Quaestionum libri
Ex libro IX
Papinian. lib. IX. Quaest. In der Zeit, in welcher nichts im Sondergute ist, hält sich der Vater im Verborgenen; in den Güterbesitz um der Erhaltung seines Vermögens willen kann ich nicht eingewiesen werden, indem ich des Sondersgutes wegen gegen ihn klagen will, weil der nicht in betrügerischer Absicht sich im Verborgenen hält, welcher, nähme er die Klage an, davon entbunden werden müsste. Und es macht nichts aus, was geschehen kann, dass die Verurtheilung erfolge; denn wenn auch auf gewisse Zeit, oder unter einer Bedingung geschuldet wird, er scheint nicht in betrügerischer Absicht sich im Verborgenen zu halten, wiewohl er durch einen Fehler des Richters verurtheilt werden kann. Aber ein Bürge, zu der Zeit gegeben, wo nichts im Sondergute ist, glaubt Julianus, sei verbindlich, weil ein Bürge auch für eine zukünftige Klage angenommen werden könne; wenn er jedoch in dieser Art angenommen worden ist. 1Wenn der Gläubiger den Vater, welcher durch das Sondergut verbindlich war, zum Erben eingesetzt hat, so wird, weil man bei Berechnung des Falcidischen [Viertels] auf die Zeit des Todes sieht, das Sondergut jener Zeit in Betrachtung kommen. 2Auch nachdem der Herr aus dem Sondergute belangt worden ist, kann für den Sclaven ein Bürge angenommen werden. Und daher wird, aus welchem Grunde der Sclav, wenn er nach abgemachter Klage das Geld bezahlt hat, [dasselbe] eben so wenig zurückfordern kann, als wenn der Rechtsstreit nicht abgemacht worden wäre, aus demselben Grunde auch der Bürge nur nach Umständen angenommen zu sein scheinen, weil die natürliche Verbindlichkeit, welche auch der Sclav zu übernehmen scheint, nicht in den [förmlichen] Rechtsstreit übergetragen worden ist. 3Ein fremder Sclav, während er mir in der Ueberzeugung meines Anspruchs darauf Dienste that, hat mir von Titius geborgtes Geld gegeben, damit ich ihn freigeben möchte, und ich habe [ihn] freigegeben; der Gläubiger fragte, wen er auf das Sondergut belangen sollte? Ich habe erklärt, obwohl der Gläubiger in einem andern Falle die Wahl habe, so sei doch in dem vorgelegten der Herr zu belangen, und dieser werde gegen mich auf Herausgabe klagen des Geldes wegen, welches für ihn selbst erworben worden, und nicht in das Interesse übergegangen sei, auf welches man sich rücksichtlich der Person des Sclaven beriefe; denn es könne nicht die Unterscheidung derer zugelassen werden, welche glauben, das Geld gehöre dem Herrn, wenn ich nicht freigebe, nach erfolgter Freilassung aber scheine das Geld aus meinen Mitteln für mich erworben, weil mir das Geld mehr unter Beziehung auf meine Sache, als [auf den Grund meines Eigenthums] an der Sache gegeben würde.
Papinian. lib. IX. Quaest. Obgleich also der Bürge durch die vorgebrachte Gegeneinrede der bösen Absicht die Vertheidigung mit der Einrede verliert, so wird er doch keine Gegeneinrede gegen die Frauensperson haben, weil er ein Nichtwissen der Thatsache nicht vorschützen kann. Doch wird es nicht unbillig sein, dass die Geschäftsführungsklage gegen den Vertheidiger gegeben werde, weil das Auftragsverhältniss durch den Senatsschluss wirkungslos gemacht, und er durch das Geld des Bürgen befreit wird.
Papinian. lib. IX. Quaest. Und dies Vorzugsrecht wird nicht nur in Bezug auf den Betrag, welcher, [als] aus dem niedergelegten Geld [herrührend,] in dem Vermögen eines Wechslers (argentarii) Geld gefunden worden ist, sondern in Bezug auf die ganzen Vermögensumstände des Bevortheilers ausgeübt; und das ist wegen des nothwendigen Gebrauchs der Wechsler um des allgemeinen Besten willen angenommen worden. Freilich, die Forderungen wegen des Aufwands11Sumtus causa. Eigentlich: die Sache des Aufwands; causa steht hier wie in den von Brisson. s. h. v. No. 11. aufgeführten Stellen pleonastisch; in der Uebersetzung ist der Sinn etwas freier wiedergegeben worden., welcher nothwendig gemacht worden ist, gehen immer vor, denn nachdem er abgezogen worden ist, pflegt die Zusammenrechnung des Vermögens zu geschehen.
