Membranarum libri
Ex libro I
Ad Dig. 9,2,53ROHGE, Bd. 20 (1877), Nr. 96, S. 382: Schaden durch Ausbringen eines Ankers im Hafen ohne Bezeichnung.Neratius. lib. I. Membran. Du hast fremde Ochsen auf einen engen Raum zusammengetrieben, und dadurch bewirkt, dass sie heruntergestürzt sind; hier findet wider dich nach Art der Aquilischen eine Klage auf das Geschehene Statt.
Neratius lib. I. Membran. Es ist Rechtens, dass Dasjenige, was in städtische Grundstücke hineingeführt und geschafft worden ist, als verpfändet angesehen wird, wie wenn man stillschweigend dahin übereingekommen wäre; bei ländlichen Grundstücken11Praed. rusticum, das dem urbanum entgegensteht. Diese Bezeichnungen haben in Bezug auf das Pfandrecht eine andere Bedeutung, als in der Lehre von den Dienstbarkeiten; im ersteren Zusammenhang ist praed. urbanum jedes Grundstück, gleichviel ob Gebäude oder leerer Platz, das keine natürlichen Früchte erzeugt; was diese aber hervorbringt, ist praed. rusticum. Sind beide Arten von Grundstücken verpachtet worden, also z. B. Aecker u. s. w. mit dazu gehörigen Gebäuden, so bleibt trotz dem der Charakter des praed. rustici vorherrschend (s. Glück XVIII. p. 412 ff.). Dies zum richtigen Verständniss dieser Ausdrücke oben im Text. findet das Gegentheil Statt. 1Ad Dig. 20,2,4,1ROHGE, Bd. 6 (1872), S. 281: Pfandrecht des Vermiethers an den eingebrachten zum Verkaufe bestimmten Waaren des Miethers. Zeitweise und dauernde Bestimmung der Verwendung.Es kann Zweifel entstehen, zu welcher Zahl von Grundstücken Ställe im offenen Felde, welche nicht mit andern Gebäuden zusammenhängen, gerechnet werden sollen; städtische sind sie nun auf keinen Fall, indem sie von andern Gebäuden ganz abgesondert sind. In Beziehung auf die Frage wegen eines solchen stillschweigenden Pfandrechts, sind sie jedoch von den städtischen Grundstücken in nichts verschieden.
Nerat. lib. I. Membran. Der Senat hat den Gläubigern nicht erlaubt, das Vermögen desjenigen zu verkaufen, für dessen Vermögen zum Behuf des Verkaufs er Curatoren zu bestellen erlaubt hat, obwohl die Gläubiger nach [Ertheilung] dieser Wohlthat das Vermögen lieber verkaufen wollen; denn sowie solange, als in der Sache noch Nichts geschehen ist, es in ihrer Gewalt steht, zu wählen, was von Beiden sie wollen, so müssen sie, wenn sie das Eine gewählt haben werden, sich des Andern enthalten. Und es ist billig, dass dies noch vielmehr dann beobachtet werde, wenn der auch zum Curator bestellt worden ist, durch den das Vermögen verkauft werden soll, obwohl er, ehe er noch das Geschäft zu Stande gebracht hat, verstorben sein sollte; denn auch dann ist von Neuem ein anderer Curator zu bestellen, und nicht der Erbe des früheren Curators zu belästigen, da es sich treffen kann, dass er entweder wegen des Geschlechts, oder wegen der Schwäche des Alters oder wegen einer höheren oder geringeren Würde, als man bei dem ersten Curator berücksichtigt hatte, zu dem Geschäfte nicht tauglich ist; es könnten auch Mehrere seine Erben sein, und es entweder nicht dienlich sein, dass dies Geschäft von Allen verwaltet werde, oder man keinen Grund angeben, warum Einer von ihnen vorzüglich zu belästigen sei.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
Übersetzung nicht erfasst.
