Quaestionum libri
Ex libro I
Paul. lib. I. Quaestionum. Ein Freigelassener ist gegen seinen Freilasser schriftlich eingekommen, ohne zu verbergen, dass er sein Freigelassener sei; scheint ihm nun, im Fall auf sein Begehren geantwortet wird, auch die im Edicte bestimmte Strafe erlassen? Ich habe geantwortet: ich glaube nicht, dass dieser Fall das Edict des Prätors angehe; denn man nimmt ja auch nicht an, dass der, welcher schriftlich beim Quaestor oder dem Vorsteher einer Provinz einkommt, den Freilasser vor Gericht berufe.
Paul. lib. I. Quaest. Nesennius Apollinaris dem Julius Paulus seinen Gruss: Eine Grossmutter hat die Geschäfte ihres Enkels geführt; nachdem beide gestorben, wurden die Erben der Grossmutter von den Erben des Enkels mit der Geschäftsführungsklage belangt; es brachten die Erben der Grossmutter die dem Enkel geleisteten Nahrungsmittel in Anrechnung. Man antwortete [auf Seiten der Kläger], die Grossmutter habe sie aus Liebe von dem Ihrigen geleistet; auch habe sie ja weder gefordert, dass Nahrungsmittel [dem Enkel] zuerkannt würden, noch seien sie zuerkannt worden; überdies, sagte man, sei verordnet worden, dass, wenn eine Mutter [ihr Kind] ernährt hätte, sie die Nahrungsmittel, die sie aus dem Drange der Liebe von dem Ihrigen geleistet hätte, nicht zurückfordern könnte. Von der andern Seite sagte man, dann werde dies mit Recht behauptet, wenn bewiesen würde, dass eine Mutter aus dem Ihrigen ernährt habe; aber im vorliegenden Falle sei es wahrscheinlich, dass die Grossmutter, welche die Geschäfte [des Enkels] verwaltete, aus dem Vermögen des Enkels selbst ihn ernährt habe. Man hat darüber verhandelt, ob etwa von beiden Vermögen [die Nahrungsmittel] bestritten zu sein schienen? Ich frage nun, was dir gerechter scheine? Ich habe zum Bescheid gegeben: dieser Streit hat blos auf der Thatsache beruht; denn auch jenes, was bei der Mutter verordnet worden, glaube ich, sei nicht so durchgängig zu beobachten. Denn wie, wenn sie sogar protestirt hat, sie ernähre den Sohn darum, damit sie entweder ihn selbst oder die Vormünder desselben belange? Setze [den Fall], der Vater desselben sei in der Fremde gestorben, und die Mutter habe, während sie ins Vaterland zurückkehrt, sowohl den Sohn, als die Sclaven desselben unterhalten; in welchem Fall der höchstselige Kaiser Pius Antoninus verordnet hat, dass sogar gegen den Mündel selbst die Geschäftsführungsklage zu geben sei. Daher werde ich leichter glauben, dass in [diesem] Thatverhältniss (in re facti) die Grossmutter oder ihre Erben zu hören seien, wenn sie die Nahrungsmittel in Anrechnung bringen wollen; vorzüglich, wenn es auch erhellen wird, dass die Grossmutter dieselben in die Aufwandsrechnung eingetragen hat. Das glaube ich ist auf keinen Fall zuzulassen, dass [die Nahrungsmittel] von beiden Vermögen bestritten zu sein scheinen.
Paul. lib. I. Quaest. Wir wollen demnach sehen, ob, wenn der Erbe, in dessen Besitz etwa Einiges [von der fremden Sache] gekommen ist, das, was an ihn kam, verzehrt haben sollte, er aufhöre, verantwortlich zu sein, oder ob es vielmehr [zur Klaganstellung gegen ihn] genügt, dass nur überhaupt etwas an ihn gekommen ist? und [ferner] ob, wenn er nach Verzehrung des ihm [von der fremden Sache] Zugefallenen gestorben sein sollte, gegen seinen Erben jedenfalls eine Klage zusteht, weil er als Erbe die Verpflichtung des Erblassers auf sich genommen hat, oder ob die Klage nicht zu gestatten sei, weil auf den zweiten Erben nichts [von der fremden Sache] gekommen ist? Es ist nun aber besser [anzunehmen], dass jedenfalls eine Klage gegen den Erben des Erben zulässig sei; denn es genügt, wenn nur einmal etwas [von der fremden Sache] an den nächsten Erben gekommen ist, und sogleich hört die gewöhnliche Verjährbarkeit der Klage auf (et perpetua actio esse coepit); widrigenfalls würde man sagen müssen, dass auch nicht einmal derjenige, welcher das, was [von der fremden Sache] an ihn gekommen ist, verzehrt hat, gehalten werde.
