Ad edictum praetoris libri
Ex libro XXXIII
Paul. lib. XXXIII. ad Ed. Eingehung einer Genossenschaft auf ewig findet nicht Statt.
Paul. lib. XXXIII. ad Ed. Der Ursprung des Kaufens und Verkaufens begann mit dem Tausche; vor Alters nämlich gab es noch keine Münze11Non ita erat numus = nullus omnino erat numus, Glück XVI. p. 2. n. 3. Die Glosse ergänzt sicut hodie., und man hatte noch nicht für das Eine den Namen Waare und für das Andere Kaufpreis, sondern ein Jeder vertauschte nach dem Bedürfnisse der Zeiten und Umstände ihm unbrauchbare Dinge gegen brauchbare, da es gemeiniglich der Fall ist, dass dem Einen das mangelt, was der Andere übrig hat. Weil es sich aber nicht immer und nicht leicht traf, dass wenn du hattest, was ich wünschte, auch ich dagegen hatte, was du erhalten wolltest; so wurde ein Stoff ausgewählt, dessen allgemeiner und unwandelbarer Werth den Schwierigkeiten des Tauschhandels durch Gleichheit des ihm durch das öffentliche Ansehen beigelegten Werthes22Quantitas, s. Glück a. a. O. n. 5. abhelfen sollte; und dieser mit einem öffentlichen Gepräge versehene Stoff verschafft uns Gebrauch und Eigenthumsrecht nicht sowohl durch seinen innern Gehalt, als durch seinen öffentlichen Werth, und es heisst fernerhin nicht Beides [was gegen einander gewechselt wird,] Waare, sondern das Eine Kaufpreis. 1Ob heutzutage ohne Münze von einem Kaufe die Rede sein könne, darüber ist man nicht einig; wie wenn ich eine Toga hingebe, um dafür eine Tunica zu erhalten. Sabinus und Cassius sind der Meinung, es sei solches ein Kauf und Verkauf33S. Anmerk. 1. zu Buch 19. A. d. R.; Nerva und Proculus aber, es sei ein Tausch, kein Kauf. Sabinus führt den Homer an, welcher erzählt44Ilias VII. Buch, V. 472—476. nach Voss., wie sich das Heer der Griechen am Erz, Eisen und Sclaven Wein kaufte, in jenen Versen: Dort nun kauften des Weins die hauptumlockten Achaier; Andere brachten Erz, und andere blinkendes Eisen, Andere dann Stierhäut’, und andere lebende Rinder, Andre Gefang’ne der Schlacht… Aber diese Verse scheinen auf einen Tauschhandel hinzudeuten, nicht auf einen Kauf, sowie jene55Ilias VI. Buch, V. 234. 235.: Doch den Glaukos erregte Zeus, dass er ohne Besinnung Gegen den Held Diomedes die Rüstungen… Wechselte… Mit mehr Grund könnte für diese Meinung angeführt werden, was derselbe Dichter an einer andern Stelle sagt66Odyssee I. Buch, V. 430.: … gekauft hatte mit seinem Vermögen. Aber der Wahrheit angemessener ist die Meinung des Nerva und Proculus; denn sowie das Verkaufen vom Kaufen, und der Käufer vom Verkäufer, so ist auch die Waare vom Kaufpreise verschieden, während sich bei dem Tauschhandel nicht unterscheiden lässt, welcher der Käufer und welcher der Verkäufer sei. 2Der Kauf ist Völkerrechtens, und deshalb kommt er durch gegenseitige Einwilligung zu Stande, und kann selbst zwischen Abwesenden contrahirt werden, sowohl mittelst eines Boten, als durch Briefe.
Paul. lib. XXXIII. ad Ed. doch wird [alsdann] der Preis vom Richter von Amtswegen vermindert werden.