Ex libro II
Neratius. lib. II. Membranarum. Hat ein Anwalt sich versprechen lassen, dass man den, welcher Gegenstand der Stipulation ist, stellen werde, ohne sich eine Strafe für den Fall, dass er sich nicht gestellt hätte, ausbedungen zu haben, so ist diese Stipulation von fast gar keiner Wirkung, weil, anlangend den Nutzen des Anwaltes, dieser kein Interesse daran hat, dass er sich stelle. Wenn er aber im Acte der Stipulation das Geschäft eines Andern geführt hat, so kann man behaupten, dass nicht sein, sondern dessen Nutzen dabei in Anschlag komme, dessen Geschäfte er vertreten; dass man demnach vermöge der Stipulation, im Fall der Beklagte sich nicht gestellt, dem Anwalte soviel schuldig geworden, als das Interesse des Eigenthümers des Processes betrug, wenn er sich stellte. Dasselbe kann auch noch mit mehr Wirkung gesagt werden, wenn der Anwalt sich so hat versprechen lassen: wieviel die Sache werth sein wird, dass demnach diese Wortfügung als nicht auf seinen Nutzen, sondern auf den des Herrn sich beziehend angesehen wird.
Neratius lib. II. Membranar. Was Servius in dem Buche über die Mitgifte schreibt, dass, wenn zwischen solchen Personen, von denen die eine noch nicht das rechtmässige Alter habe, eine Ehe eingegangen worden sei, das, was unterdessen als Mitgift gegeben worden sei, zurückgefordert werden könne, ist so zu verstehen, dass, wenn eine Ehescheidung eingetreten sein sollte, bevor beide Personen das rechtmässige Alter haben, die Zurückforderung des Geldes Statt finde; so lange sie aber in demselben Zustande der Ehe verbleiben sollten, dies nicht mehr zurückgefordert werden könne, als was die Braut dem Bräutigam als Mitgift gegeben haben sollte, solange unter ihnen die Schwägerschaft22Die Römischen Juristen gebrauchen das Wort affinitas im weiteren und uneigentlichen Sinne von dem Verhältniss theils unter Ehegatte, theils unter Verlobten. S. v. Glück a. a. O. S. 21. Anm. 35. n. Bd. 23. S. 222 f. Mühlenbruch Doctr. P. §. 240. n. 1. dauert; wenn nämlich etwas aus einem solchen Grunde bei noch nicht eingegangener Ehe gegeben wird, so findet, da es so gegeben wird, als würde es in die Mitgift kommen, so lange es [in dieselbe] kommen kann, die Zurückforderung desselben nicht Statt.
Neratius lib. II. Membran. Wegen dessen, was wegen Aufruhrs, Feuersbrunst, Einsturzes, Schiffbruchs niedergelegt worden ist, findet gegen den Erben wegen der bösen Absicht des Verstorbenen eine Klage nach Verhältniss des Erbschaftsantheils und aufs Einfache, und auch innerhalb eines Jahres Statt; gegen ihn (den Verstorbenen) selbst wird sie sowohl aufs Ganze, als aufs Doppelte, als auch immerwährend gegeben.
Nerat. lib. II. Membran. Wenn man sagt, dass die Verwendungen, welche auf die zum Heirathsgut gehörigen Sachen nothwendiger Weise gemacht worden sind, das Heirathsgut vermindern, so ist das so zu erklären, dass, wenn Etwas ausser der nothwendigen Erhaltung auf die zum Heirathsgut gehörigen Sachen verwendet worden ist, dies sich in jenem Verhältniss befindet; denn erhalten muss der Mann die zum Heirathsgut gehörigen Sachen auf seine Kosten, sonst würden sowohl die den zum Heirathsgut gehörigen Sclaven gegebenen Nahrungsmittel, als eine jede unbedeutende Ausbesserung der zum Heirathsgut gehörigen Gebäude und auch die Bebauung der Aecker das Heirathsgut vermindern, denn dies Alles gehört unter den Begriff der nothwendigen Verwendungen. Aber man sieht es so an, als ob die Sache selbst [solche Verwendungen] so ersetze, dass man nicht sowohl Etwas auf sie verwendet, sondern nach Abzug dessen [, was verwendet worden ist,] weniger aus ihnen gezogen zu haben scheint. Welcher Aufwand aber dieser Unterscheidung gemäss von dem Heirathsgut abgezogen werden dürfe, kann nicht so leicht im Allgemeinen bestimmt, als im Einzelnen nach der Art und Grösse des Aufwands beurtheilt werden.
