Quaestionum libri
Ex libro XV
Paul. lib. XV. Quaest. Die Regel, dass der Vater dem Sohne rechtsgültig stipulire, gleich als wenn er sich stipulire, ist nur in solchen Fällen richtig, welche ein Recht auf eine Leistung begründen, und welche dem Vater erworben werden können. Wenn dagegen eine Handlung in die Person des Sohnes gestellt wird, so würde die Stipulation ungültig sein, z. B. dass ihm der Besitz, oder ein Fahrweg verstattet werden solle. Umgekehrt aber würde der Sohn, welcher stipulirt, dass auch dem Vater das Recht eines Fahrwegs zustehen solle, dem Vater erwerben und selbst auch Das, was er in seiner Person nicht stellen kann, wird er dem Vater erwerben11Unter juris versteht Paulus hier offenbar solche Verträge, welche den Promissor noch zu einer Leistung verpflichten, (denn hier konnte der Vater stipuliren, dass dem Sohne gegeben werde, weil es alsdann ihm gegeben wurde), unter factum aber solche Verträge, wo der Promissor weiter nichts zu thun, sondern nur das Thun des Stipulators, wie z. B. bei einer Servitut, zu leiden hatte; also, was das Allg. Preuss. Ld. R. Thl. I. tit. 7. §. 80. und 81. unter affirmative und negative Rechte versteht. Vergl. hierzu auch l. 82. D. de cond. et demonstrat. (XXXV. 1.).
Paul. lib. XV. Quaest. Jemand, der den Sohn eines Andern zu sich nahm, hatte dem Uebergebenden versprochen, ihm eine gewisse Summe Geldes zu geben, wenn er ihn nicht wie seinen Sohn behandeln würde. Ich frage an, ob, wenn er ihn nachher aus dem Hause gestossen, oder sterbend ihm nichts hinterlassen hat, die Stipulation verwirkt ist, und ob Etwas darauf ankommt, ob es ein Sohn, Pflegesohn oder Verwandter des Klagenden22Des Uebergebenden, welcher aus der Stipulation klagte. gewesen ist? Hiernächst frage ich an, ob, wenn Jemand seinen Sohn auf gesetzmässige Weise zur Adoption überlassen, und sowie oben angegeben worden ist, eine Stipulation dabei eingegangen worden, der Adoptivvater aber ihn enterbt, oder der väterlichen Gewalt entlassen hat, die Stipulation verwirkt werde? Ich antwortete: Die Stipulation ist in beiden Fällen gültig; ist daher gegen den Vertrag verstossen worden, so wird auch die Stipulation verwirkt werden. Wir wollen jedoch zuerst in Ansehung Dessen, welcher gesetzmässig adoptirt hat, untersuchen, ob die Stipulation verwirkt werden kann, wenn er ihn enterbt oder der väterlichen Gewalt entlassen hat? denn dies pflegt ein Vater ebenfalls zu thun; daher hat er ihn nicht anders als wie seinen Sohn behandelt. Ist er enterbt worden, so kann er wegen lieblosen Testaments klagen. Wie ist aber dann zu entscheiden, wenn er verdiente, enterbt zu werden? Ist er der väterlichen Gewalt entlassen worden33Nach der Flor., so wird ihm auch dies Rechtsmittel nicht zustehen. Deshalb musste die Stipulation so eingegangen werden, dass er ihm Etwas bestimmt versprach, wenn er ihn der väterlichen Gewalt entlassen oder enterbt hätte. Ist jedoch in diesem Falle die Stipulation verwirkt worden, so kann gefragt werden, ob dem Enterbten nachgelassen werden muss, wegen Lieblosigkeit zu klagen; besonders wenn er Erbe seines natürlichen Vaters geworden