesetzt sein wird.)Dig. 43,5De tabulis exhibendis (Von der Auslieferung der Testamente.)Dig. 43,6Ne quid in loco sacro fiat (Dass an einem heiligen Orte Etwas nicht geschehe.)Dig. 43,7De locis et itineribus publicis (Von öffentlichen Plätzen und Wegen.)Dig. 43,8Ne quid in loco publico vel itinere fiat (Dass an einem öffentlichen Platze oder Wege Etwas nicht geschehe.)Dig. 43,9De loco publico fruendo (Von dem Genuss eines öffentlichen Platzes.)Dig. 43,10De via publica et si quid in ea factum esse dicatur (Von öffentlichen Strassen und wenn etwas in demselben errichtet werden sein soll.)Dig. 43,11De via publica et itinere publico reficiendo (Von der Ausbesserung öffentlicher Strassen und Wege.)Dig. 43,12De fluminibus. ne quid in flumine publico ripave eius fiat, quo peius navigetur (Von den Flüssen, dass Etwas in einem öffentlichen Flusse oder an dessen Ufer nicht geschehe, wodurch die Schifffahrt beeinträchtigt wird.)Dig. 43,13Ne quid in flumine publico fiat, quo aliter aqua fluat, atque uti priore aestate fluxit (Dass in einem öffentlichen Fluss Etwas nicht geschehe, wodurch der Wasserfluss gegen den im vorhergehenden Sommer geändert wird.)Dig. 43,14Ut in flumine publico navigare liceat (Dass die Schifffahrt an einem öffentlichen Flusse gestattet sei.)Dig. 43,15De ripa munienda (Von der Befestigung des Ufers.)Dig. 43,16De vi et de vi armata (Von der Gewalt und der Gewalt mit Waffen.)Dig. 43,17Uti possidetis (Wie ihr besitzet.)Dig. 43,18De superficiebus (Von Erbpachtungen.)Dig. 43,19De itinere actuque privato (Von Privatwegen.)Dig. 43,20De aqua cottidiana et aestiva (Vom täglichen Wasser und dem Sommerwasser.)Dig. 43,21De rivis (Von den Kanälen.)Dig. 43,22De fonte (Von den Quellen.)Dig. 43,23De cloacis (Von den Kloaken.)Dig. 43,24Quod vi aut clam (Was gewaltsam oder heimlich.)Dig. 43,25De remissionibus (Von den Remissionen.)Dig. 43,26De precario (Vom bittweisen [Besitzverhältniss].)Dig. 43,27De arboribus caedendis (Vom Baumfällen.)Dig. 43,28De glande legenda (Vom Auflesen der Eicheln.)Dig. 43,29De homine libero exhibendo (Von der Auslieferung freier Menschen.)Dig. 43,30De liberis exhibendis, item ducendis (Von der Auslieferung der Kinder und deren Abführung.)Dig. 43,31Utrubi (Vom (Interdicte) Wo immer.)Dig. 43,32De migrando (Vom Ausziehen lassen.)Dig. 43,33De Salviano interdicto (Vom Salvianischen Interdict.)
Dig. 45,1,130Pau­lus li­bro quin­to de­ci­mo quaes­tio­num. Quod di­ci­tur pa­trem fi­lio uti­li­ter sti­pu­la­ri, qua­si si­bi il­le sti­pu­la­re­tur, hoc in his ve­rum est, quae iu­ris sunt quae­que ad­quiri pa­tri pos­sunt: alio­quin si fac­tum con­fe­ra­tur in per­so­nam fi­lii, in­uti­lis erit sti­pu­la­tio, vel­uti ut te­ne­re ei vel ire age­re li­ceat. con­tra au­tem fi­lius et­iam ut ire pa­tri li­ceat sti­pu­lan­do ad­quiret ei: im­mo et quod in suam per­so­nam con­fer­re non pot­est, hoc pa­tri ad­quirat.

Paul. lib. XV. Quaest. Die Regel, dass der Vater dem Sohne rechtsgültig stipulire, gleich als wenn er sich stipulire, ist nur in solchen Fällen richtig, welche ein Recht auf eine Leistung begründen, und welche dem Vater erworben werden können. Wenn dagegen eine Handlung in die Person des Sohnes gestellt wird, so würde die Stipulation ungültig sein, z. B. dass ihm der Besitz, oder ein Fahrweg verstattet werden solle. Umgekehrt aber würde der Sohn, welcher stipulirt, dass auch dem Vater das Recht eines Fahrwegs zustehen solle, dem Vater erwerben und selbst auch Das, was er in seiner Person nicht stellen kann, wird er dem Vater erwerben11Unter juris versteht Paulus hier offenbar solche Verträge, welche den Promissor noch zu einer Leistung verpflichten, (denn hier konnte der Vater stipuliren, dass dem Sohne gegeben werde, weil es alsdann ihm gegeben wurde), unter factum aber solche Verträge, wo der Promissor weiter nichts zu thun, sondern nur das Thun des Stipulators, wie z. B. bei einer Servitut, zu leiden hatte; also, was das Allg. Preuss. Ld. R. Thl. I. tit. 7. §. 80. und 81. unter affirmative und negative Rechte versteht. Vergl. hierzu auch l. 82. D. de cond. et demonstrat. (XXXV. 1.).

