Ad Plautium libri
Ex libro XVII
Paul. lib. XVII. ad Plautium. Denn was einmal oder zweimal geschieht, darauf, sagt Theophrastus, nimmt der Gesetzgeber keine Rücksicht.
Idem lib. XVII. ad Plaut. Gegen diejenigen, welche der Kaiser nach Rom berufen hat, findet daselbst nur dann eine Klage Statt, wenn sie während dieser Zeit contrahirt haben. 1Wegen während der Gesandschaft begangener Verbrechen müssen sich die Gesandten zu Rom belangen lassen, mögen sie selbst oder ihre Sclaven dieselben begangen haben. 2Wenn aber eine dingliche Klage gegen einen Gesandten gefordert wird, wird dieselbe, weil sie ein derzeitiger Besitz begründet, ertheilt werden dürfen? Cassius erwiedert hierauf, es müsse hier so gehalten werden, dass wenn demselben dadurch seine Bedienung geschmälert wird, die Klage nicht zu bewilligen, wenn sie aber einen von vielen Sclaven betreffe, dieselbe nicht zu verwehren sei. Julian [sagt aber], die Klage müsse ohne Unterschied abgeschlagen werden, und mit Recht, denn es wird deshalb keine Klage gegeben, damit der [Gesandte] nicht von seiner übernommenen Pflicht der Gesandschaft abgehalten werde.
Paul. lib. XVII. ad Plaut. Wider denjenigen [Gesandten] aber, der eine Erbschaft angetreten hat, schreibt Cassius, finde keine Klage [deshalb] Statt, selbst wenn er dieselbe zu Rom angetreten habe, damit nicht seine Sendung darunter leide, und dies ist richtig. Auch den Vermächtnissinhabern wird keine Klage gegeben; wenn [der Erbe] aber keine Bürgschaft stellt, so werden sie in den Besitz der Erbschaftssachen gesetzt; dies gilt auch von den Erbschaftsgläubigern.
Paul. lib. XVII. ad Plaut. Es wird aber auch, wenn ihm eine Erbschaft nach dem Trebellianischen [Senatsbeschluss] ausgeantwortet wird, keine Klage gegen ihn ertheilt, mag der Erbe sie freiwillig oder gezwungen angetreten haben; denn es ist zwar bequemer, wenn ihm die Erbschaft herausgegeben wird, aber man muss deshalb doch annehmen, als habe er sie selbst angetreten. 1Hat umgekehrt ein Gesandter während der Zeit seiner Gesandschaft [eine Erbschaft] angetreten und ausgeantwortet, so wird die Klage wider den Fideicommissinhaber ertheilt und die Einrede des Trebellianischen [Senatsbeschlusses] steht aus der Person des Gesandten nicht im Wege, weil dies ein persönliches Vorrecht des Gesandten ist. 2Aus denjenigen Gründen, weshalb ein Gesandter nicht gezwungen werden kann, sich auf Klagen einzulassen, kann er auch nicht zum Eide, dass er zu geben nicht schuldig sei, genöthigt werden, weil dieser Eid an die Stelle der Einleitung des Verfahrens tritt. 3Wegen Gebäude muss der Gesandte für drohenden Schaden haften, oder dem Nachbar den Besitz verstatten. 4Aber auch, wenn die Frist zu einer Klage abzulaufen im Begriff ist, muss der Prätor, nach Erwägung der Sache, eine Klage gegen ihn ertheilen, damit das Verfahren eingeleitet und dann in die Provinz abgegeben werde. 5Ad Dig. 5,1,28,5Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 87, Note 2.Wenn ein Familienhaupt mit Hinterlassung eines Sohnes und einer schwangern Gattin gestorben ist, so kann der Sohn von den Schuldnern [desselben] die Hälfte der schuldigen Summe mit Recht nicht fordern, wenn schon nachher nur ein Sohn geboren worden ist, weil mehrere geboren werden konnten, obgleich es nach der Natur der Dinge gewiss war, dass [wenigstens] einer geboren werde. Sabinus und Cassius [sagen] aber, er hätte müssen das Viertheil verlangen, weil es ungewiss gewesen, ob nicht drei geboren werden würden, und man dürfe hier nicht auf die Natur der Dinge sehen, in der Alles gewiss sei, indem alles Werdende nach einer Nothwendigkeit geschehe11S. die Note in der Simon v. Leeuwenschen Ausgabe., sondern auf unsere Unwissenheit Rücksicht nehmen.
