Ad edictum praetoris libri
Ex libro XXX
Idem lib. XXX. ad Ed. Wenn Jemand dem Einkauf von Sclaven oder von Zug- oder Heerdenvieh vorgesetzt ist, so hat gegen den, der ihn angestellt hat, nicht nur die Factorklage Statt, sondern auch die redhibitorische Klage und die aus der Stipulation des doppelten oder einfachen Werthes11der Entwährung halber. muss zugelassen werden. 1Wenn du einen Sclaven des Titius zum Factor hast, so kann ich entweder dich aus diesem Edict, oder den Titius aus den nachstehenden Edicten belangen; hast jedoch du verboten, mit ihm zu contrahiren, so wird nur gegen den Titius geklagt werden können. 2Wenn ein Unmündiger Erbe seines Vaters wird, welcher Factore hatte, und darauf mit diesen contrahirt worden ist, so ist zu sagen, dass, wegen der Nützlichkeit des ununterbrochenen Dienstes, gegen den Mündel eine Klage zu gestatten sei; wie auch wenn nach dem Tode des Vormunds, mit dessen Autorität ein Factor angestellt worden ist, mit diesem contrahirt wird. 3Dass zumal aus einem Contracte, der vor Antritt der Erbschaft vorgegangen ist, wenn auch der Erbe wahnsinnig wäre, die Klage auch bewilligt werden müsse, schreibt Pomponius; denn es ist dem nichts zur Last zu legen, der, wissend, dass der Herr verstorben, mit dem den Handel führenden Factor contrahirt. 4Ad Dig. 14,3,17,4Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 483, Note 4.Proculus sagt, wenn ich dich warne, einem von mir angestellten Sclaven nicht zu leihen, so müsse die Einrede zugelassen werden: wenn nicht Jener diesen gewarnt hätte, jenem Sclaven nicht zu leihen. Hätte er aber durch selbigen Contract ein Sondergut, oder es wäre davon in meinen Nutzen verwendet, und ich wollte nicht bezahlen, um wie viel ich reicher worden wäre, so muss die Replik der Arglist entgegengesetzt werden; denn ich erscheine als arglistig, indem ich durch den Verlust eines Andern Gewinn suche. 5Es ist richtig, dass aus diesem Grunde auch eine persönliche Klage Statt hat (condici posse).
Paul. lib. XXX. ad Ed. insofern nur die Waare, mit welcher als mit Sondergut Handel getrieben wird, uns zugehört22Vergl. Tit. ex corp. Ulpiani, XIX, 21. Diese Klage setzt also voraus, dass der Herr dominus civilis der Waaren sei; andererseits aber auch, dass er nicht zugleich dominus naturalis sei, nicht die Waaren selbst in bonis habe, der Sclav nicht damit für Rechnung des Herrn Handel treibe. Vergl. oben fr. 11. §. 7. de instit. act..
Paul. lib. XXX. ad Ed. Wenn ein Haussohn bei Lebzeiten des Vaters verklagt und verurtheilt ist, so muss gegen ihn, nachdem er der väterlichen Gewalt entlassen oder enterbt worden ist, die Klage auf soviel, als er leisten kann, gegeben werden. 1Wenn dem enterbten Sohne die väterliche Erbschaft in Gemässheit des Trebellianischen Senatsschlusses33Also als Fideicommiss. ausgeantwortet wird, so wird er nicht in soviel, als er leisten kann, sondern ins Ganze zu verurtheilen sein, weil er der Wirkung nach gewissermaassen Erbe ist. 2Wenn er aber gezwungen sich der Erbschaft nur angemaasst hat, um sie wieder44An einen fideicommissarischen Erben. auszuantworten, so ist dies eben so anzusehen, als ob er sich deren enthalten hätte.
Ad Dig. 14,6,12Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 307, Note 3.Paul. lib. XXX. ad Ed. Wenn eine gewisse Summe mit Wissen des Vaters dem Sohne vorgeschossen worden ist, so ist zu sagen, dass der Senatsschluss nicht Platz greife. Wenn aber der Vater [Jemandem], dem Sohne zu leihen, geheissen, nachher aber ohne Wissen des Gläubigers seinen Willen geändert hat, wird der Senatsschluss nicht anwendbar sein, weil auf den Anfang des Contracts zu sehen ist.
Paul. lib. XXX. ad Ed. Wenn ein Herr, auf das Sondergut belangt, einmal aus demselben Grunde, nämlich wenn er (der Sclav) betrügerisch gehandelt hätte, Gewähr geleistet hat, so wird er in den andern Fällen aus demselben Grunde nichts leisten. Wenn der Sclav ihm soviel schuldig ist, wieviel er durch Betrug entzogen hat, so wird er nicht verurtheilt werden dürfen. Hieraus ergibt sich folglich, dass auch wenn der Sclav freigegeben oder veräussert worden ist, er auch auf den Grund eines Betrugs noch ein Jahr lang verbindlich bleibt.
