Definitionum libri
Ex libro I
Papinian. lib. I. Definition. Gesetz ist so viel, als eine allgemeine Vorschrift, ein Beschluss der Weisen, ein Zügel der Verbrechen, welche mit freiem Willen oder aus Unverstand begangen werden, eine allgemeine Angelobung der Staatsgesellschaft [zum Gehorsam].
Papinian. lib. I. Definition. Wenn eine Aquilianische Stipulation, welche nur mit Einwilligung der Interessenten Statt findet, geschlossen wird, so bleiben Process, an die man nicht gedacht hat, auf ihrem alten Standpunkte. Denn die Deutung der Rechtsgelehrten hat daraus eine verfängliche Freigiebigkeit verbannt.
Papinian. lib. I. Definition. Wenn eine Bedingung auf die gegenwärtige Zeit gestellt wird, so wird die Stipulation nicht aufgeschoben, und wenn die Bedingung wahr ist, so gilt die Stipulation, obwohl die Contrahirenden nicht wissen, dass die Bedingung bestehe, wie: wenn der König der Parther lebt, gelobst du mir Hunderttausend zu geben? Dasselbe findet Statt, auch wenn die Bedingung auf die Vergangenheit gestellt wird;
Papinian. lib. I. Definition. Daher erhält [eine Nebenbestimmung] dann die Kraft einer Bedingung, wenn sie auf die Zukunft gestellt wird.
Idem lib. I. Defin. Durch Einhändigung der Schlüssel wird lediglich alsdann der Besitz der in den Magazinen aufbewahrten Waaren übergeben, wenn die Schlüssel bei den Magazinen überliefert worden sind; hierdurch erlangt der Käufer sofort Eigenthum und Besitz, wenn er auch die Magazine nicht geöffnet hat; sind die darin befindlichen Waaren nicht Eigenthum des Verkäufers gewesen, so beginnt von Stunde an die Ersitzung.
Idem lib. I. Definit. Der Irrthum über eine Thatsache schadet nicht einmal Männern bei Verlusten und Vortheilen, ein Irrthum über einen Rechtssatz aber nützt nicht einmal Frauen bei Vortheilen; übrigens schadet durchaus Niemandem ein Irrthum über einen Rechtssatz bei [der Abwendung von] bevorstehenden Verlusten des Seinigen.
Idem lib. I. Definit. Ein Präfectus einer Cohorte oder der Reiterei, oder ein Tribunus hat gegen das Verbot eine Ehefrau aus der Provinz genommen, in welcher er sein Amt führte; es wird keine [rechtmässige] Ehe Statt finden; und dieser Fall ist mit [dem, was wir von] der Mündel [gesagt haben,] zu vergleichen, indem das Verhältniss der Gewalt die Ehe verhindert. Aber ob auch, wenn eine Jungfrau einen solchen geheirathet hat, [ihr] das nicht zu nehmen sei, was ihr [von ihrem Ehemanne] im Testament hinterlassen worden ist, darüber kann man Bedenken tragen. Es kann jedoch die Frau das, was ihr [von ihrem Ehemanne] hinterlassen worden ist, nach dem Muster der an ihren Vormund verheiratheten Mündel erlangen, das zum Heirathsgut gegebene Geld jedoch muss [von dem Manne] dem Erben der Frau nothwendig zurückerstattet werden.