Paul. lib. XVII. ad Plaut. Die Alten sorgten für eine freie Leibesfrucht auf die Art, dass sie ihr bis auf die Zeit der Geburt alle Rechte unverkürzt vorbehielten, sowie man es beim Erbschaftsrechte sehen kann, wo die Seitenverwandten fernern Grades als die Leibesfrucht nicht zugelassen werden, so lange es ungewiss ist, ob dieselbe geboren werden könne. Stehn aber die übrigen in gleichem Grade wie die Leibesfrucht, so hat man die Frage, ein wie grosser Theil ausgesetzt bleiben müsse, darum aufgeworfen, weil man nicht wissen konnte, wieviel geboren werden würden; denn über diesen Umstand wird soviel, so Mannigfaltiges und Unglaubliches geglaubt, dass man es zu den Fabeln zählen kann. Denn so erzählt man, es seien vier Mädchen auf einmal von einer Mutter geboren worden; auch berichten glaubwürdige Schriftsteller, dass eine Frau im Peloponnes fünfmal je vier Kinder, viele Weiber in Aegypten aber auf einmal sieben Kinder geboren haben. Wir haben ebenfalls drei Senatoren, die Drillingsbrüder waren, gesehen, die zum Kampf auszieheden22Cinctos, s. Brisson. und Ulr. Huber. Prael. ad h. t. §. 3. Horatier. Auch Lälius berichtet, dass er im kaiserlichen Pallast eine freie Frau gesehen habe, die von Alexandrien herbeigeführt worden, um dem Hadrian gezeigt zu werden, mit fünf Kindern; von denen sie vier zu gleicher Zeit, fünfte nach vierzig Tagen geboren haben sollte. Wie nun also? Die Rechtsgelehrten haben sehr klüglich gewissermaassen den Mittelweg befolgt, so dass sie darauf Rücksicht nehmen, was nicht gerade sehr selten geschehen kann, d. h. sie haben, weil es öfters geschieht, dass Drillinge geboren werden, dem überlebenden Sohn33In diesen beiden Fragmenten, die ursprünglich zusammengehangen haben mögen, ist der Fall vorausgesetzt, dass ein Sohn und dessen schwangere Mutter den Vater überleben. das Viertheil angewiesen; denn was einmal oder zweimal [nur] geschieht, übergehen, wie Theophilus sagt, die Gesetzgeber. Wenn die Mutter daher nachher auch nur ein Kind gebiert, so wird [jener doch] einstweilen nicht zur Hälfte, sondern zum Viertheil Erbe sein.
Paul. lib. XVII. ad Plaut. Es ist zu merken, dass, wenn eine Frau nicht schwanger ist, aber dafür gehalten wird, der Sohn3, unterdessen Gesammterbe ist, wenn er auch nichts davon weiss, dass er Gesammterbe sei. 1Dasselbe gilt vom Fremden, wenn er auf einen bestimmten Theil zum Erben eingesetzt worden ist, und auf den übrigen die Nachkömmlinge. Ist vielleicht die Einsetzung mit den Worten geschehen: soviel Kinder mir geboren werden und Lucius Titius sollen zu Kopftheilen meine Erben sein, so kann die Frage entstehen, ob er nicht antreten könne, sowie derjenige, welcher den ihm im Testament [beschiedenen] Antheil nicht kennt. Es ist aber vortheilhafter für den, der seinen Antheil nicht kennt, antreten zu können, wenn ihm nur sonst das, was er wissen muss, nicht unbekannt ist.
Idem lib. XVII. ad Plaut. Dies, wenn die Sache in den Händen des Beklagten ist44Averan. Interpr. Jur. I. 15. 6 sq. Auch die Glosse erklärt ebenso das praesens und absens.; ist sie dies nicht, dann, wenn derselbe in deren Besitz gekommen ist, nach dem Willen des Klägers55Quod semper praesumitur, cum litis aestimation. habeat, sagt die Glosse.. Daher ist es passend, dass der Streitgegenstand unter keiner andern Bedingung vom Richter gewürdert werde, als wenn der Kläger dafür Sicherheit bestellt hat, dass es nicht an ihm liegen solle, dass der Besitz der [betreffenden] Sache nicht übergeben werden werde.