Paul. lib. XXXIII. ad Ed. Wenn bei dem Kaufe eines Landguts bedungen worden ist, der Sclav Stichus solle dazu gehören, und nicht zu entnehmen ist, welcher von mehreren, [diesen Namen führenden Sclaven] als dazu gehörig, [betrachtet werden solle,] indem Käufer und Verkäufer jeder einen andern im Sinne gehabt, so ist dennoch der Verkauf des Landgutes ohne Zweifel gültig. Aber Labeo behauptet, es müsse derjenige Stichus gegeben werden, welchen der Verkäufer gemeint habe; es macht auch keinen Unterschied, welchen Werth der Zubehör habe, ob er mehr, oder weniger als die Hauptsache werth sei; denn viele Gegenstände kauft man zuweilen wegen ihres Zubehörs, z. B. wenn ein Haus wegen seines Marmors, seiner Statuen und Gemälde, gekauft wird. 1Alle Gegenstände, welche man eigenthümlich haben, oder besitzen, oder klagbar verfolgen kann, können gültig verkauft werden; der Verkauf solcher aber, welche nach dem Natur- oder Völkerrechte, oder den Staatsgesetzen dem Verkehre entzogen sind, ist nichtig. 2Einen freien Menschen kann man wissentlich nicht kaufen; selbst ein Kauf oder eine Stipulation der Art ist unzulässig, wenn er Sclav wird, obgleich wir behauptet haben, dass künftig entstehende Sachen gekauft werden können; denn man darf den Eintritt solcher Fälle nicht erwarten. 3Ebenso entsteht, wenn Käufer und Verkäufer wissen, die verkaufte Sache sei gestohlen, auf keiner Seite eine Verbindlichkeit. Weiss es der Käufer allein, so wird der Verkäufer nicht verpflichtet; doch kann er aus dem Verkaufe keine Forderung ableiten, wenn er nicht selbst dem Uebereinkommen gemäss seine Verbindlichkeit aus freien Stücken erfüllt; wenn es dagegen der Verkäufer weiss, der Käufer aber nicht, so werden beide Theile verpflichtet. Und so schreibt auch Pomponius. 4Der Kauf der eigenen Sache ist in dem Falle gültig, wenn man ursprünglich den Besitz, den zufällig der Verkäufer inne hatte, zu kaufen beabsichtigt, um in einem Rechtsstreite über den Besitz der obsiegende Theil zu sein. 5Das Ausproben und Messen hat verschiedene Zwecke; das Ausproben bewirkt, dass der Käufer zurücktreten darf, das Messen aber bezweckt nicht, dass mehr oder weniger verkauft, sondern kund werden solle, wie viel gekauft werde. 6Wenn der Kauf so lautet: Stichus oder Pamphilus soll von mir gekauft sein; so steht es in der Macht des Verkäufers, welchen er will, abzugeben, wie bei Stipulationen. Ist indessen der eine gestorben, so muss der Ueberlebende abgegeben werden; daher hat die Gefahr des Erstern der Verkäufer, jene des Letztern der Käufer zu tragen; wenn aber auch beide sterben, so muss der Kaufpreis dennoch gezahlt werden, denn einer wenigstens lebte auf Gefahr des Käufers. Dasselbe gilt auch, wenn es dem Ermessen des Käufers überlassen war, welchen er haben wolle, wenn anders nur das seinem Ermessen überlassen blieb, dass derjenige, welchen er gewollt habe, als gekauft gelten sollte; und nicht ob er überhaupt kaufen wolle. 7Der Vormund kann eine Sache seines Mündels nicht kaufen; diess muss auch auf ähnliche Fälle ausgedehnt werden, wie auf Curatoren, Geschäftsbesorger, und alle diejenigen, welche die Geschäfte Anderer führen.
Idem lib. XXXIII. ad Ed. Der Verkäufer aber muss, wenn ihm ein besseres Gebot gelegt wird, den ersten Käufer davon benachrichtigen, damit auch er, wenn ein Anderer ein besseres Gebot thut, das Seinige in gleichem Maasse zu erhöhen im Stande sei.
Ad Dig. 18,4,5Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 397, Note 1.Paul. lib. XXXVII. ad Ed. und zwar ohne alle Einrede dawider, wenn nicht das Gegentheil verabredet worden. Ist ein bestimmter Betrag der Schuld namhaft gemacht worden, so haftet der Verkäufer für diese Summe; blieb der Betrag unbestimmt, und es ist gar keine Schuld vorhanden, so muss dem Käufer sein Interesse vergütet werden.
Ad Dig. 18,4,9ROHGE, Bd. 16 (1875), Nr. 43, S. 150: Verpflichtungen aus dem Verkaufe eines nicht existirenden Kaufobjekts. Eigener Wechsel an eigene Ordre. Einfluß des Irrthums.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 307, Note 5; Bd. II, § 315, Note 7.Paul. lib. XXXIII. ad Ed. auch sein Interesse vergütet verlangen.
Idem lib. XXXIII. ad Ed. Wer die ihm wider einen Haussohn zustehenden Forderungen verkauft hat, muss auch diejenigen Ansprüche, die ihm wider dessen Vater zukommen, abtreten. 1Bei einem Erbschaftsverkauf muss der Verkäufer die zur Erbschaft gehörigen Gegenstände übergeben; auf den Betrag der Erbschaft kommt es nicht an,
Paul. lib. XXXIII. ad Ed. Wenn du eine Erbschaft als Erbe verkauft hast, während dir dieselbe nach dem Trebellianischen Senatsbeschluss herausgegeben worden war, so hast du dem Käufer sein Interesse zu vergüten.