Dig. 45,1,132Pau­lus li­bro quin­to de­ci­mo quaes­tio­num. Qui­dam cum fi­lium alie­num sus­ci­pe­ret, tra­den­ti pro­mi­se­rat cer­tam pe­cu­niae quan­ti­ta­tem, si eum ali­ter quam ut fi­lium ob­ser­vas­set. quae­ro, si post­mo­dum do­mo eum pro­pu­le­rit vel mo­riens ni­hil ei tes­ta­men­to re­li­que­rit, an sti­pu­la­tio com­mit­te­tur, et quid in­ter­sit, utrum fi­lius an alum­nus vel co­gna­tus agen­tis fue­rit. prae­ter­ea quae­ro, si fi­lium suum quis le­gi­ti­me in ad­op­tio­nem de­de­rit et ita, ut su­pra scrip­tum est, sti­pu­la­tio in­ter­ces­se­rit eum­que pa­ter ad­op­ti­vus ex­he­reda­ve­rit vel em­an­ci­pa­ve­rit, an sti­pu­la­tio com­mit­ta­tur. re­spon­di: sti­pu­la­tio uti­lis est in utro­que ca­su: igi­tur, si con­tra con­ven­tio­nem fac­tum sit, com­mit­te­tur sti­pu­la­tio. sed vi­dea­mus pri­mum in eo, qui le­gi­ti­me ad­op­ta­vit, an pos­sit com­mit­ti, si eum ex­he­reda­ve­rit vel em­an­ci­pa­ve­rit: haec enim pa­ter cir­ca fi­lium so­let fa­ce­re: igi­tur non ali­ter eum quam ut fi­lium ob­ser­va­vit. er­go ex­he­redatus de in­of­fi­cio­so agat. quid er­go di­ce­mus, si et me­ruit ex­he­re­da­ri? em­an­ci­pa­tus pla­ne et hoc re­me­dio ca­re­bit. qua­re sic de­buit in­ter­po­ni sti­pu­la­tio, ut, si eum em­an­ci­pas­set vel ex­he­redas­set, cer­tum quid pro­mit­te­ret. quo ta­men ca­su com­mis­sa sti­pu­la­tio­ne pot­est quae­ri, an ex­he­redato per­mit­ten­dum es­set di­ce­re de in­of­fi­cio­so? ma­xi­me, si pa­tri na­tu­ra­li he­res ex­ti­tis­set, an vic­to de­ne­gan­da est ex sti­pu­la­tu ac­tio? sed si ei, qui sti­pu­la­tus est, non de­buit de­ne­ga­ri vic­to fi­lio, nec ip­si de­ne­gan­da erit de­bi­tae pe­cu­niae ex­se­cu­tio. in eo au­tem, qui non ad­op­ta­vit, quem in­tel­lec­tum ha­beat haec con­cep­tio ‘si eum ali­ter quam ut fi­lium ob­ser­vas­set’, non pro­spi­cio: an et hic ex­igi­mus ex­he­reda­tio­nem vel em­an­ci­pa­tio­nem, res in ex­tra­neo in­ep­tas? sed si is, qui le­gi­ti­me ad­op­ta­vit, ni­hil fa­cit con­tra ver­ba sti­pu­la­tio­nis, cum uti­tur pa­trio iu­re in eo, qui haec non fe­cit, di­cit su­per­va­cuo: di­ci ta­men pot­erit com­mis­sam es­se sti­pu­la­tio­nem. 1Fi­lius fa­mi­lias ita sti­pu­la­tus est: ‘quan­tam pe­cu­niam Ti­tio cre­di­de­ro, fi­de tua es­se iu­bes?’ et em­an­ci­pa­tus cre­di­dit: pa­tri non de­be­bit fi­de­ius­sor, quia nec reus ei te­ne­tur.

Paul. lib. XV. Quaest. Jemand, der den Sohn eines Andern zu sich nahm, hatte dem Uebergebenden versprochen, ihm eine gewisse Summe Geldes zu geben, wenn er ihn nicht wie seinen Sohn behandeln würde. Ich frage an, ob, wenn er ihn nachher aus dem Hause gestossen, oder sterbend ihm nichts hinterlassen hat, die Stipulation verwirkt ist, und ob Etwas darauf ankommt, ob es ein Sohn, Pflegesohn oder Verwandter des Klagenden22Des Uebergebenden, welcher aus der Stipulation klagte. gewesen ist? Hiernächst frage ich an, ob, wenn Jemand seinen Sohn auf gesetzmässige Weise zur Adoption überlassen, und sowie oben angegeben worden ist, eine Stipulation dabei eingegangen worden, der Adoptivvater aber ihn enterbt, oder der väterlichen Gewalt entlassen hat, die Stipulation verwirkt werde? Ich antwortete: Die Stipulation ist in beiden Fällen gültig; ist daher gegen den Vertrag verstossen worden, so wird auch die Stipulation verwirkt werden. Wir wollen jedoch zuerst in Ansehung Dessen, welcher gesetzmässig adoptirt hat, untersuchen, ob die Stipulation verwirkt werden kann, wenn er ihn enterbt oder der väterlichen Gewalt entlassen hat? denn dies pflegt ein Vater ebenfalls zu thun; daher hat er ihn nicht anders als wie seinen Sohn behandelt. Ist er enterbt worden, so kann er wegen lieblosen Testaments klagen. Wie ist aber dann zu entscheiden, wenn er verdiente, enterbt zu werden? Ist er der väterlichen Gewalt entlassen worden33Nach der Flor., so wird ihm auch dies Rechtsmittel nicht zustehen. Deshalb musste die Stipulation so eingegangen werden, dass er ihm Etwas bestimmt versprach, wenn er ihn der väterlichen Gewalt entlassen oder enterbt hätte. Ist jedoch in diesem Falle die Stipulation verwirkt worden, so kann gefragt werden, ob dem Enterbten nachgelassen werden muss, wegen Lieblosigkeit zu klagen; besonders wenn er Erbe seines natürlichen Vaters geworden wäre? und ob, wenn er unterlegen hat44Nemlich mit der Klage wegen lieblosen Testaments., ihm die Klage aus der Stipulation zu versagen ist? Wenn sie aber Dem, welcher stipulirt hat, nicht versagt werden durfte, auch wenn der Sohn unterlegen hat, so wird auch diesem selbst die Verfolgung55Aus der Stipulation des Vaters, dessen Erbe er geworden ist. der schuldigen Geldsumme nicht versagt werden können. Welchen Sinn aber diese Fassung der Stipulation: Wenn er ihn nicht wie seinen Sohn gehalten hätte, bei Demjenigen haben soll, welcher nicht adoptirt hat, sehe ich nicht ein. Sollen wir auch hier [wenn die Stipulation verwirkt werden soll] Enterbung oder Entlassung aus der väterlichen Gewalt verlangen, Dinge, welche bei einem Fremden ungereimt sind? Wenn aber Derjenige, welcher gesetzmässig adoptirt hat, nichts gegen die Worte der Stipulation unternimmt, wenn er sich seines väterlichen Rechts bedient, so sagt auch Der, welcher nicht adoptirt hat, damit etwas Ueberflüssiges. Und demnach