Quaestionum libri
Ex libro VIII
Papin. lib. VIII. Quaest. Wenn ein Sohn, während er für seinen Vater gerichtlich auftrat, eine ihm vorgelegte Frage unbeantwortet gelassen hat, so ist Alles nachher so zu betrachten, wie wenn er nicht befrag worden wäre.
Papin. lib. VIII. Quaest. Einige Personen können, wenn sie auch einen Ort nicht zum religiösen machen dürfen, denuoch das Interdict wegen Bestattung eines Todten analog erheben, z. B. der Eigenheitsherr, wenn er eine Leiche auf einem Landgute, woran der Niessbrauch einem Andern gehört, bestattet oder bestatten will; denn wenn er sie bestattet hat, so wird er kein rechtmässiges Begräbniss errichten, wenn er aber daran behindert wird, so kann er sich analog des Interdicts bedienen, weil er wegen des Eigenthumsrechts Beschwerde führt. Dasselbe findet in Ansehung des Gesellschafters Statt, der wider Willen seines Mitgenossen auf einem gemeinschaftlichen Grundstück einen Todten bestatten will. Denn wir lassen hier die strenge Rechtsregel des öffentlichen Besten wegen, damit Leichen nicht unbeerdigt liegen bleiben, nicht zur Anwendung kommen, welche auch hin und wieder bei zweifelhaften Fragen in Betreff der Religion nicht befolgt zu werden pflegt; denn der höchste Rechtsgrund ist derjenige, der für die Religion spricht.
Ad Dig. 12,6,56Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 349, Note 5.Idem lib. VIII. Quaestion. Es genügt zu dem Verhältniss einer Nichtschuld, dass es ungewiss ist, ob die Vertheidigung durch eine Einrede eine zeitliche oder eine immerwährende sei. Denn wenn Jemand pacisciren sollte, dass er nicht belangt werde, bis Titius Consul werde, so wird man, weil, wenn Titius verstirbt, die Einrede eine immerwährende werden kann, welche [nur] eine zeitliche ist, wenn Titius das Consulat antritt, mit dem vernünftigsten Grunde sagen11Nach der im Text gebrauchten Interpunction entsteht der Sinn, als ob, wenn Titius das Consulat antritt, das Gezahlte zurückgefordert werden könne; dann würde aber eine Schuld zurückgefordert werden. Es gehören vielmehr die Worte: Titio consulatum ineunte zu den vorhergehenden: quae ad tempus est, und sind von den folgenden: summa ratione dicetur durch Interpunction zu trennen., dass das, was unterdessen gezahlt wird, zurückgefordert werde; denn wie ein Pactum, welches auf eine gewisse Zeit gestellt ist, die Condiction nicht mehr herbeiführt, als wenn von einem [gewissen] Termine an ein [verbindlicher] Schuldner gezahlt hat, so gilt durchaus eine Rechtsvertheidigung, welche einen ungewissen Grund hat, wie eine Bedingung22Vgl. L. 16. pr. h. t..
Papinian. lib. VIII. Quaest. Diese aus Rücksicht auf das, was gut und billig ist33Diese und die früheren Stellen (L. 64 u. 65. §. 4.), wo es heisst, dass die Condiction oder die Zurückforderung aus Rücksicht auf Moral und Billigkeit (ex bono et aequo) gegeben sei, sind nicht, wie es von Einigen, z. B. von v. Glück a. a. O. S. 156 geschehen ist, so zu verstehen, als ob die Condiction eine Klage guten Glaubens sei, sondern sie hat nur ihren Entstehungsgrund im Naturrecht. S. die Bemerkung zu L. 15. pr., eingeführte Condiction pflegt das, was, dem Einen gehörig, bei dem Andern ohne Grund angetroffen wird, zurückzufordern.
Papinian. lib. VIII. Quaest. Titius wird jedoch auf der Condiction der Nichtschuld gehalten sein, so dass das, was ihm fälschlich gezahlt worden ist, demjenigen, welcher gezahlt hat, zurückgegeben werde.