Idem lib. I. Definit. Wenn eine Frau nach einer aus Verstellung [Statt gefundenen] zeitigen Trennung11Jurgium, s. die Bem. zu L. 31. im vorherg. Tit. von Glück a. a. O. XXV. S. 457. Anm. 37. bemerkt zu dieser Stelle: Ein jurgium wurde vermuthet, wenn Kinder aus der Ehe vorhanden waren. Die Frau aber simulirte hier ein Divortium, oder drohete damit, und bewog den Mann, um sie wieder gut zu machen, zu einem Vertrage, wodurch er sich seiner Ansprüche auf das ihm versprochene Heirathsgut begab., da Kinder vorhanden waren, zurückgekehrt ist, und man gleich als wäre die Eintracht feil, die Uebereinkunft getroffen hat: dass sie ohne Heirathsgut sein solle22Die Basil. XXIX. 5. 25. T. IV. p. 693. und d. Schol. t. p. 702. erklären dies so: dass der Ehemann die versprochene, aber noch nicht eingebrachte dos nicht fordern solle. Andere verstehen es so, dass der Mann das Heirathsgut herausgeben solle. Der Grund, warum der Vertrag nicht gelte, ist, weil er eine Schenkung enthält, und diese unter Ehegatten schon durch die mores verboten ist. S. v. Glück a. a. O. S. 458. Anm. 39., so ist die Uebereinkunft der Beschaffenheit des Vorgefallenen gemäss in Folge [des durch die] Sitten [eingeführten Rechts] zu verwerfen.
Idem lib. I. Defin. Ein Richter hat aus mehreren Vormündern einen auf das Ganze verurtheilt. Wird nun der Verurtheilte Geschäftsführer seiner eigenen Sache (werden nun dem Verurtheilten die Klagen abgetreten), so wird dieser nicht das Privilegium des Mündels haben, was nicht einmal dem Erben desselben eingeräumt wird; denn nicht dem Rechtsverhältniss, sondern der Person, die diese besondere Begünstigung verdiente, kommt man zu Hülfe.
Idem lib. I. Definit. Wenn der Mündel dem Vormund, welchen der Richter aufs Ganze verurtheilt hat, die Vormundschaftsklage gegen den anderen Vormund abgetreten hat, so geht die einmal abgetretene Klage, obwohl nachher der Gegenstand der Verurtheilung geleistet werden sollte, nicht zu Grunde, weil von Seiten des verurtheilten Vormunds33Pro parte condemnati tutoris. Man hält das condemnati allgemein für unrichtig, und will dafür non condem. oder non damnati lesen, so dass also der Sinn wäre: der verurtheilte Vormund scheine für den anderen nicht verurtheilten nicht sowohl ex causa tutelae bezahlt, sondern vielmehr dem Mündel die Forderung abgekauft. S. v. Glück XXX. S. 370. f. Anm. 14. Sollte man aber das pro parte nicht, wie in der Uebersetzung geschehen, durch: von Seiten erklären können? nicht Rechenschaft über die Vormundschaft abgelegt, sondern der Werth der Forderung [gegen den andern Vormund] bezahlt zu sein scheint.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
Ad Dig. 45,1,123ROHGE, Bd. 15 (1875), Nr. 7, S. 18: Verweisung des Gläubigers seitens eines Solidarschuldners an den andern unter Sicherstellung des Gläubigers. Keine Einrede daraus für den andern Schuldner?Papin. lib. I. Defin.55Hier hebt die Abtheilung το γ του de V. O. an. Ist eine Stipulation um einer zu begehenden oder schon begangenen Schandthat willen eingegangen worden, so ist sie von Anfang an ungültig.
Ex libro II
Papin. lib. II. Defin. Das bürgerliche Recht ist dasjenige, welches seinen Ursprung aus Gesetzen, Volksschlüssen, Senatsbeschlüssen, Verordnungen der Kaiser und dem Ansehen der Rechtsgelehrten genommen hat. 1Das prätorische Recht ist dasjenige, welches die Prätoren, um dem bürgerlichen Rechte zu Hülfe zu kommen, es zu ergänzen oder zu verbessern, des allgemeinen Nutzens wegen eingeführt haben; es heisst auch das Würdenrecht, zu Ehren der Prätoren so genannt.
