Excusationum libri
Ex libro III
Modestin. lib. III. Excusat. Die Veteranen, welche die Zeit des Kriegsdienstes ehrenvoll erfüllt haben, haben Befreiung von der Vormundschaft in Bezug auf alle Civilpersonen. Aber in Bezug auf die Kinder derer, welche zu demselben Stande gehört haben, und allen Veteranen, haben sie zwar während eines Jahres nach dem Abschiede eine Befreiung, nach einem Jahre aber nicht mehr; denn man hält die Cameradschaft für stärker, als das Privilegium der Veteranen, wenn sie nur nicht andere Rechtsgründe zur Entschuldigung gegen eine Vormundschaft haben, wie die Zahl der Jahre, oder sonst etwas, was auch den Civilpersonen in Bezug auf Alle zu nützen pflegt. Was wir aber in Betreff der Kinder gesagt haben, findet nicht in Betreff der Enkel der Veteranen Statt; denn man hält dafür, dass die Enkel der Veteranen in derselben Lage, wie die übrigen Civilpersonen sind. 1Aber die schimpflich verabschiedeten werden denen, welche keine Kriegsdienste gethan haben, gleichgeachtet, und deshalb haben weder sie ein Privilegium, noch werden Veteranen, wenn sie den Kindern derselben zu Vormündern bestellt worden sind, [zur Uebernahme der Vormundschaft] angehalten werden. 2Zuweilen haben diejenigen, welche die Zeit des Kriegsdienstes nicht erfüllt haben11D. h. nicht so lange gedient haben, als man dienen kann, d. h. vom 17. bis 46., höchstens 50. Lebensjahre. S. v. Glück XXXI. S. 419. ff., gleichwohl eine Befreiung von den Vormundschaften ebenso wie die, welche die Zeit erfüllt haben; denn wer das zwanzigste Jahr des Kriegsdienstes überschritten22D. h. so lange gedient hat, als man dienen muss. S. v. Glück a. a. O. hat, wird dem, welcher die Zeit des Kriegsdienstes erfüllt hat, gleichgeachtet. 3Wer aber innerhalb dieser Jahre entlassen worden ist, hat keine immerwährende Befreiung von den Vormundschaften, sondern nur auf eine Zeit, wie er auch von den übrigen bürgerlichen Aemtern eine Befreiung hat; denn wer innerhalb fünf Jahren des Kriegsdienstes entlassen worden ist, kann für sich keine Befreiung in Anspruch nehmen; wer aber nach fünf Jahren [entlassen worden ist], hat die Befreiung ein Jahr hindurch, wer nach acht Jahren, zwei Jahre hindurch, wer nach zwölf Jahren, drei Jahre hindurch, wer nach sechzehn Jahren, vier Jahre hindurch, wer aber nach zwanzig Jahren [entlassen worden ist], wird, wie wir oben gesagt haben, für immer befreit werden. 4Wer aber unter denen, welche in Rom die Nachtwache haben, gedient hat, hat nur während eines Jahres eine Befreiung; 5versteht sich, wenn solche ehrenvoll entlassen sein werden; wie oben gesagt worden ist, oder wenn sie wegen einer Krankheit, die [missio] causaria33L. 2. §. 2. D. de his, qui not. inf. 3. 2. u. L. 13. §. 3. D. de re milit. 49. 16. genannte Entlassung erhalten haben werden; denn auch diese ist ehrenvoll; denn wer eine nicht ehrenvolle Entlassung bekommt, hat keine Befreiung. 