Ad Dig. 16,3,24ROHGE, Bd. 7 (1873), S. 117: Verwandtschaft des depositum irregulare mit dem Darlehnsvertrage.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 379, Note 1.Papinian. lib. IX. Quaest. Lucius Titius dem Sempronius seinen Gruss. Damit es dir bekannt sei, dass die hundert Geldstücke, welche du mir an diesem Tage anempfohlen hast, indem sie der Sclav Stichus als Geschäftsverwalter zuzählte, sich bei mir befinden, so mache ich es dir durch diesen eigenhändig geschriebenen Brief bekannt; und ich werde sie dir, wann du etwa willst, und wo du etwa willst, auf der Stelle auszahlen. Man fragt wegen des Zuwachses der Zinsen. Ich habe zum Bescheid gegeben, dass die Niederlegungsklage Statt habe; denn was ist anempfehlen anders, als niederlegen? Und dies ist dann wahr, wenn man das beabsichtigt hat, dass dieselben Körper der Geldstücke wiedergegeben werden sollten; denn wenn man übereingekommen ist, dass ebenso viel geleistet werden sollte, so überschreitet diese Sache die bekanntesten Grenzen der Niederlegung. Und bei dieser Frage ist, wenn die Niederlegung[sklage] nicht bestehen sollte22Dass Papinianus in diesem Satze die Niederlegungsklage für den Fall, dass man übereingekommen ist, dass ebensoviel, nicht dasselbe zurückgegeben werde, (s. g. depositum irregulare,) nicht verwirft, sondern nur sagt, dass, wenn die Niederlegungsklage nicht Statt finden würde, auch von Zinsen nicht die Rede sein könne, weil dann der Contract, als ein Darlehn betrachtet, strengen Rechts sei, so dass weder Verzug, noch ein einfaches Pactum, sondern nur eine Stipulation, die doch hier nicht eingegangen sei, eine Zinsverbindlichkeit begründen könne, — darüber, sowie über die ganze Stelle s. v. Glück a. a. O. S. 157 ff. Vgl. auch L. 26. §. 1. h. t., indem man übereingekommen ist, dass ebensoviel, nicht dasselbe zurückgegeben werden solle, nicht leicht zusagen, dass Rücksicht auf die Zinsen genommen werde. Und es ist zwar constituirt worden, dass bei Klagen guten Glaubens, was die Zinsen betrifft, die Pflicht des Schiedsrichters ebensoviel vermöge, als eine Stipulation; aber es ist gegen den guten Glauben und die Natur der Niederlegung, für die Zeit vor dem Verzug von dem Zinsen zu verlangen, welcher durch das Uebernehmen des Geldes eine Wohlthat erzeigt hat; wenn man jedoch von Anfang an über zu leistende Zinsen übereingekommen ist, so wird die Bestimmung des Contracts aufrecht gehalten werden.
Papinian. lib. IX. Quaest. Wer auf einen Andern sich verlassend, für einen Dritten, Gegenwärtigen und nicht Widersprechenden, gebürgt hat, dem sind beide nach dem Rechte des Auftrags verbindlich. Wenn er aber für Einen wider dessen Willen oder ohne dessen Wissen, gebürgt hat, um des Andern Auftrag zu erfüllen, so kann er nur den belangen, der ihm den Auftrag gegeben hat, nicht auch den Hauptschuldner; dagegen gilt mir auch nicht, dass der Hauptschuldner durch das Geld des Bürgen der Verbindlichkeit entledigt wird; denn das geschieht auch dann, wenn du in meinem Auftrage für einen andern bezahlst.
Papinian. lib. IX. Quaest. Ein Genosse hat für seine Tochter ein Heirathsgut versprochen, ist aber, ehe er dieses auszahlte, verstorben, und hat sie zur Erbin hinterlassen; worauf sie mit ihrem Ehemanne des Heirathsguts wegen unterhandelt hat und von ihm quittirt worden ist. Nun ist gefragt worden: ob sie bei angestellter Genossenklage das Heirathsgut vorausnehmen würde, insofern ausgemacht wäre, dass sie aus der Gemeinschaft ausgestattet werden sollte? Ich habe gesagt, der Vertrag sei nicht als unbillig zu betrachten, wenn er nur nicht blos wegen der Tochter des Einen eingegangen worden sei; denn wenn dieser Vertrag gegenseitig gewesen, so mache es keinen Unterschied, dass etwa nur Einer eine Tochter gehabt. Uebrigens hätte, wenn die Tochter in der Ehe gestorben und das Heirathsgut baar an den Vater zurückgelangt wäre, dieses der Genossenschaft zurückgegeben werden müssen, so wird der Vertrag aus Billigkeit ausgelegt. Wäre hingegen die Ehe während bestehender Genossenschaft durch Scheidung getrennt worden, so kehrte das Heirathsgut nur mit seiner Eigenschaft zurück, so nämlich, dass es nun auch einem zweiten Ehemanne gegeben werden könnte; falls der erste Ehemann nicht im Stande wäre, es zu erstatten, so wäre ein solches nicht von Neuem aus der Genossenschaft zu bestellen; es müsste denn ausdrücklich so ausgemacht sein. In dem obigen Falle kommt noch viel darauf an, ob das Heirathsgut ausgezahlt oder blos versprochen worden ist. Denn hätte die Tochter das gegebene Heirathsgut, nachdem sie Erbin des Vaters geworden, zurückerhalten, so wäre dieses Heirathsgut, das sie auch wenn ein Andrer Erbe gewesen, bekommen hätte, der Genossenschaft nicht wiederzuerstatten; wäre sie hingegen33Wegen des nur versprochenen Heirathsgutes. vom Ehemanne quittirt worden, so könnte der Genossenschaft wegen nicht ausgezahlten Heirathsguts nichts abgerechnet werden.
Übersetzung nicht erfasst.
Papin. lib. IX. Quaest. Julianus schreibt, dass, wenn einem Schuldner die Strafe der Deportation zuerkannt sei, für ihn kein Bürge angenommen werden könne, gleich als ob die ganze Forderung gegen ihn erloschen wäre. 1Wenn ein Haussohn in einer Sondergutsangelegenheit einen Bürgen so angenommen hat: Verbürgst du dich für soviel Geld, als ich dargeliehen haben werde? und nachdem er aus der väterlichen Gewalt entlassen worden ist, darleiht, so wird der Bürge zwar dem Vater, wenn demselben der [Haupt]schuldner nicht verbindlich ist, nicht gehalten sein, dem Sohne muss er aber aus Rücksicht auf die Billigkeit verpflichtet sein.
Übersetzung nicht erfasst.