Digestorum libri
Ex libro VI
Marcell. lib. VI. Dig. Ob einer von mehrern Miteigenthümern auf einem gemeinschaftlichen Platz wider den Willen der Uebrigen zu bauen ein Recht habe, d. h. ob, wenn er von seinen Mitgenossen daran verhindert wird, wider dieselben darüber Klage erheben könne, dass er ein Recht zum Bauen habe, und ob die Miteigenthümer wider ihn deshalb Klage erheben können, dass sie ein Recht haben, das Bauen zu verbieten, oder jener kein Recht, zu bauen, und ob sie, wenn bereits gebauet ist, darüber Klage anstellen können, dass er kein Recht dazu habe, ein solches Gebäude zu halten, ist streitig. Richtiger kann man hier sagen, es habe der Miteigenthümer vielmehr ein Recht, [das Bauen] zu verhindern, als es zu thun, weil derjenige, welcher dasselbe beabsichtigt, gewissermaassen ein fremdes Recht an sich reisst, wenn er, wie ein alleiniger Eigenthümer, ein gemeinschaftliches Recht nach seinem Gutdünken gebrauchen will.
Ad Dig. 17,1,49Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 172, Note 10; Bd. I, § 197, Note 6.Marcell. lib. VI. Digest. Ich habe einen Sclaven, der dem Titius gehört, von einem Andern in gutem Glauben gekauft und besitze ihn; darauf hat ihn Titius in meinem Auftrage verkauft, ohne zu wissen, dass er sein gehöre; oder umgekehrt, ich habe ihn in Auftrag des Titius verkauft, da dieser etwa Jemandes, der ihn [von mir] gekauft, Erbe geworden war. Hier ist über die Rechte der Gewährleistung (evictionis) und den Auftrag gefragt worden. Ich halte dafür, Titius ist, wenn er gleich als Bevollmächtigter verkauft hat, dem Käufer verbindlich, und es kann ihm, nachdem er die Sache übergeben hat, keine Vindication gestattet werden; deshalb kann er auch die Auftragsklage anstellen, wenn er dabei Schaden gehabt haben sollte (si quid ejus interfuisset), weil er ihn vielleicht nicht verkauft haben würde. Dagegen steht dem [Titius als] Machtgeber11In dem zweiten Falle, wenn Titius, der eigentliche Eigenthümer, den Auftrag zum Verkauf gegeben hat., wenn er die Sache von jenem22Von dem Käufer, dem ich in Auftrag des Titius den Sclaven verkauft habe. vindiciren will, die Einrede der Gefährde entgegen, und er hat gegen den Verkauf nach dem Erbrecht die Kaufsklage seines Testators33Auf Entschädigung, gegen mich, weil ich dem Testator einen fremden Sclaven verkauft hatte, den er dem Titius hätte herausgeben müssen. Adversus venditionem wirkt diese Klage insofern, als dadurch Titius die für ihn nachtheiligen Folgen des Verkaufs wieder aufhebt. Oder will man dies nicht, so kann adversus auch hier, wie manchmal (z. B. Ulpianus tit. XXVIII. 1.) so viel heissen, als secundum. Es ist also nicht nöthig, statt venditionem, venditorem zu lesen. — Die Genitive testatoris sui können übrigens nicht zu venditionem gehören, weil, nach der Annahme, der Testator nicht Verkäufer, sondern Käufer des Sclaven war. Sie müssen also mit actionem verbunden werden..
Ad Dig. 19,2,47Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 293, Note 10.Marcell. lib. VI. Digest. Wenn der Käufer oder Pächter [einer Sache dieselbe] an Mehrere verkauft oder verpachtet, so dass alle Einzelnen eine Person vertreten sollen, so können die Einzelnen nur dann zur Entrichtung ihrer Antheile genöthigt werden, wenn es sich ergibt, dass Alle zahlungsfähig sind, obwohl es gerechter sein möchte, auch wenn Alle zahlungsfähig sind, dem Kläger die Wahl nicht zu entziehen, [auf das Ganze] zu belangen, wen er will, sobald er sich nicht weigert, seine Klagen wider die übrigen abzutreten.
Marcell. lib. VI. Dig. Es ist die Frage erhoben worden, ob bei der den Verurtheilten44Judicatis, Gothofred versteht nach der Glosse die actio judicati; der Sinn läuft auf Eins hinaus. bestimmten Frist, dem Verurtheilten der Schalttag zu Gute gehen müsse oder nicht, ingleichen von derjenigen Frist, binnen deren ein Rechtsstreit erlischt?55S. die Anm. zu l. 30. §. 1. D. ad L. Aquil. — Es ist ohne allen Zweifel anzunehmen, dass die Frist für den Rechtsstreit durch den Schalttag verlängert wird, z. B. wenn Frage über die Ersitzung entsteht, die durch [Ablauf] einer bestimmten Frist erfüllt zu werden pflegt, oder über die Klagen, die nach einem bestimmten Zeitraum erlöschen, wie die ädilitischen und meisten Klagen. Wenn aber66M. s. Unterholzner a. a. O. S. 279 n. 285, u. 282 n. 288. Ich theile das ohnedies etwas dunkele Fragment, sowie in der Uebersetzung angegeben, der Interpunction nach ein, und lese mit Bynkershoek Obs. IV. 8. sed si quis, und proficiet emtori; die übrigens im letzten Satz gar nicht regelmässige Construction ist wie öfters, dass die Icti non cohaerentibus locutionibus in sententiam transeunt. Jemand ein Landgut unter der Bedingung verkauft hat, dass, wenn die Zahlung des Kaufgeldes nicht binnen dreissig Tagen erfolgte, der Kauf rückgängig sein solle, so bin ich nicht der Ansicht, dass der Schalttag zu der Frist hinzugerechnet werde.