wird man entscheiden müssen, dass die Stipulation verwirkt worden sei66Dieses Fragment gehört ebenfalls zu denjenigen, welche sich durch ihre Dunkelheit auszeichnen, und hat daher die älteren Ausleger vielfach beschäftigt. Duarenus z. B. sagt davon in seiner Comment. zu diesem Titel, nachdem er den Kern dieser Stelle dahin angegeben hat, dass Paulus die Entscheidung auf das Vaterrecht setzt, ob diesem gemäss oder demselben entgegen gehandelt worden, was dann immer der Fall sei, wenn Dem, welcher dem Zusichgenommenen nichts hinterlassen oder ihn aus dem Hause gestossen, kein Vaterrecht zustand; haec est epitome totius hujus disputationis, cujus magna est tum in verbis tum in rebus obscuritas. Est enim hoc scribendi genus vere Paulinum, i. e. obscurum, implicatum et tortuosum. Paulus behauptet zuerst die Gültigkeit der ihm vorgelegten Stipulationen, weil sie Poenalstipulationen seien, wobei es auf das Interesse des Stipulators nicht weiter ankomme. Bei Dem, welcher gesetzmässig adoptirt hat, verneint er diese Frage, ob die Stipulation in Gemässheit der Anfrage verwirkt sei, sobald nur der Adoptivvater den Adoptivsohn entweder enterbt oder emancipirt habe, weil er dann nur in den Grenzen der väterlichen Gewalt geblieben, indem auch der Vater dem enterbten Sohne nichts hinterlasse, den emancipirten aus dem Hause entlasse. Nun schiebt er, gleichsam als weiter über den Fall meditirend, die Fragen ein, welche Rechtsmittel dem enterbten Adoptivsohne zustehen, auch wenn er verdiente enterbt zu werden und schon der väterlichen Gewalt entlassen war, und ob der Sohn, welcher Erbe seines natürlichen Vaters geworden, die Klage wegen lieblosen Testaments anstellen, und nachher in Gemässheit dieses Erbrechts auch noch aus der Stipulation klagen kann, wenn er mit der ersten Klage nicht durchgekommen ist. Erst nach Beantwortung dieser Zwischenfragen kommt er auf die Hauptfrage, inwieweit die obige Stipulation bei Dem, welcher nicht adoptirt hat, als verwirkt anzunehmen sei, wenn er dem Zusichgenommenen nichts hinterlässt oder ihn aus dem Hause stösst. Er bejaht solche zwar, führt aber die Gründe seiner Behauptung nicht an, sondern lässt sie aus den Vordersätzen nur errathen, aus denen sich jedoch die Richtigkeit seiner Antwort ganz evident ergiebt. Denn ein jeder Vater, welcher dem Sohne nichts hinterlassen, oder ihn aus dem Hause stossen wollte, musste den Sohn vorher enterben oder aus der Vatergewalt entlassen. Von dem Adoptivvater war daher alsdann nicht gegen die Stipulation verstossen worden, wenn er es nach vorheriger Enterbung und Emancipation gethan hatte, weil er sich dann nur der Rechte bedient hatte, die dem Vater auch zustehen. Wollte aber der blosse Extraneus den Zusichgenommenen vorher enterben oder emancipiren, so würde dies lächerlich sein, weil nur dem Vater oder Adoptivvater solche Rechte zustehen. Der Extraneus verstiess daher allerdings immer gegen die Stipulation, wenn er den Zusichgenommenen, den er wie seinen Sohn halten wollte, aus dem Hause stiess oder nichts hinterliess, weil er ihn vorher nicht exherediren oder emancipiren konnte, indem nur dem wirklichen oder Adoptivvater diese Rechte zustehen; der Adoptivvater aber nur dann nicht, wenn er ihn vorher exheredirt oder emancipirt hatte. Cujac. in Recit. solen. ad Paul. quaest. lib. XV. sagt daher auch: Et priore casu, si filium alienum Titius in adoptionem non acceperit, sed suae fidei commissum a patre susceperit, deinde eum abdicaverit et domo exegerit, stipulatio committitur, quia in eo non se gessit, ut Romae patres solent, qui nunquam abdicant filios. Und eben dieser Ansicht ist der berühmte Donellus in seinem Commentar zu diesem Titel, indem er sagt: Summa responsi haec est: cum quis promisit poenam, si eum quem pro filio susciepiebat, non observasset ut filium: stipulationem quidem semper valere, sive suscipiat extraneus, sive is, qui adoptet legitime, sed aliter atque aliter committi, prout est is, qui suscepit. Nam si id faciat, qui legitime adoptavit, hunc in ea causa esse, ut impune filium susceptum etiam ejiciat domo, dum emancipet: impune nihil ei relinquat moriens, dum exheredet: si quidem pater filium emancipans aut exheredans id facit, quod est patris, ut in his non aliter susceptum habeat et observet, quam solet filium pater, qui jure suo utitur. Quod si is id caverit, qui non adoptavit, contra esse: non posse hunc ullo modo eum, quem suscepit, pellere domo, aut ei nihil relinquere, quin stipulatio committatur; nam nec pater ipse haec eodem facere potest, quia contra officium patris erga liberos, eoque et contra stipulationem faciat: si modo ea faciat non interposita emancipatione vel exheredatione: at haec certum est ab extraneo interponi non posse. Non habetur ut filius qui vere non emancipatur vel vere non exheredatur.. 1Ein Haussohn hatte so stipulirt: Willst du für die jenige Summe, die ich dem Titius leihen werde, Bürgschaft leisten? und gab, nachdem er aus der väterlichen Gewalt entlassen worden, das Darlehn. Der Bürge hat gegen den Vater keine Schuld, weil auch der Hauptschuldner ihm nicht verhaftet ist77Denn die Stipulation trat erst nach der Entlassung aus der väterlichen Gewalt in Wirksamkeit, folglich auch ihr accessorium, die Bürgschaft..

