Ex Minicio libri
Ex libro V
Idem lib. V. ad Minic. Titius hat, als er einen Abwesenden vertheidigte, Sicherheit bestellt, und ehe er sich auf den Process einliess, hat der Beklagte aufgehört, zahlungsfähig zu sein; und wegen dieses Grundes verweigerte der Vertheidiger es, dass der Process gegen ihn angestellt werden müsse. Ich frage, ob das ihm zugegeben werden müsse? Julianus hat zum Bescheid gegeben, ein Vertheidiger ist, wenn er Sicherheit bestellt hat, für den Herrn zu halten; auch wird ihm der Prätor nicht viel [Nutzen] erweisen, wenn er ihn nicht zwingen sollte, sich in den Process einzulassen, da man an seine Bürgen gehen kann, und diese Alles, was sie geleistet haben sollten, vom Vertheidiger [zurück] erlangen werden.
Idem lib. V. ex Minic. Ein Mann hat von dem, welcher der Ehefrau desselben ein Heirathsgut bestellen wollte, eine bestimmte Geldsumme deshalb stipulirt, sodann hat er es durch Acceptilation erlassen; man fragte, ob jenes Geld Gegenstand des Heirathsguts wäre: [Julianus] hat zum Bescheid gegeben, wenn er es nicht erlassen hätte, und der Versprecher aufgehört hätte, zahlungsfähig zu sein, so würden wir fragen, ob das Geld ohne Verschulden des Ehemannes nicht eingefordert worden wäre; da er es aber erlassen hat, so wird die Gefahr ihn jedenfalls treffen, es ist nämlich ebenso gut, als ob er das Geld empfangen und dasselbe dem Versprecher geschenkt hätte.
Julian. lib. V. ex Minic. Als ein Mann [seiner] Ehefrau Geld schenken wollte, hat er ihr erlaubt, dass sie es sich von seinem Schuldner stipulire; als sie das gethan hatte, hat sie sich, bevor sie das Geld in Empfang genommen hatte, geschieden; ich frage, ob der Mann jene Summe [von dem Schuldner] fordern dürfe, oder ob wegen jenes in Folge der Schenkung [geschehenen] Versprechens [des Schuldners] keine Klage Statt finde? Ich habe das Gutachten ertheilt, dass jene Stipulation nichtig gewesen sei. Aber wenn der Versprecher, der nichts [von der Schenkung] wusste, der Frau das Geld gezahlt hätte, so kann es der Schuldner, wenn es noch vorhanden ist, vindiciren; aber wenn er bereit ist, seine Klagen dem Ehemann abzutreten, so wird er sich mit der Einrede der bösen Absicht schützen, und darum wird der Ehemann dieses Geld, dadurch, dass er es im Namen des Schuldners vindicirt, erlangen. Aber wenn das Geld nicht vorhanden ist, und die Frau [durch dasselbe] reicher geworden ist, so wird der Ehemann dasselbe fordern; denn man sieht es so an, als ob die Frau aus dem Vermögen des Ehemannes reicher geworden wäre, weil der Schuldner sich mit der Einrede der bösen Absicht schützen kann.
Julian. lib. V. ex Minicio. Wenn Zwei unabhängig von einander einen Menschen ein Jeder zur Hälfte in die Sclaverei gefordert haben, und er in dem einen Rechtsstreit für frei, in dem anderen für einen Sclaven durch das Urtheil erklärt worden ist, so ist es am passendsten, dass die Richter so lange gezwungen werden, bis sie übereinstimmen; wenn das nicht gelingen wird, so soll Sabinus gemeint haben, dass der Sclave von Dem fortgeführt werden dürfe, welcher gesiegt hätte; und dieser Meinung ist auch Cassius und ich bin es ebenfalls. Und es würde in der That lächerlich sein, zu glauben, dass er zur Hälfte [als Sclave] fortgeführt, zur Hälfte seine Freiheit geschützt werde; allein es ist passender, dass er aus Begünstigung der Freiheit zwar frei sei, aber genöthigt werde, einen Theil seines Werthes nach dem Ermessen eines redlichen Mannes dem Sieger zu entrichten.
Julian. lib. V. ex Minic. Ein Procurator hat, als er Geld forderte, Bürgschaft gestellt, dass es nicht mehr gefordert werden sollte. Nach der Einlassung auf die Klage ist Einer aufgetreten, welcher auch als Procurator dasselbe Geld forderte. Man hat gefragt, ob die Bürgen des ersten Procurators gehalten wären, da der, welcher nachher forderte, kein Procurator war und deshalb durch die procuratorischen Einreden ausgeschlossen werden konnte. Julianus hat das Gutachten ertheilt, es ist richtiger, dass die Bürgen nicht verbindlich sind; denn in der Stipulation wird11D. h. durch die cautio rem non amplius peti. versprochen, dass Der nicht fordern werde, welcher wegen dieser Sache eine persönliche, [oder] dingliche [oder] ausserordentliche Klage22S. d. Bem. zu l. 18. §. 1. D. de acceptil. 46. 4. habe, und dass es Alle genehmigen würden, welche diese Sache angehn wird; von Demjenigen aber, welcher nicht Procurator ist, kann man weder annehmen, dass er eine persönliche, noch dass er eine dingliche Klage habe.