Idem lib. XVII. ad Plaut. Wenn ein Grundstück oder ein Mensch durch die Condiction gefordert worden war, so glaube ich, dass das Recht in der Anwendung gelte, dass nach Einlassung auf die Klage die ganze Zubehör zurückzuerstatten sei, das heisst, Alles, was der Kläger gehabt haben würde, wenn [das Grundstück oder der Sclav] zur Zeit des eingeleiteten Streites geleistet worden wäre. 1Ad Dig. 12,1,31,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 342, Note 45.Ich habe deinen Sclaven, ohne es zu wissen, vom Diebe in gutem Glauben gekauft; der hat aus dem Sondergut, welches dir gehörte, einen Menschen angeschafft, welcher mir übergeben worden ist; Sabinus [und] Cassius sagen, dass du vor mir den Menschen condiciren könnest, aber wenn mir in Folge des Geschäfts, welches derselbe geführt hätte, Etwas fehlen sollte, so würde ich hinwiederum gegen dich klagen. Und dies ist wahr, denn auch Julianus sagt, es möchte wohl der Herr66Videndum, ne dominus. Diese aus der Bescheidenheit, mit welcher die Röm. Juristen ihre eigenen Meinungen auszusprechen pflegen, hervorgegangene Redeweise enthält eine bejahende Entscheidung des fraglichen Falles. S. Haubold de resp. med. interpret. in Opusc. T. II. p. 247—298. namentlich p. 257. die Klage aus dem Kaufe vollständig haben, der Verkäufer aber gegen den Käufer guten Glaubens condiciren können. Was die Sondergutsgelder betrifft, so kann sie der Herr, wenn sie vorhanden sind, vindiciren, aber er ist dem Verkäufer auf die Klage wegen des Sonderguts gehalten, dass er den Preis zahle; wenn sie verbraucht sein sollten, so geht die Klage wegen des Sonderguts verloren. Doch hätte Julianus beifügen sollen, dass der Verkäufer dem Herrn des Sclaven aus dem Kaufe nicht anders gehalten sei, als wenn der Herr des Sclaven demselben den ganzen Preis, und was er sonst noch, wenn er mit einem Freien contrahirt hätte, geschuldet haben würde, leisten würde. Dasselbe muss man sagen, wenn ich einem Besitzer guten Glaubens gezahlt hätte, jedoch [nur dann,] wenn ich bereit sein sollte, die Klagen, welche ich etwa gegen denselben habe, dem Herrn abzutreten.
Paul. lib. XVII. ad Plaut. Wenn ich, da ich einer Frauensperson [Etwas] schenken wollte, es auf ihren Befehl [ihrem] Bräutigam ausgezahlt habe, und die Ehe nicht erfolgt ist, so wird die Frauensperson condiciren. Aber wenn ich mit dem Bräutigam contrahirt und das Geld zu dem Zweck gegeben habe, damit, wenn die Ehe erfolgt wäre, der Frauensperson eine Mitgift erworben würde, wenn sie aber nicht erfolgt wäre, es mir zurückgegeben würde, so wird es gleichsam wegen einer Sache gegeben, und wenn die Sache nicht erfolgt ist, so werde ich vom Bräutigam condiciren. 1Wenn Jemand nicht geschuldetes Geld aus Irrthum auf Befehl der Frauensperson ihrem Bräutigam gegeben hätte und die Ehe erfolgt wäre, so kann er sich der Einrede der bösen Absicht nicht bedienen; denn der Ehemann führt ihr Geschäft als das seine, und thut Nichts [dabei] mit böser Absicht, ist auch nicht zu hintergehen, was [doch] geschieht, wenn er gezwungen werden sollte, eine Gattin ohne Mitgift zu haben; es steht ihm (dem Versprecher) daher die Condiction gegen die Frauensperson zu, so dass er entweder von ihr zurückfordere, was er dem Ehemann gegeben hat, oder damit er befreit werde, wenn er noch nicht gezahlt haben sollte. Aber wenn der Ehemann nach aufgelöster Ehe [das Versprochene] fordern würde, so dürfe [ihm] nur in Bezug auf das eine Einrede entgegenstehen, was die Frauensperson zurückbekommen würde.