Dig. 45,3,20Pau­lus li­bro quin­to de­ci­mo quaes­tio­num. Li­ber ho­mo bo­na fi­de mi­hi ser­vit: sti­pu­la­tur ex re mea vel ex ope­ris suis Sti­chum, qui ip­sius est: ma­gis est, ut mi­hi ad­quirat, quia et si ser­vus es­set meus, ad­quire­ret mi­hi: nec enim il­lud di­ci de­bet, qua­si il­le quo­que in pe­cu­lio eius es­set. sed si ex re mea Sti­chum, qui meus est, sti­pu­la­tur, si­bi ad­quiret. 1Apud La­beo­nem ita scrip­tum est: fi­lium et fi­liam in sua po­tes­ta­te pa­ter in­tes­ta­tus re­li­quit: fi­lia eo ani­mo fuit sem­per, ut ex­is­ti­ma­ret ni­hil ad se ex he­redi­ta­te pa­tris per­ti­ne­re: de­in­de fra­ter eius fi­liam pro­crea­vit et eam in­fan­tem re­li­quit: tu­to­res ser­vo avi­to eius im­pe­ra­ve­runt, ut ab eo, cui res avi he­redi­ta­tis ven­di­de­runt, sti­pu­la­re­tur, quan­ta pe­cu­nia ad eum per­ve­nis­set: ex ea sti­pu­la­tio­ne quid pu­pil­lae ad­quisi­tum sit, pe­to re­scri­bas. Pau­lus: est qui­dem ve­rum bo­na fi­de pos­ses­sum ser­vum ex re eius cui ser­vit sti­pu­lan­tem pos­ses­so­ri ad­quire­re: sed si res, quae ex he­redi­ta­te avi com­mu­nes fue­runt, in ven­di­tio­nem he­redi­ta­tis ve­ne­runt, non vi­de­tur ex re pu­pil­lae to­tum pre­tium sti­pu­la­ri id­eo­que utris­que ad­quirit.

Paul. lib. XV. Quaest. Ein freier Mensch dient mir im guten Glauben als Sclave; er stipulirt aus meinem Vermögen oder für seine Dienste den Stichus, welcher ihm selbst gehört. In diesem Falle spricht mehr dafür anzunehmen, dass er den Stichus mir erwerbe, weil er, wenn er mein Sclave wirklich wäre, ihn mir ebenfalls erwerben würde: und man darf auch keineswegs einwenden, jener ihm stipulirte Sclave gehöre gleichsam zu dem Sondergute desselben. Wenn er aber aus meinem Vermögen den mir gehörigen Stichus stipulirt, so kann er ihn für sich erwerben88Diese Stelle gehört ebenfalls zu denjenigen, wo die kurze und dunkle Schreibart des Paulus die Schwierigkeit erhöht. Zum leichtern Verständniss derselben sind zuerst die Rechtsgrundsätze festzuhalten, dass Niemand eine ihm schon gehörige Sache noch einmal erwerben kann, und dass ich aus einer Stipulation eines Dritten, welchen ich nicht in meiner Gewalt habe, nicht erwerben kann, sondern eine solche Stipulation ungültig ist. Ein freier Mensch, den ich im guten Glauben als Sclave besitze, kann daher mir nur aus zwei Gründen eine Verbindlichkeit erwerben, aus seinen Diensten, wenn er sich Lohn für seine Dienste stipulirt, oder wenn er z. B. mein Geld ausleiht oder meine Grundstücke vermiethet, wo er mir die Zinsen oder das Pachtgeld erwirbt. In allen übrigen Fällen erwirbt ein freier Mensch, welchen ich auf redliche Weise als Sclaven besitze, nicht mir, sondern sich. Wenn nun aber ein solcher freier Mensch, welchen ich auf redliche Weise als Sclaven besitze, sich aus meinem Vermögen einen ihm gehörigen Sclaven stipulirt hätte, folglich eine Sache, die er nicht mehr erwerben kann, weil sie ihm schon gehört, so entsteht in Folge jener Rechtsgrundsätze die zweifelhafte Frage, ob er ihn dann mir erwerbe, da ich, weil der Stipulirende kein Sclave, sondern ein freier Mensch ist, doch eigentlich rücksichtlich seiner ein Extraneus bin. Paulus bejaht diese Frage, weil die Leistung aus meinem Vermögen geschehen und er, wenn der Stipulirende mein Sclave wirklich wäre, ihn mir ebenfalls erwerben würde. Hiergegen, fährt er fort, könnte zwar Jemand einwenden: du sagst, wenn er dein Sclave wäre; wenn du dies annimmst, dann ist ja der Sclave des Stipulirenden auch dein Sclave, und eine dir schon gehörige Sache kannst du ja nicht erwerben. Er widerlegt jedoch diesen Einwand sehr richtig dadurch, dass der Stipulirende kein Sclave, sondern ein freier Mensch sei, und also der ihm gehörige Sclave sich nicht in dem, dem Herrn gehörigen Sclaven-Peculium sondern in dem Patrimonio eines freien Menschen befinde, weil mehr auf Das zu sehen ist, was wirklich vorhanden, als was irrig von den Parteien angenommen wird. Hat er aber aus meinem Vermögen den Stichus, der mir schon gehört, den ich also nicht mehr erwerben kann, stipulirt, so erwirbt er ihn sich, weil sonst der Versprecher die Leistung des in gutem Glauben als Sclave dienenden Freien umsonst erhalten würde, wogegen der Eigenthümer aber, aus dessen Vermögen die Leistung des Stipulators erfolgt ist, von diesem, welcher eine fremde Sache durch die Stipulation erhalten hat, entschädigt werden muss. Deshalb heisst es auch in der Ueberschrift dieses Fragments in den glossirten Ausgaben: Liber homo bona fide possessus, quod non potest quaerere sibi, quaerit possessori: quod non potest quaerere possessori, quaerit sibi. Es ist hierüber Cujacius in Recitat. ad Paul. Quaest. S. 261. nachzulesen und damit l. 19. 