Übersetzung nicht erfasst.
Ex libro III
Neratius lib. III. Membranarum. Es ist unzweifelhaft, dass man von Kauf, Verkauf, Vermiethung, Miethe und den übrigen ähnlichen Contracten unter Beibehaltung der nämlichen Umstände, wenn die verbindlich gemachten Parteien darin übereinstimmen, abgehen kann. Aristo ging noch weiter, indem er behauptete: wenn ich dir alles geleistet, was ich aus dem Kaufcontract dir habe leisten sollen, und mit dir, welcher den Kaufpreis schuldig geblieben, dahin übereingekommen, dass du mir in Bezug auf die verkaufte Sache alles geleistet, was ich dir geleistet hätte, und so mir den Kaufpreis nicht bezahlen solltest; du mir auch das geleistet hättest, so hörtest du auf, mir den Kaufpreis schuldig zu sein, weil die Auslegung des guten Glaubens, nach welchem hier Alles bestimmt wird, auch diesen Vertrag zulässt. Und es ist gar kein Unterschied, ob der Vertrag, von diesem Geschäfte abzugehen, unter Beibehaltung alles dessen, wozu wir verbindlich geworden, geschlossen worden ist, oder ob wir nach Zurückgabe alles dessen, was ich dir geleistet habe, dahin übereingekommen, dass du in diesem Bezuge mir nichts leisten sollst. In einem Vertrage, welcher auf Auflösung eines geschlossenen Geschäftes sich bezieht, kann man keineswegs durchsetzen, dass du gezwungen werdest, mir das zu leisten, was ich dir schon geleistet habe: weil man auf diese Weise nicht sowohl darüber verhandelt, vom alten Geschäfte abzugehen, als neue Verbindlichkeiten gegenseitig einzugehen.
Neratius lib. III. Membran. Die Publiciane ist nicht dazu eingeführt worden, um die Sache dem Eigenthümer zu entziehen; denn der Beweis davon ist zuvörderst die Billigkeit, und sodann die Einrede: wenn die Sache dem Besitzer nicht gehört; sondern dass der Käufer im guten Glauben, der aus diesem Grunde den Besitz erlangt hat, auch die Sache vielmehr erhalte, [als derjenige, welcher keinen Rechtsgrund für sich hat].
Neratius. lib. III. Membranar. Der Niessbraucher darf die rohen Wände [eines Hauses] nicht mit Marmor oder Gyps33S. Glück IX. p. 246. n. 91. bekleiden lassen, weil, wenn er auch durch die Auszierung des Gebäudes dem Eigenthümer einen Vortheil bereitet, er es dennoch nicht aus eigenem Rechte thun kann; denn etwas anders ist es, etwas Empfangenes erhalten, und etwas Neues machen.
Neratius. lib. III. Membran. Ich habe meinen Antheil an einem Landgute aus dem mir mit dir gemeinschaftlich zugefallenen Nachlass des Lucius Titius verkauft; nachher ward zwischen uns die Erbtheilungsklage eingeleitet; hier kommt weder der mir gehörig gewesene Theil in Betracht, weil er als veräussert aus der Erbschaft geschieden ist, noch der deinige, weil, wenn er auch in dem vorigen Rechtsverhältniss und Erbschaftsstück bleibt, er dennoch durch die Veräusserung meines Antheils aus der Gemeinschaft tritt. Ob aber ein Erbe seinen Antheil nicht veräussert hat, oder mehrere, ist ganz gleich, sobald nur ein von einem der Erben veräusserten Antheil aufgehört hat, zur Erbschaft zu gehören.
