Quaestionum libri
Ex libro XI
Ad Dig. 5,1,41Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 89, Note 13.Idem lib. XI. Quaest. Bei allen Klagen guten Glaubens kann, wenn Jemand, bevor der Zahlungstag gekommen, auf Bestellung einer Sicherheit anträgt, die Verurtheilung [dazu] aus einem rechtmässigen Grunde erfolgen.
Papinian. lib. XI. Quaest. Die, welche ihren Oheim mütterlicher Seite heirathen wollte, hat Geld zur Mitgift gegeben, aber nicht geheirathet; man hat gefragt, ob sie dasselbe zurückfordern könne? Ich habe gesagt, dass, da das Geld wegen eines für den Geber und den Empfänger schändlichen Grundes gezahlt werde, die Condiction wegfalle, und bei einem gleichen Vergehen der Besitzer der vorzüglichere11Potiorem esse possessorem (ebenso oben L. 8. de cond. ob turp.) d. h. wenn das Geben sowohl dem Geber, als dem Empfänger zur Schande gereicht (wie hier, wo sie eine Ehe in verbotenen Graden mit einander eingehen wollten), so ist die Lage des Besitzers des Gegebenen insofern die bessere, als er behält, was er hat, und dies also, wenn er Empfänger war, nicht zurückgefordert werden kann. sei; und dass vielleicht Jemand, dieser Ansicht folgend, zum Bescheid gebe, dass die Frauensperson die Condiction nicht haben werde. Aber mit Recht vertheidige man [die Ansicht,] dass in dem vorliegenden [Fall] nicht sowohl ein schändlicher Grund, als gar keiner vorhanden gewesen sei, da das Geld, welches gegeben wurde, nicht in die Mitgift verwendet werden konnte; [nicht ein schändlicher Grund,] denn es sei nicht um eines unehelichen Beischlafs, sondern um der Ehe willen gegeben worden. 1Eine Stiefmutter hat [ihrem] Stiefsohn, eine Schwiegertochter [ihrem] Schwiegervater Geld als Mitgift gegeben, aber ihn nicht geheirathet; die Condiction scheint auf den ersten Anblick wegzufallen, weil [schon] nach dem Völkerrecht eine Blutschande begangen wird; aber es ist doch vielmehr in diesem Falle gar kein Grund zum Geben einer Mitgift vorhanden gewesen. Die Condiction steht daher zu.
Papinian. lib. XI. Quaest. Da der Mann und die Ehefrau gegenseitig ihre Sitten anklagten, so ist erkannt worden, dass beide Veranlassung zur Kündigung gegeben hätten; das muss so verstanden werden, dass keines von beiden in Folge des Gesetzes, welches beide verachtet haben, bestraft werde, denn gleiche Vergehen werden durch gegenseitige Aufrechnung aufgehoben.
Papin. lib. XI. Quaest. Der Mann hat wider Willen der Ehefrau einen zum Heirathsgut gehörigen Sclaven freigelassen; es muss der Mann, welcher von dem Freigelassenen zum alleinigen Erben eingesetzt worden ist, den Theil der Erbschaft, welchen er als Patron hat erlangen können und müssen, [der Frau sogleich] ausantworten22Auf die in der L. 65. h. t. erwähnte aus der der Lex Julia et Papia Popp. herstammende Klage. S. Cujac. Observ. II. 34., den anderen Theil aber auf die Heirathsgutsklage33Also erst nach getrennter Ehe., wenn nur die Ehefrau ihm bei der Freilassung widerstrebt.
Papinian. lib. XI. Quaest. Ein Oheim (Vatersbruder) gab in seinem Testamente Vormünder. Der Prätor befahl den Behörden44Unter magistratus sind hier Municipalbehörden zu verstehen, die schlechthin magistratus, ohne den Beisatz populi Romani genannt werden. Blos diese, nicht auch die Römischen und Provinzialbeamten, müssen sich Sicherheit leisten lassen, wenn ihnen vom Prätor befohlen wurde, Vormünder zu bestätigen; Cujaz. erklärt dieses Gesetz sehr weitläufig., diese zu bestätigen; diese hätten sich auch Sicherheit sollen leisten lassen, und es entschuldigt der Wille dessen, der nicht bevormunden konnte, diese Nachlässigkeit der Beamten nicht. Kurz, es kann der Prätor nicht eher seine Entscheidung erlassen, als bis diese (Vormünder) nach vorgängiger Untersuchung für tüchtig erklärt wurden. Daraus folgt, dass wenn sie zur Zeit, wo die Vormundschaftsklage angestellt wird, zahlungsunfähig sind, eine [subsidiäre] Klage gegen die Beamten auf das, was man von dem Vermögen der Vormünder nicht erhalten konnte, ertheilt werde.