Paul. lib. XVII. ad Plaut. Ad Dig. 12,6,65 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 423, Note 11.Ueberhaupt (um im Allgemeinen von der Zurückforderung zu handeln) muss man wissen, dass man entweder wegen eines Vergleichs, oder wegen eines Grundes, oder wegen einer Bedingung, oder wegen einer Sache, oder eine Nichtschuld gibt; und in allen den Fällen entsteht die Frage nach der Zurückforderung. 1Und was nun Namens eines Vergleichs gegeben wird, wird nicht zurückgefordert, wenn gleich keine Sache zweifelhaft (media) gewesen sein sollte; denn wenn [die Entstehung] eines Streites [zweifelhaft] gewesen ist, so scheint gerade das, dass man vom Streit absteht, der Grund zu sein. Wenn aber eine offenbare Chicane entdeckt wird, und der Vergleich [also] unvollkommen ist, so wird eine Zurückforderung gegeben werden. 2Ad Dig. 12,6,65,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 423, Note 11.Das auch, was wegen eines Grundes gegeben wird, z. B. weil ich geglaubt habe, dass meine Geschäfte von dir befördert seien, wenngleich es nicht geschehen ist, kann nicht zurückgefordert werden, weil ich habe schenken wollen, obwohl ich eine falsche Ueberzeugung gehabt habe. 3Aber ich kann vermittelst der Condiction wegen einer Bedingung eines Legats oder einer Erbschaft, sei es, dass mir Nichts legirt, oder dass das Legat entzogen worden ist, klagen, um zurückzufordern, was ich gegeben habe; da ich doch nicht in der Absicht zu contrahiren gegeben habe, weil der Grund, wegen dessen ich gegeben habe, nicht erfolgt ist. Dasselbe [findet Statt,] auch wenn ich die Erbschaft habe nicht antreten wollen oder nicht können. Dasselbe kann man nicht sagen, wenn mein Sclav unter einer Bedingung zum Erben eingesetzt sein sollte, und ich [deshalb Etwas] gegeben haben werde, nachher er, nachdem er freigelassen worden ist, angetreten haben sollte; denn in diesem Fall ist die Sache erfolgt. 4Ad Dig. 12,6,65,4Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 423, Note 11.Was wegen einer Sache gegeben wird, gewährt (habet) aus Rücksicht auf das, was gut und billig ist, eine Zurückforderung, wie wenn ich dir [Etwas] geben sollte, damit du Etwas thun mögest, und du es nicht gethan haben solltest. 5Demjenigen, welcher eine Nichtschuld zurückfordert, müssen sowohl die Früchte als die [unterdessen] geborenen [Sclaven] nach Abzug des Aufwands zurückerstattet werden. 6Ad Dig. 12,6,65,6Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 186, Note 16.Bei ungeschuldet geleistetem Getreide kommt auch die Güte in Betracht (est); und wenn [der Andere] das Getreide verbraucht hat, so wird [der Geber] den Werth zurückfordern. 7So werde ich, wenn eine Wohnung gegeben worden ist, Geld condiciren, zwar nicht [soviel,] um wieviel ich habe vermiethen können, sondern um wieviel du gemiethet haben würdest. 8Wenn ich dir einen nichtgeschuldeten Sclaven gegeben habe, und du ihn freigelassen hast, so wirst du, wenn du dies wissentlich gethan hast, auf den Werth desselben gehalten sein; wenn nicht wissentlich, so wirst du [darauf] nicht gehalten sein, aber wegen der Dienste jenes Freigelassenen, und dass du eine demselben zugefallene (ejus) Erbschaft zurückerstattest. 9Eine Nichtschuld ist nicht blos, was überhaupt nicht geschuldet wird, sondern auch was dem Einen geschuldet wird, wenn es einem Andern gezahlt werden sollte, oder wenn das, was der Eine schuldete, ein Anderer, gleich als ob er selbst schulde, zahlen sollte.
Idem lib. XVII. ad Plautium. Frei bleibt die Verwaltung eines Sondergutes nicht, weder bei einem, der entlaufen, noch, der entführt ist, noch bei dem, von welchem Jemand nicht weiss, ob er lebt oder gestorben ist. 1Wem die Verwaltung eines Sondergutes übertragen ist, der kann an seinen Schuldner Anweisung geben.
Paul. lib. XVII. ad Plaut. Wenn Derjenige, dem ein Sclave auf den Todesfall geschenkt worden, solchen freigelassen hat, so haftet er mittels der Condiction auf den Werth des Sclaven: weil er weiss, dass derselbe von ihm zurückgefordert werden könne, wenn der Schenker wieder genese.