21. 23. tit. 1. l. 41. zu verbinden.. 1Bei Labeo steht folgender Fall verzeichnet. „Ein Vater hinterliess einen Sohn und eine Tochter, beide in seiner Gewalt befindlich, ohne Testament. Die Tochter stand stets in dem Glauben, dass ihr nichts von der väterlichen Erbschaft gebühre. Ihr Bruder erzeugte darauf eine Tochter, und hinterliess diese als Kind: ihre Vormünder gaben dem Sclaven ihres Grossvaters99Dessen Vermögen mithin der Tochter und dem Enkel gemeinschaftlich zukam, da ein faktischer Irrthum bei der Tochter vorausgesetzt wird. auf, er solle von Dem, dem sie die Erbschaft des Grossvaters verkauft hatten, Dasjenige stipuliren, was er aus der Erbschaft erlangen würde1010Es ist dies der Anfang der Stipulationsformel bei Kauf und Verkauf von Erbschaften, s. l. 50. tit. I. h. lib.: ich bitte, du wollest entscheiden, was aus dieser Stipulation der Mündelin erworben worden ist?“ Paulus antwortete: es ist zwar richtig, dass ein in gutem Glauben besessener Sclave, welcher sich gegen eine Leistung aus dem Vermögen Dessen, dem er dient, Etwas stipulirt, dem Besitzer erwerbe; wenn jedoch die Sachen, welche von der Erbschaft des Grossvaters Beiden gemeinschaftlich gehören, unter der Erbschaft mitverkauft worden sind, so kann man nicht annehmen, dass der ganze Kaufpreis aus ihrem Vermögen herrühre, und deshalb wird der Kaufpreis Beiden erworben.

Dig. 46,1,56Idem li­bro quin­to de­ci­mo quaes­tio­num. Si quis pro eo, qui li­ber­tus non es­set et ope­ras prae­sta­tu­rum se iu­ras­set, fi­de­ius­sor erit, non te­ne­bi­tur. 1Item si fi­lius a pa­tre vel ser­vus a do­mi­no sti­pu­le­tur, nec fi­de­ius­sor ac­cep­tus te­ne­tur, quia non pot­est pro eo­dem et ei­dem es­se ob­li­ga­tus. ex di­ver­so er­go pa­tre a fi­lio vel do­mi­no a ser­vo sti­pu­la­to fi­de­ius­sor ac­cep­tus te­ne­tur. 2Si num­mos alie­nos qua­si tuos mu­tuos de­de­ris si­ne sti­pu­la­tio­ne, nec fi­de­ius­so­rem te­ne­ri Pom­po­nius ait. quid er­go, si con­sump­tis num­mis nas­ca­tur con­dic­tio? pu­to fi­de­ius­so­rem ob­li­ga­tum fo­re: in om­nem enim cau­sam ac­cep­tus vi­de­tur, quae ex ea nu­me­ra­tio­ne nas­ci pot­est. 3Pro fur­ti ac­tio­ne fi­de­ius­sor ac­ci­pi pot­est: item pro eo qui in le­gem Aqui­liam com­mi­sit. di­ver­sa cau­sa est po­pu­la­rium ac­tio­num.

Idem lib. XV. Quaest. Wenn Jemand für einen solchen, der kein Freigelassener war, und geschworen hatte, dass er Dienste leisten werde, sich verbürgt hat, so wird er nicht gehalten sein1111Weil nämlich die durch Eid begründete operarum obligatio nur in dem Verhältniss eines Freigelassenen zu seinem Patron denkbar und also ausserhalb eines solchen nichtig ist.. 1Desgleichen ist auch, wenn ein Sohn vom Vater oder ein Sclave von seinem Herrn Etwas stipulirt, der dafür angenommene Bürge nicht gehalten, weil er nicht für und gegen Einen und denselben1212Denn der Vater oder Herr erwirbt Alles durch den Sohn oder Sclaven. verbindlich sein kann. Umgekehrt also, wenn der Vater von seinem Sohn, oder der Herr von seinem Sclaven Etwas stipulirt hat, ist der angenommene Bürge gehalten. 2Pomponius sagt, wenn du fremde Gelder, als wären sie die deinigen, ohne Stipulation zum Darlehn gegeben hättest, so sei auch nicht der Bürge gehalten. Wie nun, wenn, nachdem die Gelder verbraucht sind, die Condiction entsteht? Ich glaube, dass der Bürge verbindlich sein werde; denn er scheint für jedes Verhältniss angenommen zu sein, welches aus jener Zallung entstehen kann. 3Für die Diebstahlsklage kann ein Bürge angenommen werden, desgleichen für Den, welcher sich gegen das Aquilische Gesetz vergangen hat. Ein verschiedenes Verhältniss ist das der Volksklagen.