Papinian. lib. VIII. Quaest. Es hat [Jemand] Dies oder Jenes geschuldet und das Eine constituirt; man hat gefragt, ob er wohl das Andere, was er nicht constituirt hat, zahlen könne. Ich habe gesagt, er sei nicht zu hören, wenn er heute sein Wort [in Betreff] der constituirten Sache brechen wolle. 1Wenn du nach angetragenem Eid geschworen haben solltest, es werde dir geschuldet, so klagst du, da du in dieser Hinsicht eine Klage hast, mit Recht wegen des constituirten [Geldes]; aber auch wenn ich nicht aus freien Stücken den Eid angetragen, sondern durch die Nothwendigkeit, ihn zurückzuschieben, dazu genöthigt, dies gethan haben werde, so wird, weil Niemand zweifelt, dass der besser (modestius) handle, welcher [den Eid lieber] zurückschiebt, als dass er ihn selbst schwört, kein Unterschied gemacht (adhibetur), obgleich wegen deines Leichtsinns, und meiner Bedenklichkeit die Nothwendigkeit, zurückzuschieben, erfolgt ist.
Papin. lib. VIII. Quaest. Zuweilen tritt der Fall ein, dass, wenn die vorhandenen gewöhnlichen Klagen nicht ausreichend sind, und man keinen besondern Namen dafür ausfindig machen kann, man zu denen greift, die auf das Geschehene genannt werden. Damit es nicht an Beispielen fehle, will ich einige anführen. 1Labeo schreibt: dem Eigenthümer der Ladung sei gegen den Schiffscapitain eine bürgerlichrechtliche Klage auf das Geschehene zu ertheilen, wenn es ungewiss sei, ob er das Schiff gemiethet, oder die Ladung zu verführen verdungen habe. 2Ingleichen ist, wenn Jemand einem Andern eine Sache gibt, um ihren Werth zu untersuchen, weder eine Niederlegung noch ein Leihen vorhanden, sondern wenn hier unredlich gehandelt wird, ist eine bürgerlichrechtliche Klage auf das Geschehene vorhanden;
Papin. lib. VIII. Quaest. Ad Dig. 20,4,1 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 242, Note 8.Jemand, der für eine Frau eine Mitgift versprochen hatte, wegen der ihm künftig zu leistenden Herausgabe derselben ein Unterpfand oder eine Hypothek empfangen44Die Erklärung dieses Gesetzes s. bei Glück XIX. 325. es handelt sich blos um das Alter der Hypothek, resp. deren Anfang und davon abhängenden Vorzug.; nachdem darauf eine abschlägige Stückzahlung erfolgt war, hatte der Ehemann denselben Gegenstand einem Andern verpfändet, worauf bald nachher die Zahlung des Restes erfolgte; nun entstand Frage wegen des Pfandes. Wenn nun aber derjenige, der die Mitgift versprochen hat, auf den Grund seines Versprechens zur Zahlung der ganzen [versprochenen] Summe genöthigt wird, so dürfen auch die verschiedenen Zeitpuncte der einzelnen Zahlungen nicht berücksichtigt werden, sondern blos der Tag der eingegangenen Verbindlichkeit; denn dann kann man nicht mehr sagen, dass die Zahlung des Restes in seinem Belieben stehe, so dass die Frau als geringer ausgestattet erschiene. 1Anders ist freilich das Verhältniss dann, wenn Jemand ein Pfand bis auf Höhe der Summe empfängt, welche er binnen einer bestimmten Zeit zahlen würde, und dann vor der Zahlung die Sache einem Andern als Unterpfand eingeräumt worden ist.
Idem lib. VIII. Quaest. Eine als Pfand verbindlich gemachte Erbschaftssache haben die Erben verkauft und wegen der Entwährung nach Verhältniss der Erbschaftstheile [Etwas] angelobt; als der eine [Erbe] das Pfand für seinen Theil befreit hatte, so hat der Gläubiger die Sache entwährt; man fragte, ob beide Erben belangt werden können? Und das nahm man wegen des untheilbaren Rechtsverhältnisses des Pfandes an, auch schien kein Rechtsmittel Statt zu haben, damit auf die Einrede der bösen Absicht dem, welcher dem Gläubiger das Geld gegeben hat, die Klagen abgetreten würden, weil hier nicht ein Fall aufgestellt würde, wo zwei Correalschuldner geworden sind, sondern die Erbtheilungsklage deshalb wirksam ist; denn welcher Unterschied ist es, ob einer von den Erben das Pfand aufs Ganze befreit hat, oder aber nur für seinen Antheil, da die Nachlässigkeit des [einen] Miterben dem andern nicht schädlich sein darf?