Neratius lib. III. Membran. Wenn mir diejenige Sache, die ich in Folge eines Kaufs gewähren musste, mit Gewalt genommen worden ist, so ist es, obwohl mir deren Verwahrung oblag, dennoch angemessener, dass ich dem Käufer nichts weiter als die Klagen zur Verfolgung derselben abzutreten brauche, weil Verwahrung wider Gewalt wenig nützt; diese Klagen brauche ich dir aber nicht blos nach deinem Ermessen, sondern auch auf deine Gefahr abzutreten, so dass aller Gewinn und aller Verlust auf dich fallt. 1[Wenn ich einen Sclaven verkauft und ihn nicht zur rechten Zeit übergeben habe44Diesen Zusatz erfordert der Zusammenhang. Die Vulgate und Haloander haben ihn im Text.], so muss ich nicht nur dasjenige gewähren, was ich durch denselben [während der Verzögerung] erworben habe, sondern auch dasjenige, was der Käufer, wenn ihm derselbe bereits damals übergeben worden wäre, erworben haben würde. 2Ad Dig. 19,1,31,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 199, Note 13.Wir haben beide dieselbe Sache vom Nichteigenthümer erkauft, und sie ist, während der Kaufabschluss ohne Arglist erfolgte, übergeben worden; wir mögen sie nun beide von demselben, oder jeder von einem Andern erkauft haben, es ist derjenige von uns [im Besitz] zu schützen, der zuerst denselben ergriffen hat, d. h. wem sie zuerst übergeben worden ist; hat sie aber der eine von uns vom Eigenthümer gekauft, so ist dieser jeden Falls zu schützen.
Nerat. lib. III. Membran. Ein Mann hat, als er seiner Ehefrau Etwas schenken wollte, sich von einem Schuldner der Frau, welcher nicht zahlungsfähig war, ein Heirathsgut versprechen lassen; diese Sache steht nur insoweit, als jener zahlungsfähig gewesen ist, auf Gefahr des Mannes; und wenn sich die Zahlungsfähigkeit des Schuldners in Etwas vermehrt haben wird, so wird die Gefahr bis zu der Summe, welche hinzugekommen sein wird, wachsen, und wird [so] bleiben, auch wenn der Schuldner wiederum ärmer geworden sein wird, weil weder damals, als die Mitgift versprochen wurde, eine Schenkung geschehen ist, ausser mit dem Geld, welches man von dem Schuldner nicht erhalten konnte, noch auch, als dieser angefangen hat, zahlungsfähig zu sein, das Schenkungsverhältniss bleibt, da [dann] die Sache sich in der Lage befindet, in welcher sie sich befinden würde, wenn er auch damals, als die Mitgift versprochen wurde, reich gewesen wäre.
Nerat. lib. III. Membran. Ein Sclave ist für frei erklärt worden, wenn er dem Erben Zehn gegeben hätte; er hat Zehn und schuldet seinem Herrn ebensoviel. Dadurch, dass er diese Zehn giebt, wird er nicht befreit werden; denn wenn es dem Bedingtfreien gestattet ist, von seinem Sondergute Etwas um der Erfüllung der Bedingung willen zu geben, so müssen wir das so erklären, dass er es nicht auch von dem geben kann, was sich ausserhalb des Sonderguts befindet. Auch ist es mir nicht unbekannt, dass diese Gelder Sondergutsgelder genannt werden können, obwohl, wenn der Sclave ausserdem Nichts hat, kein Sondergut vorhanden ist; aber es darf nicht bezweifelt werden, dass die Absicht Derer, welche dies festsetzten, die gewesen ist, dass der Sclave deshalb die Erlaubniss haben sollte, gleichsam aus seinen Vermögen zu geben, weil das vorzüglich ohne Unrecht gegen seine Herren gestattet zu werden schien. Wollte man noch weiter gehen, so müsste man am Ende auch glauben, dass der Bedingtfreie auch dadurch, dass er die Gelder, welche er seinem Herrn etwa entwendet hat, gäbe, der Bedingung Genüge leisten werde.