wäre? und ob, wenn er unterlegen hat44Nemlich mit der Klage wegen lieblosen Testaments., ihm die Klage aus der Stipulation zu versagen ist? Wenn sie aber Dem, welcher stipulirt hat, nicht versagt werden durfte, auch wenn der Sohn unterlegen hat, so wird auch diesem selbst die Verfolgung55Aus der Stipulation des Vaters, dessen Erbe er geworden ist. der schuldigen Geldsumme nicht versagt werden können. Welchen Sinn aber diese Fassung der Stipulation: Wenn er ihn nicht wie seinen Sohn gehalten hätte, bei Demjenigen haben soll, welcher nicht adoptirt hat, sehe ich nicht ein. Sollen wir auch hier [wenn die Stipulation verwirkt werden soll] Enterbung oder Entlassung aus der väterlichen Gewalt verlangen, Dinge, welche bei einem Fremden ungereimt sind? Wenn aber Derjenige, welcher gesetzmässig adoptirt hat, nichts gegen die Worte der Stipulation unternimmt, wenn er sich seines väterlichen Rechts bedient, so sagt auch Der, welcher nicht adoptirt hat, damit etwas Ueberflüssiges. Und demnach wird man entscheiden müssen, dass die Stipulation verwirkt worden sei66Dieses Fragment gehört ebenfalls zu denjenigen, welche sich durch ihre Dunkelheit auszeichnen, und hat daher die älteren Ausleger vielfach beschäftigt. Duarenus z. B. sagt davon in seiner Comment. zu diesem Titel, nachdem er den Kern dieser Stelle dahin angegeben hat, dass Paulus die Entscheidung auf das Vaterrecht setzt, ob diesem gemäss oder demselben entgegen gehandelt worden, was dann immer der Fall sei, wenn Dem, welcher dem Zusichgenommenen nichts hinterlassen oder ihn aus dem Hause gestossen, kein Vaterrecht zustand; haec est epitome totius hujus disputationis, cujus magna est tum in verbis tum in rebus obscuritas. Est enim hoc scribendi genus vere Paulinum, i. e. obscurum, implicatum et tortuosum. Paulus behauptet zuerst die Gültigkeit der ihm vorgelegten Stipulationen, weil sie Poenalstipulationen seien, wobei es auf das Interesse des Stipulators nicht weiter ankomme. Bei Dem, welcher gesetzmässig adoptirt hat, verneint er diese Frage, ob die Stipulation in Gemässheit der Anfrage verwirkt sei, sobald nur der Adoptivvater den Adoptivsohn entweder enterbt oder emancipirt habe, weil er dann nur in den Grenzen der väterlichen Gewalt geblieben, indem auch der Vater dem enterbten Sohne nichts hinterlasse, den emancipirten aus dem Hause entlasse. Nun schiebt er, gleichsam als weiter über den Fall meditirend, die Fragen ein, welche Rechtsmittel dem enterbten Adoptivsohne zustehen, auch wenn er verdiente enterbt zu werden und schon der väterlichen Gewalt entlassen war, und ob der Sohn, welcher Erbe seines natürlichen Vaters geworden, die Klage wegen lieblosen Testaments anstellen, und nachher in Gemässheit dieses Erbrechts auch noch aus der Stipulation klagen kann, wenn er mit der ersten Klage nicht durchgekommen ist. Erst nach Beantwortung dieser Zwischenfragen kommt er auf die Hauptfrage, inwieweit die obige Stipulation bei Dem, welcher nicht adoptirt hat, als verwirkt anzunehmen sei, wenn er dem Zusichgenommenen nichts hinterlässt oder ihn aus dem Hause stösst. Er bejaht solche zwar, führt aber die Gründe