6Für einen Mitveteran wird aber nicht blos ein Legionar gehalten, sondern auch ein jeder, welcher, wo es auch immer gewesen sei, Kriegsdienste gethan hat, und auch selbst ehrenvoll verabschiedet worden ist; denn auch ein Legionar wird Vormund der Kinder eines solchen, welcher unter denen, die die Nachtwache haben, Dienste gethan hat. 7Nun wird aber ein Veteran auch einem minderjährigen Soldaten zum Curator gegeben werden, versteht sich, wenn der Vater desselben gestorben ist; aber auch, wenn solche [minderjährigen Soldaten] aus der Gewalt entlassen sein werden, auf gleiche Weise. 8Und dies Alles bezeugen [kaiserliche] Verordnungen. 9Es schreibt aber auch Ulpianus so: Aber die mit Schimpf verabschiedeten werden freilich gegen Vormundschaften in der Stadt (in Rom) entschuldigt44D. h. hier so viel, als: von Vormundschaften abgehalten, denn es ist hier ein sogenanntes excusatio necessaria zu verstehen. S. v. Buchholtz zu Vat. Fr. §. 177., weil sie die Stadt nicht betreten dürfen. Aber wenn Jemand unter den Stadtcohorten gedient hat, so hat er, wenn er gleich vor dem zwanzigsten [Dienst-]Jahre verabschiedet wird, doch eine immerwährende Entschuldigung gegen Vormundschaften. 10Man hat aber gefragt, ob die Veteranen [nur] eine einzige Vormundschaft und [nur] einmal übernehmen, oder zu derselben Zeit nicht mehr als eine, wenn aber die erste Vormundschaft aufgehört hat, wiederum [eine andere] bekommen werden? Aber sowie bei Civilpersonen [die Vormundschaften], welche aufgehört haben, denen, welche sie gehabt haben, nichts helfen werden, auch nicht zu den dreien werden gerechnet werden, so nützt es auch bei den Veteranen nichts, Vormund gewesen zu sein. Dies ist aber auch bei den Curatelen angeordnet worden, wie die erhabene Verordnung von Severus und Antoninus zeigt. 11Und es macht keinen Unterschied, warum die Kinder der Cameraden eines Vormundes oder Curators bedürfen werden, ob weil sie aus der Gewalt entlassen worden sind, oder weil ihr Vater gestorben ist. 12Die Primipilarier55Primipilares hiessen diejenigen Beamten, welche für die Herbeischaffung des Proviants für das Heer zu sorgen hatten. S. v. Glück XIX. S. 73. Anm. 87. Da nun aber im griechischen Text hier und in L. 10. pr. h. t. nun die Form πριμιπιλάριοι vorkommt und dieser Ausdruck durch: διανύσαντες τὸ πριμίπιλον erklärt wird, (was nichts Anderes heissen kann als: welche das Amt eines Primipilars verwaltet haben, und von Augustinus richtig: qui primipilo functi sunt, von dem alten Uebersetzer aber nicht richtig: qui primipilum exercent übersetzt worden ist; was auch die Basil. XXXVIII. 1. 8. T. V. p. 30. vollkommen bestätigen, indem es da heisst: τῶν ἀνυσάντων τὸ πριμιπίλον,) es scheint hier überall nicht ein im Amt stehender, sondern ein solcher primipilaris gemeint zu sein, der sein Amt schon niedergelegt hat, so dass die Form πριμιπιλάριος den lateinischen: praetorius, censorius, u. dergl. nachgebildet zu sein scheint. Dies wird auch durch den Inhalt der L. 10. §. 5. vollständig bestätigt. haben in Folge kaiserlicher Verordnungen eine Entschuldigung gegen die übrigen Vormundschaften, sie werden aber Vormünder der Söhne eines Primipilariers werden. Für Primipilarier werden aber die gehalten, welche das Amt eines Primipilars bis zu Ende verwaltet haben. Wenn aber Jemand, der das Amt nicht bis zu Ende verwaltet hat, gestorben ist, so wird kein Primipilarier Vormund der Söhne desselben sein.