Neratius lib. III. Membran. Als wir über das Interdict wegen des Sommerwassers und des täglichen Wassers Untersuchung anstellten, so hielten wir dafür, zuvörderst feststellen zu müssen, was Sommerwasser sei, in Bezug auf welches ein eigenthümliches auf die Zeit des vorigen Sommers bezügliches Interdict ertheilt zu werden pflegt; d. h. ob Sommerwasser blos in Folge des Rechts, nur im Sommer davon Gebrauch zu machen, so genannt werde, oder in Folge der Meinung und des Vorsatzes Dessen, der den Gebrauch macht, dass er die Absicht gehabt, es im Sommer zu leiten, oder aus der Natur des Wassers selbst, weil es nur im Sommer geleitet werden kann, oder aus dem Nutzen für die Oerter, wohin es geleitet wird? — Man entschied sich nun dahin, dass das Wasser in Folge der beiden Umstände, seiner Natur und des Nutzens für die Oerter, wohin es geleitet werde, eigentlich seine Benennung erhalte, sodass dasselbe, es sei nun seine Natur von der Art, dass es nur im Sommer geleitet werden könne, anch wenn im Winter dergleichen [für den Berechtigten] von Nöthen sei55Desiderare, s. l. 25. D. de serv. praed. rust., oder es möge seine Natur zu jeder Jahreszeit die Leitung verstatten, wenn der Nutzen der Orte, wohin es geleitet wird, den Gebrauch nur im Sommer erfodere, richtig Sommerwasser genannt werde.
Ad Dig. 46,7,16Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 479, Note 10.Nerat. lib. III. Membran. Ich will aus der Stipulation, dass dem Urtheil Genüge geschehen solle, wegen nicht vertheidigter Sachen gegen einen von den Bürgen klagen; dieser ist bereit, mir zu zahlen, was auf seinen Theil komme. Es darf mir gegen diesen keine Klage gegeben werden; denn es ist ja nicht billig, dass Derjenige mit einer Klage in Anspruch genommen, oder zum Leugnen genöthigt werde, welcher ohne Dazwischenkunft des Richters so viel zu geben bereit ist, als sein Gegner durch den Richter von ihm würde erlangen können.
Übersetzung nicht erfasst.
Ex libro IV
Neratius lib. IV. Membran. Einer66„Bereits rechtshängigen.“ Angelegenheit, die einen grössern Geldbetrag zum Gegenstande hat, wird in der Entscheidung dann vorgegriffen, wenn eine [andere] Frage rechtsanhängig gemacht wird, die entweder dem ganzen Betrage nach, oder zu einem Theile mit der ersten denselben Gegenstand betrifft.
Neratius lib. IV. Membran. Wenn ein Geschäftsbesorger Klage erhebt, so darf wegen seiner eigenen Arglist keine Einrede aufgestellt werden, weil der gegenwärtige Rechtsstreit ihn nichts angeht, und er in Ansehung dieser Sache ein Fremder ist, und Arglist eines Andern darf einem Dritten nicht schaden. Wenn er nach der Einleitung des Verfahrens Etwas arglistigerweise gethan hat, so kann bezweifelt werden, ob deshalb eine Einrede für dasselbe begründet werde, weil die Angelegenheit durch die Einleitung des Verfahrens Sache des Geschäftsbesorgers wird, und er dieselbe gewissermaassen in seinem Namen betreibt. Man nimmt daher auch die Zulässigkeit der Einrede wegen des Geschäftsbesorgers Arglist an. Dasselbe gilt von dem in des Unmündigen Namen klagenden Vormunde. 1Ueberhaupt ist hiebei die Regel zu befolgen, dass Arglist jeden Falls gestraft werde, wenn sie auch keinem Andern, sondern blos Dem, der sie begangen, nachtheilig sein wird.
Nerat. lib. IV. Membran. Wenn dem Mündel Sicherheit bestellt wird, dass sein Vermögen unversehrt bleiben werde, so verfällt die Stipulation, wenn Das, was in Folge der Vormundschaft gegeben oder gethan werden muss, nicht geleistet wird. Denn wenn ihm auch das Vermögen [an sich] unversehrt ist, so ist es doch darum nicht [unversehrt], weil Das, was in Folge der Vormundschaft gegeben oder gethan werden muss, nicht geleistet wird.