Papin. lib. II. Defin. Wenn Einzelnen von einzelnen Erben der Niessbrauch an demselben Gegenstande vermächtnissweise gewährt werden soll, so erscheinen die Niessbraucher ebensowohl als getrennt, wie wenn Zweien der Genuss von demselben Gegenstande zu gleichen Antheilen vermacht worden wäre; daher findet unter ihnen kein Anwachsungsrecht Statt,
Idem lib. II. Definition. Wenn ein Bürge, der nach dem Recht befreit worden ist, aus Irrthum das [schuldige] Geld gezahlt haben sollte, so wird es ihm, wenn er zurückfordert, nicht im Wege stehen; wenn aber ein des Versprechens Theilhaftiger aus Irrthum auch selbst nachher [noch] das Geld gezahlt haben sollte, so wird er es nicht zurückfordern, da die frühere Zahlung, welche ungültig gewesen ist, das naturrechtliche Band nicht aufgelöst hat, auch nicht das bürgerrechtliche, wenn der des Versprechens Theilhaftige gehalten war.
Idem lib. II. Definit. Die Rechtskundigen haben einen Sclaven, welcher in dem Nebentestament66In tabulis secundis, d. h. bekanntlich in dem Testament, welches der paterfamilias für seinen unmündigen suus heres neben seinem eigenen Testament macht (substitutio pupillaris). dem Sohne [des Testators,] nachdem ihm die Freiheit ertheilt worden, substituirt worden ist, mit dem Rechte eines Bedingtfreien verwahrt. Und das bringt die Billigkeit mit sich, nemlich damit er mit seinem Verhältniss veräussert werde, [und] damit nicht der Knabe, der Sohn, das Testament seines Vaters umstosse. Und dieser Rechtsgrundsatz ist ohne eine Wahl in der Reihefolge auch auf den zweiten und dritten Substituten ausgedehnt worden.
Idem lib. II. Defin. Durch den Sclaven, an dem mir der Niessbrauch gehört, wird mir [an Gegenständen] aus meinem Vermögen oder durch seine Dienste auch der Besitz erworben, indem er sowohl natürlich vom Niessbraucher besessen wird, als auch der Besitz mit dem Rechte hier verwandt ist77Plurimum es jure poss. mutuatur. Savigny a. a. O. S. 24. (1) „Der Besitz enthält als Bedingung jener Wirkung juristische Bestimmungen.“. 1Wer sich in eines Andern Gewalt befindet, kann Sondergutsweise eine Sache innehaben, haben und besitzen kann er nicht, weil der Besitz nicht nur etwas Körperliches ist, sondern auch rechtliche Wirkung hat88Juris est, ist ebenso wie vorher zu erklären. Savigny a. a. O.. 2Wenngleich der Besitz durch einen Geschäftsbesorger auch für Den erworben wird, der nichts davon weiss, die Ersitzung aber nur dem darum Wissenden zusteht, so wird doch die Klage wegen Entwährung dem Eigenthümer wider den Verkäufer ohne den Willen des Geschäftsbesorgers nicht ertheilt, allein er kann ihn durch die Auftragsklage zu deren Abtretung nöthigen.
Papin. lib. II. Defin. Da der Erbe in das gesammte Rechtsverhältniss des Erblassers nachfolgt, so schliesst er durch sein Nichtwissen die [Besitz-]mängel desselben nicht aus, z. B. wenn dieser99Jens. p. 457 will illo, was die Flor. hat, herauswerfen, allein Hal. conj. ille ist wohl anzunehmen. einen fremden Sclaven wissentlich, oder bittweise besessen hat. Denn obwohl ein bittweises Verhältniss den nicht darum wissenden Erben nicht bindet, und er deshalb rechtlichermaassen nicht mit dem Interdicte angegriffen werden kann, so wird er dennoch Das nicht ersitzen können, was der Erblasser nicht konnte. Dasselbe ist Rechtens, wenn es sich um langen Besitz handelt, denn er wird sich nicht genügend vertheidigen können, da seinen [Besitz-]Anfang nicht der gute Glaube deckt.