Paul. lib. XXXIII. ad Ed. Sowie der Kauf durch wechselseitige Uebereinstimmung abgeschlossen wird, so kann derselbe auch vor der Erfüllung durch eine entgegengesetzte Uebereinstimmung wieder aufgehoben werden. Es wurde deshalb auch die Anfrage gestellt, ob, wenn der Käufer einen Bürgen gestellt erhalten hat, oder eine Stipulation von Seiten des Verkäufers erfolgt ist, die [gegenseitige] Verbindlichkeit durch den blossen Willen wieder aufgelöst zu werden vermöge? Julianus behauptete, die Klage aus dem Kaufe finde wenigstens nicht Statt, weil bei einer Klage guten Glaubens die aus einem Vertrage entspringenden Einreden vom Richter unaufgefordert77S. Noodt Opp. T. I. p. 320. n. berücksichtigt werden müssten. Ob aber dem Bürgen die Einrede von Nutzen sei, bleibt noch zu untersuchen. Ich bin der Meinung, dass, wenn der Schuldner von der Verbindlichkeit frei werde, es auch der Bürge werde. Ebenso muss der Verkäufer, wenn er mit der Klage aus der Stipulation auftritt, durch jene Einrede, zurückgewiesen werden; dasselbe ist auch Rechtens, wenn der Käufer sich die erkaufte Sache durch Stipulation zusichern liess.
Idem lib. XXXIII. ad Ed. Vor Allem muss man sich darüber verständigen, wann der Kauf als vollendet zu betrachten sei; denn erst alsdann kann man wissen, wer die Gefahr zu tragen habe: sobald nämlich der Kauf zur Vollendung gelangt, geht die Gefahr auf den Käufer über. Ist der Verkaufsgegenstand, dessen Qualität und Quantität, sowie der Preis, ausser Zweifel, und der Verkauf unbedingt erfolgt, so ist der Kauf vollendet. Ist eine Sache unter einer Bedingung verkauft worden und solche nicht in Erfüllung gegangen; so ist der Kauf nichtig, ebenso wie eine Stipulation. Tritt die Bedingung aber ein, so behaupten Proculus und Octavenus, habe der Käufer die Gefahr zu tragen; gleiches behauptet Pomponius im neunten Buche. Stirbt während des Obschwebens der Bedingung der Käufer oder der Verkäufer, so werden offenbar, falls die Bedingung eintritt, auch die Erben verpflichtet, als wenn der Kauf schon für die verflossene Zeit abgeschlossen worden wäre. Erfolgt während des Obschwebens der Bedingung die Uebergabe der Sache, so kann der Käufer solche nicht als Käufer ersitzen, und was vom Kaufschilling bezahlt worden ist, kann zurückgefordert werden, und die Nutzungen der Zwischenzeit gehören dem Verkäufer: ebenso wie Stipulationen und bedingte Vermächtnisse erlöschen, wenn während des Obschwebens der Bedingung die Sache zu Grunde geht. Ist jedoch die Sache noch vorhanden, wenngleich im verschlechterten Zustande, so lässt sich behaupten, dass der Käufer den Schaden zu tragen habe. 1Wenn ein Verkauf in der Art abgeschlossen worden ist: jener Sclav soll gekauft sein, es mag ein Schiff aus Asien kommen, oder nicht kommen; in diesem Falle meint Julianus, sei der Verkauf sogleich vollendet, weil dessen Abschluss keinem Zweifel unterworfen ist. 2Verkaufst du mir den Niessbrauch, so ist zu unterscheiden, ob du mir einen dir zustehenden blossen Niessbrauch, oder den Niessbrauch an einem dir gehörigen Gegenstande verkaufst; denn im erstern Falle hat, wenn du auch sofort stirbst, dein Erbe keine Verbindlichkeit gegen mich, wohl aber hat, wenn du am Leben bleibst, mein Erbe eine Forderung; im letzteren Falle hat mein Erbe keine Forderung, wohl aber dein Erbe eine Verbindlichkeit.