Paul. lib. I. Quaest. Jemand, der jünger ist als fünfundzwanzig Jahre, hat nach erlangtem Zutritte zum Vorsteher [der Provinz] vermöge eines täuschenden Aussehens seines Körpers seine Volljährigkeit [vermeintlich] dargethan; seine Curatoren haben nach erlangter Ueberzeugung, dass er noch minderjährig sei, die Verwaltung [seines Vermögens] fortgesetzt; in der Zwischenzeit nach der [falschen] Beweisführung des minderjährigen Alters und vor Erfüllung des fünfundzwanzigsten Lebensjahres sind dem Minderjährigen schuldige Gelder ausgezahlt worden und er hat sie auf schlechte Weise verthan; ich frage nun, wer den Schaden zu tragen habe? Wie nun, wenn die Curatoren auch in demselben Irrthume beharret wären, nämlich zu glauben, jener sei volljährig, und sich der Vermögensverwaltung enthalten, dann aber [nach erkanntem Irrthum] die Curatel wieder fortgesetzt hätten, wird die Gefahr der Zeit, welche nach Erweisung der Volljährigkeit verflossen ist, sie treffen? Ich habe zur Antwort gegeben diejenigen, welche ihre Schulden bezahlt haben, dürfen, als nach dem Rechte selbst befreit, nicht zum zweiten Male belangt werden; aber die Curatoren, welche, wissend, dass jener ein Minderjähriger sei, bei ihrer Amtsführung aushielten, durften nicht zugeben, dass [er für sich allein] schuldige Gelder in Empfang nehme, und werden in dieser Beziehung belangt werden müssen. Wenn sie aber selbst auch der Entscheidung des Vorstehers Glauben beigemessen und die Verwaltung zu führen aufgehört oder auch schon Rechnung abgelegt haben, so sind sie den andern [vorher erwähnten] Schuldnern [des Minderjährigen] gleichzustellen und werden daher nicht belangt.
Ad Dig. 16,2,21Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 349, Noten 9, 10.Paul. lib. I. Quaest. Nachdem unter Allen angenommen worden ist, dass das, was gegenseitig geschuldet wird, von Rechtswegen aufgerechnet werde, so wird der Geschäftsbesorger eines Abwesenden, wenn er belangt werden sollte, nicht wegen der Genehmigung Sicherheit geben müssen, weil er nichts aufrechnet, sondern von ihm von Anfang an weniger gefordert wird11Der procurator absentis soll nach dieser Stelle die cautio de rato, welche er sonst immer geben muss, wenn er Etwas für den Abwesenden thut, was dieser widerrufen kann, nicht zu geben brauchen, weil die Klage bei dem Vorhandensein von Forderung und Gegenforderung gleich auf weniger gerichtet werden müsse, die Aufrechnung also gar nicht mehr in der Willkühr des Beklagten stehe. Dies wird daraus abgeleitet, weil die Aufrechnung ipso jure geschehe, so dass dem ipso jure hier der Sinn untergelegt wird, welchen es nach der Anm. zu L. 4. h. t. bei der compensatio nicht hat. Wahrscheinlich ist die Stelle interpolirt, und sie bezog sich wohl ursprünglich auf die compensatio der Argentarien, welche von der Regel abwich. S. Bethmann-Hollweg a. a. O. S. 281 ff..
Paul. lib. I. Quaest. Latinus Largus [sagt:] ich frage, ob man den wegen des Kaufs [bestellten] Bürgen zur Zurücknahme des Sclaven nöthigen könne? Ich habe zum Bescheid gegeben: wenn der Bürge für die ganze Sache angenommen sei, so glaubt Marcellus, könne man auch den Bürgen zur Zurücknahme nöthigen.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
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