seiner Behauptung nicht an, sondern lässt sie aus den Vordersätzen nur errathen, aus denen sich jedoch die Richtigkeit seiner Antwort ganz evident ergiebt. Denn ein jeder Vater, welcher dem Sohne nichts hinterlassen, oder ihn aus dem Hause stossen wollte, musste den Sohn vorher enterben oder aus der Vatergewalt entlassen. Von dem Adoptivvater war daher alsdann nicht gegen die Stipulation verstossen worden, wenn er es nach vorheriger Enterbung und Emancipation gethan hatte, weil er sich dann nur der Rechte bedient hatte, die dem Vater auch zustehen. Wollte aber der blosse Extraneus den Zusichgenommenen vorher enterben oder emancipiren, so würde dies lächerlich sein, weil nur dem Vater oder Adoptivvater solche Rechte zustehen. Der Extraneus verstiess daher allerdings immer gegen die Stipulation, wenn er den Zusichgenommenen, den er wie seinen Sohn halten wollte, aus dem Hause stiess oder nichts hinterliess, weil er ihn vorher nicht exherediren oder emancipiren konnte, indem nur dem wirklichen oder Adoptivvater diese Rechte zustehen; der Adoptivvater aber nur dann nicht, wenn er ihn vorher exheredirt oder emancipirt hatte. Cujac. in Recit. solen. ad Paul. quaest. lib. XV. sagt daher auch: Et priore casu, si filium alienum Titius in adoptionem non acceperit, sed suae fidei commissum a patre susceperit, deinde eum abdicaverit et domo exegerit, stipulatio committitur, quia in eo non se gessit, ut Romae patres solent, qui nunquam abdicant filios. Und eben dieser Ansicht ist der berühmte Donellus in seinem Commentar zu diesem Titel, indem er sagt: Summa responsi haec est: cum quis promisit poenam, si eum quem pro filio susciepiebat, non observasset ut filium: stipulationem quidem semper valere, sive suscipiat extraneus, sive is, qui adoptet legitime, sed aliter atque aliter committi, prout est is, qui suscepit. Nam si id faciat, qui legitime adoptavit, hunc in ea causa esse, ut impune filium susceptum etiam ejiciat domo, dum emancipet: impune nihil ei relinquat moriens, dum exheredet: si quidem pater filium emancipans aut exheredans id facit, quod est patris, ut in his non aliter susceptum habeat et observet, quam solet filium pater, qui jure suo utitur. Quod si is id caverit, qui non adoptavit, contra esse: non posse hunc ullo modo eum, quem suscepit, pellere domo, aut ei nihil relinquere, quin stipulatio committatur; nam nec pater ipse haec eodem facere potest, quia contra officium patris erga liberos, eoque et contra stipulationem faciat: si modo ea faciat non interposita emancipatione vel exheredatione: at haec certum est ab extraneo interponi non posse. Non habetur ut filius qui vere non emancipatur vel vere non exheredatur.. 1Ein Haussohn hatte so stipulirt: Willst du für die jenige Summe, die ich dem Titius leihen werde, Bürgschaft leisten? und gab, nachdem er aus der väterlichen Gewalt entlassen worden, das Darlehn. Der Bürge hat gegen den Vater keine Schuld, weil auch der Hauptschuldner ihm nicht verhaftet ist77Denn die Stipulation trat erst nach der Entlassung aus der väterlichen Gewalt in Wirksamkeit, folglich auch ihr accessorium, die Bürgschaft..