Paul. lib. XXXIII. ad Ed. Wenn eine Sclavin, deren ungebornes Kind verkauft worden, unfruchtbar oder über funfzig Jahr als ist, so haftet der Verkäufer, wenn der Käufer dies nicht gewusst hat, aus dem Kauf. 1Wenn der Verkäufer eines Grundstücks wissentlich dessen Abgaben verschweigt, so haftet er aus dem Kauf; hat er es, ohne es zu wissen, nicht vorhergesagt, etwa weil es ein erbschaftliches Grundstück war, so haftet er nicht. 2Ad Dig. 19,1,21,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 76a, Note 8; Bd. II, § 395, Note 2.Wiewohl wir eben gesagt haben, dass, wenn man in Betreff des Gegenstandes übereinstimmt, über dessen Eigenschaft aber verschiedener Ansicht ist, ein Kauf als vorhanden zu betrachten sei, so muss dennoch der Verkäufer dazu haften, um wieviel [dem Käufer] daran gelegen ist, nicht betrogen worden zu sein, auch wenn der Verkäufer nichts davon weiss, z. B. wenn man Tische für zitronenholzene kauft, die es nicht sind. 3Ad Dig. 19,1,21,3BOHGE, Bd. 2 (1871), S. 387 (Anm.): Anspruch auf Ersatz von Schaden, der durch eigene Sorgfalt vermieden werden konnte.ROHGE, Bd. 3 (1872), S. 275: Causalnexus zwischen Verspätung einer Lieferung und dem behaupteten Schaden. Beweislast.ROHGE, Bd. 4 (1872), S. 192: Verpflichtung zum Ersatze von Conventionalstrafe, welche der durch Verzug des Säumigen beschädigte Contrahent einem Dritten hat bezahlen müssen.ROHGE, Bd. 14 (1875), Nr. 44, S. 140: Anspruch des Käufers auf Ersatz des Schadens wegen Nichterfüllung seitens des Verkäufers nach dem höhern Werthe der Waare zur Zeit der Verurtheilung?Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 258, Note 17.Wenn es an dem Verkäufer gelegen hat, dass er zur Uebergabe der [verkauften] Sache nicht geschritten ist, so wird der ganze Vortheil des Käufers in Anschlag gebracht, sobald er als unmittelbare Folge davon88Quae circa rem ipsam consistit, s. Glück IV. p. 443. [für letztern verloren gegangen] ist. Denn wenn er z. B. mit [erkauftem] Wein ein Geschäft hat machen und einen Gewinn ziehen können, so ist dieses ebensowenig in Anschlag zu bringen, als wenn er Waizen gekauft, und weil dieser nicht [zur rechten Zeit] übergeben worden ist, sein Gesinde hat Hunger leiden müssen; denn man erhält blos den Werth des Waizens, nicht den der vor Hunger gestorbenen Sclaven; und die Verbindlichkeit wird durch die Verzögerung nicht ausgedehnter, wiewohl [deren Gegenstand an sich] wachsen kann, wenn [z. B.] der Wein jetzt theurer ist; und zwar nach Gebühr, weil, wenn er übergeben worden wäre, ich ihn als Käufer haben würde, wenn aber nicht, er wenigstens jetzt gegeben werden muss, indem er schon längst hätte gegeben werden sollen. 4Ad Dig. 19,1,21,4ROHGE, Bd. 11 (1874), Nr. 75, S. 227: Zahlung des Kaufpreises statt baar in Actien. Nebenvertrag.Wenn ich dir ein Landgut verkauft habe, dergestalt, dass es mir um eine bestimmte Summe verpachtet werden soll, so steht mir desfalls die Klage aus dem Verkauf zu, wie wenn dies Abkommen ein Theil des Preises wäre. 5Auch wenn ich dir ein Landgut unter der Bedingung verkauft habe, es an keinen Andern, als an mich wieder zu verkaufen, ist, wenn du es einem Andern verkauft hast, deshalb die Klage aus dem Verkauf begründet. 6Jemand, der ein Haus verkaufte, bedung sich das Wohnen auf Lebenszeit oder auf besondere zehn Jahr aus; der Käufer wollte im ersten Jahre lieber die zehn Jahre gewähren, im zweiten aber das Wohnen [auf Lebenszeit]; Trebatius sagt, es stehe ihm frei, seinen Willen zu ändern, und er könne in jedem Jahre noch das eine oder das andere gewähren, und es finde, so lange er zu beidem bereit sei, keine Forderung Statt.
Paul. lib. XXXIII. ad Ed. Der Verkäufer eines Sclaven hat gesagt, dass ein Sondergut hinzu kommen werde; wenn ein Untersclave entwährt sein sollte, so sagt Labeo, werde der Verkäufer nichts leisten, weil, wenn [der Untersclav] sich nicht [wirklich] im Sondergut befunden hat, er nicht hinzugekommen ist, wenn er sich aber darin befunden haben wird, der Käufer vom Richter ein Unrecht erlitten hat; anders, als wenn [der Verkäufer] namentlich gesagt hätte, dass ein Sclav hinzukomme, dann nämlich müsste er dafür stehen, dass derselbe sich im Sondergut befinde.
Übersetzung nicht erfasst.