Dig. 46,3,98Pau­lus li­bro quin­to de­ci­mo quaes­tio­num. Qui res suas ob­li­ga­vit, post­ea ali­quam pos­ses­sio­nem ex his pro fi­lia sua do­tem pro­mit­ten­do ob­li­ga­vit et sol­vit. si ea res a cre­di­to­re evic­ta est, di­cen­dum est ma­ri­tum ex do­tis pro­mis­sio­ne age­re pos­se, ac si sta­tu­li­be­rum rem­ve sub con­di­cio­ne le­ga­tam do­tis no­mi­ne pro fi­lia pa­ter sol­vis­set: ha­rum enim re­rum so­lu­tio non pot­est ni­si ex even­tu li­be­ra­re, sci­li­cet quo ca­su cer­tum erit re­ma­ne­re eas. 1Di­ver­sum re­spon­de­tur in ea pe­cu­nia si­ve re, quam pa­tro­nus post mor­tem li­ber­ti per Fa­bia­nam au­fert: haec enim ac­tio cum sit no­va, par­tam li­be­ra­tio­nem non pot­est re­vo­ca­re. 2Huic ap­pli­ca­tur mi­nor vi­gin­ti quin­que an­nis, qui a cre­di­to­re cir­cum­scrip­tus in rem ex cau­sa de­bi­ti so­lu­tam re­sti­tui­tur. 3Rem au­tem cas­tren­sis pe­cu­lii sol­ven­tem pa­trem per­in­de ac­ci­pe­re de­be­mus, ac si alie­nam de­dis­set, quam­vis pos­sit re­si­de­re apud eum, cui so­lu­ta est, prius mor­tuo in­tes­ta­to fi­lio: sed tunc ad­quisi­ta cre­di­tur, cum fi­lius de­ces­se­rit: et uti­que cu­ius fue­rit, even­tus de­cla­ret sit­que et hoc ex his, quae post fac­tis, in prae­ter­itum quid fue­rit, de­cla­rent. 4Mi­hi da­re de­cem pu­re aut Ti­tio ka­len­dis vel sub con­di­cio­ne, aut mi­hi ka­len­dis Ia­nua­riis, Ti­tio Fe­brua­riis uti­li­ter sti­pu­lor: quod si mi­hi ka­len­dis Fe­brua­riis, Ti­tio ka­len­dis Ia­nua­riis, pot­est du­bi­ta­ri. sed rec­tius di­ci­tur uti­li­ter sti­pu­la­tum: nam cum in diem sit ea quo­que ob­li­ga­tio, et­iam mi­hi sol­vi pot­est an­te Fe­brua­rias: igi­tur et il­li sol­vi pot­erit. 5Qui sti­pu­la­tus ‘si­bi aut Ti­tio’ si hoc di­cit ‘si Ti­tio non sol­ve­ris’ da­ri si­bi, vi­de­tur con­di­cio­na­li­ter sti­pu­la­ri. et id­eo et­iam sic fac­ta sti­pu­la­tio­ne: ‘mi­hi de­cem aut quin­que Ti­tio da­ri?’ quin­que Ti­tio so­lu­tis li­be­ra­bi­tur reus a sti­pu­la­to­re. quod ita pot­est ad­mit­ti, si hoc ip­sum ex­pres­sim age­ba­tur, ut qua­si poe­na ad­iec­ta sit in per­so­na sti­pu­lan­tis, si Ti­tio so­lu­tum non es­set. at ubi sim­pli­ci­ter ‘si­bi aut Ti­tio’ sti­pu­la­tur, so­lu­tio­nis tan­tum cau­sa ad­hi­be­tur Ti­tius et id­eo quin­que ei so­lu­tis re­ma­ne­bunt re­li­qua quin­que in ob­li­ga­tio­ne. con­tra si mi­hi quin­que, il­li de­cem sti­pu­la­tus sim, quin­que Ti­tio so­lu­tis non fa­cit con­cep­tio sti­pu­la­tio­nis, ut a me li­be­re­tur: por­ro si de­cem sol­ve­rit, non quin­que re­pe­tet, sed mi­hi per man­da­ti ac­tio­nem de­cem de­be­bun­tur. 6Mi­hi Ro­mae aut Ephe­si Ti­tio da­ri sti­pu­lor: an sol­ven­do Ti­tio Ephe­si a me li­be­re­tur, vi­dea­mus: nam si di­ver­sa fac­ta sunt, ut Iu­lia­nus pu­tat, di­ver­sa res est. sed cum prae­va­let cau­sa dan­di, li­be­ra­tur: li­be­ra­re­tur enim et si mi­hi Sti­chum, il­li Pam­phi­lum da­ri sti­pu­la­tus es­sem et Ti­tio Pam­phi­lum sol­vis­set. at ubi me­rum fac­tum sti­pu­lor, pu­ta in­su­lam in meo so­lo ae­di­fi­ca­ri aut in Ti­tii lo­co, num­quid, si in Ti­tii lo­co ae­di­fi­cet, non con­tin­gat li­be­ra­tio? ne­mo enim di­xit fac­to pro fac­to so­lu­to li­be­ra­tio­nem con­tin­ge­re. sed ve­rius est li­be­ra­tio­nem con­tin­ge­re, quia non fac­tum pro fac­to sol­ve­re vi­de­tur, sed elec­tio pro­mis­so­ris com­ple­tur. 7Si ser­vus fruc­tua­rius ex re fruc­tua­rii do­mi­no pro­prie­ta­tis aut fruc­tua­rio sti­pu­le­tur, in­uti­lis est sti­pu­la­tio: at ex re pro­prie­ta­rii si ip­si do­mi­no aut fruc­tua­rio sti­pu­le­tur, rec­te sti­pu­la­tur: tan­tum enim so­lu­tio­nis ca­pax est fruc­tua­rius hoc ca­su, non et­iam ob­li­ga­tio­nis. 8Aream pro­mi­si alie­nam: in ea do­mi­nus in­su­lam ae­di­fi­ca­vit: an sti­pu­la­tio ex­tinc­ta sit, quae­si­tum est. re­spon­di, si alie­num ho­mi­nem pro­mi­si et is a do­mi­no ma­nu­mis­sus est, li­be­ror. nec ad­mis­sum est, quod Cel­sus ait, si idem rur­sus le­ge ali­qua ser­vus ef­fec­tus sit, pe­ti eum pos­se: in per­pe­tuum enim sub­la­ta ob­li­ga­tio re­sti­tui non pot­est, et si ser­vus ef­fec­tus sit, alius vi­de­tur es­se. nec si­mi­li ar­gu­men­to usus est, ut, si na­vem, quam tu pro­mi­sis­ti, do­mi­nus dis­sol­ve­rit, de­in­de is­dem ta­bu­lis com­pe­ge­rit, te­ne­ri te: hic enim ea­dem na­vis est, quam te da­tu­rum spopon­dis­ti, ut vi­dea­tur ma­gis ob­li­ga­tio ces­sa­re quam ex­tinc­ta es­se. ho­mi­ni au­tem ma­nu­mis­so si­mi­le fiet, si ea men­te dis­so­lu­tam es­se na­vem po­sue­ris, ut in alios usus con­ver­te­ren­tur ta­bu­lae, de­in­de mu­ta­to con­si­lio eas­dem com­po­si­tas: alia enim vi­de­bi­tur es­se pos­te­rior na­vis, sic­ut il­le alius ho­mo est. non est his si­mi­lis area, in qua ae­di­fi­cium po­si­tum est: non enim de­siit in re­rum na­tu­ra es­se. im­mo et pe­ti pot­est area et aes­ti­ma­tio eius sol­vi de­be­bit: pars enim in­su­lae area est et qui­dem ma­xi­ma, cui et­iam su­per­fi­cies ce­dit. di­ver­sum di­ce­mus, si ser­vus pro­mis­sus ab hos­ti­bus cap­tus sit: hic in­ter­im pe­ti non pot­est qua­si an­te diem, sed si red­ie­rit post­li­mi­nio, rec­te tunc pe­te­tur: ces­sa­vit enim hic ob­li­ga­tio. area au­tem ex­tat, sic­ut ce­te­ra, ex qui­bus ae­di­fi­cium con­sti­tit. de­ni­que lex duo­de­cim ta­bu­la­rum tig­num ae­di­bus iunc­tum vin­di­ca­ri pos­se scit, sed in­ter­im id sol­vi pro­hi­buit pre­tium­que eius da­ri vo­luit.

Paul. lib. XV. Quaest. Jemand, welcher sein Vermögen verpfändet hat, hat nachher eine Besitzung aus demselben als Heirathsgut für seine Tochter versprochen, und geleistet. Wenn diese Sache vom Gläubiger entwährt worden ist, so muss man sagen, dass der Ehemann aus dem Versprechen des Heirathsguts ebenso klagen könne, als wenn der Vater einen Bedingtfreien, oder eine unter einer Bedingung vermachte Sache als Heirathsgut für die Tochter geleistet hätte; denn die Leistung solcher Sachen kann nur durch den Erfolg befreien, nemlich in dem Fall, wenn es gewiss sein wird, dass sie [bei dem Empfänger] verbleiben. 1Das Gegentheil wird rücksichtlich einer solchen Geldsumme oder Sache zum Gutachten ertheilt, welche der Patron nach dem Tode des Freigelassenen durch die Favianische [Klage] entzieht; denn diese Klage kann, da sie neu ist1313Accursius erklärt den Ausdruck nova durch extraordinaria oder Praetoris. Allein es ist dies wohl so zu verstehen: weil sie erst nach der durch die Zahlung des Geldes oder der Sache bewirkten Befreiung (nach dem Tod des Freigelassenen) begründet wird, und also eine früher gültig geschehene Zahlung nicht aufheben kann. Ueber die Favianische Klage vgl. tit. D. si quid in fraud. 42. 8., eine schon erlangte Befreiung nicht rückgängig machen. 2Diesem Falle wird auch [der Fall] angereiht, [wenn] Jemand, welcher jünger als fünfundzwanzig Jahre ist, weil er von seinem Gläubiger verkürzt worden ist, in die in Folge seiner Schuld geleistete Sache wieder eingesetzt wird. 3Wenn aber ein Vater eine zu dem bei Gelegenheit des Kriegsdienstes erworbenen Sondergut [seines Sohnes] gehörige Sache leistet, so müssen wir es ebenso ansehen, als ob er eine fremde gegeben hätte, obwohl sie dann, wenn der Sohn eher, [als der Vater,] ohne Testament verstorben ist, bei Dem, welchem sie geleistet worden ist, bleiben kann; aber sie wird erst dann für erworben gehalten, wenn der Sohn verstorben sein wird. Und jeden Falls zeigt der Erfolg, wem sie gehört habe, und so wird auch in diesem Falle durch Das, was nachher geschieht, für die Vergangenheit gezeigt, was stattgefunden habe. 4Ich stipulire mit Erfolg, dass mir Zehn unbedingt, oder dem Titius am ersten Tage eines Monats, oder unter einer Bedingung, oder dass mir am ersten Januar, dem Titius am ersten Februar gegeben werden sollte. Wenn ich aber [stipulire,] dass mir am ersten Februar, dem Titius am ersten Januar [gegeben werden solle,] so kann man zweifeln. Allein man sagt richtiger, dass ich mit Erfolg stipulirt habe; denn da diese Verbindlichkeit auf einen Termin gestellt ist, so kann auch mir vor dem ersten Februar gezahlt werden; daher wird auch jenem gezahlt werden können. 5Wenn Derjenige, welcher sich oder dem Titius Etwas stipulirt, so sagt: es solle ihm gegeben werden, wenn du dem Titius nicht gezahlt haben wirst, so scheint er bedingt zu stipuliren. Und darum wird auch, wenn die Stipulation so geschehen ist: [Gelobst du,] mir Zehn, oder dem Titius Fünf zu geben? der Schuldner, wenn er dem Titius Fünf geleistet hat, von seiner Verbindlichkeit gegen den Stipulator befreit werden. Das kann man dann so zulassen, wenn gerade das ausdrücklich beabsichtigt wurde, dass gleichsam eine Strafe bei der Person des Stipulirenden hinzugefügt sein sollte, wenn dem Titius nicht gezahlt worden wäre. Aber wenn er schlechthin stipulirt, dass ihm oder dem Titius [gegeben werden solle,] so wird Titius nur um der Zahlung willen hinzugezogen; und darum werden, wenn demselben Fünf gezahlt worden sind, die übrigen Fünf in der Verbindlichkeit bleiben. Umgekehrt, wenn ich mir Fünf, jenem Zehn stipulirt haben sollte, so bringt es die Fassung der Stipulation nicht mit sich, dass [der Schuldner,] wenn dem Titius Fünf gezahlt worden sind, von der Verbindlichkeit gegen mich befreit werde. Ferner, wenn er die Zehn [dem Titius] gezahlt haben wird, so wird er Fünf nicht zurückfordern können, sondern mir werden auf die Auftragsklage die Zehn [vom Titius] geleistet werden müssen. 