Paul. lib. XV. Quaest. Ein freier Mensch dient mir im guten Glauben als Sclave; er stipulirt aus meinem Vermögen oder für seine Dienste den Stichus, welcher ihm selbst gehört. In diesem Falle spricht mehr dafür anzunehmen, dass er den Stichus mir erwerbe, weil er, wenn er mein Sclave wirklich wäre, ihn mir ebenfalls erwerben würde: und man darf auch keineswegs einwenden, jener ihm stipulirte Sclave gehöre gleichsam zu dem Sondergute desselben. Wenn er aber aus meinem Vermögen den mir gehörigen Stichus stipulirt, so kann er ihn für sich erwerben88Diese Stelle gehört ebenfalls zu denjenigen, wo die kurze und dunkle Schreibart des Paulus die Schwierigkeit erhöht. Zum leichtern Verständniss derselben sind zuerst die Rechtsgrundsätze festzuhalten, dass Niemand eine ihm schon gehörige Sache noch einmal erwerben kann, und dass ich aus einer Stipulation eines Dritten, welchen ich nicht in meiner Gewalt habe, nicht erwerben kann, sondern eine solche Stipulation ungültig ist. Ein freier Mensch, den ich im guten Glauben als Sclave besitze, kann daher mir nur aus zwei Gründen eine Verbindlichkeit erwerben, aus seinen Diensten, wenn er sich Lohn für seine Dienste stipulirt, oder wenn er z. B. mein Geld ausleiht oder meine Grundstücke vermiethet, wo er mir die Zinsen oder das Pachtgeld erwirbt. In allen übrigen Fällen erwirbt ein freier Mensch, welchen ich auf redliche Weise als Sclaven besitze, nicht mir, sondern sich. Wenn nun aber ein solcher freier Mensch, welchen ich auf redliche Weise als Sclaven besitze, sich aus meinem Vermögen einen ihm gehörigen Sclaven stipulirt hätte, folglich eine Sache, die er nicht mehr erwerben kann, weil sie ihm schon gehört, so entsteht in Folge jener Rechtsgrundsätze die zweifelhafte Frage, ob er ihn dann mir erwerbe, da ich, weil der Stipulirende kein Sclave, sondern ein freier Mensch ist, doch eigentlich rücksichtlich seiner ein Extraneus bin. Paulus bejaht diese Frage, weil die Leistung aus meinem Vermögen geschehen und er, wenn der Stipulirende mein Sclave wirklich wäre, ihn mir ebenfalls erwerben würde. Hiergegen, fährt er fort, könnte zwar Jemand einwenden: du sagst, wenn er dein Sclave wäre; wenn du dies annimmst, dann ist ja der Sclave des Stipulirenden auch dein Sclave, und eine dir schon gehörige Sache kannst du ja nicht erwerben. Er widerlegt jedoch diesen Einwand sehr richtig dadurch, dass der Stipulirende kein Sclave, sondern ein freier Mensch sei, und also der ihm gehörige Sclave sich nicht in dem, dem Herrn gehörigen Sclaven-Peculium sondern in dem Patrimonio eines freien Menschen befinde, weil mehr auf Das zu sehen ist, was wirklich vorhanden, als was irrig von den Parteien angenommen wird. Hat er aber aus meinem Vermögen den Stichus, der mir schon gehört, den ich also nicht mehr erwerben kann, stipulirt, so erwirbt er ihn sich, weil sonst der Versprecher die Leistung des in gutem Glauben als Sclave dienenden Freien umsonst erhalten würde, wogegen der Eigenthümer aber, aus dessen Vermögen die Leistung des Stipulators erfolgt ist, von diesem, welcher eine fremde Sache durch die Stipulation erhalten hat, entschädigt werden muss. Deshalb heisst es auch in der Ueberschrift dieses Fragments in den glossirten Ausgaben: Liber homo bona fide possessus, quod non potest quaerere sibi, quaerit possessori: quod non potest quaerere possessori, quaerit sibi. Es ist hierüber Cujacius in Recitat. ad Paul. Quaest. S. 261. nachzulesen und damit l. 19. 21. 23. tit. 1. l. 41. zu verbinden.. 1Bei Labeo steht folgender Fall verzeichnet. „Ein Vater hinterliess einen Sohn und eine Tochter, beide in seiner Gewalt befindlich, ohne Testament. Die Tochter stand stets in dem Glauben, dass ihr nichts von der väterlichen Erbschaft gebühre. Ihr Bruder erzeugte darauf eine Tochter, und hinterliess diese als Kind: ihre Vormünder gaben dem Sclaven ihres Grossvaters99Dessen Vermögen mithin der Tochter und dem Enkel gemeinschaftlich zukam, da ein faktischer Irrthum bei der Tochter vorausgesetzt wird. auf, er solle von Dem, dem sie die Erbschaft des Grossvaters verkauft hatten, Dasjenige stipuliren, was er aus der Erbschaft erlangen würde1010Es ist dies der Anfang der Stipulationsformel bei Kauf und Verkauf von Erbschaften, s. l. 50. tit. I. h. lib.: ich bitte, du wollest entscheiden, was aus dieser Stipulation der Mündelin erworben worden ist?“ Paulus antwortete: es ist zwar richtig, dass ein in gutem Glauben besessener Sclave, welcher sich gegen eine Leistung aus dem Vermögen Dessen, dem er dient, Etwas stipulirt, dem Besitzer erwerbe; wenn jedoch die Sachen, welche von der Erbschaft des Grossvaters Beiden gemeinschaftlich gehören, unter der Erbschaft mitverkauft worden sind, so kann man nicht annehmen, dass der ganze Kaufpreis aus ihrem Vermögen herrühre, und deshalb wird der Kaufpreis Beiden erworben.