Paul. lib. XVII. ad Plaut. Ad Dig. 45,1,91 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 265, Note 13.Wenn ich einen Sclaven stipulirt habe, und der Sclave ohne Eintritt eines Verzugs gestorben ist, so ist, im Fall ihn der Versprecher selbst getödtet, der Fall nicht verwickelt; wenn er ihn aber in einer Krankheit vernachlässigt hat, so ist bei der Frage, ob der Versprecher hafte, in Betracht zu ziehen, ob, sowie bei der Vindicetion eines Sclaven, wenn er von dem Besitzer vernachlässigt worden, der Besitzer in Gemässheit dieser Verschuldung haftet, ebenso auch Der haftet, welcher ihn zu geben versprochen hat; oder ob die Verschuldung, soweit es eine Stipulation betrifft, nur bei einem Thun von Einfluss ist, nicht bei einem Unterlassen? Ohnstreitig ist letzteres anzunehmen, weil Derjenige, welcher Etwas zu geben versprochen hat, nur zu geben, nicht zu thun gehalten ist. 177Paulus zeigt hier in mehreren Beispielen, wenn der Versprecher wegen eines Versehens, was in einem Thun bestand, verhaftet ist. Wenn die Sache zwar existirt, aber nicht gegeben werden kann, weil die Sache eine geweihte geworden, oder der Grund und Boden ein unverletzlicher, oder der Sclave freigelassen, oder auch von den Feinden gefangen genommen worden ist, so wird die Verschuldung so beurtheilt, dass, wenn die Sache entweder zur Zeit der Stipulation, oder nachher dem Versprecher gehörte, und einige der obigen Fälle eingetreten, er demungeachtet gehalten wird, und eben dies der Fall ist, wenn sich auch durch die Schuld eines Andern, nachdem sie von dem Versprecher veräussert worden, etwas Dergleichen ereignet. Wäre aber die Sache eine fremde, und durch einen Andern geht etwas Dergleichen mit der Sache vor, so ist er nicht gehalten, weil er nichts gethan hat, ausgenommen, wenn etwas Dergleichen sich ereignet, nachdem er die Erfüllung verzögert hat; welche Unterscheidung auch Julianus annimmt. Desgleichen, wenn ein Sclave, welcher dem Versprecher gehört, aus einer vorangehenden Ursache demselben so entzogen wird, dass er ein Bedingtfreier wird, so muss die Sache ganz so angesehen werden, als wenn ein fremder Sclave versprochen worden wäre, weil derselbe ohne sein Zuthun aufgehört hat, ihm zu gehören88Z. B. Ich habe versprochen, dir den Sclaven Stichus zu geben; nachher hat mich Jemand zum Erben eingesetzt und dem Stichus die Freiheit unter einer Bedingung vermacht. Wird Stichus durch den Eintritt der Bedingung frei, so bin ich aus der Stipulation nicht gehalten. So erklärt die Glosse.. 2Darüber wird Frage erhoben, ob auch Derjenige, welcher [den Sclaven] getödtet hätte, ohne zu wissen, dass er ihn einem Andern schulde, gehalten sei? Julianus nimmt dies in Ansehung Desjenigen an, welcher, ohne zu wissen, dass ihm in dem Codicille die Herausgabe [an einen Andern fideicommissweise] auferlegt worden, den Sclaven freigelassen hat. 3Ad Dig. 45,1,91,3ROHGE, Bd. 7 (1873), S. 230: Erweiterung der Verpflichtungen des Schuldners durch Zahlungsverzug.ROHGE, Bd. 10 (1874), S. 263: Voraussetzung des Verzuges der Erfüllung, wenn dazu die Mitwirkung des Gläubigers erforderlich ist.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 28, Note 5.Wir wollen nunmehr die Untersuchung des Satzes folgen lassen, welchen die Alten aufgestellt haben, dass nemlich, sobald ein Verschulden des Schuldners hinzutrete, die Verbindlichkeit verewigt werde99D. i. dass durch den Untergang der schuldigen Sache die Verbindlichkeit nicht erlischt, sondern stets der Werth derselben oder das Interesse geleistet werden muss. S. Glück. IV. S. 411., und wie dieser Satz zu verstehen sei? Hat der Versprecher selbst bewirkt, dass er die Erfüllung nicht leisten könnte, dann ist