Ex libro V
Nerat. lib. V. Membran. Wenn ich dir aufgetragen habe, ein Grundstück, an welchem du Antheil hast, mir zu kaufen, so ist es richtig, dass der Auftrag auf die Weise gelten könne, dass du mir nach dem Ankaufe der übrigen Antheile auch den deinigen gewähren müssest. Hätte ich nun dir aufgetragen, dieselben zu einem gewissen Preise zu kaufen, so würde, wie theuer du immer die Antheile der Andern gekauft habest, dein Antheil77An dem Preise. darauf beschränkt, dass die auftragsmässige Summe, wozu ich dir das Ganze zu kaufen aufgetragen, nicht überstiegen würde; ging aber mein Auftrag auf den Ankauf ohne Bestimmung eines gewissen Preises, und du hast die Antheile der Uebrigen zu verschiedenen Preisen gekauft, so muss auch dein Antheil mit einem durch Ermessen eines Unparteiischen (viri boni arbitratu) zu bestimmenden Preise dir bezahlt werden,
Neratius. lib. V. Membran. Ist beim Verkaufe eines Landguts bedungen worden, dass, falls innerhalb einer bestimmten Zeit der Kaufschilling nicht gezahlt worden, die Sache als nicht gekauft gelten solle, so ist hinsichtlich der in der Zwischenzeit vom Käufer gezogenen Nutzungen anzunehmen, die Betheiligten hätten beabsichtigt, dass der Käufer solche für sich, und als sein Eigenthum einstweilen beziehen solle: fällt aber das Gut an den Verkäufer zurück, in diesem Falle; meinte Aristo, stehe dem Verkäufer deshalb eine Klage gegen den Käufer zu, weil aus einem Rechtsgeschäfte, wobei derselbe sein Wort nicht gehalten, ihm nichts verbleiben dürfe.
Ad Dig. 24,1,44Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 365, Note 5.Nerat. lib. V. Membran. Wenn ein Fremder eine Sache des Mannes, nicht wissend, dass sie Eigenthum desselben sei, der Ehefrau, die es [ebenfalls] nicht weiss, und da es nicht ein Mal der Mann weiss, dass sie die seinige sei, geschenkt haben wird, so wird die Frau dieselbe unbedenklich ersitzen. Und dasselbe wird Rechtens sein, wenn der, welcher in der Gewalt des Mannes stand, in der Meinung, der sei Hausvater, der Ehefrau seines Vaters geschenkt haben wird. Aber wenn der Mann, bevor die Sache [von der Frau] ersessen wird, es gewusst haben wird, dass sie die seinige sei, und sie wird vindiciren können, es aber nicht will, und dies auch die Frau erfahren haben wird, so wird der Besitz unterbrochen werden, weil nun [die von dem Fremden gemachte Schenkung] in das Verhältniss einer von dem [Manne] gemachten Schenkung übergegangen ist. Dass [aber] das Wissen gerade der Frau88Und derselben allein, nicht auch ihres Mannes. In der Kriegelschen Ausgabe ist ebenso, wie in allen früheren, so interpungirt: quia transit in causam ab eo factae donationis ipsius mulieris scientia; propius est, ut etc. Dass aber diese Interpunction den Sinn der Stelle ganz zerstöre und dass statt derselben hinter donationis ein Punctum zu setzen und ipsius etc. zu dem folgenden Satz zu ziehen sei, hat v. Savigny in der Zeitschr. f. gesch. Rechtswiss. Bd. 1. Nro. 10. S. 270. ff. gezeigt. kein Hinderniss zur Erwerbung des Eigenthums herbeiführe, dafür ist mehr Grund vorhanden; denn es ist den Ehefrauen nicht durchaus verboten, [Etwas] aus dem Vermögen [ihrer] Männer zu erwerben, sondern nur [Etwas] in Folge einer von den [Männern] gemachten Schenkung [zu erwerben].
Übersetzung nicht erfasst.
Idem lib. V. Membran. Was Jemand an der Küste gebaut hat, ist sein; denn die Küsten sind nicht dergestalt öffentliche, wie Das, was zum [öffentlichen] Vermögen des Volkes gehört, sondern wie alles Dasjenige, was von der Natur dargeboten wird und noch Niemandes Eigenthum geworden ist; sie stehen in einem ganz ähnlichen Verhältnisse wie die Fische und das Wild, die, sobald sie ergriffen worden, ohne Zweifel Dessen Eigenthum werden, in dessen Gewalt sie gekommen sind. 1Es ist die Frage, in welchem Verhältnisse der Platz stehe, wenn das Gebäude niedergerissen worden, welches auf einer öffentlichen Küste gestanden, d. h. ob er Dem gehörig bleibe, dessen das Gebäude gewesen, oder wieder in den vorigen Zustand eintrete, und also öffentlich sei, wie wenn niemals darauf gebauet worden wäre, dies anzunehmen, dafür spricht mehr, sobald er nur die frühere Gestalt der Küste wiedergewinnt.