Idem lib. XV. Quaest. Wenn Jemand für einen solchen, der kein Freigelassener war, und geschworen hatte, dass er Dienste leisten werde, sich verbürgt hat, so wird er nicht gehalten sein1111Weil nämlich die durch Eid begründete operarum obligatio nur in dem Verhältniss eines Freigelassenen zu seinem Patron denkbar und also ausserhalb eines solchen nichtig ist.. 1Desgleichen ist auch, wenn ein Sohn vom Vater oder ein Sclave von seinem Herrn Etwas stipulirt, der dafür angenommene Bürge nicht gehalten, weil er nicht für und gegen Einen und denselben1212Denn der Vater oder Herr erwirbt Alles durch den Sohn oder Sclaven. verbindlich sein kann. Umgekehrt also, wenn der Vater von seinem Sohn, oder der Herr von seinem Sclaven Etwas stipulirt hat, ist der angenommene Bürge gehalten. 2Pomponius sagt, wenn du fremde Gelder, als wären sie die deinigen, ohne Stipulation zum Darlehn gegeben hättest, so sei auch nicht der Bürge gehalten. Wie nun, wenn, nachdem die Gelder verbraucht sind, die Condiction entsteht? Ich glaube, dass der Bürge verbindlich sein werde; denn er scheint für jedes Verhältniss angenommen zu sein, welches aus jener Zallung entstehen kann. 3Für die Diebstahlsklage kann ein Bürge angenommen werden, desgleichen für Den, welcher sich gegen das Aquilische Gesetz vergangen hat. Ein verschiedenes Verhältniss ist das der Volksklagen.
Paul. lib. XV. Quaest. Jemand, welcher sein Vermögen verpfändet hat, hat nachher eine Besitzung aus demselben als Heirathsgut für seine Tochter versprochen, und geleistet. Wenn diese Sache vom Gläubiger entwährt worden ist, so muss man sagen, dass der Ehemann aus dem Versprechen des Heirathsguts ebenso klagen könne, als wenn der Vater einen Bedingtfreien, oder eine unter einer Bedingung vermachte Sache als Heirathsgut für die Tochter geleistet hätte; denn die Leistung solcher Sachen kann nur durch den Erfolg befreien, nemlich in dem Fall, wenn es gewiss sein wird, dass sie [bei dem Empfänger] verbleiben. 1Das Gegentheil wird rücksichtlich einer solchen Geldsumme oder Sache zum Gutachten ertheilt, welche der Patron nach dem Tode des Freigelassenen durch die Favianische [Klage] entzieht; denn diese Klage kann, da sie neu ist1313Accursius erklärt den Ausdruck nova durch extraordinaria oder Praetoris. Allein es ist dies wohl so zu verstehen: weil sie erst nach der durch die Zahlung des Geldes oder der Sache bewirkten Befreiung (nach dem Tod des Freigelassenen) begründet wird, und also eine früher gültig geschehene Zahlung nicht aufheben kann. Ueber die Favianische Klage vgl. tit. D. si quid in fraud. 42. 8., eine schon erlangte Befreiung nicht rückgängig machen. 2Diesem Falle wird auch [der Fall] angereiht, [wenn] Jemand, welcher jünger als fünfundzwanzig Jahre ist, weil er von seinem Gläubiger verkürzt worden ist, in die in Folge seiner Schuld geleistete Sache wieder eingesetzt wird. 3Wenn aber ein Vater eine zu dem bei Gelegenheit des Kriegsdienstes erworbenen Sondergut [seines Sohnes] gehörige Sache leistet, so müssen wir es ebenso ansehen, als ob er eine fremde gegeben hätte, obwohl sie dann, wenn der Sohn eher, [als der Vater,] ohne Testament verstorben ist, bei Dem, welchem sie geleistet