Quaestionum libri
Ex libro XXVI
Papin. lib. XXVI. Quaest. Derjenige Gläubiger, der an Grundstücken ein Unterpfandsrecht eingeräumt erhalten, und nach einem andern Gläubiger, der [bereits] übereinkunftsweise ein Pfandrecht an dem gesammten Vermögen des Schuldners erlangt, ebenfalls ein solches Uebereinkommen in Bezug auf dessen ganzes Vermögen, sei es wegen desselben oder eines andern Contracts getroffen hat, hat vor der Abfindung des zweiten Gläubigers kein Recht, das [ausser den ihm verpfändeten Grundstücken] noch übrige Vermögen auf den Grund des Pfandrechts zu verkaufen; allein wenn er es gethan, so steht [auf der andern Seite] dem [zweiten] Gläubiger, wenn er seine Pfänder wieder haben will, auch keine persönliche Klage wider ihn zu; ebenso wenig ist eine analoge zu verstatten, noch kann in Betreff von beweglichen Sachen etwa die Diebstahlsklage erhoben werden, weil angenommen wird, als habe jener daran sein eigenes Interesse, nur durch einen Irrthum über die Rangfolge geleitet, verfolgt, hauptsächlich da der zweite Gläubiger den Besitz, den er nicht innegehabt, nicht durch Diebstahl verloren haben kann; ebenso unbesorgt kann er sich auf die Klage wegen Auslieferung einlassen, weil er sich weder im Besitz befindet, noch sich arglistig desselben entledigt hat. Hieraus folgt, dass der zweite Gläubiger die Besitzer [der Pfänder] selbst angreifen muss.
Ad Dig. 41,2,47Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 157, Note 6.Papin. lib. XXVI. Quaest. Wenn du die Absicht hast, eine bei dir niedergelegte bewegliche Sache, oder die dir geliehen worden, zu besitzen und nicht herauszugeben, so ist zur Antwort ertheilt worden, verliere ich den Besitz sofort, auch ohne davon zu wissen; der Grund hiervon liegt vielleicht darin, dass man als Regel annahm, die vernachlässigte und unterlassene Verwahrung beweglicher Sachen bereite dem ältern Besitz auch dann Schaden, wenn sich Niemand deren bemächtigt habe; dies hat Nerva der Sohn in den Büchern über die Ersitzungen berichtet. Derselbe schreibt, in Ansehung eines verliehenen Sclaven finde bei vernachlässigter Verwahrung ein anderes Verhältniss statt; denn der Besitz erscheine solange als der bisherige, als kein Anderer denselben zu besitzen angefangen, und zwar darum, weil der Sclave durch den Vorsatz, zurückzukehren, seinem Herrn den Besitz seiner selbst erhalten kann, und wir durch dessen körperliche Einwirkung auch andere Sachen besitzen können11S. Savigny a. a. O. S. 332. (2).. An denjenigen Sachen also, die Verstand und Geist entbehren, geht der Besitz sogleich verloren, die Sclaven hingegen behält man, wenn sie den Willen haben, zurückzukehren.
Papin. lib. XXVI. Quaest. Wenn der Gatte der Gattin, oder die Gattin dem Gatten eine Pfandverbindlichkeit erlässt, so ist die Meinung Derjenigen, welche hierin keine Schenkung finden, die richtigere. Geschieht es aber zu Hintergehung der Gläubiger, so kann es ohne Zweifel durch eine abgeleitete (utilis) Klage widerrufen werden22Es wird also hierzu gefordert, dass der Gatte, dem das Pfand losgegeben wird, um die Hintergehung der Gläubiger des andern, die damit bezweckt wurde, gewusst habe. S. o. fr. 6. §. 11. h. t.. Dasselbe gilt, wenn irgend ein anderer Schuldner zu Hintergehung seiner Gläubiger sein Pfandrecht aufgiebt.
Ad Dig. 43,16,18Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 400, Note 7.Papin. lib. XXVI. Quaest. Ad Dig. 43,16,18 pr.Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 157, Note 6.Jemand, der ein Landgut verpachtet hatte, verkaufte dasselbe, und hiess den Käufer den ausschliesslichen Besitz zu ergreifen; der Pächter verhinderte ihn am Eintritt, und darauf vertrieb der Käufer den Pächter mit Gewalt; hier frug es sich um die Interdicte Von wo mit Gewalt. Man entschied sich dafür, dass der Pächter dem Verkäufer durch das Interdict hafte, weil es einerlei sei, ob er ihm selbst oder einem andern mit seinem Willen dahin Geschickten den Eintritt verweigert habe; denn der Besitz erscheine nicht eher als verloren, als bis er dem Käufer übergeben worden, weil Niemand der Absicht sei, den Besitz des Käufers wegen zu verlieren, den derselbe nicht erlangt habe. Dagegen hafte der Käufer, der gewaltsam zu Werke gegangen, dem Pächter wiederum selbst durch das Interdict, denn es sei der Besitz des Landgutes nicht wider ihn gewaltsamerweise ergriffen worden, sondern wider den Verkäufer, dem derselbe entrissen worden sei. Es frug sich nun, ob dem Käufer Hülfe werden müsse, wenn er nachher den Pächter mit dem Willen des Verkäufers gewaltsamerweise vertrieben habe? — Ich habe geantwortet, es dürfe ihm keine Hülfe zu Theil werden, weil er einen unerlaubten Auftrag übernommen habe. 1Wer ein Landgut mit der Eigenthumsklage wider Den in Anspruch genommen hat, gegen den er auch das Interdict Von wo mit Gewalt ergreifen konnte, der kann, hat man angenommen, während obschwebenden Verfahrens nichtsdestoweniger zum Interdicte noch greifen.