Ad edictum praetoris libri
Ex libro XVII
Paul. lib. XVII. ad Ed. Wenn der Prätor einem unter mehrern [bestallten Richtern] befiehlt, sich des Urtheils zu enthalten, so wird der den übrigen ertheilte Auftrag als fortbestehend angesehen. 1Einen Richter ernennen kann derjenige, dem dies nach einem Gesetz, einer Constitution oder einem Senatsbeschluss zusteht; nach einem Gesetz z. B. dem Proconsul. Auch derjenige, der mit einer Gerichtsbarkeit beauftragt ist, kann einen Richter ernennen, wie die Legaten der Proconsuln; ebenso diejenigen, denen dies nach dem Herkommen kraft ihrer Amtsgewalt zugestanden ist, wie der Stadtvorsteher und die übrigen Staatsbeamten zu Rom. 2Nicht Jeder kann aber von denen, die das Recht, einen Richter zu ernennen, haben, als Richter bestellt werden, denn Einigen ist es durch Gesetze versagt, Richter zu sein, Andern durch die Natur, Andern durch das Herkommen; durch die Natur z. B. [dem,] wer taub, stumm, immerwährend wahnsinnig oder unmündig ist, weil diese der Urtheilskraft entbehren. Durch ein Gesetz ist es dem versagt, wer aus dem Senat gestossen worden ist; durch das Herkommen Weibern und Sclaven, nicht weil sie keine Urtheilskraft haben, sondern weil man [einmal] angenommen hat, dass sie keine bürgerrechtlichen Aemter bekleiden können. 3In Ansehung dessen, der Richter sein kann, ist es einerlei, ob er in [Jemandes] Gewalt oder eigenen Rechtens ist.
Paul. lib. XVII. ad Ed. weil meistentheils der Beweis des Erbschaftsantritts sehr schwer ist.
Paul. lib. XVII. ad Ed. Wenn ein Sohn, der sich der väterlichen Erbschaft enthalten, vor Gericht befragt, Erbe zu sein geantwortet hat, der haftet daraus; denn durch die Antwort scheint er als Erbe gehandelt zu haben11Pro herede gessisse videtur. Cujaz Obs. XXII. c. 27. erklärt diese Stelle so, dass der suus heres hier aus seinem mendacio hafte, atque si pro herede gessisset. Glück XI. p. 272. glaubt hier wieder, dass der grosse Cujaz die Sache aus einem falschen Gesichtspunct ansehe; denn das Gesetz sage kein Wort von einer Lüge, sondern setze den Grund in: quod ita respondendo pro herede gessisse videtur, wodurch ein Wiederantreten der Erbschaft, was dem suus heres erlaubt sei, bezeichnet werde; er hafte also nicht quasi als heres; sondern als wirklicher Erbe, wobei er sich auf Anton Faber Rational. ad h. l. beziehe. Allein Cujaz hat meines Bedünkens (wie in dubio überall) auch diesmal wieder Recht. Denn wenn man l. 12. dieses Tit. mit den vorgehenden im Zusammenhang fortliest, so findet man durchgehends den Grundsatz erläutert, dass der in jure interrogatus überall durch die (affirmative) responsio qua talis, ganz abgesehen von allen übrigen Verhältnissen, d. h. die Antwort mag wahr oder gelogen sein, hafte. Nun ist es doch aber viel wahrscheinlicher und natürlicher, hier auch einen solchen Fall anzunehmen, weil nur die Kraft der beantworteten interrogatio durch ein Beispiel erläutert werden soll, als eine poenitentia des Erben gegen seine frühere abstentio zu suchen. Im letztern Fall versteht sich die obligatio des Erben so sehr von selbst, und aus andern Gründen, dass hier gar nicht der Ort wäre, es zu erwähnen. Die l. 8. D. de jure delib. u. l. ult. cod. de rep. vel abst. her., welche Glück anzieht, dienen auch gar nicht zum Beweis seiner Erklärung. Denn das Zurückkehren des Erben zu einer Erbschaft, von der er sich losgesagt, ist darin von