Neratius lib. V. Membran. Auch die aus andern Gründen gestattete Ersitzung ist inzwischen in Ansehung Dessen, was wir in dem Glauben, es gehöre uns, besitzen, [als zulässig] bestimmt worden, damit eine Beendigung der Rechtsstreitigkeiten möglich sei. 1Dasjenige aber, was Jemand in dem Glauben, es sei Sein, besessen hat, wird er auch dann ersitzen, wenn sein Dafürhalten ein fälschliches war; dies ist so zu verstehen, dass ein erweislicher Irrthum des Besitzers der Ersitzung nicht entgegensteht, z. B. wenn ich deswegen Etwas besitze, weil ich fälschlich glaube, dass mein Sclave, oder der Dessen, an dessen statt ich im Wege Erbrechts nachgefolgt bin, es gekauft habe, weil der Irrthum im Nichtwissen einer fremden Handlung zu entschuldigen ist.
Übersetzung nicht erfasst.
Ex libro VI
Neratius lib. VI. Membranar. Darum muss man nicht nach dem Grunde dessen, was bestimmt worden, forschen, denn sonst würde vieles von dem, was feststeht, umgestossen werden.
Nerat. lib. VI. Membranar. Wenn ein Mündel das, was er ohne Ermächtigung des Vormundes dem Stipulirenden etwa versprochen hat, gezahlt haben sollte, so findet die Zurückforderung Statt, weil er nicht einmal nach dem Naturrecht schuldet.
Nerat. lib. VI. Membran. Wenn ein Grundstück indem es [von dem Verkäufer] als vorzüglich gut beschaffen hervorgehoben wurde99Uti optimus maximusque est. Diese Formel, durch welche vorzugsweise die Freiheit eines Grundstücks von rechtlichen Lasten bezeichnet wird, ist in der L. 59. D. de contr. emt. 18. 1. so wiedergegeben worden: ganz frei von Dienstbarkeiten aller Art; doch ist dies nicht beibehalten worden, weil die Formel mehr umfasst (s. z. B. L. 22. pr. D. de instructo vel. instr. leg. 33. 7.). Vergl. über dieselbe noch L. 75. D. h. t. u. L. 126. D. de verb. sign. 50. 16., gekauft worden ist, und der Käufer wegen irgend einer entwährten Dienstbarkeit Etwas vom Verkäufer erlangt hat, hernach das ganze Grundstück entwährt wird, so muss wegen dieser Entwährung das geleistet werden, was von dem Doppelten noch übrig ist; denn wenn wir etwas Anderes beobachten wollten1010D. h. wenn wir dem Käufer das ganze Doppelte zusprechen wollten., so würde der Käufer, wenn einige Dienstbarkeiten und bald darauf das Eigenthum entwährt worden wäre, mehr als das Doppelte von dem, wofür er [das Grundstück] gekauft hat, erlangen.
Idem lib. VI. Membran. Und vor allen Dingen macht der Mann alle Verwendungen, welche um der Fruchtgewinnung willen gemacht sein werden — obwohl eben dieselben auch um des Bebauens willen gemacht werden, und darum nicht blos zur Fruchtziehung, sondern auch zur Erhaltung der Sache selbst und ihres Körpers nothwendig sind — aus seinem Vermögen und hat deshalb durchaus keinen Abzug vom Heirathsgut.
Übersetzung nicht erfasst.