6Ich stipulire, dass mir zu Rom, oder dem Titius zu Ephesus gegeben werden solle. Wir wollen sehen, ob [der Schuldner] dadurch, dass er dem Titius zu Ephesus zahlt, von der Verbindlichkeit gegen mich befreit werde; denn wenn es verschiedene Handlungen sind, wie Julianus glaubt, so ist auch die Sache verschieden. Aber da der Grund des Gebens überwiegend ist, so wird er befreit; er würde nemlich auch dann befreit werden, wenn ich stipulirt hätte, dass mir Stichus, jenem Pamphilus gegeben werden sollte, und [der Schuldner] dem Titius den Pamphilus geleistet hätte. Aber wenn ich eine reine Handlung stipulire, z. B. dass ein einzeln stehendes Haus auf meinem Grund und Boden, oder auf einem Platz des Titius gebaut werden solle, tritt dann wohl, wenn er es auf einem Platz des Titius baut, Befreiung ein? Es hat nemlich noch Niemand gesagt, dass, wenn eine Handlung statt einer andern geleistet worden ist, Befreiung eintrete. Aber es ist richtiger, dass Befreiung eintrete, weil nicht eine Handlung statt einer andern geleistet zu werden scheint, sondern die Wahl des Versprechers in Erfüllung geht. 7Wenn ein Sclave, an welchem Jemand den Niessbrauch hat, aus dem Vermögen des Niessbrauchers Etwas dem Eigenthümer oder Niessbrauchers stipulirt, so ist die Stipulation wirkungslos. Aber wenn er aus dem Vermögen des Eigenthümers Etwas dem Eigenthümer selbst oder dem Niessbraucher stipulirt, so stipulirt er richtig; denn der Niessbraucher ist in diesem Falle nur zur Annahme der Zahlung fähig, nicht auch des Forderungsrechts [theilhaftig1414Vgl. l. 1. §. 5., l. 9. §. 1., l. 10—13. D. de stipulat. serv. 45. 3. u. Noodt de usufr. I. 16. (Opp. T. p. 425. sq.).] 8Ich habe einen freien Platz, welcher einem Anderen gehört, versprochen; auf demselben hat der Eigenthümer ein einzeln stehendes Haus erbaut. Man hat gefragt, ob die Stipulation erloschen sei? Ich habe das Gutachten ertheilt: Wenn ich einen fremden Sclaven versprochen habe, und derselbe von seinem Herrn freigelassen worden ist, so werde ich befreit. Auch hat man Das nicht angenommen, was Celsus sagt1515Vgl. l. 83. §. 5. D. de verb. obl. 45. 1., dass er [nemlich] gefordert werden könne, wenn er in Folge irgend einer gesetzlichen Bestimmung wiederum Sclave geworden sei. Auch hat er sich eines unähnlichen Falles zum Beweis bedient, dass du nemlich, wenn der Eigenthümer das Schiff, welches du versprochen hast, auseinandergenommen, sodann mit denselben Bretern wieder zusammengefügt habe, gehalten seiest; denn in diesem Falle ist es dasselbe Schiff, welches du geben zu wollen gelobt hast, sodass die Verbindlichkeit mehr unterbrochen, als erloschen zu sein scheint. Dem Falle aber, in welchem der Sclave freigelassen worden ist, wird dieser dann ähnlich werden, wenn du anführen wirst, dass das Schiff in der Absicht auseinandergenommen sei, damit die Breter zu anderen Zwekken verwendet würden, dass aber sodann, nach veränderter Absicht, ebendieselben wieder zusammengesetzt worden seien; denn dann wird das zweite Schiff ein anderes zu sein scheinen, ebenso wie jener ein anderer Sclave ist. Diesen [Fällen] ist aber der des freien Platzes nicht ähnlich, auf welchen ein Gebäude gesetzt worden ist; denn er hat nicht aufgehört, vorhanden zu sein, ja er kann sogar noch gefordert werden, und es wird der Werth desselben geleistet werden müssen; denn der freie Platz ist ein Theil des einzeln stehenden Hauses, und zwar der grösste, zu welchem sogar Das, was sich auf der Oberfläche befindet, gehört. Das Gegentheil werden wir sagen, wenn ein versprochener Sclave von den Feinden gefangen sein sollte; denn der kann unterdessen nicht gefordert werden, gleich als wäre es vor dem Eintritt des Termins. Aber wenn er durch das Heimkehrrecht zurückgekehrt sein wird, dann wird er richtig gefordert werden, denn es ist in diesem Falle die Verbindlichkeit [nur] unterbrochen gewesen. Der freie Platz aber ist vorhanden, so wie das Uebrige, woraus das Gebäude bestanden hat. So hat auch das Gesetz der zwölf Tafeln verordnet, dass ein in ein Gebäude verbauter Balken vindicirt werden könne, aber verboten, dass er unterdessen geleistet werde, und bestimmt, dass der Preis desselben gegeben werden solle.

Dig. 50,17,90Idem li­bro quin­to de­ci­mo quaes­tio­num. In om­ni­bus qui­dem, ma­xi­me ta­men in iu­re ae­qui­tas spec­tan­da est.

Übersetzung nicht erfasst.