einer impetratio spatii deliberandi abhängig gemacht, und diese kann man doch unmöglich in der beantworteten interrogatio finden wollen; ja es könnte ja die pro herede gestio nicht einmal die Stelle der impetratio vertreten. — Der ganze Zusammenhang und Inhalt der l. 12. kann vielmehr gar nicht anders erklärt werden, als dass der Erbe, der sich von der Erbschaft losgesagt, und doch interrogatus responderit se heredem esse, wegen seiner Lüge hafte; und das hinzugesetzte quod ita respondendo pro herede gessisse videtur ist hier, weil hier die Verpflichtung des Erben doch auf einem, wenn auch nur fingirten Rechtsgrunde beruhen muss, ebenso zu verstehen, wie vorher in l. 11. §. 9. gesagt wird: qui interrogatus responderit, sic tenetur, quasi ex contractu obligatus, pro quo pulsabitur, dum ab adversario interrogatur, indem auch hier kein Contractsverhältniss in der That Statt findet, sondern blos in Folge der Lüge angenommen wird.. Wenn aber der Sohn, der sich der Erbschaft enthaten, auf geschehenes Befragen, geschwiegen hat, so ist ihm zu helfen, weil der Prätor den, der sich der Erbschaft enthalten, nicht als Erben behandelt. 1Der Einreden, welche, wenn Klagen wider die Beklagten erhoben worden, vorgeschützt werden, kann sich auch derjenige bedienen, der aus seiner Antwort belangt wird, z. B. des vertragsmässigen Uebereinkommens, der entschiedenen Sache und aller anderen.
Paul. lib. XVII. ad Ed. Bei der Niederlegungsklage muss ich, wenn wegen einer Handlung des Verstorbenen gegen einen von mehrern Erben geklagt werden sollte, nach Verhältniss des Erbschaftstheils klagen, wenn aber wegen seines eigenen Verbrechens [geklagt wird], so klage ich nicht nach Verhältniss seines [Erbschafts-]Theils; mit Recht, weil die Werthschätzung auf die böse Absicht bezogen wird, welche der Erbe selbst sich aufs Ganze hat zu Schulden kommen lassen;
Paul. lib. XVII. ad Ed. Wer verurtheilen kann, der hat auch die Macht loszusprechen.
Paul. lib. XVII. ad Ed. Pomponius schreibt im siebenunddreissigsten Buche ad Edictum: Wenn unter mehrern in einer Freiheitsache urtheilenden Richtern, einem die Sache nicht klar ist, die andern aber einstimmig sind, und nun jener schwört, es sei ihm nicht klar, so muss dieser unthätig bleiben und das Urtheil von den andern Einstimmigen gesprochen werden; weil auch, wenn er entgegengesetzter Meinung wäre, das Urtheil der Mehrern gelten würde.
Paul. lib. XVII. ad Ed. Wenn die Richter, in gleicher Zahl getheilt, abweichende Urtheile aussprechen, so gilt in Freiheitsachen (wie Kaiser Pius verordnet hat) das der Freiheit günstige, in andern aber das dem Beklagten günstige; was auch bei öffentlichen Anklagen22Criminalurtheilen. gelten muss. 1Wenn die Richter in verschiedene Summen verurtheilen, so ist, schreibt Julianus, die geringste anzunehmen.
Paul. lib. XVII. ad Ed. Zufolge des Interdicts Von wo mit Gewalt geschieht eine Verurtheilung in das Interesse des Besitzes; und das, schreibt Pomponius, sei bei uns Rechtens, d. h. der Gegenstand werde so hoch gewürdert, als der Kläger dabei betheiligt sei; dies ist zuweilen mehr, zuweilen weniger, denn oft ist dem Kläger mehr daran gelegen, einen Sclaven zu behalten, als er werth ist, z. B. wenn ihm an dessen Besitz wegen Anstellung einer Untersuchung, oder zum Beweis irgend eines Umstandes, oder wegen Antritts einer Erbschaft gelegen ist.
Übersetzung nicht erfasst.