worden ist, bleiben kann; aber sie wird erst dann für erworben gehalten, wenn der Sohn verstorben sein wird. Und jeden Falls zeigt der Erfolg, wem sie gehört habe, und so wird auch in diesem Falle durch Das, was nachher geschieht, für die Vergangenheit gezeigt, was stattgefunden habe. 4Ich stipulire mit Erfolg, dass mir Zehn unbedingt, oder dem Titius am ersten Tage eines Monats, oder unter einer Bedingung, oder dass mir am ersten Januar, dem Titius am ersten Februar gegeben werden sollte. Wenn ich aber [stipulire,] dass mir am ersten Februar, dem Titius am ersten Januar [gegeben werden solle,] so kann man zweifeln. Allein man sagt richtiger, dass ich mit Erfolg stipulirt habe; denn da diese Verbindlichkeit auf einen Termin gestellt ist, so kann auch mir vor dem ersten Februar gezahlt werden; daher wird auch jenem gezahlt werden können. 5Wenn Derjenige, welcher sich oder dem Titius Etwas stipulirt, so sagt: es solle ihm gegeben werden, wenn du dem Titius nicht gezahlt haben wirst, so scheint er bedingt zu stipuliren. Und darum wird auch, wenn die Stipulation so geschehen ist: [Gelobst du,] mir Zehn, oder dem Titius Fünf zu geben? der Schuldner, wenn er dem Titius Fünf geleistet hat, von seiner Verbindlichkeit gegen den Stipulator befreit werden. Das kann man dann so zulassen, wenn gerade das ausdrücklich beabsichtigt wurde, dass gleichsam eine Strafe bei der Person des Stipulirenden hinzugefügt sein sollte, wenn dem Titius nicht gezahlt worden wäre. Aber wenn er schlechthin stipulirt, dass ihm oder dem Titius [gegeben werden solle,] so wird Titius nur um der Zahlung willen hinzugezogen; und darum werden, wenn demselben Fünf gezahlt worden sind, die übrigen Fünf in der Verbindlichkeit bleiben. Umgekehrt, wenn ich mir Fünf, jenem Zehn stipulirt haben sollte, so bringt es die Fassung der Stipulation nicht mit sich, dass [der Schuldner,] wenn dem Titius Fünf gezahlt worden sind, von der Verbindlichkeit gegen mich befreit werde. Ferner, wenn er die Zehn [dem Titius] gezahlt haben wird, so wird er Fünf nicht zurückfordern können, sondern mir werden auf die Auftragsklage die Zehn [vom Titius] geleistet werden müssen. 6Ich stipulire, dass mir zu Rom, oder dem Titius zu Ephesus gegeben werden solle. Wir wollen sehen, ob [der Schuldner] dadurch, dass er dem Titius zu Ephesus zahlt, von der Verbindlichkeit gegen mich befreit werde; denn wenn es verschiedene Handlungen sind, wie Julianus glaubt, so ist auch die Sache verschieden. Aber da der Grund des Gebens überwiegend ist, so wird er befreit; er würde nemlich auch dann befreit werden, wenn ich stipulirt hätte, dass mir Stichus, jenem Pamphilus gegeben werden sollte, und [der Schuldner] dem Titius den Pamphilus geleistet hätte. Aber wenn ich eine reine Handlung stipulire, z. B. dass ein einzeln stehendes Haus auf meinem Grund und Boden, oder auf einem Platz des Titius gebaut werden solle, tritt dann wohl, wenn er es auf einem Platz des Titius baut, Befreiung ein? Es hat nemlich noch Niemand gesagt, dass, wenn eine Handlung statt einer andern geleistet worden ist, Befreiung eintrete. Aber es ist richtiger, dass Befreiung eintrete, weil nicht eine Handlung statt einer andern