Papin. lib. XI. Quaest. Es gab Jemand einem Unmündigen [Sclaven] die Freiheit und Erbschaft in einem Fideicommisse, der eingesetzte Erbe aber wollte die Erbschaft nicht antreten. In diesem Falle beschloss der Senat, der Erbe dürfe, wenn im Namen des Mündels dies verlangt werde, zur Antretung gezwungen werden, doch so, dass von einer dazu bemächtigten Person das unmündige Kind einen Vormund erhalte. Dieser soll im Besitze der Vormundschaft bis zur Rückerstattung der Erbschaft verbleiben, und sich vom Erben gegen jeden verschuldeten Verlust Sicherheit leisten lassen. Späterhin verordnete der höschtselige Hadrianus, dasselbe solle auch bei einem solchen Kinde, welchem unmittelbar die Freiheit gegeben wurde, beobachtet werden. 1Ob aber gleich nicht so leicht vom Freilasser Sicherheitsleistung für den Mündel wegen [seiner] redlichen Verwaltung gefordert wird, so war doch der Wille des Senates, dass ein solcher Freilasser, der, soviel an ihm lag, den Mündel auch der Freiheit entzogen hätte, ebenso wie jeder Andere behandelt werde. Es ist ihm zwar sein Recht gegen den Freigelassenen, weil er ihn aus dem Grunde fideicommissarischer Verfügung frei gab, nicht entzogen, aber die Vormundschaft wird ihm nicht ohne die Last einer Sicherheitsleistung anvertraut. Wie nun, wenn er keine Sicherheit leistet? Ohne Zweifel wird er dann nicht Vormund werden. 2Hat ein Mädchen das zwölfte Jahr erreicht, so hat die Vormundschaft ein Ende. Weil jedoch Minderjährigen auf ihr Begehren Curatoren bestellt werden, so soll, wenn die Wahl [dieser] auf den Freilasser fiel, hier nun die Glaubwürdigkeit der Untersuchung die Last einer Sicherheitsleistung vertreten.
Idem lib. XI. Quaest. Sabinus und Cassius waren der Meinung, ein Vormund, welcher die Geschäfte führt, stehe, je nachdem er diese führte, für die einzelnen Geschäfte nach Verschiedenheit der Zeiten in einem gleichsam aus mehreren Ursachen begründeten obligatorischen Verhältnisse. 1Nach dieser Annahme wird denn auch ein Sclav als Institor über die Waaren seines Herrn, oder als ein Mensch, der die Schulden desselben einzutreiben hat, wenn er nach erlangter Freiheit diese Stellung fort behält, rücksichtlich der vergangenen Zeit, ob er gleich damals als Sclav nicht verbindlich gemacht werden konnte, doch mit der Klage aus der Geschäftsführung (actio neg. gesta) nicht nutzlos in Bezug der Sachen belangt werden können, welche mit den späterhin besorgten im Zusammenhange standen. So soll die Vormundschaftsklage auch noch wegen der Geschäfte Statt finden, welche nach erlangter Mündigkeit eingegangen werden, wenn nämlich dies spätere Handeln mit dem früheren zusammenhängt und nicht, davon getrennt, ein eigenthümliches Verhältniss bildet. 2Daher leitet sich auch die Frage, welche insgemein in Beziehung auf einen Haussohn abgehandelt wurde, der zum testamentarischen Vormund bestellt, nach übernommener Vormundschaft freigegeben, in diesem Amte verblieb. Nach der Meinung des Sabinus und Cassius wird daraus folgen, dass dieser wegen der nach geschehener Emancipation unternommenen Geschäfte auf das Ganze, wegen der Vergangenheit aber, mag ihm sein Sondergut genommen worden sein, oder nicht, auf das, was er zu leisten vermag, belangt werden kann; will aber der Mündel hinsichtlich der früheren Zeit lieber den Vater auf das Sondergut belangen, (denn dies steht ihm von der Zeit an, wo die Vormundschaftsklage angestellt werden kann, ein nützliches Jahr lang frei,) so wird nur die Zeit, in welcher der Haussohn [als solcher] die Vormundschaft führte, berechnet werden müssen, damit der Vater, wenn die ganze Zeit in Anschlag gebracht würde, dadurch nicht betrüglicher Weise in Schaden gerathe.
Papinian. lib. XI. Quaest. Man muss keineswegs glauben, dass dem das Privilegium der Entschuldigung genommen sei, dem die Freiheit in Folge eines Fideicommisses ertheilt worden ist; denn fast im ganzen Rechte erlangt ein Freilasser der Art kein Recht als Patron gegen die Person des Freigelassenen, ausgenommen, dass er den Patron ohne den Befehl des Prätors nicht vor Gericht fordern kann.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.