Papinian. lib. VIII. Quaest. Ein Vater hat für seine Tochter fremde Gelder55Wider Willen des Eigenthümers., welche er dargeliehen, erhalten, oder [als Bezahlung] eines Darlehns zurückerhalten hatte, zum Heirathsgut gegeben; sobald sie verbraucht sind, so wird das Heirathsgut ein profecticisches66S. die Bem. zu L. 5. pr. h. t..
Papin. lib. VIII. Quaest. Wenn Der, welchem der Schuldner fremde Geldstücke gezahlt hat, während ihm die Gelder unbenommen sind, Das zu fordern fortfährt, was ihm geschuldet werde, und Das, was er erhalten hat, nicht anbietet, so wird er mit der Einrede der bösen Absicht zurückgewiesen werden. 1Wenn ich aber gemeinschaftliche Gelder darleihen oder zahlen werde, so wird auf der Stelle nach Verhältniss meines Antheils [an denselben] für mich entweder eine Klage, oder die Befreiung entstehen, gleichviel ob man annimmt, dass rücksichtlich der einzelnen Geldstücke eine Gemeinschaft nach blos gedachten Antheilen77Pro indiviso. S. die Bem. zu L. 5. §. 15. D. comm. 13. 6. vorhanden sei, oder ob man bei dem Geld nicht auf die einzelnen Körper, sondern auf die Summe sieht. 2Aber auch wenn ein Bürge fremde Geldstücke zur Tilgung seiner Bürgschaftsschuld gegeben hat, so kann er, wenn sie verbraucht sind, mit der Auftragsklage klagen; und darum wird er, wenn er solches Geld zahlt, welches er entwendet hatte, mit der Auftragsklage klagen können; nachdem er [das mit der] Diebstahls[Klage] oder durch die [Diebstahls-]Condiction [von ihm Geforderte den Bestohlenen] geleistet haben wird. 3Favius Januarius dem Papinianus seinen Gruss. Da Titius dem Cajus Sejus in Folge eines Fideicommisses eine gewisse Summe schuldete, und ebensoviel demselben in Folge einer anderen Schuld, welche zwar nicht gefordert werden konnte, aber nach der Zahlung [dem Schuldner] kein Zurückforderungsrecht88Petitionem, welches Wort für repetitio vorkommt (Brisson. s. h. v.), weshalb es der Emendation von van de Water Obs. II. 14. p. 197. nicht bedarf. gewährte, hat der Sclave des Titius, welcher Geschäftsführer desselben ist, in Abwesenheit des Herrn eine solche Summe gezahlt, welche für den Betrag der einen Schuld genügte, und es ist ihm bescheinigt worden, dass es auf die ganze Forderung bezahlt sei. Ich frage, auf welche Schuld Das, was gezahlt worden ist, angenommen zu sein scheine? Ich habe geantwortet: wenn Sejus dem Titius so bescheinigt hatte, dass er sich ausdrückte, es sei ihm auf die ganze Forderung bezahlt, so scheint die Benennung Forderung blos das in Folge des Fideicommisses geschuldete Geld zu bezeichnen, nicht aber das, wegen dessen zwar kein Forderungsrecht zusteht, welches aber, wenn die Zahlung erfolgt ist, nicht zurückgefordert werden kann; wenn aber der Sclave des Titius, welcher Geschäftsführer desselben ist, in Abwesenheit seines Herrn das Geld gezahlt habe, so werde nicht ein Mal das Eigenthum der Geldstücke in dem Falle der Verbindlichkeit, welche den Schutz einer Einrede gehabt hat, übertragen sein, wenn man anführen sollte, dass die Zahlung in Bezug auf diese Schuld geschehen sei; weil es nicht wahrscheinlich ist, dass der Herr den Sclaven der Zahlung von Geldern in einem solchen Falle vorgesetzt habe, in welchem sie nicht bezahlt werden mussten, ebensowenig, als damit er Sondergutsgelder aus dem Grunde einer Bürgschaft, welche der Sclave nicht zum Besten des Sonderguts übernommen hat, zahlen sollte.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.