Paul. lib. XXX. ad Edict. Wenn du, sagt Labeo, nachdem ich gegen dich auf Sondergut geklagt habe, vor Austrag der Sache den Sclaven verkauft habest, so müssest du auch in Ansehung desjenigen Sonderguts verurtheilt werden, was er bei dem Käufer erworben hat; und es könne dir nicht geholfen werden, denn dies sei durch deine Schuld geschehen, indem du den Sclaven verkauft habest.
Paul. lib. XXX. ad Ed. Da nach dem Tode eines Haussohnes die Klage gegen den Vater ein Jahr lang dauert, wie sie gegen denselben, bei Lebzeiten des Sohnes, stetig ist, so ist, wenn auf das Sondergut im Falle einer Zurücknehmung geklagt wurde, nach dem Tode des Sohnes die Klage innerhalb sechs Monaten anzustellen. Und dasselbe ist von allen auf Zeit gestellten Klagen zu behaupten. 1Wenn ein Sclav, welchem creditirt worden, bei dem Feinde ist, so ist, so lange er unvermerkt in seine Verhältnisse zurückkommen kann, die Klage aus dem Sondergute gegen den Herrn nicht mit dem Jahre abzuschliessen.
Paul. lib. XXX. ad Edict. Und Pomponius sagt, es mache keinen Unterschied, ob er mit Beziehung auf seine Tochter, oder die Schwester oder Enkelin eines zweiten Sohnes Leistungen gemacht habe. Dasselbe können wir demnach behaupten, wenn ein Sclav geborgt, und Namens der Tochter seines Herrn Aussteuer gegeben habe.
Paul. lib. XXX. ad Edict. Wenn auf Befehl des Vormundes dem Sclaven des Pflegbefohlnen creditirt worden ist, so glaube ich, wenn zum Nutzen des Mündels creditirt worden, die Klage daraus, was der Vormund befohlen hat, sei gegen den Mündel zu geben. 1Wenn auf des Herrn Befehl der Magd, oder auf des Vaters Befehl der Tochter, so ist die Klage aus dem, was auf Befehl geschehen, gegen erstere zu geben. 2Wenn auf meinen Befehl mit einem fremden Sclaven contrahirt worden ist, und ich denselben später gekauft habe, so werde ich aus dem, was auf Befehl geschehen, nicht haften, damit die Klage, welche von Anfang wirkungslos gewesen wäre, nicht hintennach erst Halt bekomme.
Paul. lib. XXX. ad Ed. Durch den Vellejanischen Senatsschluss ist auf das Vollständigste dafür gesorgt worden, dass Frauenspersonen für Niemand intercediren55Intercedere heisst eine fremde Schuld, sei sie schon vorhanden oder noch nicht, ohne rechtlich dazu verbunden zu sein, übernehmen, und intercessio bezeichnet die Handlung des Uebernehmens selbst. S. v. Glück Erl. der Pandect. XIV. S. 441 ff. Beide Ausdrücke sind, im Mangel eines gebräuchlichen deutschen Ausdrucks dafür, in der Uebersetzung beibehalten worden. Dem Lateinischen streng nachgebildet, jedoch nicht gewöhnlich, sind: Dazwischentretung, dazwischentreten. sollten. 1Denn sowie durch die Sitten den Frauenspersonen bürgerrechtliche Dienstleistungen entzogen worden sind, und die meisten von Rechtswegen nicht gelten, so war ihnen noch viel mehr eine solche Dienstleistung zu entziehen, bei welcher es sich nicht um Mühe allein und einen blossen Dienst derselben, sondern auch um Gefahr des Vermögens handelte. 2Es hat aber billig geschienen, dass man einer Frau [, welche intercedirt hat,] so zu Hülfe komme, dass gegen den alten Schuldner, oder gegen den, welcher die Frau als Schuldnerin für sich gestellt hätte, eine Klage gegeben würde; denn der hat mehr, als der Gläubiger, die Frau hintergangen.
Ad Dig. 16,1,11BOHGE, Bd. 2 (1871), S. 106: Voraussetzungen der tacita intercessio.ROHGE, Bd. 14 (1875), Nr. 12, S. 33: Aufnahme eines Darlehns für einen Andern. Bedeutung der Ausdrücke „Verbürgen, Verbürgung“.Paul. lib. XXX. ad Ed. Wenn eine Frauensperson, gleichsam zu ihrem Gebrauch, Geld empfangen haben sollte, da sie es [doch] einem Andern leihen wollte, so hat der Senatsschluss nicht Statt; sonst würde Niemand mit Frauenspersonen contrahiren, weil man nicht wissen kann, was sie etwa thun wollen;
Übersetzung nicht erfasst.