geleistet zu werden scheint, sondern die Wahl des Versprechers in Erfüllung geht. 7Wenn ein Sclave, an welchem Jemand den Niessbrauch hat, aus dem Vermögen des Niessbrauchers Etwas dem Eigenthümer oder Niessbrauchers stipulirt, so ist die Stipulation wirkungslos. Aber wenn er aus dem Vermögen des Eigenthümers Etwas dem Eigenthümer selbst oder dem Niessbraucher stipulirt, so stipulirt er richtig; denn der Niessbraucher ist in diesem Falle nur zur Annahme der Zahlung fähig, nicht auch des Forderungsrechts [theilhaftig1414Vgl. l. 1. §. 5., l. 9. §. 1., l. 10—13. D. de stipulat. serv. 45. 3. u. Noodt de usufr. I. 16. (Opp. T. p. 425. sq.).] 8Ich habe einen freien Platz, welcher einem Anderen gehört, versprochen; auf demselben hat der Eigenthümer ein einzeln stehendes Haus erbaut. Man hat gefragt, ob die Stipulation erloschen sei? Ich habe das Gutachten ertheilt: Wenn ich einen fremden Sclaven versprochen habe, und derselbe von seinem Herrn freigelassen worden ist, so werde ich befreit. Auch hat man Das nicht angenommen, was Celsus sagt1515Vgl. l. 83. §. 5. D. de verb. obl. 45. 1., dass er [nemlich] gefordert werden könne, wenn er in Folge irgend einer gesetzlichen Bestimmung wiederum Sclave geworden sei. Auch hat er sich eines unähnlichen Falles zum Beweis bedient, dass du nemlich, wenn der Eigenthümer das Schiff, welches du versprochen hast, auseinandergenommen, sodann mit denselben Bretern wieder zusammengefügt habe, gehalten seiest; denn in diesem Falle ist es dasselbe Schiff, welches du geben zu wollen gelobt hast, sodass die Verbindlichkeit mehr unterbrochen, als erloschen zu sein scheint. Dem Falle aber, in welchem der Sclave freigelassen worden ist, wird dieser dann ähnlich werden, wenn du anführen wirst, dass das Schiff in der Absicht auseinandergenommen sei, damit die Breter zu anderen Zwekken verwendet würden, dass aber sodann, nach veränderter Absicht, ebendieselben wieder zusammengesetzt worden seien; denn dann wird das zweite Schiff ein anderes zu sein scheinen, ebenso wie jener ein anderer Sclave ist. Diesen [Fällen] ist aber der des freien Platzes nicht ähnlich, auf welchen ein Gebäude gesetzt worden ist; denn er hat nicht aufgehört, vorhanden zu sein, ja er kann sogar noch gefordert werden, und es wird der Werth desselben geleistet werden müssen; denn der freie Platz ist ein Theil des einzeln stehenden Hauses, und zwar der grösste, zu welchem sogar Das, was sich auf der Oberfläche befindet, gehört. Das Gegentheil werden wir sagen, wenn ein versprochener Sclave von den Feinden gefangen sein sollte; denn der kann unterdessen nicht gefordert werden, gleich als wäre es vor dem Eintritt des Termins. Aber wenn er durch das Heimkehrrecht zurückgekehrt sein wird, dann wird er richtig gefordert werden, denn es ist in diesem Falle die Verbindlichkeit [nur] unterbrochen gewesen. Der freie Platz aber ist vorhanden, so wie das Uebrige, woraus das Gebäude bestanden hat. So hat auch das Gesetz der zwölf Tafeln verordnet, dass ein in ein Gebäude verbauter Balken vindicirt werden könne, aber verboten, dass er unterdessen geleistet werde, und bestimmt, dass der Preis desselben gegeben werden solle.
Übersetzung nicht erfasst.