Nerat. lib. VI. Membran. Ein Gemach1111Welches in der Mitte zwischen zweien Häusern lag, früher zum Gebrauche des Hauses A. eingerichtet war, und nun zum Gebrauche des Hauses B. eingerichtet wurde., welches der Eigenthümer zweier Häuser aus dem einen Hause zum Gebrauche des andern eingerichtet hat, wird nicht nur alsdann ein Bestandtheil des letzteren Hauses werden, wenn das Gebälk, wodurch dasselbe getragen wird, von dem Hause ausläuft, zu dessen Gebrauch [das Gemach] verwendet worden ist; sondern auch wenn das ganze Queergebälk auf den Wänden des andern Hauses ruht. Auch Labeo schreibt in seinen hinterlassenen Schriften: Ein Eigenthümer zweier Häuser habe auf beiden einen Balkon1212Porticum = maenianum. errichtet, den Eingang in diesen von dem einen Hause aus angelegt und das andere verkauft, mit der Dienstbarkeit, die Last des Balkons zu tragen; der ganze Balkon sei ein Bestandtheil desjenigen Hauses, welches er behalten habe, obgleich er, beiden Häusern entlang, sich auf einem Queergebälke ausdehne, das auf beiden Seiten von den Wänden des erkauften Hauses getragen werde. Doch folgt hieraus nicht, dass der obere Theil eines Gebäudes, der mit keinem [Hause] in Verbindung steht, auch seinen Eingang nicht anders woher hat, einem Andern, als dem Eigenthümer des Gebäudes, auf welchem derselbe steht, gehöre.
Ex libro VII
Neratius lib. VII. Membran. Wenn eine Person dieselbe Erbschaft wider zwei vertheidigt, und für den einen von diesen entschieden worden ist, so pflegt die Frage aufgeworfen zu werden, ob diesem in Folge dessen die Erbschaft herausgegeben werden müsse, wie es der Fall sein würde, wenn ein Anderer darauf nicht auch geklagt hätte, so, dass nun also, wenn kurz darauf auch für den Andern entschieden würde, der Beklagte, weil er weder besitzt, noch arglistiger Weise es dahin gebracht hat, dass er dasjenige nicht mehr besitzt, was er in Folge der Verurtheilung herausgeben soll, losgesprochen werden müsse, oder, ob derselbe, weil auch für den Andern entschieden werden kann, unter keiner andern Bedingung herauszugeben brauche, als wenn ihm Sicherheit gestellt worden ist, dass er gegen den Andern die Erbschaft zu vertheidigen fortfahre1313Unser Text hat hier die Brencmannsche Conjectur defendet statt des Florentinischen defendit. Die Haloandersche Lesart defendat passt meiner Ansicht nach am besten, ja der Zusammenhang scheint sie als nothwendig zu fordern.? Es ist besser, den Verurtheilten durch die Amtspflicht des Richters mit einer Sicherheit oder Bürgschaft zu decken, indem auch dem [Andern] dann Sicherheit wird, der in der Rechtsverfolgung langsamer gegen den frühern Sieger auftritt.
Nerat. lib. VII. Membranar. Obwohl du bei diesem Handel, welcher so abgeschlossen worden, dass eine Verwendung in meinen Nutzen geschehe, für meinen Sclaven Bürgschaft geleistet hast, wie wenn du, falls der Sclav Getreide gekauft hätte, um die Dienerschaft zu unterhalten, dem Verkäufer des Getreides Bürgschaft geleistet hättest, so ist es doch angemessener, dass du daraus auf das Sondergut, nicht aus einer Verwendung in [des Andern] Nutzen klagen kannst, damit nur einer in jedem Contracte die Klage aus der Verwendung habe, der, welcher namentlich das hergegeben hat, was in den Nutzen des Herrn verwendet worden ist.
Übersetzung nicht erfasst.
Idem lib. VII. Membran. Wenn mein Geschäftsbesorger eine mir gestohlene Sache wiederergriffen hat, so muss, obwohl es eine längst abgemachte Sache ist, dass man den Besitz durch einen Geschäftsbesorger erwerben könne, dennoch angenommen werden, dass dieselbe nichtsdestomehr in meine Gewalt zurückgekehrt sei, und ersessen werden könne, weil es verfänglich ist, das Gegentheil stattfinden zu lassen.
Neratius lib. VII. Membran. Wenn es sich darum handelt, ob eine Sache dieselbe sei, so ist auf Folgendes zu sehen, die Personen, den fraglichen Gegenstand selbst, den nächsten Grund zur Klage; einerlei hingegen ist es, aus welcher Ursache Jemand glaubt, dass ihm der Grund zur Klage zuständig sei; gerade wie [es nichts zur Sache thut,] wenn Jemand neue Urkunden für seine Sache aufgefunden, nachdem wider ihn erkannt worden war.