Idem lib. II. Defin. Gelobst du innerhalb zweier Jahre an jenem Platze ein Gebäude zu erbauen? Vor Ablauf der zwei Jahre wird die Stipulation nicht verwirkt, wenn auch der Versprecher nicht gebaut hätte, und nur noch soviel Zeit übrig wäre, dass das Gebäude nicht mehr aufgebaut werden könnte. Denn die Qualität1010Cujac. in. l. II. Defin. Papin. ad h. l. einer Stipulation, in deren Eingang ein bestimmter Termin gesetzt ist, kann sich aus einem Nachereignisse nicht verändern. Ebendasselbe ist auch bei einer der Stellung vor Gericht halber eingegangenen Stipulation angenommen worden: nemlich, dass vor dem Termine die Stipulation nicht verwirkt wird, wenn auch bereits die Gewissheit eingetreten wäre, dass in dem Ueberreste der Zeit der Stipulation nicht mehr Folge geleistet werden könnte1111Diese Ansicht des Papinian scheint zwar der Bestimmung l. 72. §. 2. h. t. zu widersprechen; allein mit Recht bemerkt Cujacius, dass Papin. in diesem Fragment von einer Stipulation rede, der sogleich ein bestimmter Termin beigefügt worden, in l. 72. aber von einer Stipulation, der kein Termin hinzugefügt worden. Cujac. l. c..
Idem lib. II. Definit. Nachdem ich das Cornelianische Grundstück stipulirt habe, stipulire ich nachher soviel, als das Grundstück werth ist. Wenn die zweite Stipulation nicht in der Absicht, zu noviren, eingegangen ist, so fällt die Novation weg, die zweite Stipulation aber, in Folge welcher nicht das Grundstück, sondern das Geld geschuldet wird, verpflichtet. Wenn daher der Schuldner das Grundstück leistet, so wird die zweite Stipulation nach dem Recht nicht aufgehoben, auch nicht wenn der Kläger in Folge der erstern die Litiscontestation vornimmt. Sonach wird, wenn das Grundstück ohne Schuld des Schuldners nachher besser oder schlechter geworden ist, dann, wenn das Grundstück gefordert wird, der gegenwärtige Werth richtig berücksichtigt; bei der zweiten [Stipulation] kommt aber der Werth in Betracht, welcher zur Zeit der zweiten Stipulation stattgefunden hat.
Ad Dig. 46,3,97ROHGE, Bd. 22 (1878), Nr. 14, S. 65: Zahlungsanrechnung bei Existenz mehrerer Forderungen.Idem lib. II. Definit. Wenn Jemand, welcher aus mehreren Gründen Schuldner [eines Anderen] ist, Geld gezahlt hat, so wird in Ermangelung der Bezeichnung von Seiten Beider1212Des Schuldners oder Gläubigers. S. l. 1. h. t. das Schuldverhältniss für das bedeutendere gehalten, in Folge dessen das Geld unter Infamie geschuldet wird, dann das, welches eine Strafe mit sich bringt, drittens das, welches unter Bestellung einer Hypothek oder eines Faustpfandes contrahirt worden ist; nach dieser Abtheilung wird das eigene Schuldverhältniss für bedeutender gehalten werden, als ein fremdes, z. B. [das, bei welchem man] als Bürge [haftet.] Dies haben die alten Juristen1313Veteres, s. die Bem. zu l. 1. §. 6. D. de postul. 3. 1. darum festgesetzt, weil es wahrscheinlich schien, dass ein sorgsamer Schuldner, auf erfolgte Mahnung, sein Geschäft so geführt haben werde. Wenn keine solche Schuld vorhanden sein sollte, so wird der ältere Contract zuerst aufgelöst werden. Wenn mehr Geld gezahlt sein sollte, als [die aus] einem einzelnen [Contract geschuldete Summe] nöthig macht, so wird nichtsdestoweniger, wenn der erste Contract, welcher der bedeutendere sein wird, [durch die Zahlung] aufgelöst ist, der Ueberschuss zur gänzlichen oder theilweisen Minderung der zweiten Abtheilung gegeben zu sein scheinen.
Übersetzung nicht erfasst.
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