Modestin. lib. III. Excusat. Nicht aber blos die Primipilarier, welche im Kriegs- und anderen Aemtern66Οἱ τὰς ἀπὸ καλίγας στρατείας — στρατευσάμενοι. Ueber caligata militia s. d. Bem. zu L. 2. pr. D. de his, q. not. inf. 3. 2. Nach Augustinus in Otton. Thesaur. j. T. IV. p. 1592. ist hier militia armata im Gegensatz der palatina zu verstehen. Dienste gethan haben, sondern auch die, welche, es sei auf welche Art es wolle, um des öffentlichen Nutzens des Römischen Volks willen abwesend gewesen sind, haben nach der Rückkehr während eines Jahres Befreiung. 1Dieses Jahr wird jedoch nicht blos denen, welche die gewöhnliche Kriegsdienstzeit erfüllt haben, bei den übrigen öffentlichen Aemtern gegeben, sondern auch denen, welche auf irgend eine Art ein öffentliches Amt [zu verwalten] aufgehört haben, und zurückgekehrt sind, wenn sie auch weniger Zeit, als die festgesetzte, gebraucht haben. 2Die Vormundschaften jedoch, welche sie früher gehabt haben, deswegen aber niedergelegt haben, weil sie um einer öffentlichen Angelegenheit willen sich entfernten, werden sie, wenn sie zurückgekehrt sind, sogleich wieder übernehmen, indem ihnen das Jahr nichts hilft; denn das Jahr wird in Bezug auf die künftigen [und] neuen [Vormundschaften] gegeben, nicht in Bezug auf die, welche wieder übernommen werden müssen. 3Das Jahr wird aber zu ununterbrochenen Tagen berechnet werden, von da an, wo Jemand, indem er den geraden Weg nahm, zurückgekehrt ist, oder [zurückkehren] musste, wenn er den geraden Weg, nicht einen Umweg, genommen hätte77Es ist dies eine etwas freie Uebersetzung des Griechischen: εὐθείαν ὁδὸν εὐθύνων, ἢ διευθύνειν γε ὀφείλων, οὐχὶ τὴν ἐκ περίοδων, welches der alte Uebersetzer wörtlich so gibt: rectam viam dirigens, aut dirigere debens, non eam, quae est ex circuitibus.. 4Auch die in einem Testament ernannten Vormünder werden sich den Gesetzen gemäss gegen die Verwaltung der in einer anderen Provinz gelegenen Güter entschuldigen, wie die folgende Verordnung des höchstseligen Severus zeigt. Die höchstseligen Severus und Antoninus die Erhabenen an den Valerius. Da du durch ein Testament zum Vormunde ernannt worden bist, so hättest du vor dem festgesetzten Termin [die Obrigkeit] angehen und verlangen sollen, dass du von der Verwaltung der Güter, welche in einer anderen Provinz gelegen waren, befreit werdest. 5Wer das Amt eines Primipilars bis zu Ende verwaltet hat, wird, wenn er die Vormundschaft auch über ein einziges Kind übernommen hat, [dann,] wenn er wieder zu Kriegsgeschäften gezogen sein sollte, die Besorgung der Vormundschaft niederlegen. 6Auf gleiche Weise wird auch an die Stelle jenes Vormundes, welchen Jemand nachher als Beistand für sich mitgenommen hat, ein Curator gegeben werden, wie eine Verordnung des höchstseligen Severus besagt; und wenn man dieselbe allen ähnlichen Fällen richtig anpasst, so wird man sagen, dass ein Curator an die Stelle derjenigen gegeben werde, welche die Befreiung für [einige] Zeit erhalten. 7Wenn von einem Patron [sein] minderjähriger Freigelassener oder auch sonst ein Anderer, welcher jünger als fünfundzwanzig Jahre ist, zum Vormunde seiner Kinder ernannt sein wird, so wird [derselbe], so lange er minderjährig ist, nicht belästigt werden; unterdessen wird aber ein Anderer an die Stelle desselben zum Curator gewählt werden. Diesem steht auch ein gesetzlicher Vormund gleich, wenn er minderjährig sein sollte, denn auch an die Stelle dieses wird unterdessen ein Curator gegeben werden. 8Wenn Jemand so krank sein wird, dass er nicht ganz und gar von der Vormundschaft befreit werden musss, so wird an die Stelle desselben ein Curator gegeben; wenn er aber genesen ist, so wird er die Vormundschaft wieder übernehmen. Aber auch wenn Jemand in Raserei verfallen sein sollte, so steht er diesem gleich; so schreibt auch Ulpianus: Auch Krankheit entschuldigt, aber eine solche, welche verhindert, dass Jemand seinen Angelegenheiten vorstehen könne, wie unser Kaiser mit seinem Vater88Antonin. Caracalla mit seinem Vater Septimius Severus. rescribirt hat.
Modestin. lib. III. Excusat. Derselbe Ulpianus schreibt: aber in diesem Rescript ist hinzugefügt, man müsse entweder auf [einige] Zeit, oder auf immer entschuldigt werden, je nachdem die Krankheit [beschaffen ist], mit welcher man behaftet ist. Die Raserei entschuldigt aber nicht ganz und gar, sondern bewirkt, dass unterdessen ein Curator bestellt wird. 1Es gibt auch Andere, die, wenn sie gleich schon Vormünder oder Curatoren sind, für die übrige Zeit auf immer von der Besorgung [ihres Amtes] befreit werden; wie die, welche ihren Aufenthaltsort in Folge eines Rescripts des Kaisers wo anders hin verlegt haben, wenn nur [der Kaiser] zwar weiss, dass ein solcher Vormund ist, ihm aber ausdrücklich das Umziehen gestattet, und Beides in dem Schreiben angibt.