diese Bestimmung leicht verständlich. Hat er aber die Erfüllung nur verzögert, dann wird zweifelhaft, ob, wenn er nur nachher nicht im Verzuge war, der frühere Verzug dadurch getilgt werde? Und der junge Celsus schreibt, dass Der, welcher sich einen Verzug in Gewährung des Stichus, den er versprochen hatte, habe zu Schulden kommen lassen, diesen Verzug noch dadurch wieder abwenden könne, dass er ihn nachher anbiete. Denn hier walte eine Frage darüber ob, was recht und billig sei, worüber, wie er sagt, unter dem Schilde des strengen Rechts auf die verderblichste Weise geirrt werde. Und es ist diese Meinung in der That beifallswürdig, weshalb sie auch Julianus annimmt. Denn wenn es sich um einen Schaden handelt und Beide1010Stipulator und promissor. D. R. in gleichem Verhältniss stehen, sollte da nicht Derjenige mehr Berücksichtigung verdienen, der im Besitz ist, als Der, welcher den Schaden verfolgt? 4Wir wollen nun sehen, bei welchen Personen diese Bestimmung Anwendung leidet. Hier tritt eine doppelte Rücksicht ein: nemlich, dass wir zuerst fragen, welche Personen eine fortdauernde Verbindlichkeit bewirken, und sodann, welchen Personen sie solche erzeugen. Ueberall aber verewigt der Hauptschuldner die Verbindlichkeit. Ob aber auch verpflichtete Nebenpersonen1111Accessiones, s. Brisson. h. v. es sind sponsores, fidejussores u. s. w. gemeint. D. R. solches bewirken, ist zweifelhaft. Pomponius nimmt an, dass sie ebenfalls die Verbindlichkeiten verewigen. Denn warum sollte der Bürge durch seine eigene Handlung seine Verbindlichkeit aufheben? Seine Ansicht ist ohne Zweifel richtig. Daher wird nicht nur ihre eigne Verbindlichkeit, sondern auch die ihrer Nachfolger verewigt. Auch ihren verpflichteten Nebenpersonen, dass ist ihren Bürgen1212Den Afterbürgen., verewigen sie die Verbindlichkeit, weil sie das Ganze1313In totam causam, s. Not. 1, 2, ad l. 22, D., S. 594, 2. Bd. angelobt haben. 5Es frägt sich, ob ein Haussohn, welcher auf Befehl des Vaters versprochen hat, wenn er den Sclaven tödtet, des Vaters Verbindlichkeit verewigt? Pomponius nimmt dies an, indem er den Befehlenden für eine verpflichtete Nebenperson ansieht. 6Die Wirkung dieses Satzes besteht darin, dass der Sclave noch gefodert werden kann. Aber man nimmt auch an, dass eine förmliche Annahme als empfangen geschehen, und ein Bürge für diese Verbindlichkeit gestellt werden kann. Ob aber diese Verbindlichkeit erneuert werden kann, ist zweifelhaft, weil wir uns weder einen Sclaven, der nicht existirt, noch ein Capital, was nicht geschuldet wird, stipuliren können. Ich glaube jedoch, dass auch eine Erneuerung geschehen könne, wenn dies unter den Parteien beabsichtigt worden ist, was auch Julianus annimmt1414Sämmtlich Wirkungen des Satzes der Perpetuirung der Verbindlichkeit des Schuldners. S. Glück IV, S. 411, Not. 38..
Ad Dig. 46,1,37Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 112, Note 5; Bd. II, § 477, Note 10.Paul. lib. XVII. ad Plaut. Wenn Jemand, nachdem er durch den Ablauf der Zeit befreit worden ist1515Es ist dies wohl auf keinen Fall von einer die Verbindlichkeit aufhebenden Verjährung, sondern vielmehr von einem Fall zu verstehen, wo die Verbindlichkeit vertragsmässig oder gesetzlich nur eine gewisse Zeit lang dauerte. S. Weber a. a. O. §. 92., Francke a. a. O. S. 74. ff. (welcher annimmt, dass in dieser Stelle ursprünglich sponsor od. fidepromissor gestanden habe, mit Beziehung auf Gaj. III. 115. sqq.; vergl. oben Anm. 10.) u. Unterholzner Ausf. Entw. d. gesammt. Verjährungslehre. B. 2. S. 311. ff., einen Bürgen gestellt haben wird, so ist der Bürge nicht gehalten, weil eine Bürgschaft aus Irrthum nichtig ist.
Übersetzung nicht erfasst.